Protocol of the Session on September 16, 2014

Sind Sie der Auffassung, dass eine Plenardebatte dazu geeignet ist? Warum beantragen Sie dann noch einen Untersuchungsausschuss, der ein Jahr lang die Aufklärungsarbeit vornehmen will?

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Weil wir hier nicht zum Ziel kommen!)

Auch das ist vorgeschoben, meine Damen und Herren. Ihnen geht es nicht um Aufklärung.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Natürlich!)

Ihnen geht es nur darum, nachzutreten und eine Person weiter herabzuwürdigen, ohne dass die Aufklärung erfolgt ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Ich sage Ihnen ganz klar: Ein solches Verhalten ist schäbig, meine Damen und Herren, und ist nicht anständig gegenüber dieser Person.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Christine Haderthauer hat als Sozialministerin und als Staatskanzleichefin hervorragende Dienste für den Freistaat Bayern geleistet und ihre Ämter korrekt erfüllt.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich danke ihr im Namen der CSU-Fraktion auch an dieser Stelle für diese Tätigkeit.

(Beifall bei der CSU)

Sie hielt ihren Rücktritt für politisch geboten, weil die fortdauernde öffentliche Diskussion jede Sacharbeit zu überlagern drohte. Ich halte dies für eine richtige Entscheidung, die mir Respekt abnötigt.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt heißt es, die Ermittlungen abzuwarten und zu sehen, was diese an den Tag bringen. Nur weil Vorwürfe gegen jemand erhoben werden, lassen wir einen Menschen nicht sofort fallen, Herr Rinderspacher, sondern wir wollen zunächst die Dinge aufklären.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Zuruf von der SPD: Warum ist sie dann entlassen worden?)

Wenn die Opposition lieber auf Aussagen eines psychisch gestörten Dreifachmörders vertraut, anstatt einer Ministerin eine Chance zu geben, Vorwürfe vernünftig aufzuklären, dann ist dies ihre Sache; es lässt aber tief blicken.

(Beifall bei der CSU)

Für uns gelten rechtsstaatliche Grundsätze, nämlich der Grundsatz der Unschuldsvermutung. Für einen Mann wie Wilhelm Hoegner ist das noch selbstverständlich gewesen, für die heutige Opposition offenbar nicht mehr. Denken Sie daran, Herr Rinderspacher, wenn Sie wieder einmal den WilhelmHoegner-Preis in Bayern verleihen.

(Beifall bei der CSU)

Gerade als Jurist wehre ich mich dagegen, diesen Grundsatz der Unschuldsvermutung parteipolitischem Klein-Klein zu opfern, meine liebe Frau Gote. Wenn ich Sie so höre: 15 Minuten lang vorzuverurteilen und am Ende von Unschuldsvermutung zu sprechen, muss ich feststellen: Da passt hinten und vorn nichts zusammen. Ich frage mich nur, warum Sie einen Untersuchungsausschuss brauchen.

(Beifall bei der CSU)

Eine Regierung zu kontrollieren bedeutet, sie inhaltlich zu stellen, nicht aber, die einzelnen Personen zu diffamieren. Das unterscheidet Parlamentarismus von Populismus.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Aber Ihnen geht es nicht um Aufklärung, sondern Ihnen geht es um Vorverurteilung. Und ausgerechnet diese Opposition wirft uns vor, wir würden nicht regieren und die Probleme Bayerns ignorieren. Meine Damen und Herren, da kann ich nur fragen: Kann sich irgendjemand hier im Saal an einen wesentlichen politischen Vorstoß erinnern, den die Opposition seit der letzten Landtagswahl auf den Weg gebracht hat? – Fehlanzeige.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Es gab ein gescheitertes Volksbegehren, und das mit dem drittschlechtesten Ergebnis in der Geschichte des Freistaats. Brauchbare Konzepte und Ideen werden nicht vorgelegt, meine Damen und Herren. Seit ich dabei bin, hat dieser Landtag noch nie eine programmatisch so schwache und zahnlose Opposition gesehen wie in dieser Wahlperiode.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Auch die Presse hält nicht viel von Ihnen. Selbst die "Süddeutsche" attestiert Ihnen ein blamables Bild. Der "Münchner Merkur" sagt: "Die Opposition lässt Strategie und Biss vermissen." – Dies ist noch freundlich ausgedrückt, meine Damen und Herren, aber im Hinblick auf das, was die Zeitungen sonst schreiben, schon ganz deutlich.

(Markus Rinderspacher (SPD): Warum regen Sie sich eigentlich so auf? Sie müssen sich doch nicht so aufregen! Bleiben Sie doch ruhig!)

Eines steht fest, meine Damen und Herren: Wir werden nichts unter den Teppich kehren. Wir werden den

Fall Haderthauer lückenlos aufklären. Sie können sicher sein: Christine Haderthauer wird dazu ihren Beitrag leisten und an dieser Aufklärung gegenüber den Ermittlungsbehörden und auch dem Untersuchungsausschuss mit vollem Einsatz mitwirken. Dort muss es um die Sache gehen. Hier wird kein politisches Tribunal veranstaltet.

