Das ist die Situation, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es ist schön, dass die Staatsregierung jetzt, nachdem wir vor eineinhalb Jahren gesagt haben, das neue Breitbandförderprogramm taugt nichts, auch zu
dieser Erkenntnis gekommen ist und Abhilfe geschaffen hat. Dafür Respekt und Gratulation! Das hätte aber auch schneller gehen können. Wir sind froh darüber, dass ein untaugliches Programm vereinfacht und jetzt finanziell gut ausgestattet worden ist. Das gibt den Kommunen eine realistische Chance, ihre Breitbandanbindung zu verbessern. Es wird sich in den nächsten Monaten oder Jahren zeigen, ob die Rakete dann auch startet, ob sie zündet oder ob sie wie alle Programme in den letzten Jahren wieder zum Rohrkrepierer wird.
Bevor wir jetzt endgültig in intergalaktische Breitbandwelten aufbrechen, möchte ich versuchen, das Ganze ein bisschen einzuordnen. Die Geschichte des Breitbandausbaus in Bayern ist eine Geschichte falscher Einschätzungen, vertaner Chancen und verlorener Jahre für die Kommunen und vor allen Dingen für die Bürgerinnen und Bürger.
Sie begann 2006 mit dem Klassiker des damaligen Wirtschaftsministers Erwin Huber: Alles regelt der Markt. Damit wurde die Notwendigkeit staatlichen Handelns geleugnet. Vor allem wurde die Chance vertan – das ist noch schlimmer –, den Ausbau Bayerns als Ganzes, als Gesamtprojekt auszuschreiben und damit Stadt und Land kostengünstig, flächendeckend, schnell und gleichmäßig ans schnelle Internet anzuschließen.
Wir sehen in anderen Ländern, wie in den baltischen Ländern oder in Australien, dass eine solche Vorgehensweise zielführend ist. Wir sehen auch in den anderen Bundesländern, von denen einige wesentlich weiter sind, dass es manchmal nicht nur aufs Geld, sondern auch auf bessere Ideen ankommt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Anfangsfehler wirken immer noch nach. Umso mehr Geld und Zeit kostet es jetzt, die Rosinenpickerei der Unternehmen wieder auszugleichen und die ländlichen Regionen vernünftig ans Internet anzuschließen. Die Unternehmen kann man dafür gar nicht beschimpfen; denn es ist ihr Job, einen Gewinn zu erzielen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schon fast ein Treppenwitz der Geschichte, dass es die FDP und den Minister Zeil gebraucht hat, um die CSU zu einem ordnungspolitischen Umdenken zu bringen, also zu der Auffassung, dass der Staat doch im Sinne der Daseinsvorsorge aktiv werden muss. Dass das Programm von Minister Zeil überbürokratisch, untauglich
und finanziell nicht vernünftig ausgestattet war, ist eine zweite Geschichte. Es war aber der erste Schritt, und den haben wir nicht Ihnen zu verdanken.
Die SPD hat damals 5 Millionen Euro für den Breitbandausbau im Haushalt gefordert. Diese Summe hat uns empörte Ablehnung eingebracht. Da darf man schon dankbar sein, dass der Betrag jetzt, nach immerhin acht Jahren – das sind bei einem HighspeedThema fast Äonen – dreihundert Mal so hoch ist. Wir hoffen, dass das Geld auch bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt.
Die große Frage, die wir jetzt zu klären haben, lautet: Gelingt es mit diesem Geld, mit diesem Programm, die für die Kommunen, für die Wirtschaft und für die Menschen verlorene Zeit aufzuholen? Herr Minister Söder, Sie werden wahrscheinlich in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren jeden Förderbescheid persönlich überreichen. Wir können dann immer genau verfolgen, wie der Stand der Dinge ist.
Ich hoffe, dass das Versprechen, 2018 fertig zu sein, nicht so endet wie das Versprechen, Bayern bis 2022 barrierefrei zu machen. Da wird sich herausstellen, dass sich dieses Versprechen auf einige wenige Pilotprojekte beschränken wird, weil man wieder einmal den Mund zu voll genommen hat.
Wie ist die konkrete Situation in den Kommunen vor Ort? Um die geht es nämlich. Das neue Programm hat einige Probleme aus dem Weg geräumt. Der Kollege Blume hat es schon erwähnt. Aber immer noch haben gerade 1.000 von 6.000 Schulen nichts, was man schnelles Internet nennen und als solches benutzen kann.
