Drittens. Sie fordern, wie Ihrem Gesetzentwurf zu entnehmen ist, den Aufbau von Doppelstrukturen. Doppelstrukturen sind immer schwierig, außer man möchte den Schwarzen Peter immer anderen zuschieben, sodass immer der andere schuld ist. Jeder weiß: Doppelstrukturen sind von Haus aus schlecht und unnötig.
Viertens. Sie bauen einen Wasserkopf auf. Unsere Frage, was Alois Mannichl an Möglichkeiten bekommt, wird nicht beantwortet. Das liegt wahrscheinlich am Datenschutz. Ich wollte auch die Anzahl der Q3- und Q4-Stellen wissen. Das ist noch nicht bekannt. Aber natürlich benötigt eine neue Führung Stellen, die wir nicht haben.
Fünftens. Die Schleierfahndung ist das einzig Sinnvolle. Bauen Sie bitte die Schleierfahndung aus, damit sie zumindest dem Stand auf dem Papier entspricht.
Alle anderen vier Punkte sind überflüssig. Noch einmal: Wir haben eine Schleierfahndung, welche erfolgreich arbeitet. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum Sie ein neues Drumherum aufbauen wollen, anstatt das zu verbessern, was gut läuft.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich noch einen weiteren Aspekt in die Debatte einbringen. Am 8. Mai war Europatag. Ich hoffe, wir haben alle gefeiert. Wir alle verdanken Europa sehr viel, vom Reisen ohne Reisepass, von Schüleraustauschen, von einem friedlichem Miteinander, von Solidarität und Versöhnung bis hin zu Handelsabkommen.
Das vereinte Europa hat die Schlagbäume innerhalb Europas abgebaut. Doch die CSU baut jetzt wieder eine eigene Grenzpolizei auf. Damit reihen Sie sich sprachlich in die Reihe der Europaskeptiker ein. Aber vielleicht kann man von einer Partei, die sich gerne mit Victor Orbán trifft, nicht mehr viel anderes erwarten.
Ich finde das bitter; denn das steht nicht für ein vereintes Europa, das zusammenhält und auch in schwierigen Zeiten den Weg der europäischen Integration weitergeht.
Herr Herrmann, hätten Sie heute einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die europäische Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden verstärkt, hätten Sie von mir Applaus bekommen. Dieser Applaus fällt heute aus, weil Ihre Bayerische Grenzpolizei nicht das ist, was wir uns unter kluger Europa- und Innenpolitik vorstellen; denn wir alle wissen: Falls es innerhalb Europas doch einmal zu Grenzkontrollen kommt, ist so etwas immer nur zeitlich begrenzt machbar. Allerdings ist dann die Bundespolizei dafür zuständig.
Ich habe erst vor Kurzem die Polizeiinspektion in Freilassing besucht, wo die Beamtinnen und Beamten wirklich einen guten Job machen. Ihr Gesetzentwurf ist ein Misstrauensvotum gegen die Bundespolizei.
Abgesehen davon hat unsere bayerische Landespolizei eindeutig drängendere Aufgaben zu bewältigen, als jetzt eine neue Direktion aus dem Boden zu stampfen, etwa die Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Cyberkriminalität sowie die Entgegennahme der alltäglichen Anrufe der Bürgerinnen und Bürger. Die Polizisten brauchen auch Zeit für Training und Fortbildung, um nur ein paar Schlagworte zu nennen.
Jetzt fordern Sie auch noch den Aufbau einer bayerischen Grenzpolizei. Ich muss Sie schon fragen, woher Sie die 1.000 Polizistinnen und Polizisten nehmen wollen. Ja, wir stellen Gott sei Dank mehr Poli
zisten ein. Dies braucht es auch, um den großen Überstundenberg abzubauen und der Pensionierungswelle entgegenzuwirken. Sie wissen aber genauso gut wie ich, dass Polizistinnen und Polizisten eine dreijährige Ausbildung absolvieren müssen, bevor sie eingesetzt werden können. Herr Ländner sagt, die CSU wolle die Kräfte mit der Grenzpolizei verdoppeln. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Sie wohl Polizistinnen und Polizisten aus der Fläche abziehen müssen. Aber das kann nicht Sinn der Sache sein.
Wir stehen mit dieser Meinung nicht allein. Ich möchte die DPolG kurz zitieren, wonach auch anzumerken sei, dass sich die Notwendigkeit der Einrichtung einer bayerischen Grenzpolizei nicht erschließe. Hier würden nach deren Meinung ohnehin schon knappe Personalressourcen durch den Aufbau dieser Parallelorganisation verwendet.
Das sagen also nicht nur wir GRÜNEN, sondern selbst Polizeigewerkschaften. Es nervt mich wirklich, wie Sie als CSU die Innenpolitik für den Wahlkampf missbrauchen.
