Es mag sein, dass an der Ostsee mehr Windstrom gewonnen werden kann als in Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt oder 100 Kilometer weiter, in der Lausitz. Im Bundesbedarfsplangesetz ist aber die Trasse von Bad Lauchstädt nach Meitingen festgeschrieben, und um diese Trasse geht es. Wir diskutieren nicht über hypothetische Trassen, über die die "Süddeutsche Zeitung" und andere Blätter spekulieren; wir diskutieren über das, was vonseiten des Gesetzgebers auf dem Tisch liegt.
Wir in Bayern sind weder Abnehmer ostdeutschen Braunkohlestroms noch Unterstützer des ostdeutschen Braunkohleabbaus. Ich kann durchaus verstehen, dass ein Abgeordneter, der seinen Wahlkreis in Görlitz hat oder der in Weißwasser oder Boxberg wohnt – ich habe mir vor einigen Wochen die Situation dort angesehen –, sich wie alle regionalen Akteure um die Arbeitsplätze vor Ort sorgt, vor allem bei einer Arbeitslosigkeit, die wir in Bayern – Gott sei Dank! – nicht haben.
Als bayerische Parlamentarier und als diejenigen, die eine saubere Energiewende wollen, können wir jedoch nicht nur wegen regionaler Interessen in Ostsachsen oder in Sachsen-Anhalt langfristig Braunkohlestrom von dort abnehmen. Das widerspräche den Zielen der Energiewende. Wenn Staatssekretär Beckmeyer am vergangenen Mittwoch sagte, Braunkohlestrom sei eben billig, entgegne ich: Dieses Argument ist auch ein wenig billig.
Wir setzen auf regionale Energieversorgung. Wir haben zwar keine Mehrheit für unseren Vorschlag bekommen, die regionale Wertschöpfung in die Bayerische Verfassung aufzunehmen. Aber als Ergebnis der Verfassungsänderung, die am Tag der vergangenen Landtagswahl gebilligt wurde, steht trotzdem fest: Regionalität ist ein wichtiges Ziel. Das muss auch für die Energieversorgung gelten. Deswegen sind wir für regionale Energieerzeugung bzw. -versorgung. Wir brauchen keine Gleichstromtrasse.
Nebenbei bemerkt: Aus der Antwort der Bundesregierung auf die zitierte Kleine Anfrage ergibt sich zudem, dass die Kohlestromtrasse eine Entlastung für durch Polen und Tschechien verlaufende Leitungen sein soll. Dass wir die polnische und die tschechische Energieversorgung durch eine Trasse quer durch
Wir sagen klar und deutlich Nein zur Kohlestromtrasse. Wir sagen Nein zu der Höchstspannungsleitung Bad Lauchstädt – Meitingen. Im Rahmen unserer parlamentarischen Verantwortung beantragen wir, dass diese Hohe Haus die Bayerische Staatsregierung beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass diese Kohlestromtrasse nicht gebaut wird.
Vielen Dank, Herr Kollege Pohl. – Kolleginnen und Kollegen, ich gebe bekannt, dass zu allen Dringlichkeitsanträgen dieses Tages bereits namentliche Abstimmung beantragt wurde. Das heißt, zu den vier Anträgen, über die wir gerade beraten, und zu dem nächsten Viererblock wird es namentliche Abstimmungen geben. - Nächster Redner ist Herr Kollege Erwin Huber. Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist einigermaßen frivol, wenn der Vertreter der FREIEN WÄHLER hier sagt, der Ministerpräsident habe sich den FREIEN WÄHLERN angeschlossen.
In Wirklichkeit war es so: Nachdem der Ministerpräsident und die CSU diese Trasse thematisiert hatten, sind die FREIEN WÄHLER hinterhergedackelt, aber sie sind nicht vorangegangen.
Das Instrument, das Sie vorschlagen, ist ein reiner – ich füge hinzu: billiger – Schaufensterantrag. Ich spreche Ihnen die Ernsthaftigkeit bei diesem Thema ab.
