Daher begrüßen wir ausdrücklich dieses Pilotprojekt "Anzeige Rettungsgasse in Streckenbeeinflussungsanlagen zur Verbesserung der Rettungsgassenbildung" auf der A 8 und ersuchen die Staatsregierung mit unserem Dringlichkeitsantrag, bei der Auswertung der Erkenntnisse die Erfahrungen der verschiedenen Hilfsorganisationen einzubeziehen und dem Bayerischen Landtag darüber zu berichten.
Des Weiteren soll in diesem Zusammenhang darauf hingewirkt werden, die Information zur Rettungsgasse über Navigationssysteme einzupflegen. Dies geschieht bereits. Wir sind aber der Meinung, dass dies weiterhin und verstärkt gemacht werden soll. Außerdem sollen im Rundfunk umfassende Informationen platziert werden.
Schließlich bitten wir darum zu prüfen, ob der Bußgeldkatalog zu erweitern ist, um Verstöße von Kraftfahrern bei Nichtbeachtung der Rettungsgasse stärker ahnden und eine präventive Wirkung verstärken zu können.
Die beiden nachgezogenen Dringlichkeitsanträge von den GRÜNEN und der SPD werden wir ablehnen. Der SPD-Antrag ist wortgleich mit einem von drei Rettungsgassen-Anträgen, die bereits gestern im Innenausschuss behandelt und abgelehnt worden sind. Ich habe schon ausgeführt, dass die Staatsregierung das, was dort gefordert wird – soweit wir es als sinnvoll ansehen – bereits erledigt. Vergleichbares gilt für den Antrag der GRÜNEN. Zu dem Thema Gaffer habe ich vorhin schon auf den Gesetzentwurf der Landesregierung Niedersachsen hingewiesen. Die pauschale Erhöhung der Bußgelder sehen wir als problematisch an. Es gilt erst einmal zu prüfen, inwieweit das in das System des Bußgeldkataloges hineinpasst. Wir werden diese beiden Anträge daher ablehnen.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Herr Kollege Mistol das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Nach einem Unfall zählt jede Minute: denn jede Minute erhöht die Überlebenschance von Unfallopfern. Das zügige Bilden einer Rettungsgasse entscheidet
im schlimmsten Fall über Leben und Tod von Unfallopfern. Wir wissen, nur mit einer durchgehend befahrbaren Rettungsgasse können Rettungskräfte ungehindert und somit schnellstmöglich die Rettungsstelle erreichen.
Die Praxis zeigt aber – das habe ich erst gestern wieder auf der Autobahn erlebt –, dass es bei der Bildung von Rettungsgassen immer wieder zu Problemen kommt, mit denen die Rettungskräfte dann bei Einsatzfahrten konfrontiert sind. Das kommt beispielsweise vor, weil Kraftfahrer zu spät reagieren oder die Rettungsgasse an der falschen Stelle gebildet wird. Oder die Rettungsgasse wird nicht schon bei Staubildung gebildet – auch das ist oft sehr wichtig –, sondern erst bei Eintreffen der Einsatzfahrzeuge, wenn es oft schon zu spät ist. Diese Situation wird oft dadurch verschärft, dass eine steigende Zahl von Gaffern an der Unfallstelle mit Mobiltelefonen filmt, anstatt mitzuhelfen. Schaulustige erschweren oder verhindern in Einzelfällen sogar die Rettung von Verunglückten.
Kolleginnen und Kollegen, das richtige Verhalten zur Bildung einer Rettungsgasse muss stärker in das Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer rücken. Da sind wir uns hier im Hause alle einig, und das hat sich gestern auch bei der Debatte im Innenausschuss gezeigt. Ihre Forderungen, Herr Kollege Rotter, die Sie heute hier formuliert haben und die in Ihrem Dringlichkeitsantrag stehen, sind allerdings nicht neu. Fast habe ich den Eindruck, Sie haben unseren GRÜNEN-Antrag begründet; denn von Gaffern steht in Ihrem Antrag gar nichts drin.
Eigentlich haben Sie unseren Antrag begründet, haben dann aber am Schluss gesagt, Sie lehnen ihn ab. Also ganz stringent war das nicht, was Sie hier vorgetragen haben.
