Protocol of the Session on June 14, 2018

Sie können sie ja fordern.

(Zuruf des Abgeordneten Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER))

Was Sie schreiben, hat keine bindende Wirkung. Herr Pohl, was Sie erzählen, hat keine bindende Wirkung. Das ist alles wunderschön, aber bindende Wirkung hat, was hier beschlossen wird.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Handeln, nicht reden!)

Selbst wenn wir Zahlen in den Mund nähmen, müssten wir heute einen Beschluss fassen. Wir können doch nicht vor der Abschaffung eines Gesetzes beschließen, wie es kompensiert wird. Das haut nicht hin, sondern man muss die Reihenfolge einhalten.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wir haben doch gerade Haushaltsberatungen, Herr Kollege!)

Herr Kollege Pohl, wir führen hier keine Zwiegespräche.

Zweitens. Wir haben das schon alles diskutiert, aber wir können das nachher gerne auf den Fluren des Maximilianeums fortsetzen. Ich bedanke mich für Ihre Beiträge. Daran können Sie genau erkennen, worin meine Wehmut besteht. Wir haben mit der Abschaffung mehr Ärger, als wir mit der Beibehaltung hätten. Sie werden das kräftig schüren, Herr Pohl, davon bin ich überzeugt.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Kollege Adelt von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor circa zwei Jahren haben wir zu diesem Thema nach einer ausführlichen Beratung in den Ausschüssen

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Nein!)

hier bereits einstimmig den Beschluss zur Neuregelung des KAG gefasst. Heute stehen wir wieder hier

und diskutieren über die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Ich habe in meiner Zeit als Bürgermeister nicht erlebt, dass Grundsatzbeschlüsse innerhalb von zwei Jahren völlig umgeworfen werden.

Mit dem heutigen Tag ist die "Strabs" tot. Für die Haus- und Grundstücksbesitzer stellt das eine echte Entlastung dar, und zwar insbesondere mit Blick auf die Haus- und Grundstückspreise im peripheren Raum. Ich denke dabei an die Handwerker, die Arbeiter und die Industriearbeiter, die jahrelang hart gearbeitet und für ein Eigenheim gespart haben, und die bei einem Ausbau mit Beträgen zwischen 3.000 Euro und 20.000 Euro, aber auch darüber hinaus, erneut zur Kasse gebeten wurden. Das war sicherlich nicht leicht, zumal das eigene Haus eine Altersvorsorge ist. Ich musste in meiner 24-jährigen Amtszeit viele einschlägige Bescheide versenden, und glauben Sie mir: Keinen einzigen habe ich gerne und mit großer Freude verschickt, weil jeder wusste, was das auslöst.

Die "Strabs" ist tot, und das ist gut. Allerdings ist die vorliegende Lösung nicht gerecht. Die meisten Gemeinden waren auf die Straßenausbaubeiträge angewiesen, und nur die wenigsten Kommunen können Straßensanierungen jetzt aus ihrer Portokasse bezahlen. Das Geld muss aber von irgendwoher kommen, und letztendlich zahlt der Bürger. Das zahlt der Mieter genauso wie der Eigentümer, aber auch derjenige, der vor zwei Jahren Straßenausbaubeiträge bezahlt hat. Während die Staatsregierung versucht, mit der Abschaffung vor der Landtagswahl einen Brandherd zu löschen, tut sich ein neuer Brandherd auf.

Man hätte diesen Gesetzentwurf wesentlich länger beraten und die Spitzenverbände mehr einbeziehen müssen. Ich halte deshalb den vorliegenden Gesetzentwurf für dringend erneuerungsbedürftig; er ist handwerklich schlecht gemacht. Kollege Ländner, im Ausschuss fiel der Satz, dass der Gesetzentwurf logisch aufgebaut sei. Wir sehen das anders. Ein Beispiel ist der Stichtag. Der Stichtag wird nicht mit dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht, sondern mit der Bekanntgabe der Beitragsbescheide angesetzt. Ausschlaggebend ist daher nicht, ob die Straße fertiggestellt ist, sondern wann der Bescheid im Briefkasten liegt. Dem wurde nicht nachgegangen, sondern man hat gedacht: Schauen wir, dass wir die Kuh schnellstmöglich vor der Wahl vom Eis kriegen.

Hätten Sie den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht – also als die Straße noch original benutzbar war – zum 01.01.2018 angesetzt, wäre angesichts der Verjährungsfristen die Sache erst 2022 vom Tisch und damit nicht vor der Wahl. Also, liebe CSU, was tun? Dem Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER zustimmen – im Wahljahr? – Bevor Markus

Söder den Gesetzentwurf aus der Feder der Opposition unterschreibt, hackt er sich lieber die Hand ab, weil der Gesetzentwurf nur eine Wahlstrategie ist.

