Protocol of the Session on September 30, 2014

der Ministerpräsident und der Finanzminister, in der Steuer- und Finanzpolitik definitiv nicht mit einer Stimme sprechen. Einmal heißt es hü, dann wieder hott. Es gibt vier Meinungen: die des Finanzministers von letzter Woche, die des Ministerpräsidenten von vorgestern, die des Finanzministers von gestern und die des Ministerpräsidenten von heute. Was morgen passiert, will ich gar nicht wissen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Aber wir müssen das Problem der "kalten Progression" angehen.

Auch bei dem nächsten Thema, das ich ansprechen muss, dürfte der Jubel des Obersten Rechnungshofs sehr bescheiden ausfallen. Es geht um das Dauerärgernis, das wir seit Jahr und Tag kritisieren: die schlechte Personalausstattung der Steuerverwaltung. Den entscheidenden Durchbruch schaffen Sie einfach nicht. Dabei ist das ein zentraler Punkt für die Steuergerechtigkeit, insbesondere für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

(Beifall bei der SPD)

1.800 Stellen sind zum 01.01.2014 nicht besetzt. Das ist nicht der Personalbedarf an den Finanzämtern, sondern diese Stellenanzahl steht in dem Haushaltsplan, den Sie beschlossen haben. Aber er wird an den Finanzämtern nicht umgesetzt. In den letzten Jahren hat es eine leichte Steigerung gegeben, nämlich um 94 Stellen in drei Jahren. Bei gleicher Steigerung würde es aber noch 58 Jahre dauern, bis wir die Sollstärke bekommen, die im Haushaltsplan steht. Sie verhindern im Augenblick mit den Anstrengungen, die Sie unternehmen, nur, dass es nicht noch schlechter wird. Wir aber wollen, dass die Steuergerechtigkeit in Bayern endlich besser wird und dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr die Dummen sind. Das ist unsere Forderung, und dieser Haushalt trägt ihr nicht Rechnung.

(Beifall bei der SPD)

Zu dem Thema, wie Tarifabschlüsse im Beamtenbereich vollzogen werden, will ich mich nicht äußern, Herr Finanzminister. Sie haben die Tarifabschlüsse in der Beamtenbesoldung in eigener Verantwortung nicht nachvollzogen. Was Sie anderen vorwerfen, haben Sie selber praktiziert. So viel Selbstkritik sollte – man kann es sich kaum vorstellen – auch bei Ihnen möglich sein.

Aber ich möchte andere Themen im Bereich des Personals ansprechen. Da verkünden Sie nämlich Dinge, streichen aber andere zur gleichen Zeit wieder. Ich möchte einige Beispiele nennen, weil der vom Herrn

Ministerpräsidenten angekündigte Stellenstopp im Raum steht. Einiges darf man den Bürgern draußen nicht zu oft sagen, weil sie sonst erklären: Da passt im Freistaat Bayern einiges nicht.

Bei der Unterbringungsverwaltung werden im Jahr 2014 infolge der Stellenstreichung zwölf Stellen gekürzt. Ich habe die Liste, die auch dem Haushaltsausschuss vorlag. Danach werden zwölf Stellen gekürzt. Auf der anderen Seite wissen wir, dass wir gerade bei der Unterbringungsverwaltung riesige Herausforderungen haben.

Es geht weiter. Bei den staatlichen Bauämtern werden 79 Stellen gekürzt, obwohl wir in diesem Bereich eine riesige Herausforderung haben. Bei den Ämtern für Ländliche Entwicklung – das ist ein Megathema im Freistaat Bayern – werden 17,4 Stellen gekürzt. Das mag nach wenig klingen, bedeutet aber eine Reduzierung an allen Ämtern.

