Protocol of the Session on May 18, 2017

Ich verstehe nicht, wie Sie zu der Feststellung kommen, dass in unserem Konzept bzw. in meiner Darlegung die Inhalte fehlen. Da muss ich Ihnen sagen: Sie wollen es einfach nicht verstehen.

(Beifall bei der CSU)

Die nächste Wortmeldung: Kollege Glauber zu einer Zwischenbemerkung.

Herr Kollege Kirchner, ich glaube, Sie und die CSU-Fraktion haben noch nicht verstanden, worum es geht.

(Zurufe von der CSU: Oh! Mein Gott!)

Sie verteidigen hier am Rednerpult die Automobilindustrie und sagen, die Grenzwerte seien eingehalten worden, die vom Kraftfahrt-Bundesamt gefordert wurden. Da muss ich Sie fragen: Haben Sie wirklich die Berichterstattung verfolgt? – Das ist nämlich nicht der Fall. Das Fahrzeug erkennt, dass es auf einem Rollenprüfstand steht, und nur dann, wenn es auf einem Rollenprüfstand steht, kommt es in einen Betriebsmodus, in dem die Abgasreinigung funktioniert. Das ist ein klassischer Betrug. Im Prinzip wird nicht der reale Fahrzustand simuliert.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich als Architekt und meine Handwerker haften für alles, was dem Kunden versprochen wurde. Der Handwerker muss dafür geradestehen. Wenn nicht erfüllt wird, was versprochen wurde, landet der Handwerker vor Gericht und muss diese Leistung dann erbringen.

Hier wird die Automobilindustrie verteidigt. Insbesondere Fahrzeuge in der Euro-6-Norm erfüllen diese Standards nicht. Sie sagen, es sei alles in bester Ordnung. Ich an Ihrer Stelle würde besser einmal nachlesen und nach eineinhalb Jahren nicht noch einmal auf Zeit spielen; denn es hängen wirklich viele Arbeitsplätze in Bayern und Deutschland von dieser Technologie ab. Es geht um die Luftreinhaltung und um die Lebensqualität.

Ich bin froh, dass sich die Umweltministerin nach Bayern-Ei heute endlich auch zu diesem Thema äußert, nach eineinhalb Jahren, und vielleicht auch die Notwendigkeit sieht, dass Bayern handelt, wenn schon der Verkehrsminister in Berlin das nicht erkennt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der GRÜNEN)

Herr Glauber, ich könnte jetzt sagen: Gut gebrüllt! Ich muss Ihnen aber sagen, Sie verdrehen ein bisschen den Sachverhalt und kommen vom Thema ab.

(Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Nein, genau das ist das Thema! Sie haben Scheuklappen auf!)

Nein, genau das ist nicht das Thema. Das Thema ist, dass wir eine Schadstoffbelastung in Städten haben, die an Grenzwerte herankommt, und wir darüber reden müssen, wie wir die Rahmenbedingungen verändern, um dort ein Fahrverbot auszuschließen, bzw. darüber was das Wichtigste ist, um den Menschen Entlastung zu bringen. Wenn Sie das Thema darauf reduzieren wollen, dass irgendwelche Prüfstände, Normen oder Abläufe infrage gestellt werden,

muss ich sagen: Das machen andere mit einem anderen technischen Hintergrund, also keine Architekten, sondern Zulassungsstellen, Prüfstellen, Ingenieure. Überlassen Sie denen die Arbeit und die Urteile den Juristen und Richtern, und stellen Sie sich hier nicht hin und machen so einen Käse!

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei den FREI- EN WÄHLERN)

Nächste Rednerin ist Frau Staatsministerin Scharf.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, über eines sind wir uns hier im Hohen Haus vollkommen einig: Wir alle wollen saubere Luft in unseren Städten, und zwar nicht nur in den Parks und in den Wohnbereichen, sondern überall in den Städten.

Die Frage, die sich stellt, ist tatsächlich die, wie wir am besten dorthin kommen: Gehen wir den Weg von Zwang und Verboten, wie ihn die GRÜNEN beschreiten wollen, gehen wir den Weg des hektischen Aktionismus, wie ihn die heutigen Dringlichkeitsanträge vorgeben, oder gehen wir einen Weg der Sachlichkeit und der Vernunft, wie ihn die CSU-Fraktion in ihrem Antrag aufzeigt? Dieser Weg fordert die Verantwortung der Hersteller und technische Innovationen ein und wird vor allem der Lebenswirklichkeit der Menschen in unseren Städten gerecht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir gehen den Weg der Sachlichkeit und Vernunft. Das ist ein Weg der ganz konkreten Schritte und der kontinuierlichen Fortschritte.