Es hat uns sowieso gewundert, warum Sie diesen Dringlichkeitsantrag gestellt haben. Wie gesagt: Wir haben schon gestern im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport intensiv zu diesem Thema diskutiert. Sie haben alle drei Anträge, die die SPD eingebracht hatte, abgelehnt. Sie haben dann auch sinngemäß gesagt: Warum stellt die SPD Anträge? Das wird doch von der Staatsregierung sowieso alles gemacht. – Nun stellen Sie hier selbst einen Antrag, offensichtlich doch wohl deshalb, weil es nicht so ist, wie das Ihre Kollegen gestern im Innenausschuss dargestellt haben.
Nun aber zum CSU-Antrag. Das Pilotprojekt auf der A 8 ist sicherlich eine wichtige Maßnahme. Was Sie aber konkret beantragen, das haben wir eigentlich
schon 2014 beschlossen, also vor drei Jahren. Übrigens haben wir das auf Ihre Initiative hin beschlossen. Da frage ich mich schon: Fällt Ihnen zum Thema Rettungsgasse nichts Neues ein, Herr Kollege Rotter?
Staatsminister Herrmann verweist immer sehr stolz auf das bayerische Verkehrssicherheitsprogramm 2020. Offensichtlich waren seine bisherigen Bemühungen nicht ausreichend. Feuerwehren, Rettungskräfte, Polizei und andere Hilfsorganisationen klagen nämlich weiterhin über Behinderungen im Einsatz. Sie klagen nicht nur darüber, dass nichts passiert, sondern das Problem wird sogar schlimmer. Es ist nämlich nicht so, dass das Problem rückläufig wäre oder dass man einen Effekt erkennen könnte, dass diese Maßnahmen, die angeblich alle schon auf dem Weg sind – meist sind es nur Pilotprojekte – etwas bewirken. Es passiert nichts, sondern es wird noch schlimmer.
Deshalb haben wir uns gesagt: Nun legen wir GRÜNEN einen eigenen Antrag vor, nachdem die SPD gestern im Innenausschuss ihre Anträge vorgelegt hat und Sie nun einen eigenen Dringlichkeitsantrag eingebracht haben. Wir GRÜNE fordern zur Bewerbung der Rettungsgasse ganz konkret, dass die zur Verfügung stehenden Informationsmedien wie Radio, Navigationssysteme und Apps besser genutzt werden. Das steht im Übrigen nicht in Ihrem Antrag drin, obwohl Sie das in Ihrer Rede gesagt haben, Herr Kollege Rotter. Wir brauchen – auch das ist ganz klar – bundesweite Aufklärungskampagnen. In dieser Frage sind wir uns einig.
Die Verschärfung von Strafen allein wird keine Abschreckung bewirken. Das Bußgeld für das Nichtbilden einer Rettungsgasse sollte erhöht werden; denn 20 Euro sind angesichts der Folgen für die Unfallopfer wirklich lächerlich gering. Schauen wir nach Österreich. Dort ist es ein ganz anderer Betrag. Inzwischen liegt dazu auch eine Bundesratsinitiative aus Niedersachsen vor. Ich kann nur sagen: Bitte zustimmen!
Verschärft werden solche Situationen zunehmend durch die steigende Zahl von Schaulustigen an Unfallstellen, sogenannten Gaffern. Diese filmen lieber an den Unfallstellen mit Mobiltelefonen, anstatt zu helfen. Abgesehen von der Missachtung des Persönlichkeitsrechts der Opfer stellt ein solches Verhalten eine erhebliche Gefahr für die Verunglückten dar. Auch dazu
Abschließend muss ich feststellten, Kolleginnen und Kollegen: Außer bunten Pillen hat Minister Herrmann in Sachen Rettungsgasse und im Hinblick auf die Maßnahmen gegen Gaffer bisher nichts zu bieten. Weil die bunten Pillen aber nicht die gewünschte Wirkung zeigen, brauchen wir eine richtige Medizin. Über das Stadium von Testen und Prüfen sollten wir eigentlich längst hinaus sein. Jetzt geht es um konkrete und flächendeckende Maßnahmen. Hier setzt unser Antrag an, zu dem ich um Zustimmung bitte.
