Protocol of the Session on September 18, 2018

(Beifall bei der CSU)

Deshalb sage ich, wir wollen keine Urteilsschelte betreiben, vor allem nicht als Politiker, aber ich wundere mich schon, dass die Verwaltungsgerichte in Deutschland so auf Fahrverbote fixiert sind und diese durch die Gerichte vollziehen wollen. Ich glaube, es gibt bessere Lösungen als Fahrverbote.

Drittens. Ich glaube, dass wir uns einig sind: Wir wollen auch in Zukunft eine gute Automobilwirtschaft in Bayern. Die Automobile aus Bayern sind auch im Hinblick auf die Umweltwirkungen Vorbild in der ganzen Welt. Das gilt übrigens auch für die Dieseltechnologie. Der Diesel hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir gerade beim Klimaschutz besser geworden sind. Beim CO2 ist der Diesel nämlich wesentlich besser als der Benziner. Wenn ich einen heutigen Diesel der Euronorm 6 nehme, dann habe ich doch im Grunde eine Emission für den einzelnen Fahrgast, die auf der Höhe des ÖPNV liegt. Das gilt vor allem, wenn man die Busse sieht, die unterwegs sind. Deshalb sage ich auch ein Ja zu dieser Technologie in der Zukunft.

Viertens. Ich glaube, wir sind uns völlig einig darin, dass wir die Manipulation an den Dieselfahrzeugen uneingeschränkt verurteilen. Da müssen selbstverständlich auch die entsprechenden strafrechtlichen und zivilrechtlichen Konsequenzen gezogen werden. Das ist auch alles im Gange. Wir unterstützen die Justiz bei der Klärung. Herr Kollege Glauber, der Hinweis auf Amerika bedeutet nicht, dass nicht auch bei uns in gleicher Weise etwas erfolgt. Das Rechtssystem in Deutschland ist aber ein anderes als das in Amerika. Selbstverständlich sollen die Käufer, die in dieser Weise getäuscht worden sind, auch in Deutschland entsprechende Entschädigungen bekommen. Das sind also die vier Punkte, bei denen wir uns einig sind.

Gelegentlich wird, heute zwar nicht so sehr, aber bei der Diskussion draußen, der Eindruck erweckt, es wäre überhaupt nichts passiert, überhaupt nichts geschehen. Gemessen an den Emissionswerten, die von der Europäischen Kommission festgelegt werden, ist der zulässige Emissionswert von 1992 bis heute pro Kilometer Dieselfahrzeug um 98 % zurückgegangen. Um 98 %! – Das heißt, ein Fahrzeug, das heute in Verkehr gebracht wird, reduziert den NOX-Ausstoß gegenüber dem von 1992 um 98 %.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Das ist nur Theorie, nicht die gängige Praxis! – Zuruf des Abgeordneten Ludwig Hartmann (GRÜNE))

Ja, okay. Auf den Einwand von Ihnen, Herr Hartmann, habe ich schon gewartet.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian Magerl (GRÜNE))

Ja, Herr Magerl, Sie können mich nicht austricksen, ich weiß alles.

(Lachen bei den GRÜNEN – Allgemeine Heiter- keit)

Ich sage einmal: fast. Gut, das ist in der Tat der Prüfwert auf dem Prüfstand. Aber genau deshalb wird das im Jahr 2020/2021 umgestellt. Dann zählt eben nicht mehr der Wert auf dem Prüfstand, sondern das, was tatsächlich im Verkehr gefahren wird. Das bedeutet eine deutliche Reduzierung. Allein die Euronorm 6 ist um etwa 80 % besser als die Euronorm 5. Man sieht also, der Weg der Emissionsreduzierung ist richtig, der Wert sinkt, und eigentlich geht man mit riesigen Schritten voran.

Nun ergibt sich die Frage: Was tun wir in der jetzigen Situation? – Die Anträge der GRÜNEN und die nachgezogenen Dringlichkeitsanträge konzentrieren die Frage auf die Hardware-Nachrüstung.

(Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

Doch, schauen Sie sich doch den Antrag der GRÜNEN an. Da steht drin, die einzige Möglichkeit heute sei die Hardware-Nachrüstung. Ich helfe Ihnen gerne beim Lesen, Herr Kollege.