Lieber Kollege Ganserer, es ist schon ein wenig abenteuerlich, wenn Sie hier sagen, wir wären untätig und hätten nichts gemacht. Ich darf Ihnen sagen, dass wir in unseren bayerischen Städten derzeit 17 Luftreinhaltepläne haben. Viele davon sind fortgeschrieben und mit neuen Maßnahmen versehen. In München ist die sechste Fortschreibung veröffentlicht; an der siebten wird gearbeitet. In dieser sechsten Fortschreibung stehen: Lkw-Durchfahrtsverbot, Tempolimit am Mittleren Ring, Umweltzone. Nehmen Sie also bitte zur Kenntnis: Das sind die wichtigsten Ergebnisse in diesen Luftreinhalteplänen. Ich sage es noch einmal: Es sind insgesamt 17 in Bayern.

Das ist ein Erfolg einer gemeinsamen Politik der Staatsregierung, der Bezirksregierungen und auch der Städte. Die Verbesserungen sind übrigens messbar, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir halten an allen 54 Luftgütemessstationen in Bayern regelmäßig die Grenzwerte

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

für Schwefeldioxid, für Kohlenmonoxid, für Benzol und für Blei ein. Seit 2012, also seit fünf Jahren, halten wir außerdem in ganz Bayern, also auch in München, den Feinstaubgrenzwert ein. Kolleginnen und Kollegen, auch beim Stickoxid gibt es einen nennenswerten Erfolg: Der Stundenmittelwert von 200 µg darf maximal 18-mal im Kalenderjahr überschritten werden; 2016 lagen wir zum ersten Mal an allen bayerischen Messstationen unter dieser zulässigen Höchstgrenze.

Das Fazit ist also: Die Maßnahmen wirken, und die Luft in Bayern ist gut. Sie wird kontinuierlich besser. Was wir jetzt aussäen, wird in Zukunft eine gute Ernte einbringen. Dazu braucht es aber noch etwas Geduld. Die Euro-6-Normen, die erst seit 2015 für Kfz-Neuzulassungen verbindlich sind, greifen noch nicht. Die Berücksichtigung der Real Driving Emissions – wir hatten das heute schon einmal – greift stufenweise: im September 2017 und noch einmal im Jahr 2019. Das wird sich ganz eklatant auf die Stickoxidbelastung durch Dieselfahrzeuge auswirken und die Werte maßgeblich senken. Dieser Effekt greift aber natürlich erst dann, wenn die Fahrzeugflotte eines Landes weitgehend ausgetauscht ist. Das dauert einige Zeit, und das wird auch nicht gewaltsam zu forcieren sein. Wir brauchen keine pauschalen Einfahrverbote für Dieselfahrzeuge; sie wären nichts anderes als ein gigantisches Stoppschild für weite Teile unserer Bevölkerung.

Es braucht ein strukturiertes und überlegtes Vorgehen. Die Staatsregierung arbeitet derzeit unter Hochdruck an einem Katalog von Maßnahmen zur Minderung der Stickoxidbelastung. Dabei ist unsere Überzeugung, dass wir Innovation statt Fahrverbote brauchen.

Wir sind derzeit intensiv im Gespräch mit der Automobilindustrie. Wir wollen ganz konkret wissen, welche Nachrüstmöglichkeiten es bei der Hardware wie bei der Software gibt, an welchen Fahrzeugen und zu welchen Kosten überhaupt die Nachrüstung durchgeführt werden kann, welche Anreize seitens der Hersteller, aber auch des Staates gesetzt werden können, damit die Bürgerinnen und Bürger überhaupt zu einer Umrüstung bereit sind und sie akzeptieren. Das ist übrigens auch Gegenstand eines Beschlusses der Umweltministerkonferenz von Anfang dieses Monats. Die Umweltministerkonferenz hat die Automobilindustrie, aber auch die EU-Kommission und die Bundesregierung aufgefordert – ich darf sie hier zitieren – zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen, um eine zeitnahe wirksame Reduzierung der tatsächlichen NOX-Emissionen der Fahrzeugflotten zu erzielen, einschließlich einer Verständigung zwischen Bund und Automobilindustrie darüber, wie die Verbraucher von

den Kosten der Nachrüstung tatsächlich entlastet werden können.