Bei den Wasserwirtschaftsämtern verkünden Sie neue Stellen für den Hochwasserschutz. Wir haben aber eine Streichung von 73 Stellen. Da wird etwas ausgerufen, es werden mehr Stellen angekündigt, und zur gleichen Zeit streichen Sie an anderer Stelle. Sie betreiben keine solide Personalpolitik, und Sie müssen endlich die Widersprüche auflösen. Wir werden Anträge stellen, und die CSU wird zu diesen Punkten Farbe bekennen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte in der ersten Debatte zum Haushalt ein paar wichtige Dinge ansprechen. Viele Anstöße der SPD und der anderen Oppositionsfraktionen sind aufgegriffen worden, und es gehört zum parlamentarischen Umgang miteinander, dass man das auch anerkennt. Allerdings gibt es nach wie vor viele Versprechen, die mit der Haushaltsrealität nicht zusammenpassen. So haben wir bei den verschiedenen Themen Licht und Schatten.

Ich möchte einen Punkt besonders herausgreifen, nämlich die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Bayern, ein Megathema. Wir stellen fest, dass es – Gott sei Dank! – eine Nordbayern-Initiative gibt. Allerdings nimmt sie, wie man sieht, wenn man genau hinschaut, nur viele laufende Projekte auf. Wo neue Projekte benannt werden, sind Wissenschaft und Forschung im Fokus. Das ist wichtig, trifft aber vor allen Dingen die Entwicklung in großen Zentren, insbesondere an Universitäten. Wir rüsten mit diesem Programm nicht die strukturschwachen Räume auf, aber genau da haben wir den dringendsten Bedarf. Ich darf Ihnen einmal kurz vortragen, was Bevölkerungsforscher Dr. Norbert Schneider im "Staatsanzeiger" – das ist also keine SPD-Meinung – am 20. Juni

ausgeführt hat: "Bayern darf nicht so weitermachen wie bisher, weil Bayern mehr als alle anderen Bundesländer von den regionalen Disparitäten besonders betroffen ist. Der Durchschnitt in Bayern mag stimmen, aber viele Gegebenheiten in den Regionen nicht." - Dem kann man nur uneingeschränkt zustimmen. Mit Ihrer Politik ändern Sie diese Verhältnisse aber leider nicht. Sie tun zu wenig für die strukturschwachen Räume im Freistaat Bayern, insbesondere im nordbayerischen Raum, aber auch an anderer Stelle. Das muss sich ändern.

(Beifall bei der SPD)

Ich darf noch aus einem Papier vom September zitieren, das bei einem Gespräch mit dem Finanzministerium vorlag. Der Vorsitzende des Oberfränkischen Gemeindetags führte in diesem Papier ausdrücklich aus: "Viele unserer Kommunen sind nicht mehr in der Lage, die Infrastruktur aufrechtzuerhalten." Dann kommt ein pointiertes Zitat: "Die Ortsstraßen sehen aus wie die Infrastruktur 1989 in der DDR." Das haben wir uns 25 Jahre nach dem Mauerfall nicht so vorgestellt, und das muss sich ändern. Die Bilanz Ihrer Regional- und Strukturpolitik in Bayern ist erschütternd, und da sind Sie gefordert.

(Beifall bei der SPD)

Wie man in dieser Situation die Mittel für die Regional- und Wirtschaftsförderung im Doppelhaushalt um 70 Millionen Euro kürzen kann, ist mir ein völliges Rätsel. Dort, wo wir mehr tun müssen und wo wir dringenden Handlungsbedarf haben, kürzen Sie die Regional- und Wirtschaftsförderung. Das können wir nicht akzeptieren, da muss der Landtag klar Farbe bekennen. Da macht die Staatsregierung einen Fehler, das hätte nie in den Entwurf geschrieben werden dürfen. Deswegen kämpfen wir dagegen auch an. Wir wollen die Regional- und Wirtschaftsförderung ausbauen und nicht kürzen. Das ist unsere Position.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben viel über Subsidiarität, Dezentralität und Eigenverantwortung in den Bundesländern gesprochen. Sie wollen mehr Föderalismus für Bayern. Das ist in Ordnung, und das ist auch unsere Position. Aber gerade dort, wo die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion selbst gestalten können, nämlich in der bayerischen Landespolitik, wollen Sie keinen Föderalismus, keine Dezentralität und keine Subsidiarität.