Das Einzige, was Sie wollen, ist, mit einem Dringlichkeitsantrag durch das Land zu gehen und Aktivität vorzutäuschen. Die FREIEN WÄHLER haben weder in Bayern noch im Bund etwas zu sagen.
Jetzt muss man fragen: Wie kommt man weiter? - Blicken wir auf die Tatsachen. Diese Trasse ist zunächst durch Amprion, jetzt auch durch TenneT in das Dialogverfahren gelangt. Wir stellen fest, dass die Übertragungsnetzbetreiber die Investoren sind. Nicht der Staat investiert, sondern diese Unternehmen investieren. Sie stellen die entsprechenden Anträge. Nach Bundesgesetz sind sie verpflichtet, ein Dialogprogramm durchzuführen. Was Amprion im Dialogprogramm gemacht hat und an Information für die Bürger geliefert hat, war in keiner Weise befriedigend. So kann man mit dem Bürger nicht umgehen, meine Damen und Herren.
Ich will die einzelnen Mitarbeiter nicht angreifen; sie können sich ja nicht wehren. Es geht aber nicht, dass ein, zwei Leute anwesend sind, die auf die wesentlichen Fragen der Bürger und der Bürgerinitiativen keine Antworten geben können. Wir erwarten, dass jene, die investieren wollen, und jene, die Netze bauen wollen, den Bedarf derartiger Leitungen, ganz gleich welcher, dem Bürger in überzeugender Weise darstellen und sich nicht einfach hinter einem Bundesgesetz verschanzen und sagen: Über das Ob reden wir nicht, das ist Sache der Politik. Das trifft nicht zu; denn die Anträge zu verschiedenen Trassen kommen von den Betreibern, und deshalb sind sie auch uneingeschränkt auskunftspflichtig, was den Bedarf und den Verlauf angeht, meine Damen und Herren.
Jetzt zu Ihrer Polemik gegen Ministerin Aigner. Wenn Sie, Herr Kollege Pohl, statt in der Weltgeschichte herumzufahren, den Bericht der Staatsregierung -
(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei den FREI- EN WÄHLERN – Zuruf von den FREIEN WÄH- LERN: Das ist jetzt keine Polemik?)
- Jeder weiß doch, dass es am billigsten ist, Unterschriften irgendwo hinzukarren. Das ist Ihre Methode. Sie hätten den Bericht der Staatsregierung vom 6. Mai lesen sollen. Die Wirtschaftsministerin hat Ausführungen gemacht, die ich wörtlich zitieren werde. Die FREIEN WÄHLER haben im Februar nur einen Berichtsantrag gestellt. Wir, die CSU, haben im Februar den Antrag gestellt, diese Trassen nach Bedarf und Notwendigkeit zu überprüfen und eine Folgenabschätzung vorzunehmen. Dies ging wesentlich weiter als ein billiger Berichtsantrag. Aufgrund eines Beschlusses hat die Wirtschaftsministerin Folgendes geantwortet – ich darf dies wörtlich zitieren –: Im Hinblick auf den Ausbau der Übertragungsnetze hat die Bayerische Staatsregierung, wie vom Landtag gefor
dert, durchgesetzt, dass die Übertragungsnetzbetreiber die Netzausbaupläne zurückgestellt haben. Zugleich hat sich die Staatsregierung gegen den Bau der Gleichstrompassage Süd-Ost von Lauchstädt nach Meitingen ausgesprochen, weil dort vor allem Braunkohlestrom transportiert werden soll.
Das ist eine klare Aussage. In dem Bericht der Ministerin geht es weiter: Eine vollständige Berücksichtigung der EEG-Reform wird im Netzentwicklungsplan 2015 erfolgen, für den derzeit der SzenarioRahmen durch die Übertragungsnetzbetreiber erstellt wird.
Ich stelle fest: Die Staatsregierung hat den Auftrag des Bayerischen Landtags nicht nur erfüllt, sondern hat dazu beigetragen, dass Planung und Verfahren der Süd-Ost-Passage gestoppt worden sind. – Auftrag erfüllt; gut gearbeitet.