Herr Kollege, wir haben eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Rotter. Wenn Sie also bitte noch einmal zurückkommen.
Geschätzter Herr Kollege Mistol, ich wollte Sie bitten, unseren Antrag noch einmal zu lesen. Sie werden dann nämlich feststellen, dass der Antragstext zu Ihren Ausführungen absolut nicht passt. Wir haben in unserem Antrag nämlich sehr wohl stehen, dass verstärkt und weiterhin darauf hingewirkt wird, dass die Informationen auch in Navigationssysteme einzupflegen und im Rundfunk zu platzieren sind.
Zum Thema Gaffer habe ich mich recht ausführlich mündlich geäußert. Sie haben da wohl nicht zugehört; denn dieses Thema ist dadurch erledigt, dass die niedersächsische Landesregierung über den Bundesrat die Gesetzesinitiative mit Zustimmung des Freistaats Bayern eingebracht hat. Im Übrigen sind wir uns offensichtlich einig, dass dieser Pilotversuch nun dringend gestartet werden soll.
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Kollege Rotter, gerade weil wir uns einig sind, verstehe ich nicht, warum Sie den nachgezogenen Dringlichkeitsanträgen nicht zustimmen. In unserem Antrag steht doch alles drin, was auch Sie gesagt haben.
Ich stelle es noch einmal fest: Das Thema Gaffer haben Sie zwar mündlich zum Besten gegeben, in Ihrem Antrag steht dazu aber kein Wort.
Vielen Dank. – Jetzt hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Schuster das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mit einem gewissen Schmunzeln und Augenzwinkern und mit einer gewissen Verwunderung haben wir gestern Nachmittag zur Kenntnis genommen, dass Sie einen Dringlichkeitsantrag zum Thema Rettungsgasse heute in die Plenardebatte einbringen. Dabei hat die CSU-Fraktion einige Stunden vorher im Innenausschuss unsere drei Anträge krachend abgelehnt.
Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass Sie Angst vor einer negativen Presseberichterstattung hatten und deshalb darauf gekommen sind, das Thema Rettungsgasse heute in die Plenarsitzung einzubringen; denn dieses Thema bewegt die Menschen gerade in einer Zeit, in der es auf die Pfingstferien zugeht, in denen viele Menschen in Urlaub fahren.
Wir werden Ihrem Dringlichkeitsantrag selbstverständlich zustimmen, da er nicht weit entfernt ist von dem Dringlichkeitsantrag, den wir heute ins Plenum eingebracht haben und den Sie gestern im Innenausschuss noch abgelehnt haben. Wir möchten auch eine Aufklärungskampagne zur Rettungsgasse. Wir fordern die Staatsregierung auf, sich im Bundesrat sowie in der Konferenz der Innenminister und Innensenatoren der Länder für eine bundesweite Aufklärungskampagne zur Rettungsgasse einzusetzen. Durch gezielte Informationsangebote für Kinder und Fahranfänger, flächendeckende Plakate und Banner an Autobahnen, bundesweit ausgestrahlte Fernsehspots und Durchsagen im Rundfunk sollen Autofahrer über die Rettungsgasse informiert und an ihre Bildung erinnert werden. Die Gestaltung der Kampagne muss in Kooperation mit den Feuerwehrverbänden, Rettungsdiensten und der Polizei erarbeitet werden. Ziel muss es sein, die Rettungsgasse im Gedächtnis aller Autofahrer zu verankern, um die Anfahrtszeiten zu Unfallstellen zu verkürzen.
Wir meinen, dass diese Initiative im Bundesrat eingebracht werden muss, weil die Aufklärungskampagne bundesweit erfolgen soll. Unserer Meinung nach macht es keinen Sinn, wenn die Länder alleine vor sich hinwurschteln, der Bund aber keine einheitliche Kampagne auf den Weg bringt. Schauen wir zum Beispiel Österreich an, wo das seit Jahren gemacht wird. Dort funktioniert es, in Bayern funktioniert es bisher nicht, auch wenn Sie sagen, dass Sie schon so viel gemacht haben.
