Gleichermaßen gilt das für die Lehrstühle für Allgemeinmedizin. Sie steigen zu einem Zeitpunkt ein, zu dem wir schon einige haben. Die SPD-Fraktion müht sich seit Jahren mit der Forderung ab, an jeder Universität mit einer medizinischen Fakultät einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin zu bekommen. Das geht aber nicht im Rahmen vorhandener Stellen und Mittel. Zynischerweise schreiben Sie auch noch: "mit adäquater Ausstattung". Natürlich muss der adäquat ausgestattet sein; aber dazu braucht es eben auch Geld, und das müssen Sie in den Haushalt einstellen. Solange wir das nicht sehen, werden wir dem nicht zustimmen.
Viele andere Ihrer Anträge sind schon erledigt, zum Beispiel die Forderung nach dem Masterplan Medizinstudium. Das ist in Berlin schon lange beschlossen; dazu braucht es nicht die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag.
Ich sage hier noch einmal, was ich schon im Ausschuss gesagt habe: Sie fallen Ihrer Ministerin in den Rücken; denn sie hat das in Berlin schon ganz eigenständig und ohne Ihre Unterstützung vor langer Zeit getan. Wir meinen nach wie vor, dass die Landarztquote Unsinn und nur ein Feigenblatt ist.
Natürlich – ich sage es am Schluss noch einmal – ist die medizinische Versorgung, auch die allgemeinmedizinische Versorgung, wichtig, aber auch der Rest:
die Fachärzteversorgung, die Flächendeckung und die Sicherstellung. Ich glaube, Kollegen und Kolleginnen, dass die Politikverdrossenheit zunimmt mit der Art von Versprechungen, die Sie an dieser Stelle machen. Wir werden dieses Spiel nicht mitspielen, auch nicht hier im Plenum, und fordern Sie auf, vernünftige Initiativen auf den Weg zu bringen. Dabei haben Sie uns an Ihrer Seite; denn das Thema ist zu wichtig, um in dieser oberflächlichen Art abgefrühstückt zu werden in der Hoffnung auf Wählerstimmen bei der Landtagswahl.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! "Medizinermangel in Bayern verhindern" ist das Thema. Erlauben Sie mir eine politische und dann vielleicht – wenn ich noch dazu komme – auch noch eine inhaltliche Bewertung. Die Zeit ist schnell vorbei.
Warum – das frage ich mich – kommen im Juli 2017 plötzlich 27 Anträge der CSU-Fraktion zu diesem Thema auf den Tisch? Warum jetzt, Kolleginnen und Kollegen? – Ich kann es Ihnen sagen: weil Sie jahrelang die Dramatik der Situation nicht erkannt haben. Sie haben die Dynamik und die Zuspitzung der Situation zu lange ignoriert, meine Damen und Herren von der CSU.
Aber besser spät als nie: Ich begrüße es, dass jetzt einige der langjährigen Forderungen der FREIEN WÄHLER in dieses Antragspaket aufgenommen wurden, zum Beispiel die Forderung nach mehr Studienplätzen. Weiterbildungsverbünde! Was bin ich, was sind wir, Peter Bauer, vor vier Jahren von dieser Seite des Hauses ausgelacht worden, als wir von den Universitäten ausgehende Weiterbildungsverbünde gefordert haben. Wir FREIE WÄHLER haben als Erste Lehrstühle für Allgemeinmedizin an allen bayerischen Universitäten gefordert.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, was in Ihrem Antragspaket wiederum fehlt: Warum gehen Sie denn nicht an die Zulassungsvoraussetzungen für das Medizinstudium heran, an den Numerus clausus?
Solange wir dieses Problem nicht in den Griff bekommen, werden wir an dem Medizinermangel, an dem Landärztemangel, an dem Hausärztemangel nichts ändern, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Noch einmal: 27 Anträge der Regierungsfraktion! Jetzt muss ich Sie schon fragen, Frau Ministerin – schön, dass Sie noch gekommen sind –:
Wo waren Sie denn die letzten Jahre, dass die eigene Fraktion Sie nun mit 27 Anträgen zum Handeln auffordern muss?