Wir wollen – das fordern wir ganz klar – den Regionen Regionalbudgets geben, damit die wunden Punkte dort angepackt werden können, wo der Schuh am deutlichsten drückt, und damit Geldmittel nicht allein dort ausgegeben werden, wo das die Staatsregierung

in München für sinnvoll hält. Wir wollen mehr Kompetenz und mehr Verantwortung für die bayerischen Regionen. Das wäre ein Beitrag zum deutschen Föderalismus, den Sie leisten können, ohne die in Berlin zu fragen.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zur Barrierefreiheit, auch einem Megathema, und stelle fest, dass das, was im Haushalt für die Barrierefreiheit vorgesehen ist – in die Details werden wir in den Ausschüssen und in der Schlussberatung gehen –, den Ansprüchen, die der Herr Ministerpräsident in diesem Zusammenhang stellt, nicht gerecht wird.

(Beifall bei der SPD)

Nach meiner Lektüre des Haushaltes sind die 30 Millionen Euro mehr allein der Etat für die Busförderung, die der Freistaat ohnehin erbringt, die aber in die Ausgaben für die Barrierefreiheit eingerechnet wurden. 10 Millionen Euro pro Jahr sind für die Barrierefreiheit an Bahnhöfen vorgesehen. Das bedeutet bei zwölfeinhalb Millionen Einwohnern und bei der Zahl der Bahnhöfe in einem Flächenland wie Bayern, dass vielleicht ein, zwei oder drei Projekte umgesetzt werden. Aber die Forderung "Barrierefreiheit 2023" wird damit definitiv nicht erfüllt. Das ist angesichts der Versprechungen des Ministerpräsidenten ein Armutszeugnis für die Staatsregierung, muss ich sagen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn die Informationen stimmen, die ich habe, ist es noch schlimmer. Danach hängt die Fortführung der Land-Bahn-Konzepte für die Barrierefreiheit - zumindest gibt es noch keine andere Erklärung – nach 2018 im Augenblick daran, dass der Freistaat Bayern der Bahn dafür keine Finanzierungszusage gibt. Die Bahn würde in den bayerischen Bahnhöfen gern mehr Barrierefreiheit planen, wenn aus der Staatskanzlei oder dem Finanzministerium grünes Licht käme. Im Augenblick scheint das aber noch nicht der Fall zu sein. Wir fordern Sie auf, dieses grüne Licht noch während der Haushaltsberatung zu geben.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zu den Themen Schule, Bildung und Betreuung. Da kann man in den Vordergrund stellen, dass es jetzt Mehrausgaben von 560 Millionen Euro gibt. Aber man muss dazusagen, dass das, was davon in den Schulen, bei den Lehrern, bei den Schülerinnen und Schülern ankommt, nur 57 Millionen Euro, also gerade einmal 10 %, sind. Für mich ist entscheidend, was hinten herauskommt, und die Schulkinder würden sich zu Recht beschweren, wenn ihnen

ein Brezenrest von 10 % als ganze Breze verkauft würde. So etwas versuchen Sie mit der von Ihnen genannten Summe. Dahinter stecken aber nur 10 % für den wirklich notwendigen Bedarf an den Schulen. Das ist uns zu wenig.

Wir anerkennen ausdrücklich, dass die sogenannte demografische Rendite – zumindest ist das die Diktion bis zum Ende der Regierung von Ministerpräsident Seehofer – im System verbleiben soll. Das war auch unser Vorschlag. Wir stellen aber fest, dass wir im Augenblick eine massive prekäre Situation an den Schulen haben. Der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband hat zu der Auftaktsitzung des Bayerischen Landtags die wunden Punkte an den Schulen ganz klar markiert: Die Unterrichtsversorgung ist nur eingeschränkt gewährleistet. Das ist für ein Bildungsland wie den Freistaat Bayern kein wunderbares Zeugnis. Wir werden schon genau hinschauen, was mit der Gymnasialreform verbunden ist und was Sie tatsächlich an Mitteln und Stellen in den Haushalt einstellen. Wir werden das genau verfolgen.