Aufklärungsarbeit allein wird aber nicht reichen. Deshalb fordern wir eine maßvolle Ausweitung der Halterhaftung. Sie fordern in Ihrem Antrag zu prüfen, ob der Bußgeldkatalog erweitert werden kann und höhere Strafen aufzuerlegen sind. Dagegen haben wir grundsätzlich nichts, wir sind auch dafür. Das ist kein
Thema. Allerdings stellen wir immer wieder fest, dass höhere Strafen nicht greifen; denn Anzeigen werden oft gar nicht erstattet, weil sie keine Aussicht auf Erfolg haben. Fahrzeughalter können für Vergehen wie das Blockieren der Rettungsgasse nicht belangt werden, wenn man ihnen nicht nachweisen kann, dass sie gefahren sind. Ich nenne dafür einige Beispiele.
25. Februar – Frontalzusammenstoß auf der A 7. Rettungskräfte müssen zur Unfallstelle laufen. Die Feuerwehr gab bekannt, dass keine Anzeigen erfolgten, weil man keine Zeit hatte, die Identitäten festzustellen.
17. März – Ein Bauarbeiter verletzte sich auf der Autobahn. Er war von einem Gerüst gestürzt. 30 Autofahrer blockierten die Rettungsgasse und wollten durchfahren. Feuerwehr und Rettungskräfte mussten fast einen Kilometer laufen. Ausnahmsweise kam es einmal zu Anzeigen, weil frustrierte Feuerwehrleute mit ihren Handys Bilder von den Autonummern gemacht haben.
8. Mai – Nach einem Auffahrunfall auf der A 6 bei Nürnberg mit einem Schwerverletzten blockierten 80 Gaffer den Rettungsdienst und die Feuerwehr und bildeten keine Rettungsgasse. Es blieb nur bei Platzverweisen, weil die Polizeibeamtinnen und -beamten keine Zeit hatten, die Identitäten festzustellen.
10. Mai – Nach einem Unfall in Hessen mit einem Geisterfahrer mit sieben Verletzten, davon drei Kindern, und zwei Schwerverletzten kam der Rettungsdienst nicht schnell genug durch die Rettungsgasse.
In allen diesen Fällen würde die Halterhaftung die Arbeit der Helfer erleichtern. Bei der Halterhaftung wäre es das Mindeste, dem Fahrzeughalter die Kosten für die Ermittlung des Fahrers aufzuerlegen, wenn er nach der Anzeige nicht mitteilt, wer gefahren ist. Das ist nach einer Studie der Bundesanstalt für das Straßenwesen rechtlich möglich. Das haben wir auch gestern im Innenausschuss gefordert, und das wurde von Ihnen abgelehnt.
Außerdem haben wir gestern auch ein Rechtsfahrgebot für Lkws bei Stau gefordert. Die Staatsregierung sollte sich im Bundesrat sowie in der Konferenz der Innenminister und Innensenatoren der Länder für ein Verbot des äußersten linken Fahrstreifens für Lkw über 3,5 Tonnen bei Stau einsetzen. Dadurch soll vermieden werden, dass die Bildung einer Rettungsgasse durch zwei nebeneinander stehende Lkws verhindert wird. Das ist bei zweispurigen Autobahnen ganz wichtig. Auch das haben Sie gestern im Innenausschuss leider abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN zustimmen. Ich bitte aber darum, auch unserem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen und sich die Vorschläge und Informationen, die wir Ihnen gestern im Innenausschuss gegeben haben und die ich Ihnen heute in der Plenardebatte noch einmal gegeben habe, zu überlegen. Diese Vorschläge kommen nicht von mir, Stefan Schuster, oder von der SPD-Fraktion, sondern von der Polizei und von den Feuerwehren. Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der rechten Seite des Hauses, Rettungsgassen sind auch ein Aspekt der inneren Sicherheit.
Für diesen Aspekt der inneren Sicherheit haben Sie meiner Meinung nach bisher viel zu wenig getan. Es wird Zeit, dass Sie in diesem Fall umdenken.