Protocol of the Session on September 27, 2017

(Beifall bei den GRÜNEN)

Neben der Berücksichtigung unterschiedlicher regionaler Baubedarfe ist auch der Grundsatz "Innen- vor Außenentwicklung" konsequent zu berücksichtigen. Schon um Fläche zu sparen, werden wir deswegen nicht darum herumkommen, gerade in den Ballungsräumen dichter und höher zu bauen, wenn wir mehr Wohnraum schaffen wollen.

Kolleginnen und Kollegen, alles in allem stimmen wir dem Antrag der SPD gern zu. Die Zielrichtung stimmt. Wir bitten gleichzeitig bei allen Fraktionen – nur nicht bei der SPD-Fraktion, die diese schon zugesagt hat – um Unterstützung unseres Antrags. Wir GRÜNE lassen nicht zu, dass Menschen mit geringem Einkommen im Wettbewerb um knappen Wohnraum auf der Strecke bleiben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Glauber von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal und aus meiner Sicht völlig zu Recht diskutieren wir hier über den Sachstand des Wohnungsbaus in Bayern. Richtigerweise wurde von den Vorrednern kritisiert, dass der Freistaat, Herr Staatsminister, seiner Verantwortung nicht im notwendigen Umfang gerecht wird. Seit Jahren wird die Diskussion geführt, inwieweit der Freistaat dieser Aufgabe im Rahmen der Föderalismusreform gerecht wird und sich darum bemüht.

Kollege Lotte, Sie meinten, dass wir FREIE WÄHLER auf den Bund schielten. Nein, wir schielen nicht auf den Bund. Wir nehmen die Verantwortung des Freistaats sehr ernst. Immer wieder haben wir eingefordert, dass es mindestens 600 Millionen Euro sein müssen, um die in Bayern benötigten Wohnungsbauzahlen zu realisieren. Herr Staatsminister, uns müsste zu denken geben, dass wir einen ganzen Blumenstrauß an notwendigen Maßnahmen haben. Das sage ich bewusst; wir haben auch auf Bundesinitiativen verwiesen.

Sie waren bei den Regionalkonferenzen in den Regierungsbezirken und haben den Wohnraumpakt vorgestellt. In diesem Jahr ist die Wohnbautätigkeit um 2 % zurückgegangen. Dieser Wohnraumpakt greift also nicht. Im ersten Halbjahr waren wir bei 35.000 genehmigten Wohnungen. Wir sind also nicht bei den benötigten 100.000 Wohnungen, sondern kommen bei rückläufigen Genehmigungszahlen am Ende auf maximal 70.000. Das Parlament muss also seine Verantwortung ernst nehmen und hierbei aktiv werden, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wenn wir 600 Millionen Euro einfordern, ist das so. Dann können Sie sich in der CSU-Fraktion auch nicht wegducken. Wir haben den niedrigsten Haushaltstitel für die soziale Wohnraumförderung, den man sich überhaupt seit der Föderalismusreform vorstellen kann. Sie haben den niedrigsten Ansatz eingestellt. Sie wissen genau: Die Wahlergebnisse spiegeln auch wider, dass Wohnraum immer mehr zu einem Gut für Reiche und Besserverdienende wird. Damit wird sozialer Sprengstoff generiert. Das Parlament muss in dieser Sache endlich tätig werden. Auch Sie als Staatsminister müssen das Thema aktiver in den Fokus rücken. Das ist die Aufgabe des Freistaats und damit eine originär bayerische Aufgabe.

Natürlich stehen auch noch andere Punkte in unserem Antrag. Wenn die Jamaikakoalition auf Bundesebene kommt, wird man sehen, was aus der Förderung für junge Familien und was aus dem Baukindergeld werden wird. Wir fordern ganz klar, dass junge Familien unterstützt werden, dass man wie früher eine Eigenheimzulage, ein Baukindergeld installiert, um junge Familien beim Eigentumserwerb zu unterstützen. Das ist die beste Altersvorsorge überhaupt.

