Zweitens. Gerade jüngere Schüler bauen einen Bezug zu ganz bestimmten Lehrern auf. Lehrer sind Bezugspersonen, wie auch die Eltern. Da ist es wichtig, dass nicht ständig gewechselt wird. Auch für die oft jüngeren Lehrkräfte ist es wichtig, dass nicht ständig gewechselt wird; denn sie wollen ebenfalls ihr Leben planen. Die Bezahlung ist geringer. Hinzu kommt, dass auch die Wertschätzung geringer ist, wenn man immer wieder nur einen befristeten Vertrag bekommt. Teilweise kann bei diesen jungen Lehrern von prekären Verhältnissen gesprochen werden.
Warum? – Liebe Kollegin Heckner, Sie haben lange Zeit den für den öffentlichen Dienst zuständigen Ausschuss geleitet. Warum haben denn die Befristungen gerade in dieser Zeit von 2012 bis 2016 zugenommen – an den Grund- und Mittelschulen um 50 %, an den Realschulen um 70 % –? Übrigens ist das im gleichen Zeitraum geschehen, in dem viele ausgebildete Realschullehrer nicht eingestellt wurden. Im letzten Jahr sind 70 % der Referendare nicht übernommen worden. Gleichzeitig haben aber die Befristungen um 70 % zugenommen. Hier kann doch irgendetwas nicht stimmen.
Schauen wir uns die Zahl der arbeitslosen Lehrkräfte in Bayern während der Sommerferien an. Die Zahl hat um 500 % zugenommen. Diese Lehrkräfte sind während der Sommerferien arbeitslos, weil sie zu Beginn der Sommerferien ausgestellt werden. Zu Beginn des Schuljahres werden diese Lehrkräfte dann teilweise wieder eingestellt. Hier sage ich ganz deutlich: Gerade der Staat müsste doch mit leuchtendem Beispiel vorangehen. Ich kann Ihnen gerne die Zahlen zeigen. Wir können uns nachher gerne die entsprechenden Zahlen anschauen.
Wenn wir haarscharf an der Wahrheit vorbei sind, dann sind Sie häufig so weit von der Wahrheit entfernt wie die meisten Kometen, die zum Glück an der Erde vorbeifliegen.
Die Fürsorgepflicht des Staates ist es doch, dafür zu sorgen, dass mehr junge Lehrer eingestellt werden. Ich habe gelesen, der Herr Ministerpräsident will für die Zuwanderungskinder künftig einen eigenen Unterricht zu unserem Wertesystem einführen. Da muss ich schon sagen, in dieser Frage sollten der Herr Ministerpräsident und der zuständige Fachminister selbst
noch einmal in die Schule gehen. Nach unserem Wertesystem hat der Staat eine Fürsorgepflicht und eine Alimentationspflicht gegenüber seinen Lehrern.
Wir FREIEN WÄHLER fordern deshalb – ich hoffe sehr, wir stehen damit nicht allein –, dass diese Praxis überprüft wird, dass die Zahl der Befristungen abgebaut wird – wir werden sie nie ganz wegbekommen –, dass mehr Lehrer eingestellt werden und dass der Unterricht garantiert wird. Das sind unsere Forderungen. Die Zahl der Befristungen muss zurückgehen. Ich hoffe auf Verständnis bei allen anderen Fraktionen.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Reiß von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident! Herr Kollege Piazolo hat es selbst schon gesagt: Wieder und wieder und immer wieder stellt er die gleichen Anträge zum angeblichen Befristungsunwesen bei Lehrkräften. Wir hatten einen nahezu wortgleichen Antrag vor einem halben Jahr bei uns im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes. Das ist schon eher ein Antragsunwesen als ein Befristungsunwesen, das Sie hier an den Tag legen.
Damit vermitteln Sie auch einen völlig falschen Eindruck von der Realität. Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass das Bessere immer der Feind des Guten ist. In Fragen der Einstellungen und der Befristungen müssen wir die Dinge auch sehr genau in den Blick nehmen. Wenn Sie aber von einer großen Zahl von befristeten Beschäftigungsverhältnissen sprechen,
von prekären Lebensverhältnissen, die daraus entstehen, dann ist das schlicht und einfach nicht zutreffend. Das wissen Sie auch, Herr Kollege Piazolo.
Wir haben 1,6 Millionen Schüler. 2,5 Millionen Unterrichtsstunden werden pro Woche gehalten. Daraus lässt sich das Lehrer-Schüler-Verhältnis errechnen, es
liegt irgendwo bei 14 Schülern pro Lehrer. Dieses Verhältnis ist sehr stabil und hat sich in den letzten Jahren verbessert. Rund 5 % aller Lehrerinnen und Lehrer sind befristet angestellt. Andersherum gesagt: 3 % sind unbefristet als Angestellte tätig, aber der große Anteil von über 92 % aller beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer ist verbeamtet und damit per se unbefristet tätig. In vielen Bundesländern ist das anders. In Berlin und Thüringen setzt man auf Angestellte statt auf Beamte. Herr Kollege Piazolo, sehen wir uns doch einmal die Entwicklung der letzten Jahre an. Ich bin seit 2008 im Landtag. Seit 2008 haben wir insgesamt 14.700 Stellen geschaffen.
Einen Schmarrn haben wir. Wir haben 8.200 neue Stellen, und der Rest kommt aus der demografischen Rendite.
Da hat kein Mensch etwas abgeschafft. Das sind alles Planstellen. Kein Mensch ist befristet angestellt. Trotzdem unterstellen Sie dem Kultusministerium System bei der Befristung und eine falsche Sparpolitik auf Kosten der Lehrer.
Ich nenne dazu nur zwei Beispiele bei den Grund- und Mittelschulen, die Sie angesprochen haben. Im Paket dieser 14.700 Stellen haben wir damals auch 2.000 Stellen im Zuge der Flüchtlingsthematik geschaffen. Dafür sind wir bundesweit gelobt worden, beispielsweise für unsere Übergangsklassen, für die Berufsintegrationsklassen. Zusätzlich haben wir 10 Millionen Euro an Sondermitteln für die Schulen zur Verfügung gestellt, damit diese vor Ort die Möglichkeit haben, beispielsweise zusätzliche Fachkräfte für Sprachförderung oder Integrationsangebote einzustellen, und zwar befristet einzustellen. Dadurch entstehen befristete Beschäftigungsverhältnisse.
Ein zweites Beispiel: die Zweitqualifizierungsmaßnahmen. Wir haben das Problem, dass wir für die Grund- und Mittelschulen zu wenige Absolventinnen und Absolventen haben, die die Universitäten verlassen, für die anderen Schulen aber zu viele.
Wir haben ein System geschaffen, die Zweitqualifizierung, die in hohem Maß akzeptiert wird. Die Zweitqua
lifizierung dauert zwei Jahre. In diesen zwei Jahren sind die Kolleginnen und Kollegen befristet beschäftigt. Sie alle haben aber die Aussicht, wenn sie ihre Zweitqualifzierungsmaßnahme abschließen, entweder unbefristet beschäftigt oder, wie die meisten, in das Beamtenverhältnis übernommen zu werden. Das sind Befristungsgründe. Das führt aber nicht dazu, dass Lehrer über den Sommer ausgestellt werden, oder was Sie hier so alles erzählen. Es trifft auch nicht zu, dass der Freistaat das Befristungssystem missbräuchlich anwenden würde. Das alles ist begründet und findet im Rahmen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes statt.
Es gibt noch weitere Gründe für eine Befristung; darüber haben wir erst vor einem halben Jahr im Ausschuss diskutiert. Das betrifft Vertretungsfälle aus längerfristigen Erkrankungen, Mutterschutz und vor allem Elternzeit. Der Vertreter der Gymnasialabteilung des Ministeriums hat damals von 1.000 Lehrerinnen und Lehrern gesprochen, die zum Schuljahr 2017 am Gymnasium aus der Elternzeit zurückgekommen sind. Die sitzen auf einer Planstelle, oder besser: die stehen am Lehrerpult auf einer Planstelle. Sie müssen aber in der Zeit, in der sie sich in Elternzeit befinden, vertreten werden. Da kann man nicht ohne Befristung auskommen.
Man könnte über andere Systeme nachdenken. Wir haben beispielsweise die Mobile Reserve, jetzt haben wir die integrierte Reserve eingeführt. Das alles kann man noch ausbauen. Die Unterrichtsversorgung an sich, deren Sicherstellung doch auch Sie als oberstes Ziel ansehen, müssen wir gewährleisten. Dafür brauchen wir Gestaltungsspielräume. Dafür gibt es Mittel für die Schulen, die von den Schulen für passgenaue Lösungen vor Ort auch genutzt werden.
Lieber Herr Kollege Güll, zur Ehrlichkeit gehört auch, zu sagen, dass die Unterrichtsversorgung immer eine Herausforderung ist. Es wird sich immer die Frage stellen, wie man noch besser werden kann. Unbestritten haben wir in Bayern aber einen hohen Stand erreicht. Über 98 % des Unterrichts wird gehalten, nur 1,6 % fällt ersatzlos aus. 91,2 % des Unterrichts wird planmäßig erteilt, über 7 % in Vertretung. Das geschieht aufgrund vielfältiger Maßnahmen. Dazu zählen am Ende auch Befristungen.
