Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/18247, das ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – SPD-Fraktion, Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Danke schön. Gegenstimmen? – Das sind die CSU-Fraktion und Fraktion der FREIEN WÄHLER und Kollege Felbinger (fraktionslos). Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keiner Stimmenthaltung ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/18266, das ist der Antrag der SPD-Fraktion, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – CSU-Fraktion, die Fraktionen der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Kollege Felbinger (fraktionslos). Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/18267, das ist der Antrag der Fraktion FREIE WÄHLER, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die CSUFraktion, die SPD-Fraktion, die Fraktion der FREIEN WÄHLER, die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Kollege Felbinger (fraktionslos). Gibt es Gegenstimmen? – Keine Gegenstimme. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Damit ist dem Dringlichkeitsantrag Rechnung getragen worden und er ist angenommen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Josef Zellmeier u. a. und Fraktion (CSU) Keine Ausweitung von Eurozone und Schengenraum (Drs. 17/18248)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Europa zusammenführen, das Vereinte Europa stärken (Drs. 17/18268)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Schengenraum und Eurozone schützen: Bayerns Möglichkeiten ausschöpfen (Drs. 17/18269)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben damit begonnen, das europäische Dach zu reparieren. Wir müssen das europäische Haus jetzt fertigstellen, da die Sonne scheint und solange sie scheint. Das hat Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der Europäischen Union gesagt.
Die Menschen nehmen die Situation der Europäischen Union in meinen Augen aber völlig anders wahr. Sie haben das Gefühl, dass es dem europäischen Haus am Fundament fehlt, ja, dass es manchmal weniger ein Haus ist, sondern oftmals eher einem Luftschloss gleicht.
Lassen Sie mich eines klar sagen: Natürlich stehen wir zu dem einzigartigen Friedens- und Freiheitsprojekt der Europäischen Union. Die Zusammenarbeit in der Europäischen Union ist für uns nichts anderes als die Lehre aus der Geschichte. Genau deswegen ist für uns auch klar: Wir stehen zu Europa, und wir stehen zur Europäischen Union. Wir müssen die Europäische Union wieder besser machen, damit sie Vertrauen bei den Menschen zurückgewinnt. Die Europäische Union muss endlich auch die richtigen Prioritäten setzen.
Da gilt es jetzt eben nicht, weitere Erweiterungsfantasien zu fabrizieren, sondern die EU in ihrem Bestand zu konsolidieren. Wir müssen auch schauen, was den Menschen auf den Nägeln brennt. Das vordergründige Problem hierbei ist doch nicht, dass es noch nicht genug Länder im Schengenraum gibt, nein, die Außengrenzen sind jetzt schon nicht ausreichend geschützt. Wir können doch in dieser Situation nicht noch mehr Länder in den Schengenraum aufnehmen, die wieder nicht in der Lage sind, unsere Außengrenzen ausreichend zu schützen. Die Europäische Union
Solange Schengen nicht funktioniert, kann Schengen auch nicht erweitert werden. Präsident Juncker hat seine Forderung nach der Ausweitung des Schengenraums nicht einmal näher begründet. Er hat ohne nähere Begründung gefordert, den Schengenraum für Rumänien und Bulgarien unverzüglich zu öffnen.
Herr Kollege Rinderspacher, von Ihrer Seite sind ja auch schon Anträge gestellt worden, die mehr Umverteilung in Richtung Rumänien und Bulgarien forderten, weil die Menschen dort in einer schwierigen sozialen Lage seien und diese Länder Schwierigkeiten in ihren Strukturen haben. Im Übrigen kommt die Armutsmigration nach Deutschland hauptsächlich auch aus diesen Ländern. Deshalb ist es mir unerklärlich, wie diese Länder die finanziellen und organisatorischen Mittel aufbringen sollen, um die Außengrenzen des Schengenraums besser schützen zu können. Hinzu kommen die Nachrichten, wonach die Migranten neuerdings den Weg über das Schwarze Meer suchen. Eine Ausweitung des Schengenraums um Rumänien und Bulgarien wäre zum jetzigen Zeitpunkt unverantwortlich und ist unter keinen Umständen zu akzeptieren.
