Danke schön. – Wir kommen zu einer Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Kirchner. Bitte, Herr Kollege.
(Vom Redner nicht autori- siert) Kollege Ganserer, Sie haben gleich zu Beginn Ihrer Ausführungen behauptet, der Freistaat Bayern habe einen Placeboeffekt verursacht, indem er ein Maßnahmenpaket verabschiedet hat, aus dem nichts abgeleitet worden ist. Ich frage Sie konkret: Wer steht in der Umsetzung an der vorderen Front, wenn Geldmittel vom Freistaat Bayern für kommunale Aktivitäten zur Verfügung gestellt werden? Das ist Punkt eins.
Punkt zwei: Ich frage Sie, ob Sie wissen, wie ein Software-Update in einem Fahrzeug stattfindet, wie diese logistische Leistung stattfindet, wie die Vorbereitung abläuft, wie der Rollout einer Software stattfindet. Können Sie abschätzen, wie lange die Umstellung einer Software bzw. das Update in einer Rollout-Maßnahme dauert? Könnte es vielleicht sein – das gebe
ich Ihnen noch mit –, dass der Effekt, nachdem die Maßnahme im Jahr 2017 begonnen worden ist, sich wohl erst zum Ende des Jahres 2017 bzw. 2018 einstellt? Könnte das sein? Wenn Sie Fakten in den Raum stellen, sollten sie auch belegbar und belastbar sein.
Kollege Kirchner, Sie sollten einfach einmal zur Kenntnis nehmen, dass die höchsten Gerichte in unserem Land festgestellt haben, dass es ein Recht auf Unversehrtheit der Gesundheit gibt, nicht aber ein Recht auf Luftverschmutzung.
Seit Jahren – seit Jahren! – wird in diesem Land europäisches Recht gebrochen, und Grenzwerte werden immer noch überschritten.
Insofern sind die Maßnahmen, die von Ihnen angekündigt worden sind, auch die angekündigten Software-Updates, völlig unzureichend, um jetzt und hier für saubere Luft und für die Einhaltung von europäischem Recht in unserem Land zu sorgen.
(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU: Na, na, nicht so laut! – Petra Guttenberger (CSU): Muss man so schreien bei diesem Thema?)
Das, was Audi bei dem Parlamentarischen Abend hier im Bayerischen Landtag abgeliefert hat, war erbärmlich. Sie haben gesagt: Ja mei, wir haben zwar Software-Updates angekündigt, aber die müssen erst entwickelt werden; wir wissen noch nicht, wann das fertig ist. – Das reicht nicht aus, um europäisches Recht in diesem Land hier umzusetzen!
Vielen Dank. – Jetzt hat noch Herr Staatsminister Dr. Marcel Huber für die Staatsregierung ums Wort gebeten. – Lieber Herr Staatsminister, für Ihre neue Aufgabe wünschen wir Ihnen viel Erfolg, alles Gute und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen in dieser Aufgabe. Alles Gute für Sie!
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin, Glückwünsche kann man bei der Aufgabe gut brauchen. Ich freue mich, dass ich zu diesem Thema erstmals sprechen darf. Ich darf an dieser Stelle vielleicht gleich ein bisschen Emotion herausnehmen; denn viele Dinge, über die eben gesprochen wurde, sind gar nicht so weit auseinander. Eine saubere Luft ist unser aller Anliegen. Die Luftreinhaltung ist aber etwas, das nicht nur hier, sondern auch im Bund, in den Ländern, in der Automobilindustrie und in den Kommunen intensiv diskutiert wird.
Ich darf an der Stelle daran erinnern, dass sich auch die Zielgrößen ständig ändern. Wir haben angefangen, uns über den CO2-Ausstoß des Straßenverkehrs Gedanken zu machen, weil wir erkannt haben, dass sich das Weltklima ändert. Wir haben uns damals bemüht, CO2-ärmere Fahrzeuge auf den Weg zu bringen. Wir haben das sehr gut geschafft; denn der CO2Ausstoß ist mit modernen Dieselfahrzeugen deutlich gesunken.
Der Grenzwert für Feinstaub war das nächste Ziel. Dieses ohne Zweifel sehr gravierende Thema ist zum Beispiel in Stuttgart immer noch ein großes Problem. Ich behaupte nicht, das sei ein Problem meines Freundes Untersteller, der dort als Umweltminister Verantwortung trägt, sondern der Grund liegt in der geografischen Kessellage. Anders als Stuttgart schafft es München bereits seit 2012, die PM10-Jahresmittelwerte für Feinstaub einzuhalten, seit 2015 auch PM2,5. Jetzt werden – das ist unser gemeinsames Problem – die von der EU vorgegebenen Jahresmittelgrenzwerte für Stickstoffdioxid noch immer überschritten. Daran müssen wir jetzt gemeinsam arbeiten.
Herr Kollege Ganserer, aber es ist nicht nur der Grenzwert. Die Menschen betrachten Mobilität als hohes Gut und wollen sie genießen können. Gesundheitsschutz, Funktionalität einer Stadt mit all ihren Facetten, angefangen vom Abfall bis zur Sozialpflege, müssen neben dem Wunsch der Bevölkerung nach individueller Mobilität auch weiterhin gewährleistet sein.
Wir alle sind auf dem Weg, diesbezüglich eine Lösung zu finden, mit der nach unserer Meinung möglichst keine Fahrverbote einherzugehen haben. Um das zu erreichen, haben wir uns auf allen Ebenen auf den Weg gemacht. Ich darf hier das Paket der Bundesregierung und das Paket des Freistaats Bayern mit immerhin 150 Millionen Euro allein im Nachtragshaushalt 2018 nennen. Ich möchte auch die Bemühungen der Kommunen und der Landeshauptstadt München
erwähnen, aber auch die der Automobilhersteller in Bezug auf das Software-Update. Manche Automobilhersteller sind schon weiter als andere. BMW hat sich auf diesem Gebiet eine gründliche Entwicklung ausbedungen; denn ein Verbraucher würde sich beschweren, wenn er ein schnell mal draufgespieltes Software-Paket damit bezahlen müsste, dass der Motor bereits im nächsten Jahr kaputt wäre. Die Automobilindustrie zielt also auf die Belastbarkeit im Sinne von Garantie. Sie hat sich dafür ein Jahr Zeit ausbedungen. Eine große bayerische Autofirma nutzt diesen Zeitraum, während andere schneller sind. Es geht um den Ausbau emissionsarmer Antriebstechnologien, insbesondere um Elektromobilität, um eine intelligente Verkehrssteuerung, um den Ausbau des ÖPNV und des Radwegenetzes. Alle diese Dinge sind jetzt zu machen.
Ich möchte aber nicht nur allgemein zu diesem Thema sprechen, sondern auch auf Ihre Anträge eingehen. Erstens. Ihre Forderung, die Nachrüstung der Hardware voranzubringen, ist eigentlich ein NichtThema, weil wir an dieser Stelle einer Meinung sind und alles tun, damit es vorangeht. Es ist nicht ganz so trivial, wie es sich hier angehört hat. Ich muss ehrlich sagen, Herr Glauber: Es ist technisch schon eine Herausforderung; denn das Problem ist noch nicht optimal gelöst. Der ADAC hält jetzt die Nachrüstung für zwei Autotypen für machbar. Aber wir haben eine Autoflotte zahlreicher Hersteller. Ich bin nicht überzeugt davon, dass das alles so billig, technisch einfach und vor allem so schnell gehen wird, wie Sie es heute dargestellt haben. Damit man das Problem fundiert lösen kann, ist Bayern auf Bundesebene im nationalen Dieselforum intensiv beteiligt. Es gibt dort vier Expertengruppen, und in jeder dieser Gruppen ist Bayern vertreten.
Zwei Gruppen sind in dieser Beziehung besonders wichtig. Die Gruppe 1 befasst sich unter Vorsitz des Bundesverkehrsministeriums mit der Emissionsreduzierung der aktiven Fahrzeugflotten, die Gruppe 4 mit der Optimierung von Antriebstechnologien und vor allem mit alternativen Kraftstoffen. Wir gehen hier also genau den Weg, genau das voranzubringen, was Sie jetzt fordern. Aber es geht nicht so schnell, wie es sich heute angehört hat. Der Abschlussbericht dieser Expertengruppen liegt noch nicht vor. Wenn er vorliegt, werden wir uns ihn sehr genau ansehen, bewerten und dann versuchen, ihn so schnell wie möglich umzusetzen.
Zweitens. Eine diametral andere Meinung als Sie habe ich in der Frage, wer das bitte bezahlen soll. Wie Sie wissen, bin ich kein Jurist, sondern Tierarzt. Ich habe daher bei diesem Thema meine Probleme. Aber Gott sei Dank hat Sandro Kirchner dieses
Thema sehr überzeugend und für mich nachvollziehbar dargestellt. Wir müssen zwei Sachverhalte auseinanderhalten: Einerseits ist in den Fällen, in denen betrogen wurde und Leute mit einer Schummel-Software hinters Licht geführt wurden, also Schaden entstanden ist, selbstverständlich der Hersteller nicht nur dafür zuständig, für Abhilfe zu sorgen, sondern er muss in diesen Fällen auch Schadenersatz leisten. In diesen Fällen muss er mit Bußgeld oder entsprechenden Strafen belegt werden und den Schaden wiedergutmachen. Wer andererseits als Automobilhersteller klare rechtliche Voraussetzungen erfüllt hat, die etwa in der Euro-5-Norm oder der Euro-6-Norm klar definiert waren, also nicht betrogen hat, hat damals eigentlich den Anspruch erworben, rechtmäßig in Verkehr gebrachte Produkte nicht nachträglich auf den neuen Stand bringen zu müssen, wenn die technische Entwicklung weiter fortschreitet. Das heißt, die von Ihnen einfach formulierte Forderung, die Industrie müsse die Fahrzeuge automatisch nachrüsten, ist, vorsichtig ausgedrückt, rechtlich fraglich.
Wir müssen uns das Ganze genau ansehen, und das geschieht jetzt. Das hat die Bundesministerin im Brief so formuliert. Man muss prüfen, wie wir es rechtlich sauber hinbekommen, dass diese Nachrüstung, soweit es möglich ist, so schnell wie möglich von den Betreffenden auf den Weg gebracht und finanziert wird; denn unser gemeinsames Ziel ist es, dass wir hier diese intelligenten Lösungen, nämlich gegebenenfalls nachzurüsten, auf den Weg bringen. Das passiert gerade auf Bundesebene. So einfach, wie Sie es hier beschreiben, ist die Realität nicht. Aus diesem Grunde rate ich, diese Anträge abzulehnen.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Jetzt habe ich noch zwei Zwischenbemerkungen vorliegen. Bitte schön, Herr Kollege von Brunn.
Herr Staatsminister, ich will Folgendes fragen: Was ist für diese Fahrzeuge angebracht, die die Norm nicht einhalten? Sie haben es eben auf die Fahrzeugtypen und Hersteller begrenzt, die eine Schummel-Software eingesetzt haben.
Aber wenn ein Autokäufer in gutem Glauben ein Fahrzeug gekauft hat, das die Norm nicht einhält, stellt
Die Antwort ist einfach: derjenige, der diesen Schaden verursacht hat, indem er Fahrzeuge nicht der Norm entsprechend ausgeliefert hat. Ich sprach gerade von Automobilherstellern, die sich bei der Herstellung von Autos an die – heute überholte – Euro-5-Norm gehalten haben. Diese Fahrzeuge können nachgerüstet und auf ein höheres Level gehoben werden. Deren Nachrüstung ist aber von denen, die das Fahrzeug damals rechtmäßig und regelgerecht ausgeliefert haben, nicht zu finanzieren. Wir reden nur von denen, die schon damals betrogen und sich nicht an die Normen gehalten haben.
