Protocol of the Session on November 29, 2017

Dabei ist es wichtig, dass wir hier nicht nur über den Bau, sondern auch über den Unterhalt sprechen. Sie, Herr Gibis, haben richtig gesagt: Das sind zwei Paar Schuhe. Aber wir wissen, dass Schwimmbäder per se defizitär sind. Ich kann Ihnen aus dem Sport sagen: Das Nächste wäre Eis. Eissport ist auch defizitär. Trotzdem stehe ich hier nicht und sage, dass ich ein Eislaufstättennetz in Bayern haben will, weil ich das schön finde. Schwimmen rettet vielmehr Leben, und ein Schwimmbädernetz in Bayern ist die Voraussetzung, damit wir alle, von den Kindern bis zu den Senioren, in diesem Bereich gut aufstellen können.

(Beifall bei der SPD)

Aus dieser Analyse ergibt sich, dass wir die Lehrkräfte und die Schulen unbedingt befähigen müssen, damit an den Schulen überhaupt die Zeit und die Kompetenzen vorhanden sind, dass Schwimmunterricht stattfinden kann. Es sind nicht allein die 30 Kinder. Oftmals gibt es an den Grundschulen gar keine Lehrkräfte, die ein Schwimmer-Bronze- oder Silberabzeichen haben, was aber die Voraussetzung dafür ist, dass sie überhaupt Schwimmunterricht erteilen können, abgesehen davon, dass das Niveau unterschiedlich ist oder dass zwei Stunden am Stück verfügbar sein müssen, wenn tatsächlich in der Nähe ein Schwimmbad ist. Hier muss es noch viel mehr Möglichkeiten wie beispielsweise eine Schwimmwoche geben. Solche Möglichkeiten haben wir uns im Landessportbeirat vorstellen lassen. Es gäbe viel; den Lehrkräften muss einfach der Raum gelassen werden.

Ja, es ist Zeit. Wir müssen heute anfangen, um die nächste Generation der Schülerinnen und Schüler überhaupt noch zu erreichen und sicherzustellen, dass Schwimmunterricht so stattfinden kann, dass jedes Schulkind nach der 4. Klasse sicher schwimmen kann, um sich nachher im Sportunterricht der weiterführenden Schule in den Schwimmsportarten betätigen zu können. Der Lehrplan gäbe es eigentlich her. Wir müssen nur schauen, dass die Rahmenbedingungen stimmen.

Deswegen ist es so entscheidend, dass das Kultusministerium hier vorangeht. Das ist eine Sache, die uns alle gemeinsam angeht, nicht nur die Eltern, sondern auch das Kultusministerium, das die Rahmenbedingungen schaffen muss, damit die Lehrkräfte überhaupt Schwimmunterricht erteilen können. Dann hätten auch unsere Schwimmvereine endlich wieder die Möglichkeit, ihrer Vereinstätigkeit im Wettbewerbsbereich nachzukommen.

In den Kommunen ist ein Abdriften festzustellen, sodass es fast nur noch Spaßbäder gibt, weil das für sie

effektiver ist. Aber herunterzurutschen ist nicht alles. Vielmehr ist es wichtig, dass ein Kind, das eine Rutsche herunterrutscht, danach noch ein Stück weiterschwimmen kann. Sonst kommt es zu Unfällen, wie wir sie aus den Bädern auch kennen.

Daher geht mein Appell noch einmal an die Mehrheitsfraktion. Die Opposition schiebt an, aber Sie haben es in der Hand. Schauen Sie, dass wir im nächsten Jahr ein Schwimmbäderkonzept haben, damit wir unsere Kinder nicht länger mit ihrer Schwimmunfähigkeit alleine lassen, sondern alle unsere bayerischen Kinder spätestens nach der 4. Jahrgangsstufe schwimmen können. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Frau Kollegin, bleiben Sie bitte am Mikrofon. Herr Kollege Dr. Fahn erhält das Wort zu einer Zwischenbemerkung.

Frau Stachowitz, der SPD herzlichen Dank, dass sie hier so viel angeschoben hat. Ich möchte hinzufügen: Für uns stellen Schwimmbäder keine freiwilligen, sondern eigentlich schon kommunale Pflichtaufgaben dar, bei denen die Gemeinden auf jeden Fall vom Freistaat unterstützt werden müssen. Das ist der Sinn des Ganzen.

