Abschließend folgt noch ein Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2008. Das ist noch gar nicht so lange her. Dort wird ausdrücklich ausgeführt, dass es das legitime Anliegen des Gesetzgebers ist, die Ehe ausschließlich Mann und Frau vorzubehalten. Dieses Anliegen des Gesetzgebers habe hohes Gewicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit ist aber nicht ausgesagt, dass man nicht auf anderem Weg eine rechtliche Gleichstellung herbeiführen kann. - Wir werden den Antrag der GRÜNEN ablehnen.
Halt, Moment! Bleiben Sie bitte noch hier! Die Frau Kollegin Stamm hat sich für eine Zwischenbemerkung gemeldet.
: Sehr geehrter Herr Kollege! Ich habe mich jetzt schon gewundert. Denn wenn Sie die große Differenz zwischen eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe ansprechen, frage ich mich, ob das bayerische Beamtenrecht, das inzwischen zum Glück laut Karlsruhe die Gleichstellung bei Hinterbliebenenversorgung usw. vorsieht, nach Ihren Rechtsvorstellungen überhaupt rechtskonform ist. Sie möchten den großen Unterschied zwischen der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft sehen. Genau dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2009 erlaubt keine Diskriminierung der eingetragenen Lebenspartnerschaft, auch nicht mit Hinweis auf Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes. Entweder haben wir diesen Unterschied zwischen eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe, den Sie aber gerade eben auch abgelehnt haben - dann ist aber unser Beamtenrecht nicht mehr rechtskonform –, oder es ist tatsächlich so, wie das Bundesverfassungsgericht sagt, dass die Diskriminierung der eingetragenen Lebenspartnerschaft aus diesem Grunde nicht mehr sein darf.
Frau Kollegin, Sie haben Recht, es gibt diese Urteile. Wir werden sie auch nachvollziehen, um dort, wo ein eindeutiger Unterschied nicht vorhanden ist, diese Gleichstellung zu bewerkstelligen. Das ist richtig und zutreffend. Das bedeutet aber nicht, dass wir das Rechtsinstitut Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften öffnen müssen; denn da ist aus unserer Sicht ein grundsätzlicher Unterschied. Ich sage es so, wie ich es vorhin begründet habe. Da ist, wie man in Frankreich gesehen hat, auch auf emotionaler Ebene ein großer Unterschied. Wir haben mit der Lebenspartnerschaft die Möglich
keit der Gleichstellung. Wir brauchen dafür nicht die Ehe zu öffnen. Wir sollten sie Mann und Frau vorbehalten.
(Katharina Schulze (GRÜNE): Warum? Ein Argument, warum! – Thomas Gehring (GRÜNE): Gefühle leiten das Denken!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist kein Geheimnis, liebe Frau Kollegin Stamm, dass die SPD seit Langem für die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften eintritt. Deshalb werden wir diesem Antrag heute zustimmen, und das ohne jegliches Gewürge, um Ihren Gedanken von vorhin aufzugreifen.
Die Verweigerung der Möglichkeit der Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare bedeutet für die Betroffenen ganz klar eine konkrete und symbolische Diskriminierung. Diejenigen unter Ihnen, die an dieser Diskriminierung festhalten wollen, zeigen, dass ihr Menschenbild und ihre Vorstellungen von Beziehungen zwischen zwei Menschen schon lange nicht mehr dem entsprechen, was schlicht und einfach die Lebenswirklichkeit ist. Die Verweigerung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wurde in der Vergangenheit immer mit der damals einschränkenden Definition des Begriffs der Ehe in der Verfassung begründet. Frau Kollegin Stamm hat es dargestellt: Die jetzige Haltung der CSU-Fraktion und der FREIEN WÄHLER ignoriert die mittlerweile glasklare Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der letzten Jahre. Sie ist in Teilen zitiert worden, aber ich will es noch einmal kurz wiederholen, weil der Herr Kollege Zellmeier vorhin aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts etwas anderes herausgelesen hat. 2009 hat das Gericht gesagt, es sei verfassungsrechtlich gerade nicht zu begründen, aus dem besonderen Schutz der Ehe abzuleiten, dass andere Lebensgemeinschaften mit geringeren Rechten versehen werden könnten. Deutlicher geht es doch wohl kaum mehr. Die Reduzierung des Verständnisses von Ehe auf die Beziehungen zwischen Mann und Frau lässt sich nicht mit der Verfassung begründen.
Im Koalitionsvertrag ist daraus im Übrigen die Lehre gezogen worden. Alle drei Koalitionspartner haben sich gegen rechtliche Diskriminierung dieser Lebensgemeinschaften ausgesprochen. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass rechtliche Regelungen, die die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften
schlechterstellen, beseitigt werden müssen. Wir befinden uns im Übrigen in bester europäischer Gesellschaft. Die Niederlande, Belgien, Norwegen, Spanien, sogar England und Schottland haben mittlerweile der Anerkennung der Ehe für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften zugestimmt. Der Untergang des Abendlandes hat bisher ganz offensichtlich nicht stattgefunden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion und von den FREIEN WÄHLERN, es gibt also tatsächlich für Sie keinen Grund mehr, diesen Antrag hier und heute im Jahr 2014 abzulehnen.
