Protocol of the Session on June 6, 2018

Platz ist. Aber wenn ich dann sehe, dass wir einen Beauftragten für Bürgeranliegen brauchen, der 3.000 Euro im Monat bekommt plus Fahrer plus sonst etwas – einen Beauftragten für Bürgeranliegen! Wenn Sie schon den anderen Fraktionen keinen Respekt entgegenbringen und damit sagen, dass die Abgeordneten nicht Tag für Tag für ihre Bürger unterwegs sind – da kann man alle Fraktionen dieses Hauses einbeziehen, auch die CSU-Fraktion –, wenn Sie auch vor der eigenen Fraktion keinen Respekt haben und sagen, wir brauchen einen Beauftragten für Bürgeranliegen, weil die CSU-Abgeordneten draußen nichts tun, finde ich das bemerkenswert.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zweiter Schwerpunkt: innere Sicherheit. Da sind wir beieinander. Diesen Schwerpunkt setzen auch wir, allerdings: Warum brauchen wir eine Grenzpolizei? Herr Ministerpräsident, ich weiß, dass Sie mit Ihrem Vorgänger nicht immer einer Meinung waren und vielleicht auch keine sehr warmen Gedanken für ihn hegen. Aber dass Sie eine Grenzpolizei gegen ihn aufstellen. sozusagen eine Kontrolle für seine Bundespolizei, finde ich ebenfalls bemerkenswert. Das hätte ich noch nicht einmal von einem GRÜNEN-Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg gedacht. Aber dass ein CSU-Ministerpräsident in Bayern seinem Vorgänger und jetzigen Bundesinnenminister von der CSU so misstraut, ist wirklich ein bemerkenswerter Vorgang.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf des Abgeordneten Manfred Ländner (CSU))

Asyl und Integration: Sie wollen schnelle Entscheidungen. Das wollen wir auch, und das fordern wir in diesem Hohen Haus seit vielen Jahren. Es ist sehr verdienstvoll, dass Sie jetzt endlich die Asylrichter einstellen, die wir seit vielen Jahren fordern. Aber warum erst jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen? Sagen Sie nicht, dass sie so lange für die Ausbildung benötigen; denn das stimmt nicht. Jeder weiß, dass zweimal im Jahr genügend Juristen auf den Markt kommen und man lediglich die Einstellungsnote um ein paar Zehntel nach unten korrigieren muss, um diese Richter für die Verwaltungsgerichte einstellen zu können. Das hätten Sie rechtzeitig und eher tun können. Sie haben es nicht getan. Immerhin tun Sie es jetzt; aber Sie können dafür keinen Beifall bekommen; denn Sie hätten es längst tun können. Sie hätten es längst tun müssen. Sie tragen in diesem Land lange genug Verantwortung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf des Abgeordneten Sandro Kirchner (CSU))

Ein dritter Schwerpunkt ist die regionale Entwicklung. Auch darin stimmen die FREIEN WÄHLER mit Ihnen überein, und ich bin erfreut darüber, dass hier tatsächlich ein Sinneswandel stattgefunden hat. Ich kann mich noch gut an den Ministerpräsidenten Stoiber erinnern, Herr Kollege Staatsminister Füracker. Für Edmund Stoiber gab es das eherne Gesetz: München ist Champions League, Oberbayern ist Bundesliga, und der Rest ist Bayernliga. Er hat in Transrapid-Dimensionen gedacht, und ländliche Regionen waren ihm sehr, sehr fern.

(Karl Freller (CSU): Stimmt nicht!)

Erst durch die etwas überzogene Forderung des Zukunftsrates, auf Metropolen zu setzen, hat in der CSU-Fraktion ein Umdenken stattgefunden. Wir haben, seitdem wir im Bayerischen Landtag sind, seit 2008, regelmäßig, ständig und dauernd auf die Notwendigkeit hingewiesen, gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern zu schaffen. Ich freue mich und erkenne ausdrücklich an, dass die CSU hierbei auf die Linie der FREIEN WÄHLER eingeschwenkt ist, und es gibt genügend Punkte, bei denen ich sage: Da ist der Vorwurf "ihr redet nur, ihr handelt nicht" unzutreffend.