Kolleginnen und Kollegen, zur steuerlichen Förderung frage ich Sie: Wo ist denn die degressive Abschreibung? Wir wollen neben staatlichen Mitteln auch privates Kapital. Das ist dringend notwendig. Wir können nicht immer nur den Staat verpflichten. Wir sind der Meinung, dass sich Staat und private Investoren ergänzen sollten und dass privates Geld zur Entschärfung der Situation beitragen könnte. Aber dazu ist es notwendig, dass wir endlich nicht nur Sonntagsreden halten, sondern wieder eine degressive Abschreibung beim Wohnungsbau einführen. Sie werden sehen: Das wird deutliche positive Effekte haben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Immer wieder wird davon gesprochen, wie wir Bauland bekommen. Das ist der Fall, wenn wir Grundbesitzern die Möglichkeit eröffnen, dass die Einnahmen

aus dem Verkauf des Baulands vielleicht nicht sofort steuerlich voll abzugsfähig sind, sondern dort entsprechende Möglichkeiten schaffen. Dabei eröffnet die Fantasie vielfältige Möglichkeiten.

Aus meiner Sicht ist es notwendig, dass wir darüber nachdenken, wie wir steuerlich mit den Grundbesitzern umgehen, damit wir mehr Bauland bekommen. Gerade in den Metropolen beträgt der Baulandpreis oftmals mehr als das Hundertfache von dem, was in vielen anderen Regionen Bayerns bezahlt werden muss.

Wir brauchen, Kolleginnen und Kollegen – dabei bleiben wir auch immer noch – keine Verschärfung des Mietrechts, weil eine Verschärfung des Mietrechts gerade in den Ballungszentren nichts gebracht hat. Sie erwähnen das Thema schon gar nicht mehr, Herr Kollege Lotte, weil es eben auch ein stumpfes Schwert geworden ist. Alle diese Ideen mit der Verschärfung des Mietrechts haben doch nicht geholfen.

(Zuruf des Abgeordneten Andreas Lotte (SPD))

Jetzt schütteln Sie wieder den Kopf. Dann schauen Sie sich den Erstbezugspreis an. Der Vermieter weiß genau, dass die Deckelung über die Mietpreisbremse hohe Gewinne nicht mehr erzielen lässt. Also sind die Erstbezugspreise in schwindelerregende Höhen gestiegen.

(Zuruf des Abgeordneten Andreas Lotte (SPD))

Das ist ein Ausfluss der Tatsache, dass wir eine Mietpreisbremse haben. Und wir werden keine privaten Investoren hinzugewinnen, wenn wir letztendlich mit der Mietpreisbremse arbeiten.

Also von daher: Wenn wir seitens des Staates wirklich positiv auf den Markt einwirken und gleichzeitig privates Kapital hinzugewinnen wollen, dann müssen wir Abstand nehmen von solchen Instrumenten, die dem Markt eigentlich nicht helfen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von der SPD)

Ein Weiteres, Kolleginnen und Kollegen. Wie oft müssen wir hier noch kundtun, dass die Verschärfung der Energieeinsparverordnung schon nicht mehr darstellbar ist? Das ist für mich gängige Praxis im Berufsleben. Ich verstehe nicht mehr, warum wir noch einmal über die Verschärfung nachdenken. Sie schafft keinen Mehrwert an Wohnraum und nur minimale weitere Einsparungen in der Energiegewinnung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir müssen doch ganz andere Wege gehen und zum Beispiel Normenauflagen steigern.

Vom Kollegen Mistol ist völlig zu Recht angesprochen worden, dass wir ins Baurecht gehen müssen. Wir müssen uns in den Ballungszentren darüber Gedanken machen, wie wir in manchen Gebieten höher bauen können. Wir müssen über das Baurecht gehen. Auch müssen wir letztendlich mit Bund und Land versuchen, auf die Kommunen einzuwirken, dass dort das Baurecht soweit geändert wird, dass dichter und höher gebaut werden kann. In den Ballungsräumen führt das zu deutlicher Entspannung.

