Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag gelesen habe, ging es mir fast ähnlich wie der Kollegin Brendel-Fischer, nämlich, dass ich den Antrag zunächst eigentlich für überholt gehalten habe; denn vom Ministerpräsidenten wurde zum Thema Ganztag ein Runder Tisch angekündigt. Ich glaube aber, dass es der SPD darum gegangen ist, diesen Versprechungen der Regierungspartei, die nicht erfüllt werden, nicht zu erliegen. Die SPD wollte hierdurch wohl bekräftigen, dass wir an diesem Thema ernsthaft dranbleiben müssen und diesen Runden Tisch benötigen.
Dieser Runde Tisch zum Thema Ganztag ist dringend überfällig; denn es ist nun fünf Jahre her, dass die betreffenden Gremien, die kommunalen Spitzenverbände und Ministerien, zum letzten Mal gemeinsam an
einem Tisch gesessen sind. Rückblickend betrachtet, muss man zu dem, was seither passiert ist, sagen: Die Staatsregierung ist nur schneckenhaft vorangekommen. Wenn man die finanzielle Unterstützung der Kommunen in Höhe von 5.000 Euro wegnimmt, wären wir noch viel langsamer unterwegs. Dem Ministerpräsidenten hat es – im Gegensatz zu Minister Spaenle und seinem Blockiererministerium – wahrscheinlich zumindest gedämmert, dass hier etwas zu tun ist; denn die aktuellen Zahlen der KMK sind sehr eindeutig.
Frau Kollegin Brendel-Fischer, Sie sagen, da gäbe es keine klaren Kriterien. Natürlich gibt es da klare Kriterien; denn wenn man feststellt, wie viele Schüler insgesamt im Ganztagsbereich beschult werden, sieht man, dass Bayern ziemlich weit hinten liegt, nämlich mit 45 % im unteren Mittelfeld der Länder. Man muss einmal deutlich sagen, dass Bayern mit 12,4 % tatsächlicher Ganztagsangebote aller Schulen auf dem allerletzten Platz liegt, also die rote Laterne ist. Die Zahlen, die Sie da immer hineininterpretieren, sind eigentlich geschönte statistische Daten.
Es ist schon erwähnt worden, dass der Ministerpräsident seine allseits bekannte Ganztagsgarantie abgegeben hat: Bis 2018 soll jeder Schüler bis 14 Jahre ein Ganztagsangebot wahrnehmen können. Ich glaube, wir sind da mittlerweile gebrannte Kinder und wissen, dass das eine sehr schwammige Garantie ist. Weil Sie vorhin gesagt haben, Frau Kollegin BrendelFischer, Kreativität sei erforderlich, muss ich sagen: In der Tat, Kreativität ist erforderlich, um im bayerischen Schulsystem überhaupt überleben zu können. Sie wollen keine Patentrezepte vorgeben. Sie haben nicht einmal ein Konzept vorgegeben.
Insofern ist hier Not am Mann, und es ist dringend notwendig, dass etwas passiert, dass in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden endlich ein Ausbauplan vorgelegt wird, damit die Kommunen am Ende nicht wieder die Verlierer sind und zahlen müssen für das, wofür eigentlich der Staat verantwortlich ist.
Es muss endlich klar werden: Welche Ziele haben wir, in welchen Zeiträumen soll was erreicht werden? Wir FREIEN WÄHLER sind für klare Ziele. Es geht uns nämlich nicht allein um die Betreuung. Sie haben jetzt wieder gesagt, dass Sie ein wunderbares Konzept in diesem Ganztagsdschungel entwickelt haben. Das ist noch undurchsichtiger. Wir möchten Qualität. Der pädagogische Mehrwert der Ganztagsschule ist für uns
das Entscheidende. Deswegen setzen wir auf ein bedarfsgerechtes Angebot mit hoher Qualität an echter Ganztagsschule. Das steht für uns in der Tat an erster Position. Wenn das bei Ihnen nicht an erster Position steht, ist das tragisch genug.
Sie haben gerade dargelegt, Sie legen gar keinen Wert auf Qualität, wenn es irgendeiner macht, dann ist es für Sie auch gut. Wir möchten Qualität, wir möchten pädagogischen Mehrwert und nicht irgendeine Wischiwaschi-Betreuung, die irgendwie dem Ganzen ein Mäntelchen umlegt.
Sie haben kürzlich bei einem BLLV-Kongress zum Thema Ganztagsschule gesagt, Frau Brendel-Fischer – ich zitiere –:
Es wird beim Ganztagsausbau keine zusätzliche Lehrerwochenstunde benötigt, da die demographische Rendite im System verbleibt. Wünschenswert wäre es aber, dass es einen Bonus für Schulen geben soll, um sich optimal bei der Organisation des Ganztags abzustimmen.