Lassen Sie uns noch einmal auf die Situation während des Flüchtlingsstromes 2015/2016 schauen. Hat Schengen damals funktioniert? – Vor drei Jahren haben wir gemerkt, für wie viele Probleme Schengen gesorgt hat. Sollte unsere Antwort nun wirklich sein, dass der Schengenraum größer werden muss? – Das ist doch grotesk. Bayern hat die richtigen Schlüsse aus dem Jahr 2015 gezogen. Wir haben die Schleierfahndung massiv ausgeweitet. Wir haben nach harter Arbeit mit dem bisherigen Koalitionspartner in der Bundesregierung auch die Grenzkontrollen eingeführt. Wir stehen dafür, dass die Schleierfahndungen und die Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums weiterhin aufrechterhalten werden.
Die Zahlen geben uns auch recht. Allein von Januar bis Juli 2017 hat die Polizei an den Grenzübergängen auf der A 8, der A 3 und der A 93 über 2.000 Personen aufgegriffen, die unerlaubt einreisen wollten. Außerdem wurden 165 Schleuser festgesetzt. Zusätzlich hat die Polizei über 1.200 Straftaten von Passfälschungen bis hin zu Diebstählen und Rauschgiftdelikten aufgeklärt. Hinzu kamen über 6.000 Personen, nach denen aus den verschiedensten Gründen poli
zeilich gefahndet wurde. Diese Zahlen sprechen für sich. Sie deuten auch darauf hin, dass die Grenzkontrollen an den EU-Außengrenzen in keiner Weise zufriedenstellend sind. Solange dies der Fall ist, müssen die Binnengrenzkontrollen aufrechterhalten werden. Dieses Vorgehen ist im Übrigen auch höchstrichterlich bestätigt worden und nach dem geltenden Recht möglich. In so einer Situation kann es nicht sein, dass weitere Länder in den Schengen-Raum aufgenommen werden. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Erweiterung der Eurozone.
Schauen wir uns die aktuelle Lage einmal an: Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Tschechien und Ungarn erfüllen die Konvergenzkriterien nicht. Juncker schlägt ein sogenanntes Euro-Vorbereitungsinstrument vor, das diesen Ländern finanzielle Heranführungshilfen bietet. Das erweckt den Eindruck, als gäbe es bislang keine Instrumente, um Strukturschwächen in der EU zu beheben. Genau das ist aber falsch. Wir haben in der Europäischen Union die Instrumente, um die Strukturschwächen zu beheben. Die EU stellt in der Regional- und Kohäsionspolitik in der aktuellen Förderphase bis zum Jahr 2020 rund 352 Milliarden Euro zur Verfügung. Das Geld ist auf den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung mit circa 277 Milliarden Euro und den Kohäsionsfonds mit etwa 75 Milliarden Euro aufgeteilt. Daneben stellt der Europäische Sozialfonds rund 120 Milliarden Euro zur Verfügung. Auch in der Europäischen Jugendinitiative werden 7,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. 26 Milliarden Euro gibt es über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen. In der Summe sind dies über 500 Milliarden Euro zur Bekämpfung der strukturellen Unterschiede. Es gibt auch noch den sogenannten Juncker-Fonds, mit dem durch einen Beitrag der Europäischen Investitionsbank in Höhe von 7,5 Milliarden Euro weitere Investitionen in Höhe von 500 Milliarden Euro generiert werden können.
Diese Gelder sind dafür da, damit die Länder die Kriterien erfüllen können. Wie bereits erwähnt, sind diese Gelder ausreichend. Wenn 500 Milliarden Euro nicht ausreichen, dann liegt das nicht am Geld, dann liegt der Fehler woanders. Europa leidet zum Teil bis heute an einer zu schnellen Ausweitung der Eurozone, wie sie in der Vergangenheit geschehen ist. Länder, die die Kriterien über Jahre hinweg nicht erfüllt haben, waren eine Ursache für die Eurokrise. Aus diesen Fehlern müssen wir lernen. Wir müssen erst die Probleme lösen, die momentan in der Eurozone bestehen. Anschließend können wir über weitere Aufnahmen nachdenken. Italien und Spanien sind noch nicht vollständig über den Berg. Auch Griechenland bleibt ein Sorgenkind.
