Frau Kollegin Gottstein, vielen Dank für den Hinweis. Ich muss mir das Protokoll erst durchlesen, damit ich die Reaktion in der Form nachvollziehen kann. Ich wüsste nicht, dass ich Herrn Dr. Fahn persönlich in der Form angegriffen habe. Ihre Bemerkung zeigt eher, dass Sie nicht auf die inhaltliche Diskussion eingegangen sind, sodass Sie inhaltlich anscheinend mit unserer Meinung konform gehen.
Herr Dr. Fahn, ich möchte die Punkte noch einmal in den Vordergrund stellen, damit Sie verstehen, warum ich diesen Hinweis und diese Anmerkung gemacht habe. Sie haben hier davon gesprochen, dass Sie, die FREIEN WÄHLER, für die Windkraft in Bayern einstehen und gegen die 10-H-Regelung der Bayerischen Staatsregierung sind. Daraufhin habe ich zum Ausdruck gebracht, dass genau Ihre Kollegen im Bayerischen Landtag aus der Partei der FREIEN WÄHLER vor Ort ein anderes Bild abgeben als das, das Sie hier suggeriert haben.
Das Gleiche gilt auch für die Diskussion über die Stromtrassen. Sie stellen sich dort, wo über Stromtrassen diskutiert wird, hin und fordern neue Kraftwerkskapazitäten, die geschaffen werden müssen. Hier im Plenum reden Sie aber von überflüssigen Stromleitungen etc. Deswegen möchte ich Ihnen, Frau Gottstein und Herr Dr. Fahn, sagen: Wenn Sie hier im Hause mit dem Finger auf andere Leute zeigen, dann müssen Sie es sich auch gefallen lassen, wenn man Ihre Schwächen aufzeigt.
(Beifall bei der CSU – Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Das ist doch eine Stilfrage! – Erwin Huber (CSU): Oberlehrerin!)
Sehr geehrter Herr Kirchner, Sie haben mir eben und in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses vorgeworfen, dass unsere Anträge nicht konkret, sondern sehr nebulös und zu allgemein gehalten gewesen seien. Ich rufe es Ihnen noch einmal in Erinnerung: Wir haben einen Antrag zum Thema Lastenmanagement gestellt. Die Stromnetzentgeltverordnung belohnt momentan Un
flexibilität. Wenn große Betriebe mit 7.000 oder 8.000 Jahresstunden praktisch das ganze Jahr durchlaufen, werden sie zu 80 % von den Netzentgelten befreit. Wir haben gesagt, das ist nicht mehr zeitgemäß, wir müssen Flexibilität belohnen. Ist das konkret, oder ist das nicht konkret? Vielleicht haben Sie es auch nicht verstanden.
Der zweite Antrag bezog sich auf den PhotovoltaikAusbaudeckel. Wir haben ganz klar gesagt, wohin wir wollen und dass der Ausbau der Photovoltaik momentan hinten und vorne nicht reicht.
Beim dritten Antrag ging es um Befreiungen von Großunternehmen. Das Problem ist, dass die Privatkunden und die mittelständischen Betriebe immer mehr für den Strom bezahlen, die Großbetriebe aber immer weniger. Die ganz großen Unternehmen kaufen den Strom an der Börse für dreieinhalb bis vier Cent ein. Diese Entwicklung ist nicht in Ordnung. Ich glaube, Sie haben die Anträge im Ausschuss nicht verstanden.
Beim letzten Antrag ging es um Stromspeicher. Wir müssen es schaffen, dass die Stadtwerke Speicher im Rahmen ihrer Infrastrukturtätigkeit und nicht nur als Ausgleich für die Spannungserhaltung betreiben dürfen. Die Stadtwerke müssen Quartierspeicher bauen können, damit unsere Netze stabiler werden.
Das sind sehr konkrete Anträge. Im Wirtschaftsausschuss erleben wir aber Diskussionen, bei denen Sie innerhalb von ein bis zwei Minuten unsere Anträge ablehnen, obwohl wir uns damit viel Mühe geben und viel Sachverstand aufbringen. Sie sagen immer: Ja, Gott, das, was die GRÜNEN vorschlagen, macht doch alles keinen Sinn; so kommen wir doch nicht weiter. – Wir müssen endlich einmal konstruktive Politik betreiben. Ich würde mir wirklich wünschen, dass Sie sich mehr Mühe geben; denn auch die Wirtschaftsweisen haben zu unserem Antrag gesagt: Jawohl, in die Richtung müssen wir gehen.
Lieber Kollege Stümpfig, wenn Sie sich die letzte Sitzung des Wirtschaftsausschusses in Erinnerung rufen, müssten wir genau die Diskussion fortführen, die ich Ihnen hier schon zu vermitteln versucht habe. Sie haben es genau richtig gesagt, dass Ihre Anträge, die Sie einbringen, oft ohne Hintergrund und ohne Substanz sind. Sie haben eine
Idee, und die Idee, irgendetwas zu verändern, ist manchmal gar nicht so schlecht. Sie schaffen es aber in den zwei Minuten, die Sie angesprochen haben, nicht, Ihre Idee mit Begeisterung rüberzubringen und mit Fakten zu belegen, die dann zeigen, dass diese Idee in der Realität auch funktionieren kann.
Wir stellen fest, dass Sie immer nur bestimmte Punkte ansprechen. Sie haben jetzt zum Beispiel die energieintensiven Unternehmen angesprochen. Sie sagen, diese müssen ab sofort anders behandelt werden, zeigen aber nicht auf, wie diese Unternehmen dann einem Wettbewerb standhalten sollen, wie sich diese Unternehmen nicht von einem Netz entsolidarisieren und wie sie die Arbeitsplätze und die Wirtschaftsfähigkeit des Standortes Bayern sicherstellen sollen. Das fehlt in Ihren Äußerungen. Deswegen bleibe ich dabei: Ihre Ideen sind gut, aber Sie müssen auch praxisorientiert und am Ende seriös sein. Das gelingt Ihnen in der ganzen Debatte über die Energiepolitik bislang leider nicht.
Mit Frau Kohnen haben wir uns letzte Woche an der gleichen Stelle auch unterhalten. Damals haben wir auch gesagt: Wenn man von den ideologischen Fragen Abstand nimmt, kann man über die wirklichen Maßnahmen reden, die man auch verändern kann. Deswegen wären Sie gut beraten, wenn Sie endlich einmal versuchen würden, konstruktiv und nicht nur ideologisch zu arbeiten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, worauf die Debatte, die jetzt über diese Anträge geführt wird, überhaupt hinausläuft. Herr Kirchner, man sollte den GRÜNEN nicht unterstellen, dass ihre Anträge im Ausschuss keinen Hintergrund hätten. Sie hatten tatsächlich schon einen Hintergrund, und darüber kann man reden.
Die Staatsregierung wird aufgefordert, ihre Anstrengungen zur regionalen Energiewende zu verstärken und in Land und Bund auf einen raschen Kohleausstieg hinzuwirken.
Dann aber nur prophylaktisch zu sagen, das bringt nichts, dem stimme ich nicht zu, und das ist auch nicht wahnsinnig seriös.
Das ist eine Absichtserklärung, der man, glaube ich, nicht widersprechen kann und muss. Jetzt kommt der Antrag der GRÜNEN:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf allen Ebenen für den Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland einzusetzen. Grundlage des Kohleausstiegs soll ein Treibhausgasemissionsbudget sein, das sich aus der 1,5 Grad Zielsetzung des Pariser Klimaabkommens ergibt.
Um dieses Budget einerseits möglichst sozialverträglich und stromwirtschaftlich sinnvoll einzusetzen und andererseits die Klimaziele für 2020 einzuhalten, ist eine kurzfristige Stilllegung von Kraftwerksüberkapazitäten im Braunkohlebereich erforderlich.
Das ist auch eine Zustandsbeschreibung, Herr Stümpfig. Was soll denn jetzt passieren? – Wenn diese kurzfristige Stilllegung erforderlich ist, müssten Sie diese Forderung an die Fraktion stellen, mit der Sie gerade Sondierungsgespräche in Berlin führen. Sie müssten dann fordern, dass das zu tun ist, und nicht nur beschreiben, dass es erforderlich ist. Mir kam es – das ist jetzt nicht böse gemeint, ich schätze Sie sehr – so vor, als wenn Sie uns mit Ihrer Rede einen Antrag erklärt haben, den Sie lieber Ihren eigenen Kolleginnen und Kollegen bei den GRÜNEN erklären sollten, damit diese die Kolleginnen und Kollegen von der Union überzeugen können, dass sie Ihren Forderungen zustimmen. Die GRÜNEN haben doch das Problem, dass in ihrem Zehn-Punkte-Programm für ein grünes Regieren an erster Stelle ein festes Datum steht, zu dem sie aus der Kohleverstromung raus wollen, nämlich 2030. Ihr Vorsitzender der GRÜNEN in Bayern sagt im Rahmen der Sondierungsgespräche mit der Union: Die GRÜNEN kämpfen nicht um Fetische, sondern um Inhalte. Sie haben aber, schwups, das Datum 2030 herausgenommen. Das kann man zwar machen, aber es wirkt dann verzweifelt, wenn Sie hier über den Kohleausstieg sprechen, im Regierungsprogramm aber schon den ersten Punkt herausnehmen.
Um es nicht ganz so niveauvoll auszudrücken: Wie weit sind Sie denn bereit, die Hose runterzulassen,
damit alles funktioniert? – Mein Eindruck ist, dass Herr Kirchner von Ihnen noch viel mehr will. Wenn nämlich der Kollege Dobrindt, dem ich auch nicht die Niveaufrage stellen will, in Berlin sagt, das Abräumen von Schwachsinnsterminen sei noch kein Kompromiss, dann sieht es nicht gut aus, lieber Herr Stümpfig. Dort ist das Niveau auch nicht vorhanden, aber Sie haben im Prinzip Ihre eigene Grundüberzeugung ebenso zur Disposition gestellt.
Wo haben Sie denn ein Problem? Sie müssen jetzt nicht herumkeifen, ich habe nur Herrn Dobrindt zitiert. Das ist doch nicht mein Zitat.
Herr Stümpfig, das Problem ist doch im Prinzip: Sie müssen Ihre eigenen Leute davon überzeugen, dass sie sich, wenn sie Fetische köpfen, in der Gefahr befinden, ihre Grundüberzeugungen aufzugeben. Insofern sage ich Ihnen ehrlich: Wenn Sie solche Anträge schreiben, dann machen Sie es doch konkret. Sagen Sie genau, was Sie haben wollen; denn nur, dass etwas erforderlich ist oder nicht, ist zu wenig, und es ist schade um die Mühe. Wir werden der Zustandsbeschreibung in Ihrem Antrag jedenfalls zustimmen, weil wir sagen, dass beide Anträge in Ordnung sind.
Sie haben auch das Wort Politikverdrossenheit in den Mund genommen. Das ist schwierig, weil zum Beispiel Cem Özdemir auf Twitter – damals waren es noch 140 Zeichen – schreibt:
Jetzt schrittweisen #Kohleausstieg sorgfältig planen, damit wir ihn zukünftig sozialverträglich umsetzen & #Klimaschutzziele erreichen.
Mein Appell ist: Sondierungsgespräche nicht in diesem Parlament, sondern in Berlin oder in der eigenen Partei!
Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim letzten Teil kann ich Frau Kollegin Kohnen zustimmen. Ich denke auch, dass es
wenig Sinn macht, in diesem Haus Sondierungsgespräche zum Thema Energie zu führen, weil sie in der Tat zu diesem Thema gerade stattfinden. Es ist unbestritten, dass wir hier eine große Aufgabe vor uns haben. Es ist auch unbestritten – in diesem Haus würde das keiner abstreiten –, dass das Thema Klimawandel für uns ein zentrales Thema und nicht irgendein Thema ist. Es ist ein wichtiges Thema, das will ich ausdrücklich noch einmal betonen.
Wir haben aber ebenso gerade festgestellt, dass man – auch nach meinem Dafürhalten – bei der Thematik, wie man das schafft, auch eine ganzheitliche Betrachtung anlegen sollte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Klimaziel ist das eine. Es wird aber nicht nur in Deutschland, sondern in Europa und in der Welt erstellt, und deshalb müssen wir den Fokus vergrößern und sehen, wie das Stromsystem insgesamt funktioniert.
Das Zweite ist, dass die Kolleginnen und Kollegen auch bei den Sondierungsgesprächen der GRÜNEN sehr wohl schon eingeräumt haben, dass es einerseits das Klimaziel gibt und andererseits ein Zieldreieck; das bedeutet, wir brauchen auch Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit. Diese drei Punkte sind immer einigermaßen gleichwertig zu behandeln, weil das System sonst nicht funktionieren wird.
Ich gehe jetzt einfach einmal vom Zeitfaktor aus: Das Thema Kohleausstieg hat auch eine andere Organisation, die Agora Energiewende, untersucht. Diese hat ebenfalls gesagt, dass 2030 schlicht und ergreifend nicht zu stemmen sei, weil unser System das nicht aushalte. Die Agora Energiewende ist nicht unbedingt eine Institution, die eine Unions- oder CSU-Politik eins zu eins vertreten würde, sondern sie hat auch einen realistischen Blick darauf, was uns das am Schluss kostet, weil die Kraftwerksbetreiber schlicht und ergreifend bezahlt werden müssen, wenn sie die Kraftwerke früher stilllegen. Das gehört letztendlich dazu und ist die eine Geschichte.
Die andere ist das Thema Versorgungssicherheit. Ja, der Kollege Stümpfig hat recht, teilweise exportieren wir Strom. Die Menge allein ist aber nicht aussagekräftig, sondern Sie müssen auch immer den Zeitpunkt betrachten. An einem Tag mit viel Wind und Sonne wird exportiert. An Tagen wie heute, wenn praktisch keine Sonne scheint und vielleicht auch noch Windstillstand herrscht, brauchen Sie dann aber Kapazitäten, und zwar am besten im eigenen Land und nicht irgendwo anders.