In diesem Fall haben Sie tatsächlich recht. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, das ist nicht nur wünschenswert, sondern es ist notwendig. Deswegen: Tun Sie etwas dafür, dass dieser Bonus eingeführt wird, dass die Ganztagsschule in Bayern endlich salonfähig wird!
Werter Kollege, ich hätte die Frage, ob Sie die Beschlüsse der Fraktion gelesen haben. Die CSU-Fraktion hat einstimmige Beschlüsse zum Bereich Grundschule und zum Bereich Förderschule/Inklusion gefasst. Dort werden Sie das Wort "Qualität" relativ zügig finden. Deswegen wundert es mich, dass Sie das aus dem Beitrag der Kollegin Brendel-Fischer nicht heraushören konnten; denn sie hat sehr deutlich formuliert, dass sie Qualität auf verschiedene Weise definiert. Sie hat nicht gesagt, dass es wurscht sei, wer dort ist, sondern sie hat lediglich gesagt, Qualität können verschiedenste Personen bieten, nicht ausschließlich Lehrkräfte. Ich glaube, wir können unseren Kindern durchaus verschiedene Persönlichkeiten mit verschiedenen Fachrichtungen anbieten. Das heißt noch lange nicht, dass es wurscht ist, wer das macht.
Haben Sie unsere Papiere gelesen, und haben Sie das Wort "Qualität" darin entdecken können, ja oder nein?
Ich habe mich eindeutig auf das bezogen, was Frau Kollegin Brendel-Fischer vorhin dargelegt hat. Ich höre momentan auf dem rechten Ohr etwas schlecht. Da habe ich das Wort "Qualität" nur sehr leise vernommen.
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Dann ist der Ohrenarzt eine gute Empfehlung!)
(Vom Redner nicht auto- risiert): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einem Jahr hat der Ministerpräsident hier eine Ganztagsgarantie ausgesprochen. Ich muss sagen: Es ist bis zum heutigen Tag eine unkonkrete und unseriöse Ganztagsgarantie.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ich gehe davon aus, dass wir, wenn wir über Ganztag und Garantie reden, dann natürlich auch von einer Qualitätsgarantie reden. Wir reden auch von einer Finanzierungsgarantie und von einer Umsetzungsgarantie. Weder im Hinblick auf Qualität noch auf Finanzierung noch auf Umsetzung habe ich bisher etwas vernommen, auch nicht in der Rede von Kollegin Brendel-Fischer. Das Wort "Qualität" bürgt allein noch nicht für Qualität.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es diesen Ganztagsgipfel geben wird, ist meines Erachtens der Antrag der SPD noch nicht obsolet, sondern es geht darum: Wie gehen wir, wie geht das Land, und wie gehen wir als Parlament, als Haushälter, die letztendlich den Haushalt zu verantworten haben, in diese Gespräche? Gibt es eine Vorstellung, wie das ausschauen soll? Oder geht man da hinein und schaut, ob was läuft und ob man vielleicht mit den anderen einen Deal hinbringt? Das kann es nicht sein.
Vielleicht zur Erinnerung: Wir hatten 2009 einen sogenannten Ganztagsgipfel zwischen Freistaat und Kommunen. 2009 – das ist noch nicht so lange her, da war ich schon im Bayerischen Landtag – ist das Land zum ersten Mal überhaupt in das Thema Ganztag eingestiegen. Bis dahin haben die Kommunen die Aufgabe und die Last allein getragen.
Damals hat das Land zum ersten Mal gesagt: Okay, da tragen auch wir Verantwortung. Man hat damals einen Kompromiss geschlossen. Jetzt, einige Jahre später, haben wir die Ganztagsgarantie. Das Land ist jetzt gefordert, diese Verantwortung zu übernehmen und die finanziellen Mittel dafür bereitzustellen, um die Ganztagsgarantie des Ministerpräsidenten tatsächlich und auch in der Finanzierung zu erfüllen. Wir würden gerne hören, über welche Summen wir reden und welche Vorstellungen Sie haben. Von den Bildungspolitikern der CSU hört man nie Zahlen, sondern vielleicht schöne Worte. Letztendlich machen es aber die Zahlen aus.