Die Stichtagsregelung führt zu keiner Systematik des Beitragsrechts. Das ist kein klarer Schnitt, und es gibt neue Härten und Ungerechtigkeiten, die dadurch entstehen; die Vorredner haben das bereits erwähnt. Was ist mit den Anwohnern, die einen Bescheid erhalten haben, weil der Kämmerer vor Weihnachten einen Teil erstellt hat, während er den anderen Teil erst im nächsten Jahr erstellen wollte? – Der eine muss bezahlen, der andere nicht. Was ist mit den Vorauszahlungsbescheiden, mit den Bescheiden, bei denen aus Sicherheitsgründen eine Zahlung für 2017 und zwei Zahlungen für 2018 festgesetzt wurden? – Die Beträge, die in 2017 bezahlt wurden, sind bezahlt, die Beträge für 2018 verfallen. Gut für diejenigen, die drei einzelne Bescheide erhalten haben; sie hätten sich damit wesentlich leichter getan. Vorausleistungen – ein unendliches Thema: Wie wird man hier vorgehen? – Das führt zu Ungerechtigkeiten.

Wir wollen die Gleichbehandlung aller Eigentümer, Bürgerinnen und Bürger innerhalb eines Abrechnungsabschnittes, und nicht "Einer muss zahlen, der andere nicht" und "Bescheid ist Bescheid".

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Kollege Ländner, das haut nicht hin. Das gibt Ärger ohne Gnade, und den müssen wir nach wie vor vermeiden.

Warum wurden Vorausleistungen überhaupt verlangt? – Das ist ganz einfach. Die Kommunen hätten das Geld auf der Bank aufnehmen müssen und haben es deshalb von den Bürgern in Erwartung des Ausbaus der Straße über Vorausleistungsbescheide verlangt. Sie hatten nicht das nötige Geld. Die Städte, die Gemeinden und Kommunen haben immer die beste Möglichkeit ausgelotet. Wie das dann umgesetzt wurde, verstehen manchmal sogar nicht einmal die Bürgermeister und Kämmerer. Wie sollen es dann erst die Bürger verstehen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen und Kollege Aiwanger, bitte gut aufpassen, weil ein Lob folgt; ich vermerke das extra.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ja, wunderbar!)

Der Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER wäre eigentlich logischer und sinnvoller. Allerdings kommt jetzt die Kritik: Der Gesetzentwurf ist nicht bezahlbar – vier Jahre zurück bedeuten

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Ach, 250 Millionen Euro!)

250 Millionen Euro, und das ist ein vorsichtig geschätzter Betrag! Die Kraftfahrzeugsteuer ist schon verteilt. Daraus kann man das nicht bezahlen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Söder hat jetzt 1,5 Milliarden auf den Tisch gelegt! Wahlkampfgeschenk!)

Freilich, kein Problem. – Aber auch wenn Sie so weit zurückrechnen, haben wir immer noch die Ungerechtigkeiten. Sie wollen, dass innerhalb der kommunalen Familie auch die Gemeinden Geld bekommen, die keine Straßenausbaubeitragssatzung hatten, weil sie finanziell in der Lage waren, darauf zu verzichten. Jetzt wollen Sie ihnen die Beiträge genauso zukommen lassen. Das ist nicht gerecht. Damit werden reiche Gemeinden noch reicher und arme Gemeinden noch ärmer. Das kann nicht sein.

(Beifall bei der SPD)

Gleichwohl müssen wir darüber in drei, vier Jahren – nach der Übergangszeit – nachdenken.

Der Vorschlag, das maßgebliche Datum der Ersterschließung vom 01.04.2021 auf den 01.01.2018 vorzuverlegen, beinhaltet erstens die Vermischung des Ersterschließungsrechts mit den Ausbaubeiträgen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die gab es auch bisher schon!)

Zum Zweiten ist das finanziell nicht machbar und auch nicht gerecht.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Warum nicht?)

Das ist nicht in Ordnung. Fragen stellen Sie an anderer Stelle! Das ist dann eine andere Geschichte. Sie machen Populismus pur.

(Beifall bei der SPD)

Sie untergraben die Rechtssicherheit und fordern diese gleichzeitig wieder ein. Sie wollen als Sonnyboy dastehen. Hätten Sie den Spitzenverbänden genau zugehört und deren Meinung verfolgt, dann wäre es anders gewesen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die haben bis heute nichts gesagt! Die wollen vieles beibehalten!)

Das ist Kommunal-Kamikaze, aber keine Fürsorge für die Kommunen.