Auch die Bedarfsprognose wird ständig kritisiert. Langfristige Prognosen sind aber beispielsweise von Faktoren wie Bildungsverhalten, Studierendenverhalten, persönlichen Berufsentscheidungen und vielem mehr abhängig. Wir versuchen dennoch, eine Progno
se zu erstellen, die den Bedarf langfristig abbildet. Gegebenheiten wie den Flüchtlingszustrom 2015 kann aber kein Mensch in dieser Form voraussehen. Trotzdem haben wir darauf vorbildlich reagiert.
Auch wenn es aus der Sicht der betroffenen Kolleginnen und Kollegen wünschenswert wäre, befristet Beschäftigte nach einer gewissen Zeit in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bzw. Beamtenverhältnis zu übernehmen – das ist es, was Sie in Ihrem Antrag ansprechen –, so ist das rechtlich nicht möglich. Das ist auch nicht sinnvoll. Die Einstellung von Lehrkräften orientiert sich an den von den Bewerbern erreichten Prüfungsergebnissen. Hier schreibt uns die Verfassung ebenso wie das Beamtenrecht zwingend vor, dass die Vergabe öffentlicher Ämter ausschließlich nach dem Leistungsprinzip erfolgt. Die Einstellung von Lehrkräften findet für alle Schularten ausschließlich nach der erzielten Gesamtprüfungsnote statt. Erst erhalten die Besten eine Planstelle, einen Supervertrag, unbefristet. Ganzjährig befristete Verträge – auch die haben Sie angesprochen, Herr Kollege Piazolo – können nach einer gewissen Zeit nicht einfach automatisch in unbefristete Beamtenverhältnisse übergehen. Das ginge nämlich zulasten der Absolventen späterer Jahrgänge. Wenn die besser wären, könnten sie für diese Stellen nicht genommen werden, weil dort schon jemand wäre, der aber befristet beschäftigt war, weil er offensichtlich eine schlechtere Prüfungsnote erreicht hatte. Genau wie bei der Zweitqualifizierung ist die Befristung aber keinesfalls eine Endstation, sondern sie ist oft eine Durchlaufposition.
Wenn Sie hier von prekären Lebensverhältnissen sprechen, dann trifft das nicht zu. Sie begründen das mit den unterjährigen Verträgen. Es ist aber nicht die Regel, dass jemand in den Ferien ausgestellt wird. Alle Kolleginnen und Kollegen, die zu Beginn eines Schuljahres eingestellt werden, werden für das ganze Schuljahr eingestellt, haben einen Urlaubsanspruch und werden auch nicht über den Sommer ausgestellt. Die Ausstellung wird höchstens bei unterjährigen Verträgen vorgenommen, die bei kurzfristigen Vertretungen abgeschlossen werden. Darüber haben wir im September intensiv diskutiert.
Für die CSU-Fraktion kann ich bestätigen, dass uns das Wohl der Schülerinnen und Schüler und das Wohl der Lehrerinnen und Lehrer gleichermaßen am Herzen liegt.
Seit Jahren unternehmen wir vielfältigste Anstrengungen, um die Qualität des Unterrichts und die Beschäftigungssituation der Lehrkräfte weiter zu verbessern. Ich nenne hier nochmals das Bildungspaket und den kontinuierlichen Stellenaufbau der letzten Jahre, 14.700 an der Zahl. Wir werden diese Anstrengungen
auch zukünftig fortführen. Dafür braucht es keine weiteren, weiteren und weiteren Anträge der FREIEN WÄHLER. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat Frau Kollegin Dr. Strohmayr von der SPD das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Reiß, ich kann verstehen, dass Ihnen dieser Antrag unangenehm ist. Er ist aber notwendig, um Ihnen wiederum zu zeigen, wo wir in Bayern stehen. Ich halte es für eine Schande, dass in den letzten Jahren die Zahl der befristeten Verträge für Lehrerinnen und Lehrer ausgebaut und nicht zurückgefahren wurde.
Die Antwort auf eine aktuelle Anfrage von mir hat ergeben, dass im Jahr 2012 noch knapp 1.000 Lehrerinnen und Lehrer befristet beschäftigt waren; im Jahr 2016 waren es 500 mehr. An den Realschulen – um Ihnen auch diese Zahl vor Augen zu führen – hat sich die Zahl der befristeten Verträge in den letzten Jahren verdoppelt. Insgesamt haben dort 1.000 Lehrerinnen und Lehrer, hauptsächlich Lehrerinnen, befristete Verträge. Insgesamt haben in Bayern über 7.000 Lehrerinnen und Lehrer befristete Verträge.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun könnte man natürlich wie Herr Kollege Reiß sagen, dass dies nur ein geringer Anteil an der Gesamtzahl der Lehrerinnen und Lehrer in Bayern ist. Ja, aber ich möchte Ihnen antworten: Jede befristete Stelle ist eine zu viel, zumal auch Sie sich im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet haben,