Selbst eine Kommune wie Burgweinting, die ganz in der Nähe der Metropole Regensburg liegt, wo es viel Industrie gibt, hat eine Internetanbindung, bei der die Schnecke schneller über die Straße kriecht als die Bits durch die Leitung. Vor allem und ganz besonders haben wir das Problem der vielen kleinen, finanzschwachen Kommunen, möglichst noch mit 10 bis 13 Ortsteilen und womöglich noch in einer topografisch schwierigen Grenzlage, für die wir jetzt Lösungen finden müssen.
zu ändern. Einer Kommune mit vielen kleinen Ortsteilen ist mit einer Million Euro schon sehr geholfen, aber das reicht nicht für alle Ortsteile. Man muss erstens noch einmal darüber nachdenken, ob man, was die Finanzierung angeht, nicht eine gewisse Flexibilität hineinbekommt.
Der zweite Punkt betrifft die interkommunale Zusammenarbeit beim Breitbandausbau. Es ist sehr gut, dass Sie die mit einem Bonus belohnen. Viel wichtiger und entscheidend wäre aber, den Kommunen damit zu helfen, dass sie, wenn sie gemeinsam loslegen, Kosten und damit auch Fördersummen gegenseitig verrechnen können. Wenn das Dorf A, das viele Ortsteile hat und dem eine Million Euro nicht reicht, sich mit der Gemeinde B zusammentut, die nur einen Hauptort hat und keine Million braucht,
dann müsste es möglich sein, dass diese Kommunen gemeinsam zwei Millionen Euro Förderung bekommen, damit es dann auch für alle reicht.
Drittens brauchen wir eine qualifizierte Beratung der Kommunen. Es ist schön, dass jetzt die Geodäten in den Vermessungsämtern in einem Crashkurs an einem Samstag zu IT-Beratern umgeschult worden sind, vorzugsweise die Leiter dieser Ämter. Ich bin fest davon überzeugt – ich kenne viele dieser Leiter –, dass sie sehr lernfähig sind und dort wahrscheinlich all das an Rüstzeug bekommen haben, was sie brauchen. Das Problem ist allerdings, dass es keinerlei zusätzliches Personalbudget für die Vermessungsämter gibt. Also: Haben die Leiter dieser Behörden vorher nichts zu tun gehabt? Wie schaut es jetzt aus? Gehen sie jetzt ihren neuen Aufgaben nach, oder erledigen sie ihre alten Aufgaben? Hier hätten wir gern eine Klärung statt schöner Worte.
Die Problematik des Breitbandausbaus als freiwillige Leistung ist von uns, der SPD, oft angesprochen worden. Ich bin froh, dass Sie, Herr Minister Söder, zugesichert haben, dass die Kommunen dazu auch Mittel aus der Stabilisierungshilfe nehmen können. Die Frage ist nur: Wie schaut es dann in der Praxis aus? Hält der Finanzminister die Versprechungen des Digitalisierungsministers? Gibt es dann auch Stabilisierungshilfen in einer Höhe, dass man den Breitbandausbau finanzieren kann, ohne in eine finanzielle Schieflage zu geraten? Wir haben heute Nachmittag noch ein Gespräch mit dem Staatssekretär bezüglich
Wir sind gespannt, wie wir bei der Problematik des LTE-Einsatzes in den grenznahen Bereichen weiterkommen. Es gibt viele Tests, die gezeigt haben, dass dies den Rundfunk in Tschechien mitnichten stört. Trotzdem ist es immer noch verboten, in diesem Bereich LTE einzusetzen. Ich sehe vonseiten der Staatsregierung keinerlei Aktivitäten, diese Probleme zusammen mit der Bundesnetzagentur und dem Bund zu beheben.
Bei vielem kann man also noch nachbessern. Ich wünsche mir, dass wir dabei gemeinsam vorankommen. Wir sind auch gerne bereit, Ihnen noch weitere Vorschläge zu unterbreiten und Verbesserungsanregungen zu geben. Eine Bitte aber zum Schluss: Beeilen Sie sich dieses Mal mit dem Abschreiben und lassen Sie nicht wieder eineinhalb Jahre vergehen. Die Bürger werden es Ihnen danken.
Danke schön, Frau Kollegin. Als Nächster hat der Kollege Alexander Muthmann von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Blume, hätten Sie diese Rede einmal vor fünf Jahren gehalten, dann wäre das der richtige Zeitpunkt gewesen.
