Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist komisch: In den letzten Wochen und Monaten haben sich bei mir viele junge Lehrerinnen und Lehrer gemeldet und mir erzählt, wie die Situation ist, in der sie sich befinden. Da kommen junge Lehrerinnen, die teilweise fünf Jahre in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehen. Das muss man sich einmal vorstellen. Diese Leute bringen sich fünf Jahre als Lehrerinnen oder Lehrer
ein. Alle sind zufrieden: Die Schulleitung ist zufrieden, die Schüler sind zufrieden, die Eltern sind zufrieden.
(Ingrid Heckner (CSU): Es kann gar nicht sein, dass jemand fünf Jahre befristet in Vollzeit tätig ist!)
Doch, das gibt es. Liebe Frau Kollegin, wenn Sie mir das nicht glauben, werde ich die entsprechende Anfrage an Sie weiterleiten. In diesem Fall wird auch eine Petition eingereicht.
Liebe Kollegin, wir klären das im Nachgang. – Jedenfalls müsste diese Lehrerin nach fünf Jahren aus dem Schuldienst ausscheiden, obwohl es die Klasse, in der sie unterrichtet hat, weiterhin gibt und obwohl der Schulleiter händeringend kompetente Kolleginnen und Kollegen sucht. Das ergibt doch keinen Sinn. Das ist doch keine nachhaltige Personalpolitik.
Besonders verwerflich finde ich, dass Sie die Zahl der befristeten Stellen nicht abgebaut, sondern ausgeweitet haben. Das habe ich eingangs schon gesagt. Ich meine, wir brauchen in Bayern eine nachhaltige Personalpolitik, eine Personalpolitik, die berücksichtigt, dass Lehrer auch einmal krank sind und ausfallen, eine Personalpolitik, die berücksichtigt, dass die Anforderungen an Schulen und Lehrer in den letzten Jahren immer mehr angestiegen sind, eine Personalpolitik, die nicht auf Kante genäht ist, sondern die einen gewissen Spielraum lässt. Wir meinen, dass 110 % des Personalbedarfs die Messlatte ist, an der wir uns orientieren müssen.
Liebe Frau Staatssekretärin, ich frage Sie: Wann erreichen Sie endlich diese Personaldecke? Der Minister hat angekündigt, dass sich jetzt unter ihm einiges ändern wird. Ich frage mich, wann wir endlich eine Personaldecke erreichen, die nicht auf Kante genäht ist. Wie lange müssen wir noch jedes Jahr aufs Neue feststellen, dass die Lehrerinnen schwanger werden
und dass im Frühjahr Grippe ausbricht? Wie lange brauchen Sie noch, um endlich zu erkennen, dass mehr Ganztag auch mehr Lehrer bedeutet und dass Inklusion und Integration zusätzliche Aufgaben an den Schulen sind?
Ich finde es dramatisch, dass viele Lehrer das Pensionsalter nicht mehr erreichen und früher in den Ruhestand gehen müssen. Auch das hat die Antwort auf meine Anfrage ergeben. Auch das ist für mich ein Indiz dafür, dass die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen überfordert sind und dringend Unterstützung brauchen. Wir brauchen mehr Lehrerinnen und Lehrer auf richtigen Stellen. Ich fordere Sie auf, hier endlich Ihre Hausaufgaben zu machen.
Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat Herr Kollege Gehring vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben immer wieder über das Thema der befristeten Stellen für Lehrer diskutiert, vor allem im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes. Immer wieder gab es dazu die Erklärung: Ja, das ist ein Problem. Wir wollen mehr Verträge entfristen. Angesichts der Zahl der Lehrerinnen und Lehrer, die befristete Verträge haben, muss ich sagen, es sind viel zu viele.
Alle pädagogischen Experten und Untersuchungen sagen uns, dass Lernen vor allem eine Frage der Beziehung ist. Kann ich zu jemandem eine Beziehung aufbauen? Bekomme ich da Halt? Wenn diese Beziehung ständig gestört wird und mehrmals im Jahr eine neue Lehrerin in eine Grundschulklasse kommt, ist dieser Beziehungsaufbau nicht möglich. Aus diesem Grund müssen wir die Befristungen von Lehrkräften unbedingt reduzieren.
