Protocol of the Session on April 26, 2018

Jetzt soll das neue Familiengeld angeblich Wahlfreiheit für Familien bringen. Jetzt aber wirklich, so die CSU. 250 Euro im Monat für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr sollen das sicherstellen. Wir, die GRÜNEN, werden ganz genau hinschauen, ob wirklich alle Familien vom Familiengeld profitieren. Das Familiengeld darf natürlich nicht auf Harz IV angerechnet werden.

Klar ist auch, dass das Geld für Familien sicher ein schönes Geschenk ist. Wer freut sich denn nicht über etwas mehr Geld? Spricht man jedoch mit Familien und fragt diese, was sie wirklich brauchen, dann steht an erster Stelle nicht mehr Geld. Wir, die GRÜNEN, haben letzte Woche eine Umfrage gemacht und gefragt: Womit ist den Familien mehr geholfen: längere Öffnungszeiten und mehr Personal für die Kinderbetreuung oder 250 Euro im Monat Kindergeld extra? Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Antwort war eindeutig: 45 % der Befragten wollen längere Öffnungszeiten und mehr Personal in den Kitas.

(Manfred Ländner (CSU): Habt ihr in München gefragt? Ihr hättet mal nachfragen sollen, woher die Familien kommen!)

Mehr Geld wollten nur knapp 19 %. Haushalte mit Kindern – darum geht es ja auch – wünschen sich eine Kinderbetreuung, die zu ihrem Leben passt, und nicht ein Leben, das sich an die Kinderbetreuung anpassen muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, das Familiengeld wird ungefähr eine halbe Milliarde Euro im Jahr kosten. Das Problem ist nicht, das betone ich ganz bewusst, dass wir eine halbe Milliarde Euro für Familien ausgeben, sondern dass wir uns als politische Akteure eher die Frage stellen müssen, was Familien wirklich brauchen und wie wir sie bestmöglich unterstützen können.

Wir, die GRÜNEN, haben vor ein paar Wochen ein Vernetzungstreffen mit Alleinerziehenden durchgeführt. Wir haben sehr häufig gehört, dass flexiblere Betreuungsangebote, längere Öffnungszeiten der Kitas und Kindergärten und ein massiver Ausbau der

Hortbetreuung notwendig sind. Die Kinderbetreuung hört nach dem Kindergarten nämlich nicht auf. Auch während der Schulzeit müssen Betreuungsangebote angeboten werden. Wir brauchen Betreuungsangebote, die auch in den Ferien zur Verfügung stehen. Es kann nämlich nicht sein, dass Familien keinen Urlaub mehr zusammen machen können, weil sie den Urlaub so legen müssen, dass die Kinder in den Ferienzeiten durchgehend betreut sind. Für eine Alleinerziehende oder einen Alleinerziehenden ist es ja noch viel komplizierter. Und was möchten Familien auch noch? – Sie möchten natürlich Betreuungsangebote, in denen ihre Kinder liebevoll betreut und gut gefördert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In der Realität fehlt vielen Kitas das Personal für längere Öffnungszeiten und eine adäquate pädagogische Arbeit. Viele Kitas und Horte sind chronisch unterfinanziert. Die Kommunen klagen, dass sie die Kosten für den Kitaausbau kaum mehr tragen können.