Ich frage mich: Haben Sie die letzten Jahre auf Ihrem Posten als Gesundheitsministerin wirklich so versagt? Waren Sie im Dornröschenschlaf? Ist das vielleicht ein Angriff auf die Ministerin? Steckt vielleicht der Herr Söder dahinter?
(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Oder Seehofer! Das weiß man nie! – Gudrun Brendel-Fischer (CSU): Das ist eine Unterstützung der Ministerin!)
Okay, dann mache ich die zweite politische Bemerkung, meine sehr verehrten Damen und Herren: Das Problem der regionalen Ungleichverteilung haben wir mit den Hausärzten, mit den Fachärzten, zum Teil auch mit den Krankenhäusern. In den Ballungsräumen haben wir genug, dort haben wir in den meisten Fachdisziplinen eine Überversorgung, während uns auf dem Land langsam die Ärzte ausgehen, vor allem die Allgemeinärzte.
Das Problem, das wir haben, geht viel tiefer, Kolleginnen und Kollegen. Die Niederlassungsentscheidung von Ärzten hängt heute eben nicht mehr, zumindest nicht mehr alleine oder vordringlich, vom Geld ab. Es geht um Job-Möglichkeiten für die Partner, um Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für die Kinder, damit sich Arztkollegen zur Niederlassung an einem bestimmten Ort entscheiden. Es geht um Dinge wie eine gute Verkehrsinfrastruktur, zum Beispiel schnelles Internet, es geht um ein attraktives Freizeitangebot, auch um ein kulturelles Angebot. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, da gibt es in Bayern noch viel zu tun, trotz erkennbarer Fortschritte. Da ist letztendlich – das ist eben auch schon angesprochen worden – nicht nur das Gesundheitsministerium gefragt, sondern auch
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ohne gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Bayern werden wir den Medizinermangel in bestimmten Regionen nicht verhindern können. Wir FREIE WÄHLER kämpfen weiter dafür.
Jetzt inhaltlich zu den 27 Anträgen: Wir FREIE WÄHLER haben in den Ausschüssen den meisten zugestimmt und werden das auch hier tun. Einen Antrag mit der Aufforderung, mehr Ärzte aufs Land zu bekommen, kann man schlecht ablehnen. Auch die Forderung, dass ausländische Ärzte besser Deutsch sprechen sollten, kann man schlecht ablehnen. Deswegen stimmen wir den meisten Anträgen zu, obwohl sie zum großen Teil – wie gesagt – nur altbekannte Forderungen wiederholen, abgeschrieben sind von Forderungen des Runden Tisches und vom "Masterplan Medizinstudium 2020". Wir stimmen den meisten Anträgen trotzdem zu, weil sie in der Zielrichtung nicht falsch sind.
Viele der Anträge, 12 davon, enthalten Bitten an die Selbstverwaltung. Als Landtag bitten wir die Selbstverwaltung!
Diese Anträge sind überflüssig. Man hätte mehr erreicht, wenn man wirklich Dialoge mit den betroffenen Gebietskörperschaften geführt hätte. Ein einfacher Brief oder ein Telefonat der Ministerin hätte vielleicht viel mehr erreicht.
Aber in 12 Anträgen im Bayerischen Landtag Bitten an die Selbstverwaltung einzubringen, das ist mir einfach zu dünn, Kolleginnen und Kollegen.
Fünf Anträge unterliegen der Einschränkung "im Rahmen vorhandener Stellen und Mittel". Was heißt das? – Herr Seidenath, am 29.06. haben Sie bei der Pressekonferenz 9 Millionen Euro im Nachtragshaushalt für diese Anträge angekündigt. 14 Tage später im Ausschuss war von einem mittleren einstelligen Millionenbetrag die Rede. Sind es nun 4 Millionen, sind es 9 Millionen, ist es vielleicht nur 1 Million, oder sind es 25 Millionen? – Diese Frage können Sie mir hinterher vielleicht noch beantworten. So sicher, wie Sie es darzustellen versuchen, scheint die Finanzierung nicht zu sein.
Dem Antrag auf Drucksache 17/17376, in dem Sie eine Entschlackung der Facharztweiterbildung fordern, können wir nicht zustimmen. Erklären Sie mir das bitte: Was ist eine Entschlackung der Facharztweiterbildung? Wir FREIE WÄHLER wollen auf keinen Fall einen Facharzt light, nicht in der Allgemeinmedizin und auch sonst nirgendwo.
Der zweite Antrag, bei dem wir nicht mitgehen können: Wir haben das Problem, dass junge Ärzte sich nicht in bestimmten Gegenden niederlassen wollen. Sie wollen diese Arztstellen irgendwann ausschreiben. Alleiniges Kriterium in dieser Ausschreibung ist dieses, dass der Arzt mit dem niedrigsten Angebot die Stelle bekommt. Das ist doch kompletter Unsinn. Wir FREIE WÄHLER geben uns nicht dafür her, einem solchen Antrag zuzustimmen.
Wir betrachten die 27 Anträge als Ausdruck des Misstrauens gegenüber der eigenen Ministerin. Das ist viel zu wenig, um den anstehenden Medizinermangel effektiv in den Griff zu bekommen. Wir FREIE WÄHLER stimmen gezwungenermaßen und letztlich mit Bauchgrimmen zu, weil – wie gesagt – die Zielrichtung nicht falsch ist.
Lieber Herr Kollege Vetter, wir haben Ihre überraschend gallige Rede zur Kenntnis genommen. Sie hat eigentlich gar nicht zu dem guten Stil gepasst, den wir im Ausschuss pflegen. Das gilt übrigens auch für die Frage zur Finanzierung, die Sie mir gerade gestellt haben. Das hätte man auch bilateral klären können; wir reden doch hin und wieder einmal miteinander. Mir scheint, dass es Ihnen nicht um die Antwort auf die Frage geht, sondern eigentlich nur um ihre Öffentlichkeitswirkung.
Ich habe mich aber eigentlich wegen Ihres Satzes zum Thema der Zulassungsvoraussetzungen gemeldet. Können Sie mir erklären, wie es ohne mehr Medizinstudienplätze gehen soll, die Zulassungsvoraussetzungen zu ändern, um den NC zu senken? Sie können den NC nur senken, wenn Sie mehr Studienplätze schaffen. Ich habe Ihrem Bundesvorsitzenden bereits beim Fachärztetag gesagt, dass er da bitte einmal an die anderen Bundesländer appellieren soll. Der Freistaat Bayern geht mit gutem Beispiel voran. Noch einmal die Frage: Wie wollen Sie den NC sen
ken, wenn Sie nicht mehr Studienplätze schaffen? Da geht es um das Grundrecht der Berufswahlfreiheit.
Herr Seidenath, ich glaube, es war notwendig, dass wir erst einmal ein bisschen aufwachen. Darum die etwas pointiertere Form meiner Ausdrucksweise. Ich bitte zu entschuldigen, wenn das falsch angekommen ist.
(Markus Rinderspacher (SPD): So weit kommt es noch, Herr Dr. Vetter! Das war alles in Ordnung! – Weitere Zurufe)
Ich glaube, das schadet auch nichts. – Sie haben das mit dem Numerus Clausus immer noch nicht verstanden. Wir wollen kein Absenken der Note, sondern wir wollen, dass in Zukunft diejenigen jungen Leute Medizin studieren, die im Endeffekt in der Praxis und am Krankenhaus am Patienten arbeiten. Wir wollen nicht, dass weiter die falschen Leute Medizin studieren, weil der Arzt mit 1,0 nicht a priori später ein besserer Arzt als der mit 2,0 sein wird.
Das ist der Punkt. Wir wollen so etwas wie soziale Empathie. Es gibt Auswahlverfahren. Wenn die Hochschulen das aufgegriffen hätten, was wir vor eineinhalb Jahren vorgeschlagen haben – wir haben damals eine Gesetzesinitiative ergriffen, die Sie nicht verstanden haben –, hätten wir schon mehr Möglichkeiten, die richtigen Leute für das Medizinstudium auszuwählen. Wir wollen nicht, dass 30, 40, 50 % nach dem Studium in die Pharmaindustrie, zum Versorgungsamt usw. abwandern. Wir wollen die richtigen Medizinstudenten haben, die am Patienten arbeiten.