Dieses Problem betrifft vor allem junge Lehrkräfte, junge Leute, die am Beginn ihrer beruflichen Laufbahn stehen. Sie befinden sich in der Familienphase und überlegen, ob sie irgendwo sesshaft werden oder eine Immobilie erwerben sollen. Diese Leute können sich nicht darauf verlassen, dass sie in den nächsten Jahren noch einen guten Job haben. Wir haben diese Situation vor allem an den Fachoberschulen und den Beruflichen Oberschulen, wo viele Leute, nachdem diese Verträge ein- bis zweimal verlängert worden sind, nicht mehr an einer anderen Schule arbeiten konnten. Deswegen müssen wir diese Stellen entfristen.
(Beifall bei den GRÜNEN – Ingrid Heckner (CSU): Warum hat dann Frau Kollegin Dr. Strohmayr von fünf Jahren gesprochen?)
Betroffen sind vor allem Lehrkräfte, die bei Trägern der Berufsintegrationsklassen beschäftigt sind. Unsere Nachfragen haben ergeben, dass sich das Kultusministerium dazu überhaupt nicht verhält. Das Kultusministerium sagt: Das ist Angelegenheit des Trägers. Das kann es aber nicht sein; denn das Geld, das diese Träger bekommen, kommt auch aus dem Kultushaushalt. Diese Leute brauchen feste Anstellungen. Das sind vor allem Lehrkräfte, die über die Kompetenz Deutsch als Zweitsprache verfügen, die wir in unserem Schulsystem unbedingt brauchen. Wir müssen deswegen diesen Leuten eine feste Stelle geben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Schule braucht Kontinuität. Lehrkräfte müssen eingestellt werden. Wir müssen diese Stellen entfristen. Außerdem muss es möglich sein, faire Verträge abzuschließen. Solange es Verträge gibt, die im September geschlossen und Ende Juli beendet werden, bei denen dann sechs Wochen Pause herrscht und die Leute dann im September wieder eingestellt werden, muss man sagen: Solche Verträge sind eines Freistaates Bayern nicht würdig.
Sie sind eines Freistaates Bayern auch dann nicht würdig, wenn diese Personen bei Trägern angestellt sind, bei denen das Geld vom Freistaat kommt. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir diesem Antrag der FREIEN WÄHLER zustimmen.
Danke schön, Herr Kollege. – Bevor ich der Frau Staatssekretärin das Wort erteile, möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass die CSU-Fraktion namentliche Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt beantragt hat.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch von mir noch einige Worte zu diesem Antrag: Zunächst möchte ich allgemein formulieren, dass die Versorgung der Schulen mit Lehrkräf
(Zuruf von der CSU: Genau! – Dr. Simone Stroh- mayr (SPD): Warum merkt man das an den Schulen nicht?)
Der Kollege Reiß hat das auch schon in seinem Wortbeitrag festgehalten: Entfielen 2006/2007 rechnerisch noch 16,6 Schüler auf eine Vollzeitlehrkraft, so waren das im Schuljahr 2016/17 nur noch 13,8 Schüler. Im Doppelhaushalt 2018 stehen 88.000 Planstellen für Lehrkräfte zur Verfügung, und an den staatlichen Schulen in Bayern waren zum Stand 1. Oktober 2017 lediglich 6,5 % der Lehrkräfte befristet angestellt.
Im Antrag wird die Situation der Grund- und der Mittelschulen thematisiert. Natürlich gab es dort in den letzten Jahren einen Schülerzuwachs, der aber auch dazu führte, dass alle Lehrkräfte, die die Einstellungsvoraussetzungen erfüllten, ein Angebot für eine unbefristete Einstellung erhielten. Ergänzend wurde – auch das wurde schon gesagt – ein Programm zur Zweitqualifikation mit ein-, eineinhalb- oder zweijährigen Maßnahmen angelegt, bei dem den Teilnehmern – und es ist wichtig, das hier noch einmal zu betonen – die Verbeamtung nach erfolgreicher Bewährungsfeststellung zugesagt wurde. Dieses Programm hat 1.300 Teilnehmer.
