Wir wollen Akzente setzen und werden eine ganze Reihe von Änderungs- und Ergänzungsanträgen zum Nachtragshaushalt vorlegen. Wir setzen klare Akzente. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den anderen Fraktionen, haben Sie dafür Verständnis, dass wir Ihren Änderungsanträgen möglicherweise nicht zustimmen werden – nicht, weil sie falsch sind, sondern weil man jeden Euro nur einmal ausgeben kann und wir gewisse Akzente setzen wollen. Wir haben uns ganz gezielt für Bereiche entschieden, die wir besonders stärken wollen.
Unsere Schwerpunkte liegen im Bereich Kommunen, im Bereich Bildung, im Bereich Regionalität, im Bereich Innere Sicherheit und Justiz und im Bereich des menschlichen Zusammenlebens. Diese Bereiche wollen wir hervorheben. Sie werden es anhand unserer Anträge konkret vor Augen haben.
Regionalität ist für uns keine Luftblase und kein bloßes Heimatministerium. Das Heimatministerium mit
dem Standort in Nürnberg, Herr Staatsminister, umfasst übrigens die Stärkung des ländlichen Raumes. Ich glaube, die Quittung dafür haben Sie bei den Kommunalwahlen erhalten.
Ein weiterer Punkt sind die barrierefreien Bahnhöfe. Auch dazu muss ich beim Thema Regionalität eine sehr kritische Anmerkung machen. Sie investieren im Wesentlichen in die S-Bahnhöfe der Zentren und nicht in die der Fläche. Das ist ein Beispiel dafür, dass im Bereich Regionalität noch eine ganze Menge zu tun ist. Meine Damen und Herren, wir werden uns der Herausforderung stellen, die Frage zu beantworten, wie die von uns vorgeschlagenen Mehrausgaben finanziert werden sollen; denn die Schuldenbremse gilt für alle Fraktionen dieses Hauses.
Ich beginne mit den Einnahmen. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Steuereinnahmen langfristig auf dem gegenwärtig hohen Niveau bleiben oder sogar noch weiter steigen. Voraussetzung dafür ist, dass wir ein starker Partner der bayerischen Wirtschaft bleiben. Es bedarf aber auch der Versorgungssicherheit im Bereich der Energie. Über unsinnige Kohlestromtrassen brauchen wir nicht zu diskutieren. Die Staatsregierung verunsichert die Menschen in Bayern und stimmt im Bund zu. Als Sie jedoch merkten, dass der Widerstand zu groß wird, mussten Sie kleinlaut zugestehen: Wir werden das wohl nicht machen. - Ich betone: Wir brauchen Versorgungssicherheit auf der Grundlage eines vernünftigen Energiekonzeptes ohne Atomkraft und ohne Kohlestrom.
Der Herr Staatsminister hat darauf hingewiesen, dass immer mehr Menschen nach Bayern kommen. Es ist schön, dass dem so ist; aber es ist nicht gottgegeben, dass es so bleibt. Wir brauchen neben einer guten, vernünftigen Familienpolitik eine durchdachte Zuwanderungspolitik; denn allein mit den Geburten in unseren Familien werden wir es nicht schaffen, die Einwohnerzahl zu halten. Ich weiß jedenfalls nicht, ob unser Freistaat tatsächlich jedes Jahr ohne Weiteres weiter wächst. Gerade in Osteuropa wächst die Wirtschaft und steigen die Einnahmen, auch die Löhne und Gehälter. Es kann sein, dass hier gegenläufige Entwicklungen eintreten. Darauf müssen wir uns einstellen, darauf müssen wir vorbereitet sein.
Ein Teil dieser Vorbereitung besteht in einer guten Regionalpolitik. Wir müssen die Regionen stärken und dürfen nicht den Ballungsraum München, der sich immer mehr überhitzt, weiter befeuern, etwa durch eine dritte Startbahn oder ähnliche Infrastruktureinrichtungen. Wir müssen in die Fläche gehen, zum Beispiel mit Behörden, Hochschuleinrichtungen und bes
serer Verkehrsinfrastruktur. Insofern werden die Bundespolitiker im Jahr 2015 in den Beratungen über den neuen Bundesverkehrswegeplan eine wichtige Aufgabe zu schultern haben. - Herr Kollege Halbleib, es hat mich ein wenig befremdet, dass Sie gesagt haben, ohne die Steuereinnahmen Münchens wäre Bayern nur Mittelmaß.