Die Heimatstrategie sprachen Sie an, Herr Staatsminister. Behördenverlagerungen: Das ist positiv. Das ist ein Pluspunkt, das muss man anerkennen. Dort hat die Staatsregierung gute Arbeit geleistet. Das heißt aber nicht, dass Sie in Ihren Bemühungen nachlassen sollen. Hier gibt es immer noch genug zu tun. Es gibt noch genügend Behörden, die verlagert werden können. Es gibt auch noch genügend Standorte, die darauf warten, von dieser Behördenverlagerung zu profitieren.

Gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern – das ist in der Tat der Kern und ein wesentliches Markenzeichen unserer Politik sowie ein Kern für die Erfolgsgeschichte Bayerns. Dazu gehört natürlich eine stärkere Förderung des ÖPNV. Diese fordern wir seit Langem. Dazu gehören mehr Investitionen in den Staatsstraßenbau. Diese fordern wir ebenfalls seit Langem. Herr Staatsminister Füracker, ich habe Ihnen gut zugehört, als Sie sagten, die Staatsstraßen seien doch in einem Top-Zustand.

(Zuruf des Abgeordneten Hans Herold (CSU))

Das heißt dann für mich eigentlich – Sie wohnen in der Oberpfalz –, dass die Oberpfalz in den nächsten Jahren erst einmal keine Gelder für den Staatsstraßenbau benötigt. Das heißt, dann können sich die Bewohner anderer Regionen Bayerns, zum Beispiel die Schwaben, freuen, weil sie dann das Geld, das die Oberpfalz nicht benötigt, selber verbauen dürfen. Ich

weiß nicht, ob das alle Oberpfälzer Kollegen so sehen. Ich nehme das aber zumindest einmal so zur Kenntnis und werde das in meinen Forderungen zu unseren regionalen Projekten natürlich berücksichtigen.

Bauliche Entwicklung! Ich kann nur sagen: Bezahlbarer Wohnraum ist die größte sozialpolitische Herausforderung der Gegenwart. Das betrifft alle Menschen, und das betrifft den Wohlstand der Familien, der Singles, der Menschen mit kleinen Einkommen, der Menschen mit mittleren Einkommen. Das betrifft im Grunde genommen fast jeden.

Die Explosion auf dem Wohnungsmarkt, ob das den Kaufpreis von Immobilien oder die Immobilienmieten betrifft, ist wirklich besorgniserregend. Hier muss endlich etwas getan werden. Hier haben Sie tatsächlich viel zu viel geredet und viel zu wenig gehandelt; denn sonst wäre es dazu nicht gekommen.

Wir haben ja schon angesprochen: Es ist schön, dass Sie 10.000 neue Wohnungen schaffen wollen. Aber warum haben Sie denn 33.000 Wohnungen der GBW verkauft?

(Zuruf von der CSU: Die gibt es doch noch!)

Sagen Sie jetzt bitte nicht, dass das alternativlos war.

(Zurufe von der CSU)

Sie wissen ganz genau, dass das nicht stimmt. Herr Almunia aus Brüssel hat es deutlich gesagt: Natürlich muss die BayernLB verkleinern; sie muss aber die GBW-Wohnungen nicht verkaufen,

(Zuruf von der CSU: Das hat Herr Almunia nicht gesagt!)

sondern sie muss insgesamt Assets abbauen und abgeben. Das ist Fakt! 33.000 Wohnungen weggegeben, 10.000 sollen neu gebaut werden. – Na ja, wenn das eine befriedigende Bilanz ist. – Ich sehe es jedenfalls anders.

Staatlicher Wohnungsbau – jawohl! – ist wichtig. Ich unterstreiche auch durchaus das, was Sie sagen, Herr Staatsminister: Investieren statt spekulieren. Schön, dass das das neue Denken in der Bayerischen Staatsregierung ist. Vor einem guten Jahrzehnt – weil sich Kollege Huber gerade so aufgeregt hat – hat man bei der Bayerischen Landesbank noch sehr kräftig spekuliert. Dies hatte fatale Folgen. Gott sei Dank lautet jetzt das Motto: Investieren statt spekulieren. Halten Sie es bitte durch. Wir werden Sie dabei unterstützen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf des Abgeordneten Hans Herold (CSU))

Selbstverständlich müssen wir den Wohnungsbau nicht nur mit Geld angehen. Wir müssen auch endlich an die Standards ran. Wir müssen eben auch den Mut haben, uns mit überzogener Bürokratie oder mit überzogenen Standards beim Brandschutz, beim Denkmalschutz und bei der Energieeffizienz auseinanderzusetzen und das Rad wieder ein Stück weit zurückzudrehen; denn ansonsten sind all unsere Bemühungen ziemlich sinn- und zwecklos. Ich sage es noch einmal: Am bezahlbaren Wohnraum hängt sehr viel. Das ist die größte sozialpolitische Herausforderung im Freistaat Bayern in der Gegenwart.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die Frage, wie sich Bayern insgesamt entwickelt, ist eine Frage gleichwertiger Lebensverhältnisse. Natürlich kann es uns nicht zufriedenstellen, dass wir in Bayern nach wie vor Regionen haben, die mit Bevölkerungsschwund zu kämpfen haben und die in der Prosperität deutlich hinterherhinken, während gleichzeitig München und das Umland, die Metropolregion, aus allen Nähten platzt. Hier müssen wir auch im Interesse Münchens und auch im Interesse des Umlandes von München eine gleichwertige Politik betreiben. Ich sage Ihnen schon: Dazu gehört auch Invest in Bavaria. Es kann nicht sein, dass jede Investition ausgerechnet nur in München landet. Wir müssen schon das gesamte Land im Auge haben. Natürlich wird nicht jeder Standort gleich geeignet sein. Dass aber fast jede Investition in München getätigt wird, ist für die Entwicklung des gesamten Freistaats nicht sinnvoll.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben überlegt, ob wir diesen Nachtragshaushalt überhaupt mit Anträgen begleiten sollen. Eigentlich hätte man sagen müssen: Drei Monate vor der Wahl und drei Monate nach Verabschiedung des Nachtragshaushalts lassen wir uns auf dieses Theater nicht ein. – Nein. Wir sind aber im Landtag, um Schwerpunkte zu setzen und um unsere Schwerpunkte aufzuzeigen. Das wird dann in den Beratungen geschehen.

Herr Staatsminister, vorhin wurde schon gesagt, dass man mit den Ritualen aufhören soll. Ich appelliere daher an die Staatsminister und die Mitglieder des Haushaltsausschusses: Hört mit dem Ritual auf, alle Anträge der Opposition, ob sie vernünftig sind oder nicht, abzulehnen, um sie dann bei der nächsten Haushaltsberatung als eigene Anträge zu verkaufen. Wenn ihr das machen würdet, wären wir einen schönen Schritt weiter. – Ich freue mich auf die Beratung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Kollege Pohl. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN darf ich Kollegen Hartmann ans Mikrofon bitten. Bitte sehr.