(Beifall bei der SPD)

Wir, die SPD-Fraktion, sind keine Kamikaze-Flieger. Wir stimmen der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge zu. Hierzu werde ich später noch eine Erklärung abgeben. Wir plädieren dafür, sie rückwirkend zum 1. April 2016 abzuschaffen. Warum dieses Datum? – Damals ist das neue KAG in Kraft getreten. Wiederkehrende Beiträge hätten zu einer Verminderung von Härten geführt. Leider ist man diesem Vorschlag nicht gefolgt, weder die Kommunen noch die Rechtsaufsichtsbehörden. Das ist ein großes Problem. Der Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht ist der Zeitpunkt, ab dem eine Straße genutzt werden kann. Das ist sehr sinnvoll und soll Klarheit bringen. Wir halten es für sinnvoll, einen Schlussstrich unter die letzte KAG-Reform zu ziehen und sie zurückzunehmen. Stimmen Sie daher unserem Änderungsantrag zu.

Wir, die SPD-Fraktion, wollen die Bürgerinnen und Bürger entlasten. Aber die Finanzierung ist das Problem. Der Ausfall der Beiträge soll zu 100 % übernommen werden, was aber vermutlich nicht der Fall sein wird. Ich gebe Ihnen folgendes Beispiel: Eine Kommune mit 30.000 Einwohnern und 80 Quadratkilometern erhält nach Probeberechnungen 65.000 Euro. Leute, das Geld reicht hinten und vorne nicht. Mit 65.000 Euro die Straßen einer 300.000-Einwohner-Stadt zu sanieren, haut nicht hin. Was passiert mit den Kämmerern? Wo sollen diese ansetzen? – Die Kosten für die Straßen werden Pi mal Daumen geschätzt. Das führt zu einer erneuten Rechtsunsicherheit. Woher sollen sie das Geld nehmen? Verzichtet man auf die Sanierung des Schulgebäudes, auf den Ausbau der Kindertagesstätten oder auf andere Projekte, damit eine Straße ausgebaut werden kann? – Ich prophezeie Ihnen: Die Straßen werden weiterhin verrotten, wenn nicht genügend Mittel vorhanden sind. Der Investitionsstau wird eher größer als kleiner.

Ein Bürgermeister in meinem Stimmkreis hat Angst, aufgrund der nicht eingehenden Straßenausbaubeiträge seinen Haushalt nicht genehmigt zu bekommen. Das kann nicht sein. Auch er muss Rechtssicherheit haben. Unsere Anträge verfolgen das Ziel, eine gerechte Lösung zu finden, aber auch Rechtssicherheit und Finanzierungssicherheit für die Kommunen zu schaffen. Viele Gemeinden greifen dieses Jahr keine Straße an und sanieren nicht, da sie nicht wissen, wie sie dran sind. Deswegen müssen wir schnellstmöglich für weitere Rechtssicherheit sorgen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Gemeinden durch den Ausfall von Straßenausbaubeiträgen nicht zusätzlich belastet werden.

(Beifall bei der SPD)

So viel sei vorneweg gesagt. – Herzlichen Dank. Eine weitere Erklärung folgt.

Einen kleinen Moment bitte, es gibt eine Zwischenbemerkung des Kollegen Pohl.

Wie erwartet.

Herr Adelt, hinsichtlich Ihrer Ausführungen zur Abgrenzung bei hergestellten Straßen und der Lösung der CSU-Fraktion sind wir einer Meinung. Was Sie sagen, kann ich nur unterstreichen. Das entspricht genau unserem Gesetzentwurf. Sie haben gefragt, wo das Geld herkommen soll, wenn man bis 2014 zurückgeht. Die Antwort ist: Zum jetzigen Nachtragshaushalt haben wir 250 Millionen Euro beantragt. Das sind diese 4 mal 60 Millionen Euro für die vier Jahre. Woher soll das Geld kommen? – Die CSUFraktion hat einen Nachtragshaushalt über 987 Millionen Euro vorgelegt. Wir haben unsere Änderungsanträge mit einem Volumen von einer Milliarde Euro unterlegt. Das ist exakt der gleiche Betrag. Die 250 Millionen Euro sind also genau so gegenfinanziert wie das, was die CSU vorgeschlagen hat, oder das, was von Ihnen im Nachtragshaushalt kam. Es kann jetzt geregelt und beschlossen werden. Ich füge hinzu: Es muss jetzt geregelt und beschlossen werden. Das geht im Übrigen auch an die Adresse der SPD, die zwar nicht ganz so weit zurückgeht wie wir, aber auch zurückgeht. Für eure Forderung braucht ihr auch noch eine Deckung im Haushalt.