Also noch einmal: Wir wollen uns nicht nur auf Bundesprogramme stützen. Wir brauchen den Bund, wir brauchen das Land. Nur Hand in Hand mit Bund und Land werden wir eine wirkliche Verbesserung bekommen. Stimmen Sie unserem Antrag zu. Es ist eine Zusammenstellung dessen, was notwendig wäre, um den Wohnungsmarkt deutlich zu entspannen und Wohnraum nicht zum Luxusgut werden zu lassen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Rotter von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Lotte! Ich kann Ihnen gerne bescheinigen, dass Sie mit diesem Dringlichkeitsantrag einen neuen Rekord im Recyceln alter Anträge aufgestellt haben.

(Margit Wild (SPD): Weil das Thema wichtig ist!)

Frau Kollegin Wild, das kann man auch nicht mit der Bedeutung des Themas entschuldigen. Wir sind es gewohnt, dass in gewissen Abständen – so alle Jahre wieder – irgendwelche wichtigen Themen wieder kommen.

(Zuruf der Abgeordneten Margit Wild (SPD))

Jetzt hören Sie mir erst einmal zu; reden Sie nicht dazwischen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

In diesem Fall haben wir beispielsweise den Bau von 100.000 Wohnungen im Jahr in der letzten Sitzung des federführenden Wirtschaftsausschusses vor der heurigen Sommerpause abgelehnt. Der Antrag kommt irgendwann, wenn mitberatende Ausschüsse darüber befunden haben, hier ins Plenum. Sie überholen sich

jetzt praktisch selbst damit. Das Gleiche gilt auch für die staatliche Wohnungsbaugesellschaft. Diesen Vorschlag hat der federführende Haushaltsausschuss am 22.06.2017 abgelehnt, und wir haben es morgen im Wirtschaftsausschuss als mitberatender Ausschuss auf der Tagesordnung.

Bei allem, was recht ist und bei aller Bedeutung des Themas: Selbst wenn wir das gleiche Thema jeden Monat hier wieder beraten und dann auch mit demselben Ergebnis darüber abstimmen, erhöhen wir die Kapazitäten der Bauwirtschaft nicht in geringster Weise und tun deswegen auch nichts dafür.

(Beifall bei der CSU)

Sie geben mir jedoch zumindest Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass wir mitnichten Versäumnisse – die Sprache hat etwas zugelegt, muss man sagen – historischen Ausmaßes bei diesem Thema haben. Das gilt für Bayern mit Sicherheit nicht, wenngleich Sie natürlich recht haben, wenn Sie sagen, dass die Mietpreise bei uns bundesweit rekordverdächtig sind und auch die Zahl der Wohnungen, die fehlen, hier größer ist als in anderen Regionen Deutschlands. Aber das liegt daran, dass die Wirtschaft bei uns boomt, dass wir Zuzugsland sind und dass das insbesondere für den ganzen Ballungsraum München gilt, während die Leute aus anderen Regionen wegziehen, weil sie dort keine Arbeitsplätze haben. Deswegen, weil man in Leipzig, in Greifswald oder Eisenhüttenstadt Leerstände und hier in München ein Unterangebot an Wohnungen hat, von einem ausgeglichenen Wohnungsmarkt zu sprechen, das wäre natürlich verkehrt, und das tun wir auch nicht.

Aber wir haben mit dem Wohnungspakt Bayern 28.000 neue staatlich geförderte Wohnungen im Visier, die bis 2019 entstehen sollen. Wir geben dafür 2,6 Milliarden Euro aus. Der Erfolg kann sich bereits jetzt sehen lassen. 2016 war für die staatliche Wohnraumförderung das erfolgreichste Jahr seit Langem. Wir konnten den Neubau von 3.330 Mietwohnungen und damit um 75,5 % mehr als im Vorjahr fördern, und weitere knapp 800 Wohnungen wurden durch das kommunale Wohnraumförderungsprogramm unterstützt, das Sie immer wieder kritisieren. Aber auch das läuft gut an.

Ich sehe das gerade in kleineren Kommunen, die einen rührigen Bürgermeister haben, der in der Lage ist, so etwas umzusetzen. Kritisiert und gejammert wird in Mittelstädten, die zwar ganz ordentliche Verwaltungen haben, aber mit dem Thema natürlich lange Zeit nicht beschäftigt waren. Die sollten sich an den kleineren Kommunen auf dem Land einmal ein Beispiel nehmen.

Es ist so, dass wir mit 6,26 Millionen Wohnungen ein neues Allzeithoch erreicht haben. Dass der Bedarf immer noch weiter steigt, als die Anzahl der Wohnungen zunimmt, ist leider eine Tatsache. Das muss ich auch einräumen. Es liegt aber auch daran, dass wir gerade in Großstädten mittlerweile deutlich mehr als 50 % Single-Haushalte haben. Von daher ist der Wohnungsbedarf natürlich enorm, und wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um dem entsprechend Rechnung zu tragen. Die Baufreigabe von 74.000 Wohnungen, die wir im Jahr 2016 erreicht haben, ist die höchste Zahl eines Jahres seit 1999.

Wenn diese Zahl jetzt – darauf hat Kollege Glauber hingewiesen – im ersten Halbjahr 2017 in Bayern um 1 % zurückgegangen ist, dann sind wir im Bundesdurchschnitt deswegen noch an der Spitze, weil der Rückgang bei uns am Geringsten ist. Im Übrigen: Nach diesem Hoch im vergangenen Jahr sollten wir nicht darauf schließen, dass es im zweiten Halbjahr nicht nochmals besser werden kann.

Herr Glauber, ich bin Ihrer Meinung und habe es auch immer wieder gesagt, dass der soziale Wohnungsbau allein kein Allheilmittel für den steigenden Bedarf an Wohnraum ist. Der Großteil der benötigten Wohnungen muss von privaten Investoren und von Wohnungsunternehmen gebaut und frei finanziert werden. Damit das Bauen allerdings für diese weiterhin interessant bleibt, müssen wir darauf achten, dass die Baukosten nicht weiter steigen. Vor allem die Erweiterung und Einführung neuer energetischer Standards – das ist nicht neu; das diskutieren wir schon seit zwei oder drei Jahren – haben die Baukosten stark in die Höhe getrieben.

Ich kritisiere das jetzt wieder, was ich schon wiederholt getan habe. Doch die Argumente sind nicht immer neu – das ist klar –, bei Ihnen im Übrigen auch nicht, obwohl Sie den Punkt immer wieder auf die Tagesordnung setzen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die Argumente bleiben richtig!)

Es war auf Bundesebene sicher falsch, dass man das Bau- und Umweltministerium zusammengelegt hat, weil hier die Abteilung Bauen immer untergegangen ist. Sie haben deswegen mit Ihren eigenen Argumenten in dieser Abteilung des Ministeriums selbst gesagt, dass wir die EnEV nicht immer weiter verschärfen dürfen, weil wir dadurch das Bauen unwirtschaftlich machen, und dass wir nur mit einem Riesenaufwand eine minimale weitere Einsparung gewinnen können. Dass diese Praxis Unsinn ist, das haben wir stets kritisiert.

Von daher hoffe ich, dass die neue Bundesregierung, wie immer sie sich auch zusammensetzen mag, diese Fehlentwicklung beendet. Ich wäre sehr für ein eigenes Bauministerium, damit wir dem Bauen auch die Bedeutung geben können, die ihm zukommt.

Grundvoraussetzung für die Schaffung von Wohnraum ist natürlich die Bereitstellung ausreichender Bauflächen. Da sind in erster Linie – auch das ist nicht neu – Städte und Gemeinden im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit in der Verantwortung. Die Aktivierung vorhandenen Baulands ist dabei erste Wahl.