Der neue Ministerpräsident spielt sich als oberster Grenzschützer auf, um auf dem Rücken der Polizistinnen und Polizisten, der Pendlerinnen und Pendler und der großartigen europäischen Idee Stimmung zu machen.
Ich kann also auch bei diesem Thema wiederholt nur sagen: Hören Sie bitte auf, mit den Ängsten der Menschen zu spielen. Hören Sie auf damit, all Ihre Politik unter der Maßgabe zu betreiben, was Ihnen im Wahlkampf nutzt. Hören Sie endlich auf, nur für die schöne, schnelle Schlagzeile Symbolpolitik zu betreiben!
Bayern ist ein sicheres Bundesland. Das liegt an der guten Arbeit unserer bayerischen Polizei. Wenn Sie diese unterstützen würden, müssten Sie dafür sorgen, dass sie von unwichtigen Aufgaben entlastet wird. Dann müssten Sie mehr Polizistinnen und Polizisten, mehr Tarifbeschäftigte einstellen. Aber es hat keinen Sinn, eine neue Bayerische Grenzpolizei einzurichten, die man im Moment fachlich nicht braucht und die der europäischen Idee widerspricht. Dafür gibt es eigentlich nicht genug Polizistinnen und Polizisten.
Unsere bayerische Polizei braucht endlich mehr Zeit, mehr Personal und genug Ruhe, um die Ausbildung und Fortbildung weiter voranzutreiben, anstatt von
Ihnen ständig neue Umbauten an den Hals gebunden zu bekommen, damit Sie sich wieder mit irgendeinem neuen Thema rühmen und sagen können, Sie würden die Sicherheit angeblich auch mit einer Bayerischen Grenzpolizei verteidigen.
Damit komme ich zu meinem Argument von zu Anfang zurück. Wir leben zum Glück in der Europäischen Union und reisen innerhalb Europas ohne Grenzkontrollen. Das ist ein sichtbares Symbol, das Europa uns Bürgerinnen und Bürger gebracht hat. Deswegen rufe ich Ihnen zu: Don‘t touch my Schengen! Diese Bayerische Grenzpolizei darf nicht gebildet werden.
Ich bin nicht die Frau Stamm. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In aller Kürze, denn die wesentlichen Argumente sind bereits genannt worden. Wenn bislang der Eindruck entstand, dass diese Debatte und die Ankündigung des Bayerischen Ministerpräsidenten, die Bayerische Grenzpolizei mit insgesamt 1.000 Stellen einzurichten, konzeptionslos und vor allem mit dem Bund unabgestimmt war, war dies bis heute eine Vermutung. Aber seit Herr Ländner gesprochen hat, kann man es für eine Gewissheit halten, dass auch seitens der CSU-Fraktion keine Klarheit darüber herrscht, was eine Grenzpolizei ist. Es sei denn, ein bayerischer Landespolizist, der in der Nähe der Grenze seine Arbeit tut, wird als Grenzpolizist bezeichnet. So kann man die Sache auch irgendwie ins Lot bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kritikpunkte sind kurz zusammenzufassen: Die zusätzliche Struktur wird ineffizient und teuer werden. Sie ist konzeptlos und vor allem mit dem Bund nicht abgestimmt. In der Begründung des Gesetzentwurfs ist unter anderem zu lesen, dass die bayerische Polizei darüber hinaus grenzpolizeiliche Aufgaben verstärkt koordinieren soll. In so einem Fall muss man wohl davon ausgehen, dass auch hier das Rollenverständnis nicht mehr stimmt und zurechtgerückt werden muss. Das ist zunächst einmal eine zentrale Bundesaufgabe. Ergänzend dazu und in Abstimmung mit dem Bund kann man zusätzliche Tätigkeiten einfließen lassen, wenn es über die Schleierfahndung hinausgehen soll. Geht
es jedoch lediglich um eine Verstärkung der Schleierfahndung, dann sagen Sie dies. In so einem Fall brauchen wir ein derartiges Gesetz nicht. Der Hinweis auf die Sorge der zahlreichen Inspektionen, dass die dringend benötigten, aber nicht ankommenden Polizisten zu ihren Lasten gehen werden, muss ernst genommen werden. Dieser Hinweis macht die Skepsis gegenüber der Bayerischen Grenzpolizei verständlich. Es ist zudem ein Affront gegen die Bundespolizei und die Bundespolitik. All das ist unnötig. Darauf sollte verzichtet werden. Nehmen Sie dieses Gesetz zurück!
Danke schön. – Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Errichtung des Bayerischen Landesamts für Asyl und Rückführungen (Drs. 17/21999) - Erste Lesung
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes des Bundes sind die Ausländerbehörden gesetzlich verpflichtet, den Aufenthalt von vollziehbar ausreisepflichtigen ausländischen Staatsangehörigen zu beenden. Bayern vollzieht das geltende Ausländerrecht und schiebt Ausländer ohne Bleiberecht, die eine freiwillige Ausreise ablehnen, konsequent ab. Dies spiegelt sich auch in den Zahlen der Abschiebungen und der freiwilligen Ausreisen wider. Mit 3.282 Abschiebungen im Jahr 2017 konnte das hohe Niveau des Vorjahres trotz veränderter Umstände nahezu gehalten werden. Auch bei der Zahl der freiwilligen Ausreisen hat Bayern 2017 wieder einen guten Wert erreicht. Mit insgesamt 13.101 freiwillig ausgereisten Personen konnte gegenüber 2016 eine leichte Steigerung erzielt werden.
Es ist bundesweit bekannt, dass Bayern alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft, um die gesetzlich vorgeschriebene Ausreiseverpflichtung von Personen ohne Aufenthaltsrecht durchzusetzen. Diese konsequente Haltung schlägt sich auch in der hohen Zahl freiwilliger Ausreisen nieder. Wer ernsthaft mit seiner
Abschiebungen stehen zunehmend in Staaten an, mit denen die Zusammenarbeit beispielsweise bei der Passbeschaffung sehr schwierig ist. Grundsätzlich sind Rückführungen in die Heimatländer mit einem gültigen Nationalpass oder einem gültigen Passersatzdokument unproblematisch möglich. In der Regel liegen diese Dokumente den zuständigen Ausländerbehörden nicht vor und werden auch von den Ausreisepflichtigen nicht beigebracht. Die weit überwiegende Mehrheit aller Asylbewerber gibt vor, über keine Identitätsnachweise zu verfügen. Die Voraussetzung für die Abschiebung ist damit regelmäßig die Beschaffung von Passersatzpapieren durch die Ausländerbehörden, was allerdings zwingend die Identitätsklärung durch die Ausländerbehörden voraussetzt. Rückführungen scheitern derzeit oft daran, dass die abzuschiebende Person aktiven oder passiven Widerstand leistet. Das geht so weit, dass sich die Person beispielsweise bewusst mit Fäkalien beschmutzt. In diesen Fällen verweigern Piloten in der Regel die Mitnahme im Flugzeug. Aus diesem Grund setzen wir vermehrt auf Sammelabschiebungen, gerade auch in Kooperation mit anderen Bundesländern. Hierfür arbeiten wir seit dessen Gründung aktiv mit bayerischen Beamten im Gemeinsamen Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr, im ZUR, in Berlin mit.
Insgesamt verursachen Abschiebungen einen immensen personellen und logistischen Aufwand aufseiten der Polizei und der Ausländerbehörden. Bayern hat mit seinen sieben Zentralen Ausländerbehörden, deren zentrale Aufgabe die Aufenthaltsbeendigung ist, bereits jetzt bundesweit Vorbildcharakter. Bayern begnügt sich mit dieser Rolle nicht, sondern will noch besser werden.
Die von mir dargestellten gewachsenen Herausforderungen bei der Erfüllung dieser Aufgabe verlangen nach einer stärkeren Bündelung von Kompetenzen und einer weiteren Optimierung der behördlichen Zusammenarbeit, um den Aufenthalt ausländischer Staatsangehöriger, deren Asylantrag abgelehnt worden ist, zeitnaher und konsequenter beenden zu können. Deshalb hat der Ministerrat am 23. März beschlossen, als eine dem Staatsministerium des Innern und für Integration unmittelbar nachgeordnete rechtlich selbstständige Landesoberbehörde ein Bayerisches Landesamt für Asyl und Rückführungen zu errichten. Mit der Errichtung dieses Landesamts und der damit verbundenen Bündelung von zentral für ganz Bayern zu erledigenden Vollzugsaufgaben werden Synergieeffekte im Bereich Asyl, Abschiebung und Förderung der freiwilligen Ausreise erzielt.
Das neue Landesamt wird die landesweiten, operativen Verwaltungsaufgaben im Bereich der Rückführung wahrnehmen. Das sind unter anderem die zentrale Passbeschaffung, die Koordinierung von Sammelabschiebungen, die Bearbeitung von Schubaufträgen der Ausländerbehörden und die operative Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit dem Gemeinsamen Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr und weiterer länderübergreifender Gremien. Außerdem soll das Landesamt auch die Aufgabe haben, Rückkehrprogramme zu koordinieren und zu verstärken.
Das Landesamt soll im Endausbau samt den Zentralen Ausländerbehörden über einen Personalbestand von rund 1.000 Stellen verfügen. Die Regierung von Oberbayern wird weitere 30 Stellen für die Aufgaben der zentralen Passbeschaffung besetzen. Nach den derzeitigen Planungen sind insgesamt 120 neue Stellen vorgesehen. Hauptsitz der Behörde wird im Transitzentrum Ingolstadt-Manching sein. Das Landesamt soll am 1. August 2018 seine Arbeit aufnehmen.