Nur am Rande: Auch wir haben einen Stapel von Initiativen, zum Beispiel von Petitionen. Eine Petition aus Mönchberg im Landkreis Miltenberg haben wir im Plenum ausführlich diskutiert. Auch diese Initiativen haben sicherlich dazu beigetragen, dass die Landesregierung langsam initiativ wird. Aber ich denke, sie ist so langsam wie eine Schnecke.

(Beifall des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Bauer (FREIE WÄHLER))

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Herr Dr. Fahn, herzlichen Dank für Ihren Beitrag. Wir schließen uns der Meinung an. Das habe ich ja deutlich ausgeführt. Auch wir finden, dass der Freistaat aufgrund der Fakten, die ich genannt habe – mangelnde Schwimmfähigkeit im Grundschulbereich, Ertrinkende bei Schwimmunfällen – in der Pflicht ist. Ich habe extra erwähnt, dass die Opposition das Anliegen vorangetrieben hat. Ich gestehe Ihnen zu, dass Ihr Papier-Packen mindestens genauso groß ist. Deswegen sage ich: Ein ist ein gemeinsames Ergebnis der Opposition, dass Schwimmen wieder ein Thema im Freistaat ist und dass es die Arbeitsgruppe gibt. Unser Ziel ist es, endlich ein lückenloses Schwimmbadnetz in Bayern zu haben. Das ist die Vorausset

zung, um die Schwimmfähigkeit zu verbessern. Diese Aufgabe muss strukturell angegangen werden; insoweit stimme ich Ihnen zu. Es geht nicht so weiter, dass wir einzelnen Kommunen etwas überlassen, sondern wir müssen uns den Radius gerade im ländlichen Raum noch einmal anschauen. Sie haben es dankenswerterweise noch einmal angesprochen. Die Enquete-Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern" hat deutlich gemacht, dass wir auch unkonventionelle Wege gehen müssen. Auch die Schülerinnen und Schüler der Schulen, die in der ländlichen Region noch vorhanden sind, sollen die Möglichkeit haben, ein Schwimmbad gut zu erreichen, sodass der Schwimmunterricht stattfinden kann.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich habe zwar noch 38 Sekunden Redezeit. Aber ich belasse es dabei. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt spricht Herr Kollege Mistol für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns in den vergangenen Wochen hier im Landtag mehrmals mit der zurückgehenden Schwimmfähigkeit im Freistaat auseinandergesetzt. Als Antwort auf die Frage nach den Ursachen wird neben anderen Faktoren auch, und zwar einhellig, die Schließung kommunaler Bäder genannt.

In der Tat ist es um die Bäderinfrastruktur in Bayern schlecht bestellt. Diese Feststellung gilt insbesondere für Bäder, die besonders gut dafür geeignet sind, dort das Schwimmen zu erlernen. Viele Schwimmbäder sind marode und stehen kurz vor der Schließung. Es ist schon gesagt worden: Seit 2014 sind 20 öffentliche Bäder geschlossen worden. Über 50 weiteren Bädern droht die Schließung. Viele sind sanierungsbedürftig. Insofern ist der erste Antrag der FREIEN WÄHLER, der "Stöpsel"-Antrag, so formuliert, dass er an der richtigen Stelle ansetzt; denn die bisherige Förderpolitik der CSU bzw. der Staatsregierung läuft seit Jahren ins Leere. Die Förderkonditionen sind so utopisch, dass sie von kaum einer Kommune erfüllt werden können, schon gar nicht von denen mit klammen Kassen. Das muss man deutlich sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich wiederhole die Frage des Kollegen Hanisch: Warum setzen Sie die Grenze der Investitionskosten, ab denen eine Förderung möglich ist, nicht herunter? Wir wissen doch, dass in der Förderpraxis oft die Kommunen, die das Geld brauchen, tatsächlich nicht

in den Genuss der Förderung kommen. Das sorgt immer wieder für Unmut.

Ich erinnere daran, dass wir im Innenausschuss über mehrere Petitionen dazu beraten haben. Im Februar haben wir über die Eingabe des Marktes Mönchberg in Unterfranken sogar im Plenum diskutiert; die Eingabe wurde damals von den FREIEN WÄHLERN hochgezogen, Kollege Dr. Hans-Jürgen Fahn. Vor wenigen Wochen stand im Innenausschuss eine weitere Eingabe, die des Marktes Hofkirchen im Landkreis Passau, auf der Tagesordnung. Diese Eingaben sind mit der Mehrheit der CSU im Ausschuss für erledigt erklärt worden. Sie von der CSU behaupten im Innenausschuss immer: Es ist alles bestens. Es gibt kein Problem. Alles ist möglich. – Mit dieser Begründung haben Sie bisher alles, was von der Opposition vorgeschlagen worden ist, abgelehnt.