Ich glaube, wir alle haben verstanden. Ich komme noch einmal auf unser gemeinsames Ziel, die saubere Luft in unseren Städten, zurück. Wir müssen dabei als Ziel vor Augen haben – die Sache ist auch sehr komplex, nebenbei bemerkt –, dass wir erstens schnellstmöglich Dieselfahrzeuge auf den Markt bringen, die den neuesten und strengsten Anforderungen zur Schadstoffbegrenzung genügen, und dass wir zweitens technologische Innovationen voranbringen, die die Verbreitung emissionsfreier Fahrzeuge wirklich unterstützen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bayerische Staatsregierung braucht dazu keine Nachhilfe von den FREIEN WÄHLERN, auch nicht von den GRÜNEN oder der SPD.

(Beifall bei der CSU)

Die Anträge kommen zu spät und greifen zu kurz. Wir können diesen hochkomplexen Sachverhalt nicht mit Schnellschüssen, mit Dringlichkeitsanträgen erledigen und auch nicht auf die Frage der Nachrüstung reduzieren. Deshalb bitte ich um Ablehnung der drei Dringlichkeitsanträge und komme gerne dem Anliegen der CSU nach, umfassend zu berichten. Das mache ich gerne.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

Ich lasse zunächst in einfacher Form über die beiden Dringlichkeitsanträge der SPD und der CSU abstimmen; danach folgen die namentlichen Abstimmungen über die Dringlichkeitsanträge der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN.

Ich beginne mit der Abstimmung und lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/17006 – das ist der Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion – abstimmen. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die FREIEN WÄHLER. Danke schön. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Danke schön. Stimmenthaltungen? – Stimmenthaltung der Fraktion der GRÜNEN. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Nun lasse ich über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/17007 – das ist der Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion – abstimmen. Wer diesem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – CSU-Fraktion, SPD-Fraktion und Fraktion der FREIEN WÄHLER. Danke schön. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.

Nun lasse ich in namentlicher Form über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/16959 – das ist der Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER – abstimmen. Mit der namentlichen Abstimmung kann begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 15.01 bis 15.06 Uhr)

Die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung. Die Auszählung findet außerhalb des Sitzungssaales statt.

(Unruhe)

Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. Wir fahren mit der nächsten Abstimmung fort. Ich lasse nun in namentlicher Form über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/17005 – das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – abstimmen. Hierfür stehen drei Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 15.06 bis 15.09 Uhr)

Die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung. Die Auszählung findet außerhalb des Sitzungssaales statt.

Wir fahren jetzt in der Tagesordnung fort.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Versprechen halten! Angekündigten Digitalpakt von Bund und Land umsetzen (Drs. 17/16960)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Startschuss #BILDUNG_DIGITAL: Endlich die Finanzierung zwischen Bund und Freistaat klären! (Drs. 17/17008)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist Kollege Gehring.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der digitalen Welt lernen wir, dass es virtuelle Realitäten gibt und dass es digitale Falschnachrichten, sogenannte Hoax, gibt. Wir erleben, dass es sogar virtuelles Geld gibt. Wir wissen aber alle: Die reale Welt zählt. Auch beim Geld ist es so: Wenn ich einen Laptop kaufe, brauche ich für den Kauf reales Geld, egal, ob ich es in der Tasche habe oder ob ich es überweise.

Angesichts dieser virtuellen Welt muss ich an den Digitalpakt denken, den Bundesbildungsministerin Wanka im Oktober aufgesetzt hat, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Bundesbildungsministerin hat im Oktober angekündigt, dass den Bundesländern vom Bund fünf Milliarden Euro für ein Programm zur Verfügung gestellt werden, um die digitale Bildung und die digitale Ausstattung zu finanzieren. Das entspricht auch der Strategie der Kultusministerkonferenz, in der auch unser Kultusminister Mitglied ist. Dort heißt es an einem Punkt: Es ist Aufgabe von Bund, Land und Schulträgern, eine funktionierende und leistungsfähige digitale Infrastruktur für Schulen sowie für Schülerinnen und Schüler aufzubauen. Das sind tolle Projekte. Doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, acht Monate, nachdem die Bildungsministerin dieses Vorhaben angekündigt hat, muss man feststellen, dass kein Geld da ist. Von diesen fünf Milliarden Euro ist nichts zu finden. Vielleicht war es virtuelles Geld – reales Geld ist aber nicht da. Ich meine: eine krasse Fehlanzeige.