Danke schön, Frau Staatsministerin. Bitte bleiben Sie noch. Zu einer Zwischenbemerkung hat sich der Kollege Leiner gemeldet.
Frau Ministerin, wir sind aus unserer Erfahrung heraus kritisch und glauben nicht, dass das Gesetz so geändert wird, dass wir ihm zustimmen können. Sie sind vielleicht die falsche Ansprechpartnerin, aber über Wochen haben wir an einem Runden Tisch, der vorbildlich war, diese Gesetzesvorlage beraten und auch darüber beraten, wie wir diese Gesetzgebung durchführen können. Den ersten Teil des Gesetzes kann man so lassen. Dabei bleiben wir. Dazu haben wir nur kleine Änderungsvorschläge. Der zweite Teil ist aber dem nicht gerecht geworden, was wir vorher mit allen Experten an Runden Tischen wochenlang besprochen haben.
Jetzt kommen die CSU-Fraktion und die Bayerische Staatsregierung und sagen uns: Wir sind dabei und machen es. Wir haben es über Monate schon gemacht. Das Ergebnis im Unterbringungsteil ist nichts anderes als erbärmlich. Deswegen sind wir so kritisch und so skeptisch, und wir hoffen, dass das Gesetz auf einen guten Weg kommt; denn so, wie es uns jetzt
vorliegt, insbesondere bei dem Tenor des Unterbringungsteiles, ist es für die Menschen und Kranken bei uns nicht akzeptabel.
Herr Kollege Leiner, manchmal rentiert es sich, ein Stück vom Gas zu gehen und zu überlegen, wie man das Problem löst. Ich kann manche Kritikpunkte durchaus nachvollziehen. Ich saß nicht an den Runden Tischen. Ich kann Ihnen aber auch sagen, dass die Fragen des Unterbringungsgesetzes nicht einfach zu lösen sind. Das wissen wir alle miteinander. Diese Fragen sind mit vielen Ängsten und vielen Sorgen verbunden. Wenn man die Regelungen des Unterbringungsteils abschichtet, erkennt man, dass es um einen sehr kleinen Teil von Menschen geht. Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Menschen in Bayern, die alle Hilfeformen, die wir jetzt etablieren können, durchlaufen haben und trotzdem die Kurve nicht kriegen, im dreistelligen Bereich liegt. Es geht um die Kranken, die zwangsuntergebracht werden, die sich trotz mehrfacher Versuche nicht bereit erklären und bei denen wir eine Fremdgefährdung unterstellen. Wir gehen nicht einmal von der Selbstgefährdung aus, sondern unterstellen eine Fremdgefährdung. Wenn Sie merken, wie viel ich schon abschichten muss, um überhaupt zu einer Antwort zu kommen, wissen wir beide, dass es um einen kleinen Teil der psychisch Kranken geht. Aber für diesen Teil brauchen wir Regelungen.
Wir brauchen für diesen Teil zwar wertschätzende, aber auch in der Ansage klare Regelungen, weil wir vor diesem Teil der Menschen die Bevölkerung schützen müssen. Sie hören bitte heraus, dass wir für diesen kleinen Teil Regelungen brauchen. Es ist so schade, dass der weit überwiegende Teil des Gesetzes, nämlich die Regelungen über die Hilfen, in der Debatte nicht das Gewicht bekommt, das er bräuchte, weil wir so sehr über die Unterbringung diskutieren.
Deshalb noch einmal: Wir haben die Änderungen eingegeben, und jetzt wären wir an dem Punkt, dass die Fraktionen miteinander, vielleicht mit möglichst wenig Schaum vor dem Mund und mit möglichst viel Sachkenntnis, überlegen, an welchen Stellen wir helfen können. Ich höre deutlich heraus, dass es Ihnen darum geht, die Vorschriften mit zu entwickeln. Der Kollege Imhof hat alle Zeichen dieser Welt gesetzt. Gehen Sie aufeinander zu. Schauen Sie, welchen Weg Sie miteinander gehen können. Dann entwickeln wir die Bestimmungen.
Danke schön, Frau Staatsministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Die Frist für die namentliche Abstimmung ist jedoch noch nicht abgelaufen. Deshalb werden wir die Abstimmung zu diesem Punkt nach der Debatte über den nächsten Dringlichkeitsantrag durchführen.
Ich gebe jetzt schon einmal bekannt, dass zum Dringlichkeitsantrag unter Nummer 6 "Umweltgift PFOA und PFOS: Säuglinge und Kinder vor gesundheitlichen Gefahren schützen – Transparenz herstellen!" auf Drucksache 17/22071 ebenfalls namentliche Abstimmung beantragt worden ist.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Praxisnahe Überprüfung des Sprachniveaus B2 für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse insbesondere im Bereich der Pflegeberufe (Drs. 17/22068)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vorhin in der Aktuellen Stunde in einer interessanten Diskussion über die Pflegeberufe viel gesprochen. Ich mache Ihnen heute ein Angebot, um einen kleinen Mosaikstein zur Verbesserung der Pflege zu schaffen. Dieses Angebot mache ich, und ich bin darauf gespannt, ob Sie Ihren Worten auch Taten folgen lassen.