Wir, die grüne Landtagsfraktion, hatten uns bereits im Rahmen der Beratungen zum letzten Doppelhaushalt für eine verbesserte Förderung eingesetzt, weil viele kommunale Schwimmbäder nicht nur im Hinblick auf die Erhöhung der Attraktivität, sondern insbesondere auch energetisch saniert werden müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, das Geld fehlt bzw. es kommt nicht dort an, wo es gebraucht wird. Das Schwimmbadsterben im Freistaat nimmt seinen Lauf. Bereits 1995 ist die Förderung kommunaler Freibäder und nicht schulisch genutzter Hallenbäder aus dem Förderkatalog des Artikels 10 FAG gestrichen worden. Diese Förderung muss wieder ermöglicht werden. Unsere Initiative haben Sie damals abgelehnt.

Immerhin haben Sie kürzlich angekündigt, zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden eine Arbeitsgruppe einzurichten, um verbesserte Fördermöglichkeiten auszuloten. Sie haben also zumindest zur Kenntnis genommen, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Ich hätte gern nachgefragt – der Herr Sportminister war ja kurzzeitig anwesend –, ob bereits etwas herausgekommen ist. Da aber weder der für Sport zuständige Minister noch der für Sport zuständige Staatssekretär anwesend ist, können wir diese Frage heute nicht beantworten.

Auch die weiteren Anträge der FREIEN WÄHLER finden unsere ausdrückliche Zustimmung. Wir GRÜNE haben bereits sehr ähnliche Initiativen eingebracht. Unsere Schulen haben eine Schlüsselfunktion, wenn es um die Verbesserung der Schwimmfähigkeit der jungen Menschen geht. Der Freischwimmer bzw. das Seepferdchen ist der erste Schritt, um als "sicherer Schwimmer" bzw. "sichere Schwimmerin" zu gelten. Wir müssen gerade für die Lehrkräfte die Rahmenbe

dingungen so setzen, dass sie ihrem Lehrauftrag tatsächlich nachkommen können.

Ich bin mir sicher, dass wir uns mit dem Thema noch länger auseinandersetzen müssen – wir von der Opposition sind jedenfalls sehr hartnäckig –, bis wir tatsächlich eine Lösung erreicht haben werden. Wir GRÜNE haben eine Anhörung zur Schwimmfähigkeit durchgesetzt. Ich bedanke mich noch einmal bei der SPD und den FREIEN WÄHLERN, dass wir gemeinsam von unserem Minderheitenrecht Gebrauch gemacht haben. Die CSU-Fraktion erwartet sich von einer solchen Anhörung keinen Erkenntnisgewinn. Wir erwarten uns durchaus einen Erkenntnisgewinn. Wir sehen, dass wir ein Problem haben, und wollen es lösen. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CSU-Fraktion Herr Kollege Prof. Dr. Waschler. Bitte schön.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf meiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, dass in einer Debatte über das Thema Schulschwimmunterricht von der Opposition kein einziges Mitglied des Bildungsausschusses gesprochen hat. Das ist schon bemerkenswert;

(Beifall bei der CSU)

denn wir haben uns im Bildungsausschuss umfassend mit diesem Thema beschäftigt.

Herr Kollege Hanisch, Sie haben hier von "gescheitert" gesprochen. Sie sollten allerdings zur Kenntnis nehmen, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Diese Einschätzung möchte ich in der mir zur Verfügung stehenden kurzen Zeit begründen.

Das Thema Schwimmen ist wichtig, keine Frage. Aber wir in Bayern haben auch insoweit einiges vorzuweisen. Das Thema Schwimmen ist in den modernsten Lehrplänen – wir haben solche Lehrpläne – grundgelegt. Zudem verfügen wir über das Personal, das Schwimmunterricht mit hoher Qualität erteilen kann.