Ich habe gerade gesagt, dass es bei diesem Thema eine Annäherung in Berlin geben muss. Unser gemeinsames Ziel ist es, alle Möglichkeiten zu einer Reduzierung des Schadstoffausstoßes auszuschöpfen. Dazu gehört die technische Nachrüstung von Fahrzeugen, nicht nur mit Software. Die technische Nachrüstung soll jedoch nur insoweit vorgenommen werden, wie das möglich und sinnvoll ist. Wer muss dafür aufkommen? – Der Verursacher. Das ist nicht nur pauschal die Industrie, weil man auf die so schön einhauen kann.
Herr Staatsminister, ich hätte zwei Fragen. Sie sprachen die vom Kraftfahrt-Bundesamt real zugelassenen Werte der Fahrzeuge an. Sie wissen, dass für die Zulassung ein genormter Fahrzyklus, der Europäische Fahrzyklus, notwendig war. Viele Fahrzeuge haben aber real einen anderen Verbrauch. Bei realen Fahrmessungen kommt ein anderes Ergebnis als der Zulassungswert nach dem Europäischen Fahrzyklus heraus. Wie wollen Sie dem Verbraucher entgegenkommen, wenn im realen Fahrzyklus der Wert vier- bis fünfmal höher liegt? Der Verbraucher bzw. der Käufer steht vor der Alternative, dass er fahren oder nicht fahren darf. Wie lautet darauf Ihre Antwort?
Ich habe in meiner Rede das Thermofenster angesprochen. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat es zugelassen, dass ab 20 Grad der Motorschutz eingeschaltet und damit die Abgaseinrichtung abgeschaltet wird. Wie wollen Sie den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland erklären, dass im Prinzip nur in einem Drittel des Jahres gereinigt wird und in den
zwei Dritteln des Jahres, in denen die Temperatur unter 20 Grad liegt, der Motor mit Motorschutz fahren muss? Das kann doch nicht das Problem des Käufers sein. Das Kraftfahrt-Bundesamt untersteht einer politischen Kontrolle. Wenn dort ein Thermofenster von 20 Grad definiert wird, ist es obsolet, überhaupt noch etwas zu definieren.
Das sind schwierige rechtliche Fragen, die ich jetzt nicht beantworten kann. Damit werden sich die Gerichte befassen. Wenn zwei Tatbestände erfüllt sind, die in meinen Augen anklagbar sind, können die Kläger vor Gericht Recht bekommen, falls illegal gehandelt wurde. Der eine Tatbestand ist die Nichteinhaltung einer Norm und die Auslobung einer Eigenschaft, die nicht erfüllt wird. Sie haben im zweiten Teil die Norm angeklagt. Die damals geltenden Normen Euro 4 und Euro 3 waren noch niedriger. Ein Kläger wird sich schwertun, einem Hersteller, der sich zu dem Zeitpunkt, als diese Norm definiert wurde, an diese Norm gehalten hat, etwas vorzuwerfen.
Ein anderer Fall liegt vor, wenn ausgelobte Daten nicht eingehalten werden. Hier muss man sich zivilrechtlich beschweren, dass die Eigenschaft eines Produktes nicht vorhanden ist. Das ist ein üblicher Vorgang. Ich kann Ihnen dazu keine Auskunft geben. Das werden die Gerichte klären.
Die zweite Frage habe ich praktisch schon beantwortet. Wenn wir uns Normen ansehen und nach heutiger Bewertung feststellen, wie die Werte in den Städten liegen, ist das zwar aus heutiger Sicht richtig. Beim Umgang mit Klagen geht es aber eigentlich nur darum: Sind zu dem damaligen Zeitpunkt die gültigen Regeln eingehalten worden oder nicht? Daraus kann heute keine nachträgliche Besserung resultieren.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/21248, das ist der Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie die Abgeordneten Claudia Stamm (fraktionslos) und Günther Felbinger (fraktionslos). Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. –
Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/21278, das ist der Antrag der SPD-Fraktion, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie die Abgeordneten Claudia Stamm (fraktionslos) und Günther Felbinger (fraktionslos). Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Damit wurde dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.