(Vom Redner nicht au- torisiert) Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den zweiten Nachtragshaushalt durchliest, fühlt man sich wirklich an Franz Josef Strauß erinnert: Förderprogramme, Wohltaten, Versprechungen, wohin das Auge sieht, aber auch verdammt viel Beliebigkeit. Ich frage mich schon, was Söders Vorbild Franz Josef Strauß zu der Regierungserklärung vor 48 Tagen oder zum Nachtragshaushalt sagen würde. Ich glaube, er würde anmerken: Everybody’s Darling is everybody’s Depp. Sie geben verdammt viel Geld aus und bleiben trotzdem verdammt viel schuldig, ganz vorneweg eine klare Vision, wie Sie Bayern weiterentwickeln wollen, wohin sich unser Bayern entwickeln soll. Auch von einem Bekenntnis, was Ihrer Meinung nach eigentlich erhalten bleiben soll und was sich in Bayern wirklich verändern muss, hat man gar nichts gehört, und dazu sieht man im Nachtragshaushalt dieses Jahres gar nichts.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Trotz des vielen Geldes packen Sie die entscheidenden Punkte doch gar nicht an. Die Welt verändert sich – das ist unstrittig –, aber Ihre Politik bleibt die alte mit noch etwas mehr Geld; nicht mehr und nicht weniger.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Demokratie lebt von Überzeugungen und von Haltung, nicht von einer Gießkannenpolitik, mit der Sie Geld über das Land verteilen. Man kann es auch anders sagen: Weil Ihnen der Mut zu einer Politik der Überzeugungen fehlt und Sie dazu nicht in der Lage sind, machen Sie eine Politik der Überweisungen. Nichts anderes ist Ihr Nachtragshaushalt für dieses Jahr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kluge Politik mit Weitsicht investiert heute doch so, dass es möglichst für alle ein gutes Morgen gibt. Wenn ich von allen spreche, dann meine ich wirklich alle; dann meine ich auch all diejenigen, die gerade nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen und wirklich unsere Unterstützung brauchen. Am Geld – da muss ich Ihnen recht geben – wird vieles in Bayern nicht scheitern. Die Rücklagen sind gut ausgestattet – Herr Finanzminister, da haben Sie völlig recht. Das Problem ist doch die Gießkannenpolitik, mit der Sie das Geld in Bayern verteilen. Sie wollen, dass alle profitieren: von der Porsche fahrenden Unternehmerin und von der Alleinerziehenden bis zum Professor.

Jeder soll irgendetwas bekommen. Das ist Ihre Politik. Bei Söders Politik spielt es keine Rolle, ob das gesamte verteilte Geld für mehr Chancengerechtigkeit sorgt oder nicht. Das spielt keine Rolle. Ob es in Bayern fair zugeht, spielt auch keine Rolle. Bei Ihnen spielt auch überhaupt keine Rolle, ob die Lebensgrundlagen in Bayern geschützt werden oder weiter kaputtgehen. Ihnen ist das völlig egal. Bei Ihren Programmen, bei Ihren Zuschüssen ist doch nur eines entscheidend: dass der Zahlungstermin vor dem 14. Oktober dieses Jahres liegt. Das ist das Kriterium Ihrer Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ich sage Ihnen aber ganz deutlich: Diese Rechnung wird nicht aufgehen. Die Wählerinnen und Wähler lassen sich nicht kaufen. Sie erwarten eine Politik der Haltung, keine Politik der Beliebigkeit, die Sie seit Wochen hier abspielen.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wir haben es doch schon bei der Regierungserklärung vor 48 Tagen gesehen, und wir sehen es auch wieder im Nachtragshaushalt: Überall dort, wo Haltung gefragt ist, wo Verlässlichkeit und Prinzipien erwartet werden, ducken Sie sich weg. Bei den Herausforderungen, die man wirklich an der Wurzel anpacken muss – ich komme gleich zum Wohnungsbau –, bleiben Sie blank und stumm. Die Politik schreit doch hier nach neuen Wegen. Nachdem das Geld in Bayern vorhanden ist, um diese Wege zu gehen, fehlt doch nur noch eines: der Mut und die Entschlossenheit, das umzusetzen.

Die Chancengerechtigkeit in unserem Land fehlt. Die Staatskassen sind so gut gefüllt wie nie zuvor, und trotzdem hängen Bildungschancen im reichsten Bundesland immer noch vom Geldbeutel der Eltern oder sogar vom Wohnort ab. Es geht nicht gerecht zu in diesem Land.

(Peter Winter (CSU): Alter Krampf!)

Das ist kein alter Krampf; das ist so, sehr geehrter Herr Kollege.

Genauso ist es bei der Kinderbetreuung. Viele junge Familien warten noch auf ein Angebot, das zu ihrer Lebenswirklichkeit passt. Da muss unbedingt etwas getan werden.

(Zuruf des Abgeordneten Reinhold Bocklet (CSU))

Wir haben deshalb im Nachtragshaushalt – Sie können gern mitstimmen – 154 Millionen Euro beantragt,

um diesbezüglich voranzukommen. Wir wollen Geld in den Nachtragshaushalt stecken

(Reinhold Bocklet (CSU): Tun wir auch!)

und nicht wie Sie etwas ankündigen und dann kaum etwas tun, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen.