Ich wiederhole den Satz, den ich beim letzten Meinungsaustausch hier im Plenum gesagt habe: Die CSU-Fraktion ist der Fußkranke bei der G-9-Völkerwanderung. Sie sind als Letzte von allen hier ins Ziel gekommen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Aber Schwamm drüber. Jetzt haben wir ein Gesetz. Es bietet Vorteile. Vorteile sind erstens, dass es da ist, zweitens, dass ein Qualitätsanspruch sichergestellt werden soll – dafür stehe ich auch; das ist ganz wichtig –, und drittens, dass es gleich mit zwei Klassen beginnen soll, nämlich mit der 5. und der 6. Klasse. Ein vierter Vorteil ist, dass auch Lehrer zur Verfügung gestellt werden sollen, im Moment mindestens 1.000. Wir FREIE WÄHLER und ich glauben, dass mehr notwendig sind. Fünftens wird Flexibilität angemahnt und in das Gesetz auch eingebaut. Ein weiterer Vorteil ist sicherlich, dass der Nachmittagsunterricht reduziert wird.
Aber es gibt auch Probleme. Das erste Problem: Die Stundenentlastung ist relativ gering. Herr Lederer hat in seiner Rede mehrfach von mehr Zeit und auch von mehr Individualität gesprochen. Ich habe mich über diese Begrifflichkeit gewundert. Er hätte beinah Ghostwriter unseres Volksbegehrens sein können. In Ihrer heutigen Rede, lieber Kollege Lederer, habe ich so viel gefunden, was auch in der Begründung des Volksbegehrens der FREIEN WÄHLER stand: mehr Zeit, mehr Individualität, mehr Flexibilität, mehr Heterogenität – alles eins zu eins.
Ein weiterer Punkt ist die Überholspur. Grundsätzlich sind wir dafür, aber ich habe den Eindruck, nur die High Performer, wie man sie heute nennt, sind dafür geeignet; denn man muss die Entscheidung schon sehr früh, wohl in der 8. Klasse, fällen, und dann wohl auch nur nach Leistung.
Ich will im Gymnasium nicht nur nach Leistung entschieden haben, wer das achtjährige und wer das neunjährige Gymnasium absolviert. Hierbei geht es durchaus auch um andere Prinzipien.
Was uns aber ganz wichtig ist: Einige bleiben auf der Strecke, nämlich jene, die jetzt schon in der 5. und in der 6. Klasse sind und sich schon seit Jahren ein neunjähriges Gymnasium wünschen. Hierzu gibt es eine Petition, die schon 5.000 Leute unterzeichnet haben. Ich bitte darum, sich noch einmal Gedanken darüber zu machen und nachzubessern.
Alles in allem – hier kann ich mich im Grunde genommen bei der Seehofer-Regierung bedanken – ist es der Wankelmut dieser Regierung, der das neunjährige Gymnasium möglich gemacht hat. Es ist der Wankelmut Horst Seehofers, der einmal so und einmal so entscheidet. Das letzte Beispiel – das haben Sie alle mitbekommen – ist die Tram in München. Auch da "wankelt" er herum, aber beim G 9 ist er nun in die richtige Richtung "gewankelt".
Wir als FREIE WÄHLER sind dafür und werden dieses Gesetz positiv begleiten. Es wird aber keine 25 Jahre halten. Es war schon schlimm genug, dass Sie als CSU 15 Jahre Unruhe am Gymnasium geschaffen haben: G 9 weg – G 8 hin – G 9 zurück. Das darf es nicht wieder geben. Gut, dass es jetzt das neunjährige Gymnasium gibt. Wir werden es begleiten, weil wir es auch angestoßen haben. – Danke schön.
Bevor ich Herrn Kollegen Gehring das Wort erteile, weise ich darauf hin, dass Tagesordnungspunkt 2 c heute nicht mehr aufgerufen werden wird. Für weitere Erste Lesungen wird die Zeit heute zu knapp. Aber die Zeit bis zum Sitzungsende werden wir noch für die Behandlung der Tagesordnungspunkte 3 und 4 nutzen. Danach haben wir noch die Tagesordnungspunkte 6 und 7, jeweils Zweite Lesungen ohne Aussprache, zur Auswahl. Wir werden schauen, wie wir mit der Zeit hinkommen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das G 8 fällt, das G 9 kommt. Endlich! Das ist ein guter Tag für die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer und die Eltern in Bayern.
Schauen wir uns die Geschichte noch einmal kurz an. Da war ein Ministerpräsident, der das Thema vom Tisch haben wollte. Da war ein Minister, der war orien
tierungslos und führungsschwach und wurde letztlich von der Fraktion und vom Ministerpräsidenten gedemütigt. Das passiert ja öfter, wie wir heute im "Münchner Merkur" nachlesen können. Und da war eine CSU-Fraktion, die war hartleibig. Sie war unfähig, die Fehler aus der Stoiber-Zeit zu korrigieren, und sie hat nicht hingehört, was an den Schulen vor Ort geredet worden ist, wo die Eltern, die Lehrerinnen und Lehrer und die Schülerinnen und Schüler der Schuh gedrückt hat.
Mit Hängen und Würgen kamen nun die Entscheidung für das G 9 und der heutige Gesetzentwurf. Dies ist ein Erfolg für die Schülerinnen und Schüler, für die Eltern, es ist ein Erfolg für die Lehrerverbände. Ich denke an den Philologenverband, in dem sich die Basis durchgesetzt hat, an den BLLV und die GEW, die sich inhaltlich eingebracht haben, ich denke an die LandesschülerInnenvereinigung, und ich denke auch an die Landes-Eltern-Vereinigung, die spät, aber dann mit einer eindrucksvollen Umfrage gezeigt hat: Die Eltern wollen das G 9, und sie wollen es nicht nach dem – damaligen – Modell des Kultusministeriums, sondern nach dem Modell, wie wir es vorgeschlagen haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich nehme schon in Anspruch, dass wir als Fraktion der GRÜNEN mit unserer Auftaktpressekonferenz im Januar dieses Jahres einige Benchmarks für dieses G 9 gesetzt haben, für ein grundständiges neunjähriges Gymnasium mit einer Verkürzungsmöglichkeit in der 11. Klasse, und nur dort – es gab zuvor andere Modelle, die diskutiert wurden –, aber mit einem Begleiten dieses Verkürzens, mit mehr politischer Bildung, mit mehr digitaler Bildung. 1.000 Lehrerstellen haben wir genannt. Sie stehen jetzt im Gesetzentwurf. Auch müssen die Kosten für die Kommunen übernommen werden. Wir werden sehen, bei welcher Summe wir uns am Ende treffen. – Insoweit haben wir ganz klar die Richtlinien aufgezeigt, wie dieses Gesetz geschrieben werden muss. Einiges findet sich in diesem Gesetzentwurf wieder.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Staatsregierung, Sie sind bei der Reform des Gymnasiums auf halbem Wege stehen geblieben, vor allem dort, wo es um die Qualität des Lehrens geht, wo es um besseres Lernen geht. Deswegen kann diesem G 9 nicht der Begriff "neu" zugebilligt werden. Das ist noch kein neues G 9; das ist zum Teil noch das alte G 9, bei
So verstehe ich nicht, warum Sie weiterhin in der 6. Klasse mit der zweiten Fremdsprache beginnen. Das ist im G 8 vor allem ein Problem für viele Jungen, aber auch für etliche Schülerinnen gewesen. Warum Sie diesen Stolperstein beibehalten, verstehe ich einfach nicht.
