Protocol of the Session on May 15, 2018

nächsten Mal Herrn Prof. Heribert Prantl als Sachverständigen.

(Lachen bei der CSU)

Wir waren diesmal gut beraten, Herrn Dr. Markus Löffelmann als Sachverständigen zu benennen, der ein 100-seitiges Gutachten erstellt hat, von dem jetzt noch viele abschreiben und das sicherlich auch beim Verfassungsgericht viel Beachtung findet.

Also, lassen wir die Kirche im Dorf. Sie wissen es nicht, und die von Ihnen vorgeschlagenen und benannten Sachverständigen haben in der Tat etwas mehr zu Ihrer Sichtweise tendiert.

(Petra Guttenberger (CSU): Ah!)

Das ist nichts Ungewöhnliches, sodass man auch den von uns vorgeschlagenen Sachverständigen nicht vorwerfen kann, eher zu unserer Seite tendiert zu haben. – Wie gesagt, überlassen wir das dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Jetzt darf ich für die Fraktion der FREIEN WÄHLER Frau Kollegin Gottstein das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich begrüßen die FREIEN WÄHLER alle Bestrebungen, die eine effiziente und erfolgreiche Ermittlungsarbeit der Polizei fördern und verbessern. Gerade die Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus sowie viele weitere akute Bedrohungslagen wie Wohnungseinbruchskriminalität, Drogenkriminalität usw. müssen auch durch eine zeitgemäße Auswertung der Spuren verfolgt werden.

Nach Meinung der FREIEN WÄHLER sind Prävention und Gefahrenabwehr die entscheidenden Komponenten eines PAG, weil dadurch die Gewährleistung der inneren Sicherheit maßgeblich mitbestimmt wird. Wir begrüßen deswegen immer, wenn Befugnisse der Polizei weiter optimiert werden, wobei die Betonung auf optimiert liegt, was mit Verbessern zu tun hat. Was uns hier vorliegt, ist aber eindeutig nicht der richtige Weg. Bei der Anhörung der Experten im Ausschuss hat sich mir ein anderes Bild ergeben, Kollegin Guttenberger. Sogar die von Ihnen benannten Experten waren sehr skeptisch. Es war keiner dabei, der das ausschließlich begrüßt hat.

(Zuruf der Abgeordneten Petra Guttenberger (CSU))

Ich bin als stellvertretende Vorsitzende ebenfalls mit vorne gesessen.

(Peter Winter (CSU): Das sagt noch gar nichts!)

Herr Prof. Gantzer wollte wissen, ob unser Rechtsstaat den Bach hinuntergeht, und Experten neigen dazu, sich manchmal ein wenig unkonkret auszudrücken. Ich habe deshalb jeden explizit noch einmal gefragt, und jeder hat geantwortet: Nein, der Rechtsstaat wird dadurch nicht den Bach hinuntergehen, aber wir haben Bedenken. – Diese Bedenken sollten wir bedenken, aber Sie ignorieren sie.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Wir halten das nicht für den richtigen Weg, weil hier zu viele Bürgerrechte unnötig eingeschränkt werden.

(Jürgen W. Heike (CSU): Welche denn?)

Wir sehen auch, dass hier letztendlich ein Polizeiaufgabengesetz sehr mit geheimdienstlichen Aufgaben vermischt wird. Außerdem warnen wir vor einer Überfrachtung polizeilicher Aufgaben bei dem jetzigen bestehenden Personalmangel – es hilft nichts, wenn man überhaupt nicht mehr zum Arbeiten kommt. Das Gleiche gilt, wenn zu viele Daten erhoben werden, die man dann im Prinzip nicht mehr auswerten kann. Jeder aus dem Wirtschaftsleben, aus anderen Bereichen wird Ihnen das bestätigen.

Wir wissen doch jetzt schon, wo die Schwachstellen sind, aber an diesen Punkten ändern Sie nichts. Letztendlich nehmen Sie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz, die sich eindeutig auf die terroristische Prävention beschränkt, zum Vorwand, um sehr weitreichende Befugnisse zu erteilen.

Im Übrigen waren sämtliche der von Ihnen, von der CSU, heute im Verlauf dieser Debatte angeführten Beispiele weder eindeutig noch haben sie bewiesen, dass wir dieses neue Gesetz in dieser Form brauchen. Diese Beispiele hätte man alle mit der jetzt schon definierten konkreten Gefahr abhandeln können.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Bei einem einzigen Beispiel gebe ich dem Kollegen Kreuzer recht, weil es stimmt. Wenn jemand nach einer Scheidung sagt: "Jetzt gibt es einen Rosenkrieg", dann müsste man aufgrund dieser Aussage

auch mit dem neuen Gesetz 50 % all derer, die sich scheiden lassen, beobachten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Ingrid Heckner (CSU): So ein Schmarrn! – Thomas Kreuzer (CSU): Sie verstehen von der Materie wirklich gar nichts, Frau Kollegin Gottstein! – Weitere Zurufe)

Doch, das ist so. Das gäbe das Gesetz dann her.

(Unruhe)

Das war das Beispiel, das der Kollege Kreuzer angeführt hat.