Die Wirtschaftskraft in den Ländern der Eurozone muss dauerhaft stabil sein, und das Wachstum muss weiter nach oben gearbeitet werden. Langfristig sollen weitere Länder eine Beitrittsperspektive haben, aber nur, wenn sie die Kriterien erfüllen. Wir brauchen kein Europa der Fantasten. Wir brauchen ein Europa der Realisten. Deshalb ist unsere Haltung klar: keine Ausweitung von Eurozone und Schengenraum.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CSU, wir fordern Sie auf: Hören Sie damit auf, europafeindliche Ressentiments zu schüren. Dies schadet Europa. Dies schadet unserer Zukunft, und es schadet auch den Menschen in Bayern. Und es zahlt sich für Sie, wie Sie letzten Sonntag bemerkt haben dürften, nicht einmal an der Wahlurne aus.
Wir fordern Sie auf: Verweigern Sie sich nicht länger einer Mitarbeit an einem Europa für morgen. Ich bitte Sie: Führen Sie die Debatten, die Sie bisher geführt haben, beispielsweise mit Jean-Claude Juncker, mit Herrn Oettinger oder mit der ÖVP-Fraktion im Europaparlament. Auffallend ist, dass hier in Bayern völlig andere Töne als auf Europaebene angeschlagen werden. Erkennen Sie zumindest an, dass das, was EUKommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede vom 13.09.2017 zur Lage der Union mit dem Titel "Den Wind in unseren Segeln nutzen" zum Schengenraum und zur Eurozone ausführte, nichts anderes ist, als die Beschreibung der derzeitig geltenden Rechtslage.
Die Rechtslage lautet: Wer die Kriterien erfüllt, hat das Recht beizutreten und soll auch beitreten dürfen. Eine Erweiterung des Schengenraums um Staaten, die letztendlich etwas abrunden, und um Staaten, die die Beitrittskriterien erfüllen, ist durchaus auch im Interesse unserer Sicherheit und der Sicherheit Europas. Es macht keinen Sinn, in Europa eine gespaltene Sicherheit zu haben. Wer die Kriterien erfüllt, soll beitreten dürfen. Ich denke, es wäre sinnvoll, Herrn Juncker einmal in den Bayerischen Landtag einzuladen, um diese Fragen zu diskutieren. Vielleicht wäre es auch sinnvoll, Herrn Oettinger einzuladen, um mit ihm zu sprechen. Herr Oettinger wird etwas ganz anderes
Ihr Antrag zeigt, dass Sie nicht an einem Europa für morgen mitarbeiten wollen. Sie wollen lediglich die gegenwärtige Verfassung Europas infrage stellen. Dabei müssten auch Sie wissen, dass nur ein starkes, gefestigtes und vereintes Europa die zukünftigen Herausforderungen stemmen kann. Die zukünftigen Herausforderungen sind: die Klimakrise, Fragen der Migration, Fragen der Globalisierung, Fragen der Steuerkriminalität großer und international agierender Konzerne, Fragen der inneren Sicherheit und der Bekämpfung des Terrorismus, Fragen der Fluchtursachen und deren Bekämpfung. Dies alles bewältigen nur wir gemeinsam und geeint und nicht im Isolationismus.
Wir brauchen eine Verbesserung der Zusammenarbeit in Europa, das heißt eine Verbesserung der Zusammenarbeit der unterschiedlichen europäischen Staaten, um unsere Probleme, die wir in Europa haben, besser bekämpfen zu können. Es sind Probleme beispielsweise des steigenden Gefälles zwischen Arm und Reich zwischen den Ländern und auch innerhalb der Länder.