Genauso konsequent werden wir auch verfolgen, dass das Versprechen des Ministerpräsidenten uneingeschränkt eingehalten wird. Deshalb werden wir auch dieses Jahr Forderungen erheben, was die im letzten Jahr gestrichenen Lehrerstellen betrifft. 773 Stellen sind von Ihnen gestrichen worden, obwohl sie nach den Grundsätzen der demografischen Rendite gehalten werden müssen. Wir wollen, dass Sie Farbe bekennen und die Versprechen einhalten, die Sie dem bayerischen Volk gegeben haben.

(Beifall bei der SPD)

Beim Thema Ganztagsschulen höre ich viele Absichtserklärungen. Der Ganztagsgipfel steht nach wie vor aus. Ich kann nur ganz kurz das geschäftsführende Präsidialmitglied des Gemeindetags, Dr. Jürgen Busse, zitieren:

Weil die bestehenden Ganztagsschulen stark unterfinanziert sind, müssen die Gemeinden zusätzlich in die Tasche greifen. So wird Bildungsqualität abhängig von der jeweiligen Finanzkraft der Gemeinde.

Das ist die augenblickliche Situation in Bayern. Beenden Sie diesen Missstand schnellstmöglich.

(Beifall bei der SPD)

Auch im Zusammenhang mit den Kindergärten stand ein Versprechen aus dem Bayernplan im Raum, nämlich: Wir wollen die Politik der Gebührenentlastung bei den Kindergärten fortsetzen. Leider hat sich das Versprechen im Bayernplan bis zur Einbringung des

Haushalts verflüchtigt, denn es findet sich nicht mehr im Haushaltsplan. Dieses Wahlversprechen haben Sie leider kurzerhand geopfert. Verlässlichkeit als Kennzeichen der Politik schaut anders aus.

(Beifall bei der SPD)

Bei den Hochschulen spart Bayern durch die BAföGEntlastung ab 2015 jährlich 170 Millionen Euro. Wir wollen genau wissen, wofür das eingesparte Geld in Bayern konkret ausgegeben wird! Wir akzeptieren nicht, dass die bisherigen Defizite in der Hochschulinfrastruktur, aber auch bei den Stellen durch diese Einsparungen nur ausgeglichen werden. Die zusätzlichen Mittel sind nicht dafür da, um die Defizite bei der Bayerischen Staatsregierung auszugleichen. Wir wollen, dass die Mittel zusätzlich an den Hochschulen ankommen. Wir können uns auch vorstellen, den Bereich der Bildung einschließlich der frühkindlichen Bildung mit einzubeziehen. Wir werden das Thema auf den Prüfstand stellen.

(Beifall bei der SPD)

Ansonsten stellen wir fest, dass Sie nach wie vor eine Retro-Politik betreiben: Die Lehrbeauftragten werden nach wie vor so bezahlt wie in den Siebzigerjahren. Es gab kaum eine Steigerung. Ganze Hochschulgebäude – ich würde sogar sagen: viele – sehen nach wie vor aus wie in den Siebzigerjahren. Ich glaube, diese Retro-Politik sollten Sie beenden. Sowohl die Lehrbeauftragten an den Hochschulen wie auch die Hochschulgebäude haben es verdient, im Interesse der Studierenden endlich im 21. Jahrhundert anzukommen. Das ist die Herausforderung.

(Beifall bei der SPD)

Ein kurzes Wort zum Kulturstaat Bayern und zum Denkmalschutz. Ich denke, wir sollten das Thema Musikschulen grundsätzlich einmal nach vorne bringen. Da fehlt noch einiges. Auch in Bezug auf die nichtstaatlichen Theater sehen wir massiven Handlungsbedarf.

Ich darf auch zum Denkmalschutz etwas sagen: Der frühere Präsident des Bayerischen Landtags, Johann Böhm, ist Vorsitzender des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege. Er hat einen Vorschlag unterbreitet, den auch Sie kennen, nämlich die Initiative Kulturerbe Bayern. Was ist der wesentliche Inhalt dieses Vorschlags, den ich durchaus unterstütze? – Die zentrale Aussage ist: Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege unterstützt die Denkmaleigentümer fachlich, hat aber für effektive Hilfe nicht ausreichend Finanzmittel. Das ist das Versäumnis von Staatsregierung und CSU-Mehrheit; sonst wäre eine solche Initiative gar nicht notwendig.

(Beifall bei der SPD)