(Anhaltende Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir haben auf einmal die seltsame Logik, dass man nach einem Gesetz dieses Gesetz letztendlich verteidigt, dieses Gesetz plausibel machen will. Hier dreht sich irgendwie sämtliche Logik dieses Hauses. Wir bedauern nach wie vor, dass Sie nicht den richtigen, den normalen Weg gehen und erst mit der Bevölkerung sprechen und sich mit den Ängsten in diesen nicht zu vernachlässigenden Gruppen – das sind doch nicht alles Spinner, die jetzt alle meckern – ernsthaft auseinandersetzen. Wir bedauern das und sehen das im Übrigen als Beweis der Arroganz der Macht an,

(Zuruf des Abgeordneten Peter Winter (CSU))

aber ich möchte Ihnen auch sagen: Hochmut kommt vor dem Fall.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Vielen Dank. – Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Kollegin Gote das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon 2017 bei der ersten PAG-Novelle sehr genau geahnt, was mit der Einführung des Begriffs der drohenden Gefahr kommen wird. Deshalb haben wir damals auch dagegen gestimmt und klagen jetzt dagegen. Was drohte, was jetzt schon wahr wird und wahrscheinlich in Zukunft weitergetrieben wird, ist die Tatsache, dass immer eine Scheibe mehr von unserer Freiheit abgeschnitten wird. Bürgerrechte werden unter dem Diktum der drohenden Gefahr beschnitten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie missbrauchen damit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Sie wissen es sehr genau, und ich finde es sehr schwach, Herr Innenminister, dass Sie sich hier hinstellen, andere der Lügenpropaganda bezichtigen und hier Beispiele bringen wie etwa aus Baden-Württemberg, dass Sie aber in der konkreten Situation nicht einmal die Größe haben, das richtigzustellen. In Baden-Württemberg wird dieser Begriff nämlich ganz anders gebraucht und nicht so, wie Sie ihn in Ihrem Gesetz auf alles außerhalb der terroristischen Gefahr ausdehnen. Wenigstens diese Größe hätten Sie hier haben müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diese beiden Gesetze und die Haltung, die diese beiden Gesetzesnovellen und Ihre Sicherheitspolitik ausdrücken, zeigen, was für einen fragwürdigen Blick Sie auf die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben. Sie haben Angst vor der Freiheit der Menschen in diesem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN – Peter Winter (CSU): So ein Quatsch!)

Die Menschen haben das gespürt. Ich war auf den Demonstrationen. Wissen Sie, was die Leute skandiert haben? Es waren keinesfalls nur junge Leute. Es waren viele junge Leute dabei, was ich sehr gut finde, aber gerade in Bayreuth war das Publikum sehr gemischt. Da waren auch viele ältere und sehr alte Leute dabei. Sie haben gemeinsam skandiert: Wir sind alle drohende Gefahr! Wir sind alle drohende Gefahr! – Sie haben verstanden, mit welchem Blick Sie auf die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes schauen.

Sie machen einen tiefen Einschnitt in die Freiheitsrechte jeder Bürgerin und jedes Bürgers. Sie vernachrichtendienstlichen die Polizei, und die Bürger haben ein sehr feines Gefühl dafür. Das gefällt mir, ehrlich gesagt. Es heißt ja immer: Die Menschen gehen nicht mehr auf die Straße, sie interessieren sich nicht für Politik, sie verteidigen ihre Demokratie nicht. Nein, genau das haben die Menschen getan. Und das ist kein Affront gegen den Rechtsstaat, Herr Ländner, das ist das gute Recht der Bürger, und das ist Rechtsstaat. Das, was wir hier erlebt haben, ist Demokratie.

(Beifall bei den GRÜNEN – Ingrid Heckner (CSU): Lauter falsche Zitate!)

Sie konnten in allen Diskussionen, die wir geführt haben, kein einziges Argument für einen Grund oder einen Anlass für diese vielen überzogenen Maßnahmen liefern. Ganz ehrlich, Herr Kreuzer: Ich finde es schäbig, dass Sie sich heute hierher gestellt und das

Beispiel der häuslichen Gewalt gegen Frauen bemüht haben.

(Thomas Kreuzer (CSU): Was verstehen Sie von Morden, Frau Kollegin?)

Das finde ich schäbig, weil Sie damit natürlich die Gefühle und den Abscheu und Ekel, den viele Menschen zu Recht gegen Gewalt gegen Frauen haben, für Ihr Gesetz benutzen wollten, was damit gar nichts zu tun hat.

(Beifall bei den GRÜNEN – Ingrid Heckner (CSU): Welche Gefühle benutzen Sie? – Peter Winter (CSU): Sie solidarisieren sich mit Gewalt! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Häusliche Gewalt kann und konnte man schon immer gut bekämpfen. Es gibt weiß Gott bessere Mittel als das, was Sie jetzt hier haben. Das hat damit nichts zu tun. Sie missbrauchen dieses Thema, um Stimmung zu machen. Das ist schäbig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hören Sie bitte auch auf, unser Land dauernd schlechtzureden.

(Lachen bei der CSU – Glocke der Präsidentin)