Ich habe gestern Abend einen erschütternden Bericht über die Situation armer Menschen in Ungarn gesehen und über die Art und Weise, wie dieser Staat Ungarn mit diesen armen Menschen umgeht. Sie können sich nicht vorstellen, welche Gesetze dort mittlerweile herrschen. Ich bitte Sie, arbeiten Sie mit denen mit, die die Probleme nicht wegdrücken wollen, die Arme nicht ausgrenzen wollen, sondern mit denen, die die Probleme überwinden wollen. Solche Akteure gibt es Gott sei Dank in Europa mehrere. Es ist sinnvoll, jetzt darüber nachzudenken, wie man mit der Verbesserung von Bildung und der Verbesserung der Grundlage für Innovationen in Europa, einer Verbesserung der Innovationskraft in Europa an der Stärkung Europas arbeiten kann.
Mit Ihrem Antrag machen Sie Europa nicht krisenfester und nicht sicherer und nicht besser. Die strukturellen Unterschiede in Europa abzubauen, muss aber auch in unserem Interesse liegen. Das geht bei Ihrem Isolationismus nicht.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fragen, wie wir mit dem Schengenraum und wie wir mit dem Euro umgehen und was wir zu dem sagen, was die politischen Eliten hier in Europa abliefern, haben Sie in Ihren Anträgen thematisch zu fassen versucht.
Gleich vorneweg Folgendes: Unser Antrag zielt darauf ab, das zu tun, was Bayern tun könnte. Natürlich ist es wichtig, auch an Europa herumzukritisieren. Aber ich frage lieber, welche Möglichkeiten wir haben.
Erster Punkt. Wir müssen im Bereich der Grenzen die Schleierfahndung intensivieren. Das sagt Ihnen die Grenzpolizei, und das sagen Ihnen die Menschen vor Ort. Sie fordern zwei- bis dreihundert Personen mehr, um auch nachts flächendeckend Streife fahren zu können. Diese Zahl habe ich mir nicht aus dem Finger gesaugt, sondern sie stammen von einem Polizisten, der mit dieser Sache zu tun hat. Bayern müsste hier mehr Personal liefern, um wenigstens hinter der Grenze diejenigen abzufangen, die über die Grenze kommen.
Zweiter Punkt. Da bedauere ich, dass der Innenminister und der Herr Ministerpräsident nicht da sind. Ich hätte beide gefragt, was sie in die Wege geleitet haben, um die Grenzkontrollen im deutsch-österreichischen Grenzgebiet verlängern zu dürfen. Damals war der Aufschrei aus Bayern berechtigt, als es hieß, zum November werden die Grenzkontrollen beendet. Dann kam relativ überraschend von einer EU-Sprecherin die Aussage, es müsste eben ein Antrag auf Verlängerung gestellt werden. Die machen das nicht von sich aus, sondern wir als Bayern müssen im Zusammenwirken mit der Bundesrepublik beweisen, dass hier weiterhin Gefahr im Verzug droht. Wir müssen beweisen, dass hier Gefahr für die innere Sicherheit droht, und dann müssen wir diese Zahlen melden und müssen versuchen, Zustimmung dafür zu erhalten, dass die Grenzkontrollen, die unzweifelhaft wichtig sind, erhalten bleiben. Es geht nicht, nur in diese Richtung zu schimpfen; denn dann wird uns entgegengehalten, dass noch kein Antrag vorliegt. Soweit ich weiß, ist bis dato in Brüssel nichts eingegangen, was fundiert genug wäre, um zu beweisen, dass wir die Grenzkontrollen brauchen. Wir als Bayern müssen unsere Hausaufgaben machen. Das ist aber bisher in dieser Form nicht erfolgt.
Dritter Punkt. Auch die CSU-Abgeordneten in Berlin haben bis dato allen EU-Rettungsschirmen zugestimmt, die sie jetzt zu Recht als Destabilisierung des Euro in den Raum stellen. Wir sind dagegen, Rumä
nen und Bulgaren aufzunehmen. Sie haben es noch nicht im Kreuz. Wir können sie nicht in den Schengenraum aufnehmen, weil sonst nur die Außengrenzen bei Rumänien und Bulgarien überwunden werden müssten, wenn es um illegale Zuwanderer geht. Wir sind inhaltlich hier an Ihrer Seite, fordern aber, dass Sie das tun müssen, was Sie können. Sie müssen Ihren Abgeordneten in Berlin sagen, wie sie bei diesen Themen künftig abstimmen sollen.