wenn er sagt: eine Garantie für alle Schülerinnen und Schüler bedarfsgerecht bis 14 Jahre. Als Bildungspolitiker fragt man sich zum einen: Was heißt "14 Jahre"? Wir denken da eigentlich an Klassen. Meint er die Achtklässler oder die jüngeren Neuntklässler oder wie auch immer? Das ist vollkommen unkonkret und noch nie aufgelöst worden. Das Zweite: Was heißt "bedarfsgerecht"? Wir haben einmal eine Marke für "bedarfsgerecht" angenommen, wie man es beim KitaAusbau hatte. Da hat man mal gesagt, 30 % könnten bedarfsgerecht sein. Das war zwar zu wenig, aber eine Marke. Wenn wir von 30 % Ausbau des Ganztags reden – wir haben momentan etwa 10 % –, dann reden wir über eine Summe von etwa 270 Millionen Euro, die dafür aufzuwenden wäre, also etwa 4.500 Lehrerstellen. Das sind die jetzigen Parameter. Ich habe von Ihnen noch keine Zahl gesehen; ich sehe auch im Haushalt nichts, wie da irgendwas finanziert oder erreicht werden soll. Wenn wir von einer höheren Quote ausgehen, dann liegen wir dementsprechend höher. Quoten, Zahlen, Pläne, Finanzierungsvorschläge – das würde uns allen helfen, diese "Qualitätsgarantie" etwas ernster zu nehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben Kreativität vor Ort. Oft ist es aber so: Not macht kreativ. Wir haben unterschiedliche Modelle. Das Ärgerliche ist: Wir haben ein Finanzierungswirrwarr, ein Zuständigkeitswirrwarr und ein Verantwortungswirrwarr mit den unterschiedlichen Modellen der Ganztagsfinanzierung, und dieser Wirrwarr dient dem Land dazu, sich aus der Verantwortung zu stehlen.
Wir erwarten deswegen von diesem Ganztagsgipfel eine klare Ansage vonseiten des Landes zur Zuständigkeit, zur Übernahme von Verantwortung für die
Ganztagsschulfinanzierung, ganz egal, ob es offene oder gebundene Angebote sind; denn die Ganztagsschule ist Landesaufgabe und nicht kommunale Aufgabe. Dieses Versprechen, dass man zuständig ist und seine Verantwortung endlich ernst nehmen will, habe ich noch nicht gehört. Wenn der Ganztagsgipfel in ein paar Wochen sein wird, dann wird es langsam Zeit, dass diese Erklärung kommt, auch als Signal gegenüber den Leuten, mit denen man verhandelt.
Meine Sorge ist, dass wir hier wieder einen Gipfel erleben werden wie schon viele, wo man schöne Worte hört, wo man eine schöne Überschrift hat; aber die Probleme werden nicht gelöst, und das Land wird sich seiner Verantwortung wieder nicht stellen. Dann, muss ich sagen, bleibt Bayern weiterhin auf dem letzten Platz beim Ausbau des Ganztags, und es wird weiterhin eine unseriöse Bildungspolitik betrieben. Die hat dieses Land eigentlich nicht verdient.
Vielen Dank. Jetzt darf ich für die Staatsregierung Herrn Staatssekretär Eisenreich das Wort erteilen. - Meine Damen und Herren, ich bitte, die Gespräche am Rande des Saales einzustellen. – Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.
Meine Damen und Herren, Sie können ja nach meinem nächsten Satz entscheiden, ob ich weiterreden soll oder nicht. Das Anliegen ist völlig berechtigt, aber Sie wissen doch, dass der Kommunalgipfel nicht nur angekündigt ist, sondern der Termin bereits feststeht. Es ist der 6. November. Das sind nur noch wenige Wochen. Genau bei diesem Treffen wird dann zwischen Staatsregierung und den kommunalen Spitzenverbänden die Fortsetzung, sozusagen ein Update von 2009 verhandelt. Wir sind gerade dabei, nach langen Vorarbeiten die letzten Feinheiten unseres Vorschlages zusammenzufassen und den kommunalen Spitzenverbänden zuzuleiten.
Es geht um Zuständigkeiten, um Konzepte, um die Finanzierung und den Zeitplan. Ich denke, wir machen da ein wirklich gutes Angebot, das das Thema Ganztag in Bayern weiter voranbringt; denn dieses Thema ist uns genauso wichtig wie allen Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Hause. Wenn Ihnen das genügt,
Ich glaube, es ist nicht notwendig; denn Sie kennen das Konzept. Für uns ist das Thema Ganztag ein wirklich zentraler Bereich der Bildungspolitik. Wir werden hier unserer Verantwortung gerecht. Ich schlage vor, dass sich der Bildungsausschuss nach Durchführung des Gipfels berichten lässt, wie das Konzept aussieht und welche Ergebnisse zu erwarten sind. Das ist mein Vorschlag angesichts der fortgeschrittenen Zeit. Wir werden mit diesem Konzept einen großen Schritt nach vorne im Bereich Ganztag tun können.
Wenn der Wunsch besteht, kann ich die nächsten drei Minuten meiner Redezeit noch ausfüllen. Aber ich glaube, es ist nicht notwendig. 6. November! Also in wenigen Wochen.
Herr Staatssekretär, kommen Sie bitte noch einmal ans Rednerpult. Herr Kollege Felbinger hat eine Zwischenfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben von dem großen Fortschritt gesprochen, der hier stattfinden soll. Vielleicht können Sie uns jetzt schon die Maßnahmen kurz nennen, damit wir sehen, was uns erwartet.