Im Übrigen muss man sagen: Auch die Bürgerinnen und Bürger wollen das, und zwar mit deutlicher Mehrheit. Nach einer Forsa-Umfrage im letzten Jahr sind 74 % aller Befragten und immerhin 64 % der Unionswähler für die völlige Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften eingetreten. Das ist bemerkenswert; denn da hat sich in unserer Gesellschaft ganz offensichtlich etwas geändert. Das ist ein deutlich freierer Blick auf Beziehungen zwischen zwei Menschen, als es hier eben unter Bemühung des Naturrechts dargestellt worden ist. Das müssten wir vielleicht an anderer Stelle diskutieren, Herr Kollege Zellmeier. Es ist ein deutlich freierer Blick auf die Beziehungen zwischen zwei Menschen, die sich auf Dauer binden wollen, egal welches Geschlecht sie haben. Das sollten Sie bedenken, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU und von den FREIEN WÄHLERN. Wir haben vorhin gehört, dass sich die CSU als Motor der Koalition in Berlin versteht. Ich würde vorschlagen, den Rückwärtsgang rauszunehmen und ein bisschen aufs Gas zu drücken. Sonst werden Sie von dem abgehängt, was gesellschaftliche Realität ist. Ich bitte Sie auch um Zustimmung. Die SPD-Fraktion wird dem Antrag zustimmen.
Frau Kollegin, verbleiben Sie bitte noch am Rednerpult. Die Frau Kollegin Stamm hat sich für eine Zwischenbemerkung gemeldet.
: Liebe Kollegin, Koalitionsverhandlungen sind wahrscheinlich nicht ohne, gerade mit der CSU, wenn es um solche Themen geht. Aber jetzt hier zu stehen und zu sagen, dass man alles getan hat, um die Diskriminierung von Schwulen und Lesben zu beseitigen, finde ich doch ein bisschen schief. Vielleicht könnte man sagen, man bekommt nicht alles durch. Man hat genau diesen Part nicht durchbekommen. Ein Eingeständnis ist, glaube ich, besser, als zu sagen, in der Großen Koalition ist alles gut, in der
Großen Koalition ist alles dafür getan worden. In den Wahlkampf sind Sie mit etwas anderem gezogen, nämlich mit der Aussage, die Ehe soll mit vollem Recht für Schwule und Lesben und vollem Recht für Adoptionen geöffnet werden. Ich sage: Koalitionsverhandlungen sind Koalitionsverhandlungen. Aber wie man das dann hier eingesteht und wie man darüber redet, ist eine andere Sache.
Frau Kollegin Stamm, ich habe nicht gesagt, die SPD-Fraktion habe in den Koalitionsverhandlungen alles dafür getan. Ich habe gesagt, wir haben uns schon lange für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften eingesetzt. Das ist insofern ein Unterschied. Sie wissen selber, wie Koalitionsverhandlungen laufen. Ich habe hier an dieser Stelle keine Verantwortung dafür zu übernehmen, sondern ich kann nur sagen, wie die grundsätzliche Haltung der SPD in dieser Frage der Anerkennung seit vielen Jahren gewesen ist. Tatsächlich haben wir jetzt im Rahmen des Koalitionsvertrags dafür gesorgt, dass eine Schlechterstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften aus rechtlicher Sicht nicht mehr stattfinden soll.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich schicke vorweg, dass ich im letzten Jahrtausend geboren wurde. Daher muss man mir diesen Vorwurf nicht machen.
Wegen dieses Antrags wird das christliche Abendland sicherlich nicht untergehen. Allerdings geht es um eine grundsätzliche Frage. Wenn wir die Geschlechtlichkeit als eine Konvention in der Gesellschaft ansehen, dann ist dieser Antrag logisch und konsequent. Wenn wir aber hervorheben, dass die menschliche Natur in zwei Geschlechtern ausgebildet ist, verhält es sich etwas anders; denn dann muss ich betonen, dass sich die menschliche Natur in Mann und Frau widerspiegelt und die Ehe die Geschlechtergemeinschaft von Mann und Frau ist, und zwar schon wesentlich länger, als es diesen Staat überhaupt gibt. Über die Menschheitsgeschichte hinweg gibt es die Institution der Ehe. Deswegen werden wir unabhängig davon, wie wir welche Verbindung auch nennen, die Institution der Ehe nie irgendwo treffen können. Es wird immer Frauen und Männer geben, die sich in einer Geschlechtergemeinschaft treffen und dadurch Leben weitergeben werden. Aus diesen Gründen werden wir diesen Antrag mehrheitlich ablehnen. Ich
Ich halte die Ehe allerdings für eine grundsätzliche Institution für jede Gesellschaft; denn ohne die Ehe von Mann und Frau als kleinster Gemeinschaft in einem Staat bzw. in einer Gesellschaft sind der Bestand und die Weiterentwicklung dieser Gesellschaft nicht möglich. Das menschliche Leben wird nur durch Mann und Frau weitergegeben, und eine Abknospung gibt es bei uns eben nicht. Ich danke für das Zuhören und werde den Antrag auf jeden Fall ablehnen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Seit dem 1. August 2001 gibt es in Deutschland eingetragene Lebenspartnerschaften. Dieses Rechtsinstitut wurde in den folgenden Jahren immer stärker an die Ehe angeglichen. Das begann beim Beamtenrecht und reicht bis zum Ehegattensplitting.