Des Weiteren haben Sie die Probleme in der Mittelstufe nicht gelöst. Die Mittelstufe leidet an ihrer Fächervielfalt, an zu vielen Prüfungen, an zu vielen einstündigen Fächern, an zu vielen kleinen Fächern und ermöglicht kein Lernen im Zusammenhang, und das in einem tollen Alter, in der Pubertät, wo man sich am stärksten die Sinnfrage stellt. Genau in diesem Alter wird der Lernstoff in sinnlosen Einzelhäppchen präsentiert und nicht so, dass die Schülerinnen und Schüler etwas damit anfangen können und es verstehen können. Deswegen brauchen wir eine Reform der Mittelstufe mit anderen Lernformen, mit überfachlichem Lernen, mit Projektlernen, vor allem mit mehr selbstständigem Lernen, damit unsere Mittelstufenschülerinnen und -schüler wieder motivierter in die Schule gehen.
Unklar ist noch, wie es mit dem Mehr an politischer Bildung aussieht, mit dem Mehr an digitaler Bildung. Einige Begriffe verstehe ich auch nicht so recht. So heißt es zum Beispiel, die Intensivierungsstunden blieben in einem bestimmen Umfang erhalten. Ja – bestimmt oder unbestimmt?
Außerdem hat dieser Gesetzentwurf einen Kardinalfehler: Sie gehen das Thema Oberstufe nicht an. Die Reform der Oberstufe bleibt aus. Dort bestehen aber die tatsächlichen Qualitätsprobleme. Reden Sie mit den Leuten von den Hochschulen, gerade von den mathematischen, von den naturwissenschaftlichen Fakultäten. Dort sieht man, dass die Abschaffung der Leistungskurse für das Niveau, das die Leute vom Abitur mitbringen, fatal war. Wir brauchen unbedingt diese Reform der Oberstufe, wenn wir in Zukunft ein bayerisches Abitur mit Qualität haben wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bildung heißt eben nicht nur längere Schulzeit, Bildung heißt auch, dass man sich vertieft in etwas einarbeitet. Diese Tiefe fehlt noch in diesem Gesetzentwurf. Wir werden ihn in den Ausschusssitzungen mit Tiefgang diskutieren.
Danke schön, Herr Kollege Gehring. – Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Bildung und Kultus als federführendem
Meine Damen und Herren, wie vorhin bereits angedeutet, hat die Durchführung weiterer Erster Lesungen heute keinen Sinn mehr. Aber wir können noch einige Tagesordnungspunkte ohne Aussprache erledigen. Schauen wir einfach, wie weit wir bis zum vereinbarten Sitzungsende kommen.
Abstimmung über eine Europaangelegenheit, eine Verfassungsstreitigkeit und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage)
Von der Abstimmung ausgenommen sind die Listennummern 15 und 53. Es sind dies der Antrag der Abgeordneten Scheuenstuhl, von Brunn, Woerlein und anderer (SPD) betreffend "Kinderschutz ernst nehmen – kein Glyphosat-Einsatz auf von Kindern genutzten Flächen" auf der Drucksache 17/17137 und der Antrag der Abgeordneten Schorer-Dremel, Dr. Hünnerkopf, Brendel-Fischer und anderer (CSU) betreffend "Umweltschonender Einsatz von Glyphosat" auf der Drucksache 17/16744. Der Aufruf erfolgt morgen am Ende der Tagesordnung.
Antrag der Abgeordneten Martin Güll, Margit Wild, Dr. Simone Strohmayr u. a. (SPD) Gerechtigkeit. Bildung. Zukunft. Sonderinvestitionsprogramm Ganztag an Schulen (Drs. 17/16649)
ist gesondert abzustimmen, da bei den Ausschussberatungen unterschiedliche Voten der Fraktionen vorliegen.
Der federführende Ausschuss für Bildung und Kultus und die mitberatenden Ausschüsse empfehlen die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD und FREIE WÄHLER. Gegenstimmen, bitte! – CSU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Frau Stamm, ist das eine Enthaltung?
(Günther Felbinger (fraktionslos): Das ist eine Enthaltung! – Zuruf von der SPD: Fragen Sie jetzt einzeln?)