Protocol of the Session on May 18, 2017

Das Unternehmen Volvo, eines der innovativsten Unternehmen, ist vor 14 Tagen komplett aus der Dieseltechnologie ausgestiegen. Die Firma Volvo wird keine weitere Dieseltechnologie entwickeln. Ich möchte nicht, dass der Diesel aus Deutschland verschwindet. Eineinhalb Jahre lang wurde genug geredet. Wir brauchen jetzt eine Lösung. Die vier Anträge zeigen auch, dass alle Fraktionen der Meinung sind, dass jetzt die Zeit des Handelns gekommen ist.

Schade ist, dass die CSU-Fraktion nicht über einen Berichtsantrag hinausgeht. Die Zahlen der Erkrankten müssten eigentlich ausreichen, um zu handeln. Der Dieselstandort Bayern ist in Gefahr. Dass Sie sich jetzt nur berichten lassen, verstehe ich nicht. Sie sollten schon ein Stück weiter sein. Sie stellen auch den Bundesverkehrsminister.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Trotzdem werden wir Ihrem Antrag zustimmen, weil er ein Berichtsantrag ist. Dem Antrag der Kolleginnen und Kollegen der SPD stimmen wir zu, weil er genau das aufgreift und sagt, die Euro-6-Norm ist erst einmal Sache der Hersteller. Was nach der Gewährleistung ist, müssen wir entwickeln. Hierfür müssen wir eine Lösung finden, ohne Fahrverbote auszusprechen. Wir werden dem SPD-Antrag zustimmen, weil er diese Chance lässt.

Dem Antrag der GRÜNEN würden wir FREIEN WÄHLER von Herzen her gern zustimmen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, Sie fordern, dass für die Nachrüstungen von Diesel-Pkw die Hersteller alle Kosten übernehmen sollen. Das geht so nicht; denn Sie können vom Hersteller nicht ernsthaft verlangen, bei einem 20 Jahre alten Dieselfahrzeug die Nachrüstung vorzunehmen.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Ich weiß, was Sie wollen. Dann schreiben Sie doch in den Antrag, ob Sie die Euro-5-Norm oder die Euro-6-Norm wollen. Das ist alles bekannt. Sie sind im Umweltschutz stark. Schreiben Sie die Standards in den Antrag, aber sagen Sie nicht, dass alle DieselPkw nachgerüstet werden sollten, weil dies sachlich und fachlich falsch ist. Daher müssen wir uns leider bei dem Antrag der GRÜNEN enthalten, auch wenn Sie wahrscheinlich etwas anderes wollen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Bevor ich den nächsten Redner, Herrn Kollegen Ganserer, ans Rednerpult bitte, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Fraktion der FREIEN WÄHLER für ihren Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Bitte, Herr Kollege Ganserer.

(Vom Redner nicht au- torisiert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kündige an dieser Stelle an, dass wir zu unserem Antrag ebenfalls namentliche Abstimmung beantragen. Die Begründung werde ich Ihnen in meiner Rede noch nachliefern.

Es gibt ein Recht auf Unversehrtheit der Gesundheit. Es gibt aber kein Recht auf Luftverschmutzung, auf Manipulation und Betrug.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In Deutschland müssen laut dem renommierten MaxPlanck-Institut jährlich 7.000 Menschen aufgrund der verkehrsbedingten Luftverschmutzung vorzeitig ihr Leben lassen. Das heißt, in Deutschland stirbt fast

jede Stunde ein Mensch an den Folgen der Abgase von Autos.

(Zuruf von der CSU: Das ist Angstmache!)

Das ist keine Angstmache, sondern das sind Fakten. Diese Fakten sollten Sie sich zu Gemüte führen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das heißt auch, die giftigen Abgase aus den Verbrennungsmotoren fordern doppelt so viele Verkehrstote wie die Verkehrsunfälle. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit hat die EU für die giftigen Luftschadstoffe, für Feinstaub und Stickoxide, Grenzwerte eingeführt. Diese Grenzwerte sind mittlerweile seit sieben Jahren, seit 2010, scharf gestellt. Obwohl klar ist, dass der Verkehr Hauptverursacher für die Luftschadstoffe ist und dass in deutschen und bayerischen Städten die Grenzwerte seit Jahren kontinuierlich gerissen werden, hat es die CSU-Regierung versäumt, Maßnahmen zur Verbesserung der Luft, zur Reduzierung der Verkehrsbelastung und somit für den Erhalt lebenswerter Städte zu ergreifen. Die CSU hat stattdessen gehofft, dass es die Technik schon richten werde, dass sich mit der Euro-5-Norm und der Euro-6-Norm das Problem der Luftschadstoffe sozusagen in Luft auflösen werde. Aber diese Hoffnung ist jetzt wie eine Seifenblase geplatzt.