Natürlich begrüßen wir dieses Programm auch zum jetzigen Zeitpunkt. Eine kraftvolle Unterstützung der Gemeinden war aber nicht nur fällig, sondern überfällig.
Wenn Minister Söder jetzt für die Arbeit der letzten Monate gelobt wird, dann darf man an dieser Stelle möglicherweise schon anerkennen, dass er bei dieser Ausgangslage, bei dieser Startsituation für sich und sein Haus jetzt durchaus das Mögliche realisiert hat. Wir dürfen aber auch feststellen, dass das in der Sache ausgesprochen spät kommt, wenn wir das Thema "Gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Bayern" jetzt auch an dieser Stelle vernünftig bearbeiten können.
chen worden, dass das eine freiwillige Leistung des Freistaats sei. Warum es eine Pflichtaufgabe der Gemeinden sein soll, erschließt sich uns nicht. Wir haben die Gemeinden jetzt zum zweiten Mal durch die Förderprogramme zu begleiten, zunächst, was die Grundversorgung mit den bekannten Problemen anging, und jetzt in diesem Programm – mit hohem Aufwand. Wenn dann darauf hingewiesen wird, was wir anerkennen, dass über 15 % der Gemeinden in Bayern Zuschüsse im Umfang von 90 % zu erwarten haben und dass etwa die Hälfte der Gemeinden 80 % Zuschüsse zu erwarten haben, dann signalisiert das letztlich auch, dass unser Vorschlag richtig gewesen wäre, das solle im Wesentlichen doch der Freistaat Bayern selbst in die Hand nehmen.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, ich habe es schon ein paar Mal gesagt und will auch heute darauf hinweisen: Das ist ein weiterer wichtiger Schritt in die digitale Zukunft, aber es wird nicht der letzte sein. Die Dinge werden sich weiterentwickeln. Auch in den nächsten Jahren werden wir uns Weiterentwicklungen anzupassen haben.
Wenn die Kollegin Karl darauf hinweist, dass über zwei Drittel der Schulen noch keine vernünftige, schnelle Internetanbindung haben, dann will ich an dieser Stelle noch einmal sagen: Es wäre richtig gewesen und ist nach wie vor richtig, dass der Staat seine Einrichtungen, insbesondere alle staatlichen Bildungseinrichtungen und alle Behörden, dauerhaft und laufend selbst versorgt. Dann bekommen wir nämlich ein leistungsfähiges Netz über den gesamten Freistaat hinweg und müssen nicht 2.000 bayerische Gemeinden mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit jede für sich allein durch dieses Programm bringen.
Zuletzt wird auch bei diesem Programm die Wahrheit wieder auf dem Platz liegen: Wie schnell fallen die Förderentscheidungen? Wie kompetent erfolgen die Beratung und die Begleitung durch dieses Programm? - Das alles werden wir in den nächsten Monaten sehen und hoffentlich positive Rückmeldungen bekommen. Das ist aber auch notwendig. Die Frage ist auch, wie wir die Gemeinden insbesondere auf der letzten Meile begleiten. Insofern hat dieses Förderprogramm überhaupt noch keine Antwort für uns, für die Gemeinden und für alle Menschen, die in diesem Erschließungsbereich auf ein schnelles Internet warten.
Zusammengefasst: Erstens. Richtig ist, dass das Förderprogramm jetzt da ist. Es kommt spät genug; lange haben wir warten müssen.
Zweitens. Jetzt wird es am Geld nicht scheitern; auch das ist richtig. Bitte begleiten Sie jetzt unsere
2.000 Gemeinden schnell durch dieses Programm, und vergessen Sie nicht, dass dies durchaus ein wesentlicher Beitrag zum Thema "Gleichwertige Lebensbedingungen in Bayern" ist. Sie haben das Ganze lange angekündigt. Heute können Sie feststellen, dass das Programm endlich anwendungsfähig ist. Das hätten wir schon vor Jahren haben können und haben müssen.
Es gibt weitere wichtige Entwicklungsschritte hin zu gleichwertigen Lebensbedingungen in Bayern. Ich will nur einige wenige noch einmal in Erinnerung rufen: Minister Söder hat vor der Sommerpause den Behördenplan angekündigt, ebenso die Verlagerung von Behörden in den ländlichen Raum. Wie schaut es damit aus? Auch das ist ein wichtiger Entwicklungsschritt für den ländlichen Raum.