(Anhaltende Unruhe – Florian von Brunn (SPD): Da kommt er wieder raus, der alte Huber! – Glocke des Präsidenten)
Der Bürger darf bei einer solchen Entscheidung an sich denken und Egoist sein. Der Politiker, der aber für das Land und für die Zukunft verantwortlich ist, darf sich eine solche egoistische Entscheidung eines Münchners nicht zu eigen machen, sondern muss an die Zukunft denken, meine Damen und Herren.
Nein, er ist nicht relevant für eine Entscheidung, die für das gesamte Land von großer Bedeutung ist. – Nun muss ich Ihnen eines sagen: Es wird immer wieder gesagt, dass die Zahl der Flugbewegungen noch nicht an der Kapazitätsgrenze angelangt ist.
Ich gebe Ihnen folgendes Beispiel: Die Autobahnen in München werden drei- und vierspurig ausgebaut, weil es zu den Hauptverkehrszeiten von 07.00 bis 10.00 Uhr morgens oder ab 16.00 Uhr nachmittags unendlich lange Staus gibt. Einer Person, die in einem Stau steht und darauf angewiesen ist, pünktlich zu einem Termin zu erscheinen, kann ich nicht sagen: Du kannst ja um 23.00 Uhr oder 03.00 Uhr nachmittags fahren. Sie wird antworten: Du hast sie wohl nicht mehr alle.
Bei der Verkehrsinfrastruktur kommt es nicht auf die theoretische Gesamtzahl der Verkehrsteilnehmer an einem Tag an, sondern darauf, wann Bedarf besteht. Wir müssen bedarfsgerecht ausbauen. Ich kann nicht sagen: Du kannst ja ein paar Stunden später fahren! Das ist der Irrtum. Eine dritte Start- und Landebahn ist wirtschaftlich von großer Bedeutung, wenn auch nicht für die Arbeitsplätze in München.
Der Kollege Aiwanger vertritt Landshut. Wir, die CSUFraktion, vertreten auch den niederbayerischen Raum. Ich bin davon überzeugt, dass die Entwicklung des niederbayerischen oder südostbayerischen
Raums – das ist in der Tat das Chemie-Dreieck – wesentlich stärker vom Flughafen abhängig ist als die der Stadt München selbst.
Herr Kollege Aiwanger, wenn Sie dem Raum Landshut tatsächlich verpflichtet wären, wären Sie für die dritte Startbahn. Würden Sie eine Bürgerabstimmung im Stadt- und Landkreis Landshut durchführen, würde sicherlich ein Ja zur dritten Startbahn das Ergebnis sein.
Ich erwarte nicht, dass Sie Ihre Meinung hier ändern. Sie hat sich in zwölf Jahren so festgelegt. Wir, die CSU-Fraktion, sind in der Lage, Verantwortung für das Land und die Zukunft zu übernehmen. Deshalb sagen wir Ja zur dritten Startbahn.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Rinderspacher von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Werter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dafür, dass der Kollege Huber das heutige Thema der dritten Startbahn für ungeeignet hält, hat er doch sehr leidenschaftlich argumentiert.
Ich möchte für die FREIEN WÄHLER gerne die Begründung nachliefern, warum diese Aktuelle Stunde tatsächlich richtig und wichtig ist. Herr Prof. Piazolo, Sie haben mehr über die Münchner Stadtentwicklung gesprochen als über das Thema, das heute eigentlich aufgerufen werden sollte.
(Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER): Einseitiges Wachstum! Da steckt es drin! – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wir haben ja noch fünf Minuten!)
Die Bayerische Staatsregierung tut so, als sei sie eine giftige Schlange, die sich in Schlafstarre versetzt, um nach der Wahl zuzubeißen.
Das Thema dritte Startbahn soll ganz bewusst aus dem Wahlkampf herausgehalten werden. So hat es Dr. Söder im Februar dieses Jahres auch angekündigt. Ansonsten könnten im wichtigen Oberbayern Wählerstimmen verloren gehen. Das ist die Region, in der sein Staatskanzleiminister auf Stimmenfang ist. Hier möchte man die Wählerinnen und Wähler gleichermaßen in eine Art Schlaf versetzen. Man suggeriert, das Thema nicht mehr im Blickfeld zu haben und sich nicht mehr darum zu kümmern. Man suggeriert, das Ziel des Ausbaus des Münchner Flughafens schon längst aufgegeben zu haben. Zum Jahreswechsel 2018/2019 wird diese Regierung – sollte sie dann überhaupt noch derart stark wie in dieser Legislaturperiode, also mit einer absoluten Mehrheit, in der Verantwortung sein – das umsetzen, was Herr Huber eben deutlich gemacht hat: Dann würde die dritte Startbahn kommen. Dann würden Maßnahmen ergriffen werden, bei denen man jetzt so tut, als würde man sie überhaupt nicht ins Auge fassen. Plötzlich wäre die Umwandlung der Flughafen München GmbH in eine Aktiengesellschaft aktuell. Dies geschieht dann an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei. Die Münchnerinnen und Münchner können dann tatsächlich nicht mehr mitsprechen, wenn es darum geht, über die Zukunft des Flughafens zu entscheiden.