Sehen wir uns jetzt die Zahlen an: 2012: 988 befristete Stellen in diesem Bereich, 2017: 1.868. Ziehe ich jetzt die 1.300 ab, komme ich auf 568. Das heißt, wenn man diese Stellen herausrechnet, sieht man, dass sich die Zahl der befristeten Stellen in der Tat verringert hat.
Zu den Realschulen muss man sagen: Hier ersetzen Aushilfslehrkräfte ausschließlich befristet abwesende Stammlehrkräfte. Viele dieser Stammlehrkräfte befinden sich derzeit in der Familienphase.
Das heißt, wir haben in diesem Schulbereich einen sehr jungen Lehrkörper, was noch mit der Umstellung auf die sechsjährige Realschule zusammenhängt. Das heißt aber auch: Wenn diese Lehrer, die sich jetzt in der Familienphase befinden, diese abgeschlossen haben und wieder zurückkommen und dann die Zahl der befristeten – –
der dort insgesamt jünger ist. – Wenn sie wieder zurückkommen, dann ändert sich auch die Zahl der Befristungen.
Ich denke, es ist wichtig zu betonen, dass es hier hervorragende Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt. Es ist deshalb aber auch unumgänglich, Aushilfslehrkräfte über einen längeren Zeitraum zu beschäftigen, um – auch das hat Herr Reiß schon gesagt – den Stammlehrkräften ein Rückkehrrecht zu geben. Außerdem ist die Umwandlung eines befristeten Arbeitsverhältnisses in ein unbefristetes nicht so einfach möglich, und wir müssen berücksichtigen, dass durch den augenblicklichen Schülerrückgang in manchen Regionen ein geringerer Bedarf an Lehrkräften besteht. Im Übrigen gibt es auch Ruheständler, die noch ein wenig weiterarbeiten möchten und das noch einige Monate auffangen; auch sie haben befristete Verträge.
Generell gilt es festzuhalten, dass der Einsatz der befristet beschäftigten Lehrkräfte innerhalb der Grenzen der rechtlichen und tariflichen Vorgaben erfolgt. So bleiben die Sommerferien nicht regelmäßig ohne Vergütung, sondern es kommt auf den Umfang des Anspruchs auf bezahlten Urlaub an, wie lange eine Vertretungskraft beschäftigt ist. Eine Entgeltzahlung während der Sommerferien findet statt, wenn die Lehrkräfte spätestens vier Wochen nach dem ersten Schultag eingestellt und bis zum Schuljahresende verwendet werden. – Hier muss ich korrigieren: Das heißt nicht "Mitte September eingestellt", sondern das wäre dann beim Schuljahresbeginn Mitte September erst vier Wochen später. Das trifft auf diese Lehrkräfte zu, und es betrifft rund 70 % der befristet beschäftigten Lehrkräfte, dass sie sich eigentlich in dieser Kategorie befinden und das noch bezahlt bekommen.
Gegen den Vorwurf "gravierende Planungsmängel" verwahre ich mich entschieden. Wie jede Vorausberechnung muss auch die jährlich erstellte Lehrerbedarfsprognose auf Annahmen beruhen, die angesichts der gegenwärtigen Entwicklung plausibel sind, die aber beispielsweise – auch das wurde vom Kollegen Reiß schon angesprochen – durch Verhaltensänderungen bei Eltern, Schülern, Studierenden und Lehrkräften wie auch durch politische Vorgaben oder Veränderungen am Arbeitsmarkt umgestoßen werden können. Insbesondere werden die Entwicklungen von individuellen Entscheidungen der Lehrkräfte, die von der Verwaltung nicht unmittelbar gestaltet werden können, beeinflusst. Beurlaubungen, Wiedereintritte, Teilzeit, Altersteilzeit und Berufsaustritte sind alles Beispiele dafür, dass das Ganze mit Unwägbarkeiten
Insofern ist es uns in meinen Augen gelungen, die Personalzumessung an den Schulen deutlich zu verbessern. Glauben Sie mir: Wir behalten das weiterhin im Blick. Wir wollen die erheblichen Herausforderungen für das bayerische Schulwesen hervorragend meistern und werden deswegen auch in Zukunft ein Auge darauf haben.