Außerdem wurde von den Vorrednerinnen schon angesprochen, dass wir in Bayern zu wenig Hebammen und zu wenig bezahlbaren Wohnraum haben. Auch die Kinderarmut ist in Bayern massiv hoch, und das bricht einem in einem so reichen Land das Herz. So darf es nicht weitergehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen müssen wir genau an diesen Punkten ansetzen. Wir brauchen zum Beispiel eine bessere Finanzierung der Kindergarten- und Hortplätze. Wir brauchen endlich ein eigenes Investitionsprogramm für längere Öffnungszeiten. In einem ersten Schritt brauchen wir Öffnungszeiten bis mindestens 20 Uhr. Ich verstehe es nicht: Es gab einmal ein Sonderprogramm für längere Öffnungszeiten, das die CSU wieder abgeschafft hat. Ich bin der Meinung, dass wir dieses Programm dringend wieder einführen müssen, damit wir die Flexibilität bei der Betreuung und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unter einen Hut bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Schlüssel dazu ist eine attraktivere Gestaltung des Berufs der Erzieherinnen und Erzieher. Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen, einen höheren Betreuungsschlüssel und von Anfang an eine bessere Bezahlung. Mich ärgert es massiv, dass Erzieherinnen und Erzieher in der Ausbildung nur ein Taschengeld und kein gescheites Gehalt bekommen. Das muss sich dringend ändern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die einzelnen Punkte habe ich schlagwortartig angesprochen. Wenn wir in die Infrastruktur investieren würden, kämen wir der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wirklich näher, aber nicht mit einem eilig aus dem Hut gezauberten Familiengeld, das sich im Wahlkampf schön anhört, mit dem aber die Infrastruktur leider nicht gestärkt wird. Genau diese Infrastruktur müssen wir stärken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächste hat Frau Kollegin Wittmann von der CSU das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mit großem Interesse Ihre Kritik an den furchtbaren Verhältnissen für die Familien in Bayern zur Kenntnis genommen. Lassen Sie mich aber zuerst eines vorausschicken: Frau Kollegin Gottstein, Sie haben gesagt, es wäre lächerlich, wenn die CSU "das Beste für Bayern" will. Ich sage Ihnen eines: Das ist der Anspruch, dieses Land zu regieren. Wir wollen das Beste für unsere bayerische Bevölkerung.

(Beifall bei der CSU – Ruth Müller (SPD): Dann frage ich mich, was das Beste ist!)

Ferner haben Sie kritisiert, dass wir eine Menge Geld dafür in die Hand nehmen. Damit haben Sie vollkommen recht. Wir wollen möglichst viel Unterstützung dort leisten, wo wir glauben, dass Gesellschaft beginnt, nämlich im Kernbereich des Zusammenlebens der Familie. Ja, das tun wir. Ich sage Ihnen auch, warum wir dies tun können. – Wir können dies tun, weil Bayern ein finanziell gesundes Land ist, in dem viele, annähernd alle Bürger, einem Beruf nachgehen, aus dem sie viele Steuern zahlen, die ihnen jetzt zurückgegeben werden sollen. Das lassen wir von Ihnen nicht kritisieren.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin Rauscher, über Sie war ich ganz besonders erstaunt, weil ich Sie eigentlich als eine Kollegin kenne, die sich mit den Fakten befasst. Offenkundig war Ihnen das dieses Mal nicht möglich. Sie sagten, das Betreuungsgeld werde gestrichen. Wörtlich sagten Sie, das Landeserziehungsgeld ist einfach weg und es gäbe keine Nachhaltigkeit bei dem Geld für die Familien. Fakt ist, dass wir das Betreuungsgeld eingeführt haben. Fakt ist, dass Olaf Scholz von der SPD dagegen geklagt hat, um es wegzubekommen. Fakt ist auch, dass Bayern das Betreuungsgeld als einziges Bundesland nahtlos übernommen und weiter bezahlt hat.

(Beifall bei der CSU)

Nur in Bayern – –

(Markus Rinderspacher (SPD): Und jetzt schaffen Sie es ab! Jetzt korrigieren Sie es! Das ist doch lächerlich! – Volkmar Halbleib (SPD): Damit geben Sie Olaf Scholz recht! Wunderbar! – Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, darf ich davon ausgehen, dass die Kürzung der Redezeit dann bei den Parteien stattfindet, die sie nutzen?

Meine Damen und Herren, Fakt ist, dass wir nur in Bayern das Betreuungsgeld weitergeführt haben. Fakt ist auch, dass es nur in zwei Bundesländern ein Landeserziehungsgeld gibt, nämlich in Sachsen, wo schon immer die CDU mitregiert, und in Bayern.

(Markus Rinderspacher (SPD): Und deshalb schaffen Sie es ab!)

Jetzt fassen wir beides zu einem Familiengeld zusammen, das noch mehr Familien zugutekommt als bisher, weil nunmehr auch der einkommensabhängige Teil teilweise einkommensunabhängig wird. Und wir erhöhen und verlängern es. Nirgendwo ist Familienpolitik so nachhaltig und so gut ausgestattet wie in Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Ganz offensichtlich hat diese Unbeholfenheit der CSU – ich zitiere Sie, Frau Kollegin Rauscher – dazu beigetragen, in Bayern die besten Verhältnisse im ganzen Bundesgebiet zu schaffen. Dazu darf ich Ihnen ein paar Zahlen anbieten. Nachdem Sie mit Zahlen gearbeitet haben, möchten Sie die sicher wissen.

