Zum einen begehen wir natürlich keinen Verfassungsverstoß, wenn wir als Gesetzgeber parallel zu einer Popularklage tätig werden – im Gegenteil. Eine Popularklage hält den Gesetzgeber dazu an, zu überprüfen, ob die geltende Rechtslage verfassungsgemäß ist, und möglicherweise einem verfassungsgerichtlichen Urteil durch Korrekturen zuvorzukommen. Deswegen handeln wir genau richtig.
Zum anderen haben Sie den Volksentscheid angesprochen, der in der Tat das höchste Instrument und die höchste Legitimation ist, weil die Bürgerinnen und Bürger selber entscheiden können. Deswegen ist es gut, dass wir hier den Bürger fragen, wenn wir keine parlamentarische Mehrheit bekommen.
Mit der Popularklage greifen Sie dem Eigenheimerverband Bayern vor. Das ist Ihre Sache. Aber ich sage es noch einmal: Wir stehen der Sache ergebnisoffen gegenüber. Ich warne allerdings nochmals vor Kommunalkannibalismus.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Herr Kollege Mistol vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Schon bei der Novellierung des KAG im April 2016 war klar – ich habe das an dieser Stelle auch gesagt –: Die Neuregelung wird keine Begeisterungsstürme auslösen. Ich bin aber jetzt erstaunt, dass sie nicht nur ein Reizthema in der Bevölkerung ist – das war schon irgendwie klar –, sondern auch hier im Landtag ein Reizthema wird. Ich kann es nur so einordnen: Der bevorstehende Wahlkampf ist in Sichtweite. So manche Fraktion hier im Haus ist schon sehr nervös, dass sie auf solche Ideen kommt.
Auch möchte ich nochmals sagen: Die geringe Akzeptanz der Straßenausbaubeiträge liegt vor allem daran – das möchte ich wirklich nochmals betonen –, dass in der Vergangenheit kein einheitlicher Vollzug gewährleistet war. Es ist schon gesagt worden, dass gerade mal 70 % der Kommunen Straßenausbaubeiträge erhoben haben. Deshalb haben wir Regelungsbedarf gesehen, denn wir wollen einen einheitlichen Vollzug, also dass möglichst 100 % der Gemeinden solche Straßenausbaubeiträge erheben.
Herr Aiwanger, ich bin schon sehr erstaunt darüber, dass Sie sagen, jetzt würden plötzlich Kommunen gezwungen, solche Satzungen einzuführen.
Das war ja gerade der Sinn. Auch der Herr Kollege Hanisch hat immer so argumentiert, dass wir Einheitlichkeit schaffen, weil das Gefühl der Leute, dass es da ungerecht zugeht, sozusagen ursächlich für die geringe Akzeptanz ist. Gleichzeitig sage ich zur CSU: Ihr habt die Kann-Regelung angekündigt. Diese wollten wir aber gerade nicht.
Wir können über alles reden. Jedoch muss in der Politik auch Verlässlichkeit gezeigt werden. Diese sehe ich momentan nicht.
Kolleginnen und Kollegen, manchmal fehlt es in den Kommunen auch am notwendigen Fingerspitzengefühl, Betroffene rechtzeitig in die Planung von Ausbaumaßnahmen einzubeziehen oder bei Härtefällen die erforderliche Milde walten zu lassen. Das liegt durchaus im Ermessen der Kommunen. Der Gesetzgeber verlangt, dass die Regelungen zur Anwendung gebracht werden. Ich nenne nur das Stichwort Stundung. Darüber haben wir uns schon unterhalten. Dann gibt es auch das Problem nicht, dass eine ältere Dame ihr großes Grundstück verkaufen muss. Diese Situation muss nicht eintreten. Vielleicht brauchen die Kommunen wirklich klarere Vorgaben. Vielleicht sind so klare Vorgaben, wie sie im Gesetzentwurf der GRÜNEN vor etwa zwei Jahren gefordert wurden, notwendig. Ich nenne nur die Verpflichtung zur Bürgerbeteiligung, und zwar bereits vor Beschluss der Maßnahme. Man muss der Bevölkerung die verschiedenen Varianten vorstellen. Die Betroffenen müssen mitentscheiden können.
Kolleginnen und Kollegen, alles in allem hat die jüngste Änderung des Kommunalabgabengesetzes mit der Einführung wiederkehrender Beiträge das Ziel verfolgt, Lasten gerechter zu verteilen. Seitdem sind gerade einmal eineinhalb Jahre ins Land gegangen. Wir können jetzt noch nicht richtig beurteilen, ob das was gebracht hat oder nicht. Ich möchte auf die Initiative der GRÜNEN hinweisen, die beizeiten eine Evaluation durchführen wollten. Wir, die GRÜNEN, haben diesen Antrag gestellt. Wir sollten auf die Ergebnisse der Evaluation warten, die bis Ende April 2018 vorliegen sollen. Dann sehen wir, was von dem, was wir wollten und beschlossen haben, tatsächlich umgesetzt worden ist. Dann können wir auch abschätzen, an welchen Stellschrauben noch gedreht werden muss, damit es eine gerechtere Lösung gibt.
Nur auf der Grundlage neuer Daten und Erfahrungen und unter Einbeziehung der kommunalen Spitzenverbände macht eine fundierte Diskussion über die Zukunft der Straßenausbaubeiträge Sinn. Die kommunalen Spitzenverbände haben sich bei der Anhörung eindeutig geäußert und wollten, dass die Straßenausbaubeiträge beibehalten würden. Die Abschaffung der Beiträge jetzt übers Knie zu brechen, halten wir, die GRÜNEN, für wenig zielführend. Neue Konflikte wären hier vorprogrammiert, und damit ist niemandem geholfen.