Ich möchte zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses aber jetzt schon auf Folgendes hinweisen: Im Fokus steht hier weder Regierungs- noch Parlamentshandeln. Es geht nicht um eine Staatsaffäre, wie Sie gesagt haben, Herr Rinderspacher, sondern es geht allein um das Leben von Christine Haderthauer, vor allem vor ihrem Eintreten in die Politik.

(Markus Rinderspacher (SPD): Um das Verhalten der Staatskanzlei gegenüber den Medien!)

Das ist ein Novum in Bayern wie auch im Rest der Republik. Ich kann mich nur an einen erinnern, dem auch einmal sein Verhalten vor dem Eintreten in die Politik vorgeworfen worden ist. Das war ein GRÜNER, Joschka Fischer. Die Vorwürfe waren etwas anders. Er ist mit Gewalt auf Polizeibeamte losgegangen, meine Damen und Herren. Dies waren damals Jugendsünden. Er war bis zuletzt im Amt und ist heute noch eine Galionsfigur der GRÜNEN. So gehen Sie mit solchen erschütternden Skandalen um, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Dann schauen wir einmal, ob der Untersuchungsausschuss am Ende nicht ein ganz anderes Bild vermittelt, wenn erst einmal Psychologen, Gefängnisdirektoren, Bewährungshelfer über die Tätigkeit, die Therapie und die Resozialisierung sprechen. Ich warte dies ab. Wir werden dies alles aufklären. Die Bürgerinnen und Bürger haben uns die Verantwortung übertragen, Bayern gut zu regieren. Dieser Verantwortung kommen wir nach, egal, welchen Zirkus Sie hier und außerhalb dieses Plenarsaals veranstalten.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD: Un- glaublich!)

Die parlamentarische Demokratie lebt von ihrer Ideenvielfalt, vom Streit um die beste Lösung, aber auch vom respektvollen Umgang miteinander. Als leidenschaftlicher Parlamentarier bedauere ich feststellen zu müssen: Die Opposition kann momentan nichts davon anbieten. Deshalb werden wir keinen Untersuchungsausschuss gegen die Opposition beantragen. Wir werden auch nicht vor das Verfassungsgericht gehen; denn Ihr Versagen, meine Damen und Herren, ist offensichtlich.

(Beifall bei der CSU)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Herr Kollege Arnold das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Ich danke Ihnen. – Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Bewertung, ob ein Geschäftsmodell von Idealismus oder von Gewinnstreben getragen ist, welche Abhängigkeiten und welche Beziehungen sich daraus ergeben, welche Erfolge und welche Risiken, welche Gewinne sich insoweit einstellen, bedarf in der Tat einer soliden Tatsachengrundlage.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Die Opposition hat nicht nur in den letzten Tagen, sondern fast schon in den letzten Jahren versucht, diese Tatsachengrundlage zutage zu fördern. Die einen sagen dazu Aufklärungsarbeit, die anderen bezeichnen das als Sommertheater, Empörungswelle und Skandalhysterie. Das ist aber nicht unsere Ansicht.

Fakt ist, dass die Forensik, um die es hier geht, dem Schutz der Allgemeinheit vor aufgrund von psychischer Erkrankung oder Behinderung gefährlichen Tätern dient, gegen die ein Schuldvorwurf nicht oder nicht in dem Umfang erhoben werden darf. Fakt ist auch, dass diese Täter in Hochsicherheitstrakten mit erheblichem öffentlichem Aufwand untergebracht sind und im Rahmen ihrer Unterbringung soweit möglich geheilt werden sollen.

Fakt ist mittlerweile auch, dass bereits ab den späten Neunzigerjahren erhebliche Probleme aufgetreten sind: Postkontrolle, Werkzeugverwahrung, Schlüsselgewalt, Ausgang und Entweichungen, Nichtbeachtung der Sicherheitsstufen. All das wurde im Bezirkstag von Mittelfranken in Ansbach thematisiert, aber auch gegenüber der Bayerischen Staatsregierung, wie eine Anfrage des damaligen Kollegen Gartzke beweist.

Fakt ist auch, dass diese Probleme damals in unmittelbarem Zusammenhang mit der Firma Sapor Modellbau standen und stehen, dessen Geschäftsführerin faktisch, durch Vollmacht belegt, Frau Haderthauer war. Frau Haderthauer ist im Jahr 2008 Ministerin für Soziales geworden. Die Fachaufsicht für die Forensik fällt in diesen Geschäftsbereich. Die Fachaufsicht ist nicht irgendeine Nebenerscheinung, sondern eine Kardinalaufgabe der Verwaltung schlechthin. Sie hat nicht nur Rechtsüberprüfungen durchzuführen, sondern auch Weisungen zu erteilen und Verwaltungsvorschriften anzuordnen. Bereits vor diesem Hintergrund ist keine Skandalhysterie zu vermerken, wenn das Parlament, die Öffentlichkeit Fragen zur Fach

kompetenz der Ministerin stellt, wenn doch in diesem Zusammenhang berufliche Erfahrungen den Anlass dazu geben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und den GRÜ- NEN)

Wir haben bereits im Juni 2013 alle diese Fragen gestellt. In der damaligen Debatte war nur eine Empörungswelle zu verzeichnen, nämlich Ihr Verhalten damals, Kollegen und Kolleginnen der CSU und, nicht zu vergessen, in memoriam der FDP.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)