Ich sage: Mit einer vernünftigen Regionalpolitik hätte Bayern wahrscheinlich noch mehr Steuereinnahmen. Wir stehen zu unseren Regionen und nicht nur zur Landeshauptstadt, die zufällig vom Oberbürgermeister einer bestimmten Partei regiert wird.
Zu den Ausgaben: Jawohl, wir werden im nächsten Doppelhaushalt andere Akzente setzen und auch Einsparungsvorschläge unterbreiten. Aktuell beraten wir über einen Nachtragshaushalt, das heißt, unsere Geschäftsgrundlage ist der Doppelhaushalt 2013/2014, an dem man nicht ohne Weiteres herumschnipseln kann.
Herr Staatsminister, auch wir fordern eine strukturelle Verbesserung bei den Ausgaben im Rahmen des Länderfinanzausgleichs. Aber wenn ich Sie dazu reden höre, komme ich mir so vor wie im alten Rom: Ceterum censeo Carthaginem esse delendam. – Jedes Jahr auf’s Neue! Aber wir haben immer noch diesen Länderfinanzausgleich. Wir stimmten Ihnen zu, als es darum ging, ob Klage erhoben werden soll, und gaben Ihnen alle Möglichkeiten. Es gab von uns die Aufforderung: Verhandeln Sie! Drohen Sie! Machen Sie Druck! Egal wie – bekommen Sie es hin, dass dieser vom früheren Ministerpräsidenten Stoiber so fatal ausgehandelte Länderfinanzausgleich, mit dem uns in der Tat jedes Jahr kräftig in die Taschen gegriffen wird, durch eine richtige, seriöse, gerechte Regelung ersetzt wird. Warten Sie bitte nicht bis zum Jahr 2019. Wenn eine Neuregelung erst danach greifen soll, können wir uns hier Klagen und Debatten ersparen. Dann wäre es ehrlicher, wenn wir sagten: Wir schämen uns, dass wir so schlecht verhandelt haben, und versuchen, es im Jahr 2019 besser zu machen. – Ich hoffe nicht, dass es so weit kommt, sondern setze darauf, dass Sie vorher eine vernünftige Lösung hinbekommen, die uns finanzielle Spielräume schafft.
Risiko BayernLB: Kollege Halbleib hat es schon angesprochen. Mit der BayernLB sind nach wie vor Haushaltsrisiken verbunden. Ich glaube insoweit mehr dem Ministerpräsidenten als Ihnen, sehr geehrter Herr Staatsminister. Sie behaupten, alles sei in Butter, es
gebe kein Problem. Ministerpräsident Seehofer war vorsichtiger. Und siehe da: Es wurde ein Quartalsverlust von einer halben Milliarde Euro verzeichnet. Wir haben Risiken bei der MKB. Die HGAA will nicht zahlen; hoffentlich kann sie noch zahlen, falls sie zur Zahlung verurteilt wird. Angesichts all dieser Risiken möchte ich zwar nicht von einer tickenden Zeitbombe sprechen, aber Wachsamkeit ist angebracht. Ich hoffe nicht, dass die BayernLB uns ein weiteres Mal den Haushalt verhagelt.
Eines noch: Sie wollen die Bank veräußern; das wollen wir nicht. Wenn die Bank aber veräußert wird, müssen wir mit offenen Karten spielen. Wir haben nicht nur 10 Milliarden Euro Stützungshilfe im Jahr 2008 geleistet; die Bank war im Jahr 2007 noch 8 Milliarden Euro wert. Das heißt also, bei einem Verkauf müssen Sie, um ohne Verlust herauszukommen, – das sage ich hier in aller Deutlichkeit – 18 Milliarden Euro abzüglich der zwischenzeitlich getilgten Kredite erzielen. Ansonsten bliebe es bei der Einschätzung: Die BayernLB ist ein Milliardengrab.
Nächster Punkt: Investitionen. Mit der Entscheidung über den Haushalt treffen wir auch eine Entscheidung über Investitionen in die Zukunft. Diese sind notwendig, damit wir auch künftig sagen können: Jawohl, es geht uns Bayern besser als allen anderen Menschen in Deutschland. Kollege Halbleib, das können wir durchaus selbstbewusst sagen. Ich habe auch kein Problem damit, zuzugestehen, dass alle Fraktionen im Bayerischen Landtag ihren Anteil daran haben.
Anteil haben aber auch die Menschen draußen, die Unternehmen, die Gewerkschaften – alle, die an diesem Bayern mitarbeiten. Dazu können wir gemeinsam selbstbewusst stehen. Es bedarf keines Halbsatzes nach dem Motto, das sei Geschichtsklitterung.