Zunächst darf ich eine Korrektur bzw. Ergänzung unseres Dringlichkeitsantrages vorstellen. Ich füge einen Satz ein und bitte Sie, über den Antrag in der ergänzten Fassung abzustimmen. Der Satz lautet wie folgt: "Der Grammatik wird dabei ein Übergewicht zugesprochen." Diese Ergänzung bitte ich Sie noch einmal zu verinnerlichen. Der so geänderte Antragstext soll zur Abstimmung stehen.
Es gibt wohl kaum einen Beruf, der näher am Menschen ist als der Beruf eines Pflegers oder einer Pflegerin. Das trifft in körperlicher Hinsicht beim Waschen, sogar im Intimbereich, beim Essen und bei anderen Hilfestellungen zu. Auch auf die psychisch-emotionale Schiene bitte ich Sie Ihr Augenmerk zu richten. Auch hier haben die Pflegerinnen und Pfleger eine herausragende Stellung. Sie sind wichtige Ansprechpartner
für die zu Pflegenden. Das Sorgen und Kümmern ist ein wesentlicher Bestandteil ihrer Aufgaben. Für Menschen, die an Demenz oder demenziellen Erkrankungen leiden, aber auch für Menschen, die am Ende ihrer Lebensphase sind, ist das besonders wichtig.
Die demografische Entwicklung und die in der Vergangenheit versäumte Weiterentwicklung des Pflegeberufes haben dazu geführt, dass wir bei den Pflegekräften eine katastrophale Situation haben. Das heißt, wir haben viel zu wenige Pflegekräfte. Deswegen müssen wir Möglichkeiten suchen, wie wir Pflegekräfte gewinnen können, und dabei ist natürlich auch der ausländische Markt von Pflegekräften von großer Bedeutung.
Wo kommen die ausländischen Pflegekräfte her? – Insbesondere aus Polen, Rumänien, der Türkei, Kroatien und Bosnien. Diese Menschen, die sich für die Pflege interessieren, sind häufig sehr engagiert und einsatzbereit. Vor allem haben diese Menschen auch eine hohe soziale Kompetenz. Sie möchten ihre Chance nutzen, jedem Menschen zu helfen, sie möchten einen erfüllten Beruf ausüben. Für diese interessierten Menschen sollte es keine zu hohen Hürden geben. Über die fachliche Ausbildung brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Die ist festgelegt, das brauchen wir. Aber es geht um das Sprachniveau B2.
Jeder, der sich einmal mit dem Niveau B2 auseinandergesetzt hat, weiß, wie schwer das ist. Natürlich muss eine Pflegefachkraft auch Deutsch können. Selbstverständlich muss sie sich mit den Menschen unterhalten können. Ich habe es vorher mit dem Erfordernis der Kommunikation ausgedrückt. Aber mit der Grammatik, mit Futur I, Futur II und sonstigen grammatikalischen Spitzfindigkeiten, sollen sie sich doch nicht so sehr beschäftigen. Natürlich gilt der europäische Referenzrahmen, und der umfasst eine umfangreiche Prüfung mit anspruchsvoller Grammatik.
Dazu haben wir FREIE WÄHLER einen Prüfantrag gestellt, dass nicht der Konjunktiv I und der Konjunktiv II abgefragt werden, sondern dass die Kommunikation in einer menschlich angenehmen Atmosphäre und in einem Deutsch erfolgt, das die Menschen auch verstehen, und dass vor allem auch die regionalen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Das wird bei B2 überhaupt nicht geprüft. B2 ist reines Hochdeutsch. Auch die regionalen Sprachfärbungen in die Prüfung miteinzubeziehen, wäre wichtig, damit sich die Pflegerinnen und Pfleger mehr auf diesen Punkt und nicht so sehr auf die Grammatik beziehen müssen.
Deswegen bitte ich Sie, diesem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen. Er hilft uns, Menschen, die sich für die
Pflege interessieren, zu gewinnen. Noch eines möchte ich Ihnen mitgeben: Ungefähr 50 % der Pflegekräfte, die fachlich geeignet sind, bestehen den Sprachtest nach B2 nicht. Deswegen dieser Prüfantrag, und ich bitte Sie um Ihre Zustimmung, um einen Baustein zu verwirklichen, der uns aus dem Pflegenotstand heraushilft.
Danke schön, Herr Kollege Prof. Dr. Bauer. – Nächster Redner ist der Kollege Steffen Vogel. Bitte schön, Herr Vogel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt den Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER zu beraten. Lieber Herr Kollege Bauer, ich habe den Eindruck, in Ihrer Rede haben Sie sich von dem ursprünglichen Antragstext etwas distanziert.