Wenn gefordert wird, eine Nachführung im Sinne der Lehrerfortbildung vorzunehmen, dann weise ich darauf hin, dass in den vergangenen fünf Jahren allein 1.331 Grundschullehrer entsprechend fortgebildet wurden. Zudem besteht eine gute Kooperation mit Vereinen und Verbänden. Dort können nicht nur die Möglichkeiten des schulischen Bereichs, sondern auch die des außerschulischen Bereichs eingebracht

werden. Außerdem ist die Verantwortung der Eltern nicht von der Hand zu weisen. All das sollte als eine Aktionsgemeinschaft betrachtet werden.

Die Analyse des renommierten Robert-Koch-Instituts enthält in puncto Schwimmfähigkeit zwei Kernaussagen: 85,5 % der 5- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen in Deutschland können schwimmen. Sie haben die Schwimmfähigkeit im Schnitt mit etwas mehr als sechs Jahren erlangt. Mit dem Alter steigt der Anteil der schwimmfähigen Kinder und Jugendlichen an; 98 % der 17-Jährigen können schwimmen.

Einige Vorredner haben die Rahmenbedingungen ins Feld geführt. Mir sei folgender Hinweis gestattet – das haben wir im Bildungsausschuss schon besprochen –: Wenn im Schwimmunterricht eine Deckelung auf 15 Kinder je betreuende Lehrkraft erfolgen soll, dann sind allein im Grundschulbereich 600 zusätzliche Stellenäquivalente notwendig, die aber, zumindest im Bereich der Grundschulen, nicht vorhanden sind. Wer behauptet, Schwimmunterricht mit mehr als 15 Schülern sei nicht durchführbar, nicht sinnvoll und nicht erfolgreich, der weiß nicht, wovon er spricht – Stichwort: Binnendifferenzierung. Ich kann Ihnen sagen: Auch mit großen Gruppen kann man erfolgreichen – und sicheren! – Schwimmunterricht praktizieren.

(Zuruf des Abgeordneten Reinhold Strobl (SPD))

Herr Kollege Strobl, ich weiß, wovon ich spreche, weil ich solchen Unterricht selbst, das heißt in der Praxis, durchgeführt habe – wohl als einer der wenigen in diesem Parlament.

Noch eine Anmerkung zur Dokumentation der Schwimmfähigkeit: Der Antrag enthält diesen Punkt. Die Dokumentation ist selbstverständlich möglich; aber sie ist nicht zwingend notwendig. Sie ist jedenfalls nicht notwendig, damit ein Lehrer, der künftig die Kinder unterrichtet, erfährt, ob sie schwimmen können. Dafür braucht er nicht dieses Papier. Ich weiß nach der ersten Stunde, inwieweit die Schwimmfähigkeit gegeben ist und ob ich pädagogisch nachführen bzw. weiterqualifizieren muss. Schließlich darf ich auf der Zielgeraden noch darauf hinweisen, dass die Antwort der Staatsregierung auf die Interpellation der FREIEN WÄHLER "Bewegtes Lernen 2020" auf Drucksache 17/17207, die am 12. Oktober dieses Jahres im Plenum behandelt wurde, ausführliche Informationen liefert. Zu den anderen Punkten beziehe ich mich auf das, was Kollege Gibis dargestellt hat. Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben eine gute Basis. Das Thema ist wichtig, das ist keine Frage. Von einem Scheitern zu reden, ist aber falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Die Opposition hat vielleicht die

Berechtigung, es so zu behaupten. Die Realität sieht anders aus.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Eine Zwischenbemerkung: Kollege Hanisch.

Herr Kollege Waschler, ob die Opposition oder die Regierung das sagt, ist, glaube ich, nicht entscheidend. Entscheidend ist etwas anderes, das sollten Sie wissen, und da bin ich etwas enttäuscht von dem, was Sie sagen. Entscheidend sind doch 120 Schwimmtote in einem Jahr in Deutschland. Entscheidend ist für mich auch eine andere Zahl, die von Fachleuten kommt. Sie zitieren immer eine andere Statistik. Bis zum 17. oder 18. Lebensjahr mag noch etwas an Schwimmfähigkeit dazukommen. Nehmen Sie aber zur Kenntnis, dass rund 50 % der Kinder, die das vierte Schuljahr vollendet haben, nicht schwimmen können. Bei der Zahl der Schwimmtoten und der Zahl der Kinder, die nicht schwimmen können, kann ich nicht sagen, es sei alles in Ordnung und alles in Butter, sodass wir nicht reagieren müssten. Das sehen wir anders. Hier muss etwas in Bewegung gesetzt werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)