Danke schön, Herr Kollege. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Ich sehe keinen Widerspruch. Damit ist das so beschlossen.
Abstimmung über eine Verfassungsstreitigkeit und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)
Von der Abstimmung ausgenommen ist zum einen die Nummer 15 der Anlage. Es ist dies der Antrag der Abgeordneten Biedefeld, Schuster, Dr. Rabenstein und anderer, SPD, betreffend "Verzicht auf die Sperre frei werdender Stellen beim Zentrum Bayern Familie und Soziales …" auf Drucksache 17/17552, der auf Wunsch der SPD-Fraktion gesondert beraten werden soll, sowie zum anderen die Nummern 40 und 42 der Liste. Es sind dies die Dringlichkeitsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD-Fraktion betreffend "Rechtssicherheit bei der Erhebung der Erbschaftsteuer wiederherstellen" und "Sonderweg bei der Erbschaftsteuer beenden" auf den Drucksachen 17/18251 und 17/18270. Auch diese beiden Anträge sollen gesondert beraten werden. Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen! – Auch keine. Nun frage ich die fraktionslosen Abgeordneten, ob und welchem Fraktionsvotum diese sich anschließen wollen. – Diese enthalten sich. Damit wird das protokollarisch so festgehalten. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze und des Aufnahmegesetzes (Drs. 17/15589) - Zweite Lesung
Änderungsantrag der Abgeordneten Angelika Weikert, Doris Rauscher, Ilona Deckwerth u. a. (SPD) (Drs. 17/15948)
Änderungsantrag der Abgeordneten Angelika Weikert, Doris Rauscher, Ilona Deckwerth u. a. (SPD) (Drs. 17/17558)
Änderungsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drs. 17/16537)
Änderungsantrag der Abgeordneten Joachim Unterländer, Judith Gerlach, Florian Hölzl u. a. (CSU) (Drs. 17/17214)
Zu den Änderungsanträgen auf den Drucksachen 17/15948 und 17/17558 hat die SPD-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt. Die Fristen sind eingehalten.
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Gesamtredezeit von 48 Minuten vereinbart. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Der erste Redner ist der Kollege Dr. Reichhart von der CSU-Fraktion. – Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den verabschiedeten Änderungen des CSU-Antrags halten die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion Wort: Wir entlasten im wahrsten Sinne des Wortes unsere Bezirke.
Gleichzeitig schaffen wir in der Asylpolitik weiterhin Strukturen, indem wir die Möglichkeiten aufgreifen, die uns der Bund eröffnet. Wir differenzieren sehr
Lassen Sie mich jedoch zunächst zur Kostenerstattung kommen. Wir sind uns im Hohen Hause darüber einig, dass auf allen Ebenen, die in den letzten Jahren und Monaten in der Asylpolitik tätig gewesen sind, vieles geleistet wurde. Die freien Träger, viele Ehrenamtliche und auch die staatlichen Strukturen haben Enormes geleistet. Somit konnten nicht nur die Belastungen verwaltet werden, sondern es konnten auch Abhilfe und geordnete Strukturen geschaffen werden, um den Menschen das Ankommen zu ermöglichen. Unsere Bezirke haben hier einen sehr, sehr großen Beitrag geleistet. Sie sind für die Jugendhilfe und für die Betreuung von Personen bis zu 18 Jahren zuständig.
Die CSU-Fraktion und die Bayerische Staatsregierung halten Wort, indem wir dazu stehen und sagen: Ja, wir übernehmen die Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Wir leisten bis Ende 2018 einen Betrag in Höhe von bis zu 112 Millionen Euro. Allein diese Summe zeigt, dass wir niemanden im Stich lassen. Wir sind ein Partner für die Bezirke. Der Bayerische Landtag erkennt die Arbeit, die in den Bezirken geleistet wird, an.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir schaffen jedoch keinen Zwang. Wir drängen niemanden in irgendeine Richtung. Anders als es manche Änderungsanträge oder manche Wortbeiträge vermuten lassen, bleiben wir weiterhin bei der Entscheidungshoheit der Jugendämter. Die Jugendämter sollen weiterhin nach fachlichen Kriterien entscheiden, welche Unterstützung ein junger Mensch braucht. Die Jugendämter sollen entscheiden, ob sozialpädagogisch betreutes Wohnen oder heilpädagogische Ansätze notwendig sind. Es kann auch sein, dass einem Jugendlichen nur das Ankommen in Deutschland und die ersten Schritte ermöglicht werden müssen. Für traumatisierte Jugendliche sind elementare und speziell abgestimmte Maßnahmen notwendig, um Traumata und schreckliche Erlebnisse zu verarbeiten.
Wir wissen, welche wertvolle Arbeit in den Einrichtungen geleistet wird, um Menschen an die Hand zu nehmen und ihnen das Ankommen in Bayern und Deutschland zu ermöglichen. Wir wissen diese wertvolle Arbeit zu schätzen. Wir alle sind beinahe wöchentlich draußen in den Einrichtungen vor Ort, hören uns die Sorgen und Nöte an und greifen sie auf. Wir wollen den Einrichtungen nichts wegnehmen, sondern mit ihnen gemeinsam diesen Prozess weiterentwickeln. Deshalb werden wir die Einrichtungen selbst
verständlich beteiligen, wenn es um die Ausarbeitung der neuen Richtlinien geht. Wir können gemeinsam zielgerichtete Angebote für Jugendliche entwickeln. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir schätzen die Arbeit, die in den Einrichtungen geleistet wird, nicht nur, sondern nehmen sie auch sehr ernst. Das werden wir auch in Zukunft tun.