Dieser Eindruck wird erweckt, nachdem es auch Gespräche mit den anderen Kollegen gab, die zu diesem Antrag sprechen sollen. Ich habe nämlich sowohl mit Vertretern der GRÜNEN als auch mit denen der SPD gesprochen. Der Schwerpunkt des Antrags lag weniger auf der Grammatik. Zur Information für die Kollegen, die den Antrag nicht präsent vor Augen haben: Der Schwerpunkt des Antrags lag darauf, dass für Angehörige der Pflegeberufe die Kommunikation mit den zu Pflegenden entscheidend ist. – Dieser Auffassung stimmen wir zu 100 % zu. – Dann aber heißt es in dem Antrag:
Insofern sind das Verständnis und auch das Sprechen regionaler Dialekte wichtig, werden aber nicht in dem von den Anerkennungsbehörden geforderten B2-Niveau berücksichtigt, welches streng auf "Hochdeutsch" ausgerichtet ist.
Das heißt, der Antrag fordert eine stärkere Berücksichtigung der regionalen Dialekte bei der Anerkennung des B2-Niveaus. Die CSU-Fraktion sagt hier aber ganz klar: Dies dem Bundesgesetzgeber aufzugeben, ist verhältnismäßig ehrgeizig. Da muss man überlegen, wie viele Dialekte es in Deutschland gibt.
Wenn man das nur auf Bayern begrenzt, stellt sich die Frage, wie viele Dialekte gibt es in Bayern. Nehmen wir an, eine Pflegekraft, die in Unterfranken eingesetzt werden möchte, macht die B2-Prüfung. Die würde dann nicht nur auf Deutsch geprüft, sondern auch auf Fränkisch. Nehmen wir an, die Frau besteht den Test.
(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Es geht um die Grammatik! Es geht darum, ob es "die Butter" oder "der Butter" heißt! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Nehmen wir weiter an, sie zieht dann nach Oberbayern oder auch in die Oberpfalz. In diesem Fall würde ein neuer Sprachtest notwendig; denn der Dialekt in Unterfranken ist schließlich ein anderer als der Dialekt in der Oberpfalz. Das halten wir, ehrlich gesagt, und um es im Dialekt zu sagen, für a weng a Gschmarri. – Das ist kein Baustein zur Verbesserung der Pflegesituation.
Sie sagen, um eine gute Pflegekraft zu sein, ist es nicht so wichtig, dass man grammatikalisch in allen Einzelheiten perfekt spricht oder auch sprechen muss. Der Antrag, wie er gestellt war, zielt aber auf die regionalen Dialekte ab und darauf, wie diese beim B2-Niveau berücksichtigt werden können.
(Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer (FREIE WÄH- LER): Das ist geändert worden! Nehmen Sie das doch zur Kenntnis!)
Wir sagen, das ist nicht der Fall. Hier geht es um eine europäische Norm, die der Bundesgesetzgeber umsetzt. Wir brauchen bundesweite Anerkennungsverfahren, nicht regionale Anerkennungsverfahren. Wir sind schließlich froh um jeden Menschen, der bereit ist, in Bayern und in Deutschland als Pflegekraft tätig zu sein. Außerdem, wie will man das handhaben, wenn jemand umzieht? – Wir lehnen diesen Dringlichkeitsantrag deshalb ab.
(Beifall bei der CSU – Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer (FREIE WÄHLER): Das ist ein Prüfantrag! Haben Sie das nicht gelesen?)
Danke schön, Herr Kollege Vogel. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Müller. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Prof. Bauer, dem, was Sie hier vorgetragen haben, habe ich durchaus folgen können. Das habe ich auch als durchaus zielführend empfunden. Der Antrag, den Sie eingereicht haben, geht aber in eine ganz andere Richtung. Der Antrag fordert die praxisnahe Überprüfung des Sprachniveaus B2 für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse insbesondere im Bereich der Pflegeberufe. Die Staatsregierung soll sich auf
Bundesebene dafür einsetzen, dass das Sprachniveau B2 in den Pflegeberufen hinsichtlich der Praxisorientierung überprüft wird. Wenn man aber nachschaut, was im Rahmen des Sprachzertifikats B2 zum Niveau der selbstständigen Sprachanwendung gefordert wird, dann stellt man fest, der Betreffende muss Folgendes erfüllen: Er muss die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen; denn wer sie versteht, der versteht auch im eigenen Spezialgebiet Fachdiskussionen. Er kann sich spontan und fließend verständigen, sodass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist. Man kann sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert ausdrücken. Man kann den Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten angeben. Wer das kann, dem sollte es auch möglich sein, sich in der Pflege jenseits der Mundart zu verständigen.
Ich stelle mir hier schon die Frage, warum den FREIEN WÄHLERN neben dieser fachlichen Qualifikation das Verständnis und das Sprechen von Dialekten wichtig sind.
Das ist doch eine Hürde, die man gerade nicht aufbauen sollte, wie Herr Prof. Dr. Bauer das gerade dargestellt hat. Welcher Dialekt soll denn auf Bundesebene berücksichtigt werden?