Wir haben es uns damit nicht leicht gemacht. Der Grund dafür, dass wir es uns nicht leicht gemacht haben, war die Sorge, die Anerkennung eingetragener Lebenspartnerschaften könnte das Rechtsinstitut der Ehe schwächen. Richtig ist es aber, Partnerschaften, in denen Menschen füreinander einstehen und verlässlich Verantwortung und Sorge füreinander übernehmen, einen rechtlichen Rahmen und damit institutionellen Schutz zu geben. Deshalb haben wir 2013 im Koalitionsvertrag im Bund vereinbart, rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, zu beseitigen. Dazu stehen wir, Kolleginnen und Kollegen. Genauso entschieden stehen wir aber auch zu unserem Bekenntnis zur Ehe als Leitbild und Grundlage unserer Gesellschaft.
Die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner ist seit jeher ein Wesensmerkmal der Ehe und steht für uns nicht zur Disposition.
Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist heute der Ehe in ihrer rechtlichen Ausgestaltung sehr ähnlich,
sie ist aber nicht dasselbe. Frau Kollegin Stamm, Frau Kollegin Hiersemann, Sie verwechseln Gleichstellung mit Gleichsetzung. Dazwischen besteht ein Unterschied.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ehe ist und bleibt die Grundlage für Familien, in denen Kinder bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen. Bei aller rechtlichen Angleichung unterscheidet sie sich in diesem Punkt von der Lebenspartnerschaft. Wir tun deshalb gut daran, beides auseinanderzuhalten. Um es gleich zu sagen: Die im Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und die in der heutigen Debatte genannten Argumente für eine Neudefinition der Ehe überzeugen mich überhaupt nicht. Es stellt keine unzulässige Diskriminierung dar, wenn das Rechtsinstitut der Ehe verschiedengeschlechtlichen Partnern vorbehalten bleibt. Für die notwendige und wünschenswerte rechtliche Absicherung gleichgeschlechtlicher Lebenspartner gibt es das Institut der Lebenspartnerschaft.
Die Verfasser des Antrags und auch Frau Hiersemann wollen den Eindruck erwecken, das Bundesverfassungsgericht habe sich für eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Lebenspartner ausgesprochen. Frau Kollegin Stamm, das ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in einer Entscheidung aus dem Jahr 2008 ganz klar ausgeführt:
Das gesetzgeberische Anliegen, das Rechtsinstitut der Ehe, die unter dem besonderen Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG steht, als Form des rechtlich abgesicherten Zusammenlebens ausschließlich Mann und Frau, also Partnern verschiedenen Geschlechts, vorzubehalten, ist von hohem Gewicht. In Konsequenz dieser Zielsetzung hat der Gesetzgeber das Institut der Eingetragenen Lebenspartnerschaft geschaffen, um auch gleichgeschlechtlichen Paaren eine rechtlich abgesicherte Partnerschaft zu ermöglichen.
Das Bundesverfassungsgericht erkennt also den Unterschied zwischen dem Institut der Ehe und einem geschaffenen Institut der Partnerschaft durchaus an und betont diesen. Nur der Vollständigkeit halber erwähne ich, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg mit Urteil vom 24. Juni 2010 entschieden hat, die Staaten in Europa seien nicht zur Einführung von Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern verpflichtet.
Die Auffassung der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, dass unser Verständnis der Ehe überholt sei, der sich bedauerlicherweise auch Frau
Kollegin Hiersemann anzuschließen scheint, teile ich nicht. Der insoweit angeblich eingetretene gesellschaftliche Wandel wird von den Verfassern des Antrags zwar behauptet, aber, Frau Stamm, von keiner Seite belegt. Sie verwechseln die Gesellschaft mit Ihren eigenen Vorstellungen. Sie kommen mir vor wie der Autofahrer auf der A 3, der im Verkehrsfunk die Meldung hört, dass auf dieser Strecke ein Geisterfahrer unterwegs ist,
und zu seiner Ehefrau oder meinetwegen auch zu seinem eingetragenen Lebenspartner sagt: Einer? Das sind ja Tausende!
Frau Kollegin, das Argument, die gleichgeschlechtliche Ehe sei weltweit in elf Staaten eingeführt worden, besagt bei gutem Mathematikverständnis in erster Linie, dass die große Mehrzahl aller Staaten diesen Schritt aus guten Gründen nicht gegangen ist.
Davon unabhängig geht es nicht darum, sogenannten internationalen oder auch internationalistischen Tendenzen hinterherzulaufen,