(Florian von Brunn (SPD): Das kann ich selbst!)

Das bezweifle ich aber, meine Damen und Herren. 8,6 Millionen Dieselfahrzeuge sind in Deutschland angemeldet. Davon sind gut drei Millionen Euronorm 4, die überhaupt nicht nachgerüstet werden können. Das ist übrigens bei Fachleuten völlig unbestritten. Bei Euronorm 5 haben wir etwa fünf Millionen Fahrzeuge. Man geht heute davon aus, dass davon etwa zwei Millionen mit Hardware-Nachrüstungen versehen werden können – zwei Millionen von acht Millionen Dieselfahrzeugen.

Darin allein die Rettung zu sehen, verehrte Kollegen von den GRÜNEN, ist – das sage ich Ihnen – zu kurz gesprungen. Wir brauchen deutlich mehr: ein breiteres Angebot, besseren ÖPNV.

(Ludwig Hartmann (GRÜNE): Das haben wir doch vorhin diskutiert!)

Die Landeshauptstadt München ist leider an der Spitze der Städte mit Belastungen durch NOx. Was hat denn die Stadt München getan? – Die Omnibusse, die in München verkehren, sind fast ausnahmslos sehr belastende Dieselfahrzeuge.

(Zurufe von der CSU: Hört, hört!)

Nun kann man sagen: Es ist halt schwierig. Aber wenn sich nicht einmal die reichste Stadt Deutschlands eine Umrüstung leisten kann, dann frage ich mich, warum dann andere Städte dies können. Ich nenne Ihnen ein Gegenbeispiel: Augsburg hat im ÖPNV nur erdgasbetriebene Omnibusse. Herr Kollege Hintersberger, stimmt doch! Jetzt lobe ich einmal Augsburg. Da müssten Sie eigentlich in die Höhe springen und jubeln!

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Das heißt, es gibt eine ganze Fülle von Möglichkeiten.

Ich sage: Die Reduzierung auf die Hardware-Nachrüstung löst das Problem nicht. Sie wäre ein Beitrag. Wir schließen das auch nicht aus. Dazu werden die Verhandlungen geführt. Der Bundesverkehrsminister verhandelt mit der Automobilwirtschaft. Ich persönlich glaube, dass eine Prämie zum Umstieg von einem alten Dieselfahrzeug auf ein neues Dieselfahrzeug am allermeisten bringt. Diese Prämien müssten attraktiv und besser sein, obwohl immerhin schon 200.000 Autofahrer umgestiegen sind

(Thomas Gehring (GRÜNE): Wer zahlt die Prämien?)

und bei 3,2 Millionen Autos die Software nachgerüstet worden ist. So wenig ist nicht passiert.

Dennoch bin ich der Meinung, wir müssen das Thema in der gesamten Breite angehen. Mein Vorwurf an die Oppositionsparteien lautet, dass sie eine Blickverengung auf die Hardware-Nachrüstung vornehmen. Ich meine, wir müssten das Thema in der Breite angehen. Ich schließe auch Hardware-Nachrüstungen nicht aus.

(Ludwig Hartmann (GRÜNE): Dann können Sie ja zustimmen!)

Wir haben aber rechtlich möglicherweise keine Handhabe, dies der Automobilwirtschaft zu oktroyieren. Es muss verhandelt werden. Ich meine, es sollte in die Richtung verhandelt werden, dass die bestmögliche

Lösung für die Menschen in den Städten herauskommt. Das muss unser Ziel sein, meine Damen und Herren.

Ich kann zum Abschluss nicht auf die folgende Aussage verzichten: Was die GRÜNEN in Sachen Verkehrspolitik machen, ist mehr als ein Schlingerkurs. Wer in München die zweite Stammstrecke ablehnt, ein wesentliches und das größte Nahverkehrsprojekt in ganz Deutschland, hat aus meiner Sicht die Glaubwürdigkeit in der Verkehrspolitik verloren.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Vermerken Sie bitte schön: Beifall aus der SPD für den Huber; denn das ist ein ganz seltenes Ereignis. Das würde ich gern festhalten.