Die Bürgerinnen und Bürger haben sich bereits 2012 entschieden, und zwar gegen die dritte Startbahn. Die Sozialdemokratie im Hohen Haus akzeptiert anders als die CSU-Fraktion und Herr Huber den Bürgerwillen auch über die einjährige Bindungsfrist hinaus. Die Rahmenbedingungen am Flughafen haben sich nämlich seit 2012 nicht signifikant verändert. Herr Huber, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Münchnerinnen und Münchner ein eindeutiges Votum abgegeben haben: Sie wollen diese dritte Startbahn nicht. An diesem Votum führt nichts vorbei. Wir, die SPD-Fraktion, fühlen uns daran gebunden. Die Abgeordneten im Bayerischen Landtag haben ebenso wie die Staatsregierung den Bürgerwillen zu akzeptieren. Herr Huber, Sie haben heute gesagt, dass Sie sich von einer Million Bürger nicht an der Nase herumführen lassen wollen.
Das ist ein starkes Stück. Das zeigt, dass Sie vor dem Souverän eben keine Demut haben. Das zeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger eben nicht über ihre eigene Zukunft entscheiden sollen. Das ist die Arroganz der Macht der CSU, die hier wieder spürbar wird.
Ich darf deutlich machen, dass nicht nur die Menschen in München und Oberbayern gegen die dritte Startbahn sind. Es gibt eine Vielzahl von Studien, Umfragen und Resonanzumfragen, aus denen hervorgeht, dass auch die Menschen in Franken, Ostbayern und Schwaben Nein zur dritten Startbahn sagen.
In anderen Regionen Bayerns sind wirtschaftliche Impulse notwendig. Wirtschaftliche Impulse sollten nicht wieder dort gesetzt werden, wo der Hitzekessel ist. Das ist das Gebiet rund um die Landeshauptstadt. Hier haben viele Bürgerinnen und Bürger die Sorge, dass uns das Wachstum über den Kopf wächst. Wir sollten es nicht neu anheizen.
Sie haben davon gesprochen, dass die Verkehrsdaten es notwendig machen, erneut über eine dritte Startbahn zu sprechen. Richtig ist aber: Heute gibt es weniger Flugbewegungen als noch 2012, als die Bürgerinnen und Bürger den Bürgerentscheid diskutiert haben. In den Jahren 2007 und 2008 gab es 432.000 Starts und Landungen pro Jahr. Jetzt sind es knapp 30.000 weniger als vor sechs Jahren. Wieso sollen wir also jetzt plötzlich die dritte Startbahn bauen? – Von der Kapazität des Flughafens her besteht wirklich keine Notwendigkeit. Für den Flughafen München wäre es viel wichtiger, dass seine Anbindung verbessert wird. Der Münchner Flughafen bleibt auch ohne die dritte Start- und Landebahn unser Tor zur Welt.
Es ist vordringlich, die für die Flughafenregion wichtigen Straßen- und Schienenprojekte umzusetzen. Hier sind die Neufahrner Kurve, der Erdinger Ringschluss, die Walpertskirchener Spange und die Elektrifizierung der Bahnstrecke München – Mühldorf – Freilassing zu nennen. Dies erwarten wir in Bezug auf die Infrastruktur von Ihnen. Sie haben jede Menge zu tun. Jede vierte Staatsbrücke ist sanierungsbedürftig. 5.000 km Staatsstraßen sind sanierungsbedürftig. Noch nicht einmal die Hälfte der bayerischen Schienen ist mittlerweile elektrifiziert.
Machen Sie endlich diese Hausaufgaben, bevor Sie immer wieder die Menschen, insbesondere in der Flughafenregion, an der Nase herumführen. Da braucht es Klarheit. Diese Klarheit sollten Sie noch vor der Wahl schaffen, anstatt die Menschen in der Region an der Nase herumzuführen.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Dr. Magerl von den GRÜNEN das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich beim Kollegen Huber ausdrücklich für die klaren und deutlichen Worte: Die CSU-Fraktion unterstützt den Bau einer dritten Start- und Landebahn "uneingeschränkt". Das werden wir den 100.000 Menschen, die rund um den Flughafen leben, vor der Wahl klar und deutlich erzählen.