Beispielsweise haben wir im Bundesgebiet bei den nach SGB II leistungsberechtigten Kindern eine Quote von durchschnittlich nahezu 15 %. Möchten Sie raten, wie hoch diese Quote in Bayern, in diesem schlechten Land, ist? – 6 %! Die Quote der Armutsgefährdeten unter den Alleinerziehenden liegt in Deutschland bei 44 %. Raten Sie einmal für Bayern. – 36 %! Das ist immer noch zu hoch. Wir wollen das verbessern, wir gehen ran. Das Familiengeld ist ein Instrument dazu. Mit dem Familiengeld kommt diesen Müttern so viel zugute wie keiner anderen Gruppe. Bisher waren es in Bayern 4.200 Euro in Summe. Ab sofort sind es 6.000 Euro. Andere Bundesländer geben nichts. Null! Die Quote der Armutsgefährdung bei Mehrkindfamilien liegt im Bundesgebiet bei 28 %. Raten Sie für Bayern. – 17 %!

(Ruth Müller (SPD): 17 % sind immer noch zu viel!)

Bayern ist bei allen diesen Quoten besser. Ja, am liebsten wäre es mir, sie lägen alle bei null Prozent. Das wäre mir am liebsten. Wir arbeiten daran, wir tun dafür alles. Wir nehmen das Geld, das die bayerische Bevölkerung so hart erarbeitet hat, in die Hand und geben es insbesondere den Familien. Das ist uns ganz wichtig.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben gesagt, es gäbe keine Wahlfreiheit und wir sollten in die Kitas investieren. Dazu darf ich Ihnen die nächsten Zahlen nennen. Die Landesmittel für die Betriebskostenförderung liegen in Bayern allein für 2018 bei 1,7 Milliarden Euro für alle Kitas und bei einer halben Milliarde für die Kitas für die Unter-Dreijährigen. Das erreicht kein einziges Bundesland.

(Beifall bei der CSU – Hans Herold (CSU): Das ist so!)

54 % der Grundkosten der Kinderbetreuung werden in Bayern vom Staat getragen. Kein einziges Bundesland deckt das ab. Teilweise erreichen Länder, in denen Sie regieren, nicht einmal 20 %. Und da wollen Sie sagen, in Bayern würden die Familien abgehängt.

Frau Kollegin Gottstein, ich komme noch ganz kurz zu den Hebammen, für die die Situation angeblich so schlecht wäre. Als einziges Land gewährt Bayern einen Hebammenbonus von 1.000 Euro. Das ist ein Anfang; wir werden diese Förderung weiterführen.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, es gäbe noch viel zu sagen, auch zur Integration von ausländischen Kindern. Darüber sprechen wir an anderer Stelle. Ich bin dankbar dafür, dass der neue Ministerpräsident alle Familien im Blick hat, die Alleinerziehenden, die Familien mit vielen Kindern, die Familien, die ganz normal leben, und die Familien, die besonders zusammengesetzt sind. Wir sind dafür dankbar. Wir geben unser bayerisches Geld gerne dahin, wo es am besten aufgehoben ist, nämlich bei den Familien.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat Herr Kollege Vogel von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wenn die Menschen in Bayern unsere Debatte verfolgen und der Opposition zuhören, bekommen sie den Eindruck, dass sie in Bayern in einem Dritte-Welt-Land leben.

(Beifall und Zurufe von der CSU: Bravo! – Markus Rinderspacher (SPD): Meine Güte, was für ein Quatsch!)

Das Bild, das Sie von der Situation bayerischer Familien zeichnen, gibt überhaupt nicht die Realität wieder. Ich sage Ihnen eines: Wenn Sie weiterhin Bayern und die bayerische Familienpolitik schlechtreden, wird Ihnen das im Oktober überhaupt nicht helfen.

(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Immer diese blöden Reden! Wir führen hier eine parlamentarische Debatte!)

Das Lebensgefühl der Menschen ist ein ganz anderes als das, was Sie hier als Jammer- und Zerrbild zeichnen.