(Zuruf der Abgeordneten Isabell Zacharias (SPD) – Florian von Brunn (SPD): Das ist der Abschlussbeifall!)

CSU und SPD verbindet in dieser Beziehung sicherlich weiterhin, dass wir die autofeindliche Haltung der GRÜNEN mit Tempolimit und Fahrverboten nicht für zukunftsfähig halten.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Seid ihr schon in Koalitionsverhandlungen mit der SPD? – Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Wenn die GRÜNEN jetzt sagen, im Jahr 2030 soll auf den Verbrennungsmotor völlig verzichtet werden, dann muss ich sagen, ist das Wolkenkuckucksheim, das sind Illusionen.

(Katharina Schulze (GRÜNE): Nein, das ist Zukunft!)

Wir wollen eine realistische Verbesserung und nicht Illusionen. Ich bitte Sie also, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege Huber. – Nächster Redner ist der Kollege von Brunn. Bitte schön, Herr von Brunn.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin – Thomas Gehring (GRÜNE): Jetzt schauen wir mal, wer dir applaudiert!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Dieselskandal haben wir ein Problem in Deutschland, das seit Jahren nicht gelöst wird. Dieses Pro

blem hat zwei Aspekte. Erstens geht es um die Gesundheit von Hunderttausenden von Menschen, weil die Grenzwerte für Stickoxid in über 40 deutschen Städten überschritten werden.

(Christine Kamm (GRÜNE): So ist es!)

Zweitens geht es um Verbraucherschutz, um Hunderttausende von Bürgerinnen und Bürgern, die sich in Deutschland einen Diesel gekauft haben in dem Glauben, ein sparsames Auto zu bekommen, das weniger CO2 ausstößt als ein Benziner. Der Staat hat das sogar gefördert. Niemand hätte geglaubt, dass hier in einem bis dato unvorstellbaren Maße manipuliert und betrogen wurde, und das von der Autoindustrie. Niemand hätte geglaubt, dass die Abgaswerte und Verbrauchszahlen zahlreicher Fahrzeuge das Papier nicht wert sind, auf das sie gedruckt sind.

Aber es war nicht nur die Automobilindustrie, die versagt hat. Leider haben auch die verantwortlichen Verkehrspolitiker versagt. Ich möchte jetzt nicht auf die Politiker der CDU wie Herrn Wissmann und Herrn von Klaeden eingehen, die direkt in die Autoindustrie hinübergewechselt sind. Ich beschränke mich auf die Verkehrsminister der CSU, Herrn Ramsauer, Herrn Dobrindt und Herrn Scheuer. Herr Ramsauer und Herr Dobrindt haben es zusammen mit den ihnen unterstellten Aufsichtsbehörden versäumt, die Autohersteller angemessen zu kontrollieren. Genauso schlimm ist: Herr Dobrindt und Herr Scheuer blockieren seit Jahren, dass Autohersteller den Schaden, den sie in Deutschland angerichtet haben, wiedergutmachen und die Fahrzeuge so nachrüsten, dass die Schadstoffgrenzwerte eingehalten werden. Auch Staatsminister Marcel Huber hat im Frühjahr dieses Jahres hier im Landtag eine Hardware-Nachrüstung abgelehnt. Insofern sitzen sie alle in diesem Boot. Der Dieselskandal ist damit auch ein CSU-Skandal. So viel steht fest.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für den Verbraucherschutz sorgen wir. Es waren wir, es war die SPD, die die Musterfeststellungsklage in der Großen Koalition durchgesetzt hat. Die CSU wollte das zuerst nicht. Sie haben es in der letzten Legislaturperiode sogar blockiert. Aber jetzt haben wir sie endlich. Im Moment bereiten der Verbraucherzentrale Bundesverband und der ADAC die Sammelklage gegen den VW-Konzern vor. Ich sage: Gut so.

(Beifall bei der SPD)

Das Problem ist nur: Was ist mit den Besitzern von Euro-4- und Euro-5-Dieselfahrzeugen, die nicht das spezifische Modell fahren, um das es in der Sammelklage geht?