Wir müssen auf Risiken aufmerksam machen, können aber grundsätzlich feststellen: Dieser Wagen fährt momentan gut und in die richtige Richtung. Wir müssen aber aufpassen, dass er nicht irgendwann entgleist. Um das zu verhindern, müssen wir die richtigen Akzente für Investitionen in die Zukunft setzen. Was heißt das?
Erstens, Investitionen in die Jugend: Der Bildungsbereich ist weiter zu stärken; dazu gehört auch die frühkindliche Bildung. Wir brauchen besser ausgestattete Hochschulen und mehr Lehrer statt Stellenstreichungen. Das stellen sich die FREIEN WÄHLER unter Investitionen in die Jugend vor.
Zweitens, Investitionen in unser Land: Bayern ist mehr als München und Oberbayern. Alle Landesteile haben herausragendes Potenzial, das wir noch besser heben müssen. Insoweit gibt es noch Reserven.
Drittens, Investitionen in das Engagement vor Ort: Stärkere Kommunen, bessere Wertschätzung des Ehrenamts, passgenaue Lösungen für die Menschen vor Ort, Stärkung von Netzwerken – das ist die Politik der FREIEN WÄHLER.
Viertens, Investitionen in die innere Sicherheit: Wir müssen schauen, dass wir die Wunden, die das Spardiktat Stoibers bei der Polizei geschlagen hat, heilen und damit einen entscheidenden Standortvorteil Bayerns sichern, der im Bereich der inneren Sicherheit, aber auch der Justiz besteht.
Fünftens, Investitionen in Menschlichkeit: Ich spreche von den Senioren und davon, dass man für sie noch bessere Angebote schaffen muss. Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist die Herstellung von Barrierefreiheit. Frau Staatsministerin, Sie haben gesagt, Barrierefreiheit solle bis 2023 flächendeckend hergestellt werden. Wir unterstützen dieses Anliegen. Um es zu verwirklichen, müssen wir aber gemeinsam dafür sorgen, dass die notwendigen finanziellen Mittel bereitgestellt werden. Wir müssen uns also trauen, hier einen Schwerpunkt zu setzen. Wenn es darum geht, haben Sie die FREIEN WÄHLER auf Ihrer Seite. Meine Damen und Herren, in Bayern läuft manches richtig, aber es kann, es muss noch besser laufen. Das muss unser Anspruch sein. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten. Daher müssen wir gemeinsam für noch bessere Lösungen kämpfen.
Vielen Dank, Herr Kollege. Sie haben sogar noch ein Glas Wasser vom Kollegen Halbleib gereicht bekommen. Bitte, wenn Sie es jetzt noch mitnehmen wollen. - Jetzt hat Claudia Stamm für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Das Wasser nehme ich dann gleich in Anspruch. Vielen Dank, sehr geehrter Herr Kollege.
Wahrheit und Transparenz sollten die Grundpfeiler jeder Haushaltspolitik sein, und sie sind die Leitlinien grüner Haushaltspolitik.
In Bayern wachsen die Berge der versteckten Verschuldung. Wir wollen das anders machen. Wir sorgen vor – für die Beamten mit dem Versorgungfonds, für die Straßen mit Unterhalt statt mit Neubau und ehrlichen Ansätzen im Bauunterhalt. Haushaltspolitik muss klare Prioritäten setzen und zu deren Gunsten umschichten und auch mal etwas streichen.
Unser Haushalt, ein grüner Haushalt, ist nachhaltig und gerecht. Das heißt, wir setzen zum Beispiel auf die Bildung – und das auch zulasten des Landeserziehungsgeldes. Das schichten wir um. Ehrlichkeit, klare Prioritäten setzen zu deren Gunsten, eben umschichten – das ist unser Haushalt.
Bei Ihnen herrscht dagegen Fehlanzeige. Bei Ihnen, sehr geehrte Staatsregierung, verkommt auch die Haushaltspolitik immer mehr zur Show, und es gibt eine Showeinlage nach der anderen. Nehmen wir die Regierungserklärung von Ministerpräsident Seehofer jetzt ist er nicht mehr da - vom November. Ich glaube, wir hatten die Debatte verschoben, weil er gerne dabei sein wollte. Aber gut. Damals hieß es in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten ganz groß: "Inklusion". Die große Offensive zur Inklusion ist hier in diesem Hohen Haus angekündigt und versprochen worden. In diesem Nachtragshaushalt ist kein Cent davon zu finden. Gleichzeitig aber schlummern 373 Millionen Euro Haushaltsreste, die unter anderem für den Ausbau barrierefreier Bahnhöfe vorgesehen sind. Machen Sie endlich etwas mit diesem Geld! Das würde uns und die behinderten Menschen in Bayern schon um einiges weiterbringen. Bitte schön, machen Sie etwas damit!