- Dies gilt in zweifacher Hinsicht. Da müssen Sie etwas tiefer bohren, als Sie das üblicherweise tun, Frau Aures.
Erstens geht es darum, die Einwände und Belange der Bürger zu berücksichtigen, die an diesen geplanten Trassen leben oder leben müssen. Sie haben ein legitimes Anliegen, das die Politik aufnehmen und abwägen muss.
Das Zweite betrifft alle Stromverbraucher: die Wirtschaft und die Haushalte. Der Bundesbedarfsplan enthält insgesamt 36 Leitungen; die Versorgungsnetze kommen noch dazu. Die Investitionen und der Unterhalt dieser Leitungen sind sehr teuer. Dies wird durch den Regulierer, also durch die Bundesnetzagentur oder den bayerischen Regulierer, auf den Stromverbraucher umgelegt. Meine Damen und Herren, ich sage voraus: Das Risiko von Strompreiserhöhungen in der Zukunft liegt weniger bei der EEG-Umlage – das werden wir hinbekommen –, sondern das Risiko von Strompreiserhöhungen liegt in der Zukunft sehr viel mehr bei den Netzentgelten. Deshalb müssen wir mit strengsten Maßstäben darauf achten, dass nur entsprechend dem Bedarf investiert und genehmigt wird. Für einen Betreiber solcher Netze ist es relativ einfach, die Entgelte zu kassieren. Es handelt sich um eine Monopolrendite, da man ein Monopol in
einem Netz hat. Deshalb ist es notwendig, dass der Regulierer vorher prüft: Ist eine Trasse notwendig? In welchem Umfang ist sie notwendig? Wie kann man das Ganze reduzieren? Nur dann vertreten wir die Interessen der Stromverbraucher – der Wirtschaft und der Haushalte – richtig, meine Damen und Herren.
Hinsichtlich des Bedarfs bin ich auch der Meinung, dass die örtliche Erzeugung Vorrang vor der Übertragung hat.
Das ist völlig klar. Deshalb möchte ich neben den vielen, die investieren, auch den Kommunen eine große Anerkennung aussprechen. Nach dem Beschluss zur Energiewende vor drei Jahren haben die Bürgermeister und die kommunalen Gremien mit großem Engagement lokale und regionale Entwicklungskonzepte ausgearbeitet und haben auch investiert. Wir wären nicht so weit, wenn es dieses kommunale Engagement nicht gäbe. Das möchten wir ausdrücklich anerkennen.
Viele Bürger haben auch unter Risiken viel Geld investiert. Auch das möchte ich anerkennen. Wir sind an der Spitze, was Photovoltaik und Wasserkraft angeht. Dass der Wind im Norden viel häufiger weht, wissen wir. Ich möchte aber durchaus auch der EWirtschaft meine Anerkennung aussprechen. Halten wir uns vor Augen, meine Damen und Herren, dass das Bayernwerk mit Sitz in Regensburg heute Strom einspeist, der mit 250.000 Photovoltaikanlagen erzeugt wird. Das ist eine doch sehr starke technische Leistung, die wir auch anerkennen wollen, meine Damen und Herren. Das sollte man auch einmal im Parlament sagen.
Es geht also nicht nur darum, Herr Kollege Pohl, einfach nur die Muskeln zu zeigen und zu sagen: Jetzt marschieren wir nach Berlin; das Gesetz soll geändert werden. Sie brauchen dafür eine Mehrheit im Bundestag; Sie brauchen eine Mehrheit im Bundesrat; Sie brauchen ein überzeugendes Gegenargument. Sie bringen Schaufensteranträge – hier wird Politik gemacht, meine Damen und Herren.
Der Ministerpräsident hat heute in unserer Fraktion berichtet, dass sich die drei Parteivorsitzenden damit beschäftigt haben und dass es zwischen Wirtschaftsminister Gabriel, Ministerpräsident Horst Seehofer
und der Bundeskanzlerin eine Festlegung gibt, nach Alternativen zu suchen. Dieser Weg ist der einzig zielführende. Sie wollen nur plakativ etwas vorweisen. Das ist aber zu kurz gesprungen.