Erst mit der Enthüllung der US-Umweltbehörde ist gezeigt worden, dass die gezielten Manipulationen der Autoindustrie Fakt sind. Diese Tatsache hätten die Verantwortlichen seit Jahren wissen können und wissen müssen. Der Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages hat an den Tag gebracht, dass offenkundig seit zehn Jahren die Verantwortlichen der zuständigen Behörden und der Bundesregierung von der Tatsache gewusst haben, dass Dieselfahrzeuge die Grenzwerte zwar auf dem Prüfstand einhalten, in der Realität aber um ein Vielfaches überschreiten. Nicht nur VW hat bei den Abgassystemen manipuliert und bei der Prüfung getrickst, sondern nahezu die gesamte Branche.

(Zuruf von der CSU)

Laut Umweltbundesamt stoßen die relativ modernen Euro-5-Fahrzeuge im Realbetrieb das Fünffache des zulässigen Grenzwertes aus. Damit sind die modernen Euro-5-Fahrzeuge im Realbetrieb noch dreckiger als die alten Euro-3-Fahrzeuge. Nach der Euro-6Norm überschreiten im Durchschnitt alle Fahrzeuge den zulässigen Grenzwert um das Sechsfache. Laut Deutscher Umwelthilfe werden in Einzelfällen die Grenzwerte sogar um das Siebzehnfache überschritten.

Schlussfolgerungen und inhaltliche Konsequenzen: leider Fehlanzeige. Es war Ihr verantwortlicher CSUBundesverkehrsminister Dobrindt, der auf "Minister Ahnungslos" macht und beim Dieselskandal für organisiertes Politikversagen sorgt. Die CSU-Staatsregierung verliert in Sachen Luftreinhaltung seit Jahren einen Prozess nach dem anderen. Sie verletzt seit Jahren geltendes EU-Recht. Inzwischen hat die EUKommission die letzte Mahnung ausgesprochen und gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. An der blauen Plakette wird deswegen kein Weg vorbeiführen. Dazu werden uns bereits in kurzer Zeit die EU-Kommission und nationale Gerichte, auch deutsche Gerichte, zwingen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Das Maßnahmenbündel, über das Sie in Ihrem Antrag berichten wollen, geht in die richtige Richtung. Aber es handelt sich leider Gottes nur um einen Bericht. Das heißt also nicht, dass Sie Maßnahmen ergreifen. Das Schlimme ist: Diese Maßnahmen kommen um weit mehr als ein Jahrzehnt zu spät. Ihre Ignoranz wird Ihnen jetzt auf die Füße fallen. Die Maßnahmen, die Sie fordern und die richtig sind, fordern wir bereits seit zehn Jahren immer wieder ein. Da hätten Sie besser auf unsere Ratschläge gehört.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Weil wir die Autofahrer und die Kommunen nicht im Regen stehen lassen wollen, müssen die Fahrzeuge, die draußen unterwegs sind, von den Herstellern nachgerüstet werden, damit sie die gültigen Grenzwerte auch im Realbetrieb einhalten. Das heißt, der Euro-5-Pkw muss den Euro-5-Grenzwert, der Euro-6Pkw den Euro-6-Grenzwert einhalten. Daran führt kein Weg vorbei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich warne eindringlich davor, und zwar alle hier im Hohen Haus versammelten Fraktionen, die Zeche für den gezielten Betrug der Automobilindustrie den deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aufbrummen zu wollen. Es kann nicht angehen, dass eine ganze Branche betrügt, manipuliert und am Ende mit einem zusätzlichen Nachrüstgeschäft auf Kosten der Steuerzahler belohnt wird. Deswegen fordern wir in aller Deutlichkeit, dass diese Nachrüstung die Automobilbranche zu finanzieren hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dieser Punkt in dieser Deutlichkeit fehlt leider in den Anträgen der anderen Fraktionen. Deswegen können wir uns bei den Anträgen der SPD, der FREIEN WÄHLER und der CSU nur enthalten. Wir haben namentli