Weiterhin hieß es in der Regierungserklärung, es gebe einen Personalstopp und ab jetzt herrsche Ausgabendisziplin. Reine Makulatur! Mit diesem Nachtragshaushalt ist von der Staatsregierung das pure Gegenteil vorgelegt worden. Zum Vergleich: In anderen Westbundesländern steigt der Haushalt im Schnitt in fünf Jahren um 14 %. Bei uns in Bayern sind es mit diesem Nachtragshaushalt 31 Prozentpunkte.
Angesichts dieser Zahlen fragt man sich: Was sind Seehofers Regierungserklärungen dann eigentlich noch wert? Wir sind es ja gewohnt, dass Aussagen des Ministerpräsidenten sich sehr schnell ändern. Aber hier spreche ich von einer Regierungserklärung des Ministerpräsidenten, also von der Rede, in der er
uns seine Ziele für diese neue Legislaturperiode erklärt hat. Es war die erste Regierungserklärung, die er nach der Landtagswahl in diesem Hohen Haus gegeben hat. Aber solide Haushaltspolitik - Fehlanzeige!
Dass das Metier Markus Söders hauptsächlich die Inszenierung ist, ist offensichtlich. Die Homepage des Finanzministeriums hat sich zu einer Söder-Bildergalerie gewandelt: Söder mit einem Riesenschlüssel hier, Söder mit einem Bauhelm da. Wenn er damit nur sein Geltungsbedürfnis ausleben würde – okay. Aber wenn das dann solche Formen annimmt wie kurz vor der Wahl, und zwar egal ob Landes- oder Kommunalwahl, dann tritt der Finanzminister hier das Recht des Hohen Hauses, nämlich unser Budgetrecht, mit Füßen.
Um es klar und deutlich zu sagen: Auch ich will, dass die Festung Marienberg in Würzburg renoviert wird und dieses einmalige, wirklich sehr wichtige Denkmal nicht verkommt. Aber wenn einmal vor der Landtagswahl, dann noch einmal kurz vor der Kommunalwahl verkündet wird - und jetzt hat der Ministerpräsident das noch einmal verkündet -, dass die Festung mit 100 Millionen Euro renoviert wird, frage ich mich: Sind das jetzt 100 oder 300 Millionen Euro, nachdem es dreimal verkündet wurde?
- Das habe ich leider nicht verstanden, aber das macht auch nichts. – Das Haushaltsrecht ist nun einmal das Königsrecht dieses Parlaments, und dieses Verkünden von Geldern hat nichts mit seriöser Haushaltspolitik zu tun.
Es ist nicht Ihr Privatgeld, Herr Dr. Söder. Wir, das Parlament, müssen es bewilligen, wenn irgendwo das Geld der Steuerzahler ausgegeben werden soll.
Das gleiche Spiel gab es in Nürnberg. Abgesehen von allen vollzogenen Taten, darunter auch die unsinnige Verlagerung von Teilen der Lottoverwaltung, und damit abgesehen von dem Versuch, für Nürnberg und die örtlichen Kandidaten, also auch für sich selbst, zu punkten, gab es ganz kurz vor der Kommunalwahl noch einmal eines oben drauf: 10 Millionen Euro für das Jugendstil-Schwimmbad in Nürnberg. Die gibt es, wenn der Oberbürgermeister Brehm heißt und von der CSU ist – und eventuell sogar dann, wenn Dr. Maly bleibt, aber bei Maly nur, wenn er auch schön artig ist. So stand es zumindest in der dpa-Meldung. Herr Dr. Söder, was ist das für ein Politikverständnis? Geld zu versprechen, das Ihnen nicht gehört?
Das ist natürlich das Leichteste: Jetzt hat die dpa das wieder falsch gemeldet. Aber es kam keine Berichtigung.
Geld zu versprechen, das Ihnen nicht gehört, über das Sie nach einfachsten Politikregeln, nämlich die der Gewaltenteilung, gar nicht verfügen dürfen, und das dann auch noch vier Tage vor der Kommunalwahl mit dem örtlichen CSU-Kandidaten auf einer Pressekonferenz zu vermischen - die Quittung dafür haben Sie vor Ort bekommen.