che Abstimmung beantragt, um zu dokumentieren, ob Sie bereit sind, diese Kosten den Verursachern aufzubrummen, oder ob Sie am Ende die deutschen Steuerzahler dafür bluten lassen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Bitte, bleiben Sie am Rednerpult; denn es liegt eine Zwischenbemerkung des Kollegen Straub vor.

Sehr geehrter Herr Kollege Ganserer, es ist erstaunlich, wie Sie hier über die deutsche Automobilindustrie reden. Sie haben hier von einer deutschen Schlüsseltechnologie gesprochen und gesagt, dass alle betrogen hätten. Ich weise diese Behauptung ganz stark zurück. Es gab Betrugsfälle, aber im Bayerischen Landtag die ganze deutsche Autoindustrie des Betrugs zu beschuldigen, ist ein absoluter Skandal.

(Beifall bei der CSU)

Wir hatten heute viele soziale Themen, bei denen Sie sehr gerne Geld verteilen. Aber Sie sollten einmal daran denken, woher das Geld kommt. Dieses Geld wird im Wesentlichen durch die deutsche Automobilindustrie erwirtschaftet. Ich würde mir hier im Bayerischen Landtag schon eine Differenzierung wünschen.

(Beifall bei der CSU)

(Vom Redner nicht au- torisiert) Es ist offenkundig, dass die Grenzwerte von nahezu allen Herstellern und allen Modellen am Rollstand eingehalten, jedoch in der Praxis um ein Vielfaches überstiegen werden.

(Zurufe von der CSU – Unruhe – Glocke der Prä- sidentin)

Sie sind seit zwölf Jahren in der Bundesregierung und stellen seit zehn Jahren den Bundesverkehrsminister.

(Anhaltende Unruhe)

Meine Herren, ich bitte um etwas mehr Ruhe. So unwichtig ist das Thema nun auch wieder nicht.

(Vom Redner nicht au- torisiert) Sie haben sich zehn Jahre lang von der gesamten Automobilbranche an der Nase herumführen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bitte darum, sich etwas zusammenzunehmen. Dort oben sitzen lauter Schulklassen. Wir sind eigentlich Vorbilder. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Roos.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie so oft ist es die Sozialdemokratie, die scheinbar sehr weit auseinanderliegende Positionen wieder miteinander versöhnen muss.

(Zurufe von der CSU: Oh!)

Wir müssen für den notwendigen Grad an Differenziertheit bei diesem sensiblen Thema sorgen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das tun wir auch, egal ob Sie sich vom rechten oder linken Rand äußern und egal, ob man sehr gründlich mit dem Thema vertraut ist oder nur oberflächlich.

Die Überschrift unseres Antrags lautet: "Emissionsarme Diesel-Pkw durchsetzen und Fahrverbote verhindern". Übersetzt heißt das: Weder Diesel-Bashing noch Industrie-Bashing noch einseitige Schuldzuweisungen und Radikallösungen sind das Gebot der Stunde. Angesichts der Dimension der Herausforderungen müssen wir das Problem Abgase mit Augenmaß angehen.

Einerseits müssen die Großstädte handeln und die EU-Rechtsprechung, die bundesdeutsche Rechtsprechung und auch die bayerische Rechtsprechung umsetzen. Hamburg ist nach Stuttgart und München eine der letzten großen Kommunen, die gesagt hat: Wir müssen etwas tun, notfalls Fahrverbote verhängen. Andererseits hilft es überhaupt nicht, das zur rein kommunalen Angelegenheit zu machen. Sowohl die staatliche als auch die kommunale Ebene sind betroffen und müssen lösungsorientiert handeln.

Der Vorsitzende des zweitgrößten Automobilclubs in Deutschland, des ACE – Auto Club Europa –, Stefan Heimlich sagt: