Protocol of the Session on January 25, 2012

Meine Damen und Herren, natürlich ist auch das eine Möglichkeit, Geld zu sparen, indem man keine Pläne entwirft. Man sagt: Das Geld würden wir euch ja gern geben, aber wir haben keinen Plan.

Der Breitbandausbau wird sträflich vernachlässigt. Für die Zukunft sehe ich hier genauso düster. Sie haben die Anschlussproblematik nicht erkannt. Es müsste schneller gehen. An der Glasfaser führt kein Weg vorbei. Ihre ganzen Gedankenspielchen greifen leider zu kurz. Ich nenne das Stichwort: Bundesbreitbandprogramm. Die anderen Bundesländer finanzieren wir durch den Länderfinanzausgleich. Den Breitbandausbau können wir uns selber aber angeblich nicht leisten. Wir haben keine Pläne. Hier ist also angesagt, sich um Realitätssinn zu bemühen. Hier ist sehr viel nachzuholen. Es ist sehr wenig passiert. Hier müssen wir eine Schippe drauflegen.

Zur Verkehrsinfrastruktur. Hier ist neben dem Ausbau der Bahn auch das bayerische Staatsstraßennetz in den Blick zu nehmen. Wir haben bundesweit mit das marodeste Staatsstraßennetz. Das hat eine kürzliche Erhebung ergeben. Früher hat man über die Schlaglöcher in den anderen Ländern gelacht. Heute wissen wir selber, wie teuer es ist, wenn man zur Werkstatt muss, weil die Stoßdämpfer kaputt sind. Aber das zahlt heute indirekt der Steuerzahler, weil die Straßen nicht in Ordnung sind.

Hier ist also sehr viel zu tun. Es geht um Substanzerhalt auf breiter Front. Es geht nicht darum, sich kaputtzusparen und irgendwo etwas überzutünchen. Es gab zwar einmal eine Zeit, da hat man übergeteert, ohne dass es nötig war; aber heute werden die Schlaglöcher mit Billigmaßnahmen zugepfuscht, wobei die Löcher nach dem nächsten Winter genauso tief sind wie vorher.

Auf kommunaler und auf Staatsebene kommt es also darauf an, die jetzige Verkehrsinfrastruktur systematisch zu erhalten. Wir werden dann sehen, wie es weitergehen soll.

Wenn Sie von Planungssicherheit reden, muss auch das Thema Landwirtschaft in Verbindung mit den Modulationsgeldern angesprochen werden. Bis heute wissen die Landwirte nicht: Muss sich denn jeder selber beschweren oder einen Widerspruch einlegen, damit er im Falle des Falles die Gelder wiedersieht, die ihm vorenthalten worden sind? Oder wird das zentral von oben erledigt?

Hierzu stellen wir einen Dringlichkeitsantrag. Dabei haben wir die Bitte, dieses Thema im Sinne der Landwirtschaft, der Planungssicherheit und des Vertrauensschutzes zu behandeln. Es darf nicht gedacht wer

den: Hoffentlich merken es die meisten nicht; dann bleibt das Geld bei uns.

Sie haben den Leuten hier schon das Kraut ausgeschüttet, wie man so schön sagt. Damals war das so bei dem Thema Blühflächen. Da haben viele Landwirte Flächen stillgelegt bzw. Blühflächen angelegt. Plötzlich, während der Vertrag galt, hatte es geheißen, Brüssel habe gesagt, es müsse gekürzt werden. Sie haben dann gekürzt. In Wahrheit waren die Verhältnisse aber anders. Die Leute sagen heute: Wir werden ein solches Programm nie wieder eingehen, wenn die Unterschrift nichts mehr gilt und man sich auf die Dinge nicht verlassen kann.

Auch hierzu spreche ich einen Appell aus: Die Leute wollen arbeiten und investieren. Lassen Sie den Leuten diesen Freiraum. Investieren Sie auch in das Vertrauen der Bevölkerung. Das ist ein wichtiger Ansatz.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich greife einen weiteren wichtigen Ansatz auf, der überhaupt noch nicht genannt worden ist. Es geht um das Stichwort "gleichwertige Lebensbedingungen in allen Teilen Bayerns". Sie haben eine Verfassungsänderung angekündigt, die dies aufgreift. Wir reichen Ihnen dabei die Hand. Wir liefern auch gleich das fertige Papier dazu. Damit soll Artikel 3 der Bayerischen Verfassung durch einen Absatz 3 dahin ergänzt werden, dass die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen aufgenommen wird und damit Verfassungsrang bekommt. Wir bitten Sie um die Zustimmung des Parlaments hierzu. Dann können wir relativ schnell das umsetzen, was uns allen so sehr am Herzen liegt. Dann können wir über Parteigrenzen hinweg endlich beweisen, dass wir dieses Ziel haben.

Es ist wichtig, das umzusetzen, was angekündigt ist. Man darf den Leuten nicht immer irgendwelche Versprechungen machen, von denen man, wenn es ernst wird, nichts mehr wissen will. Es geht also nicht nur um Pläne, sondern vor allem darum, sie umzusetzen.

Herr Ministerpräsident, meine Bitte an Sie: Lassen Sie uns hier den Konsens suchen. Lassen Sie uns diese Verfassungsänderung gemeinsam durchbringen. Dies darf nicht an der Frage scheitern, ob man das Projekt den Bürgern vor der Landtagswahl oder parallel dazu vorlegt. Die Leute wollen Pragmatismus. Sie wollen, dass wir vernünftig zusammenarbeiten, statt uns gegenseitig vorzuhalten, welcher Parteifreund in Berlin von wem der Dümmere ist. Denn hier geht es um die Belange Bayerns, darum, Bildung, Kommunales, ländlichen Raum, Infrastruktur, öffentlichen Dienst, Gesundheitspolitik, Sicherstellung der Hausarztversorgung flächendeckend zu organisieren. Es geht nicht darum, in Berlin für einen neuen Art. 73 b im

SGB V bzw. für seine neue Auslegung zu stimmen und damit den Hausärzten das Leben schwer zu machen. Das hätte nur zur Folge, dass man in Bayern darüber jammert, dass niemand mehr Hausarzt werden will.

Irgendwo werden die Weichen gestellt. Sehr häufig geschieht das in Berlin. Aber das ist anscheinend so weit weg, dass die eigenen Parteileute dort gewöhnlich anders stimmen. Ich appelliere an Sie: Nehmen Sie diese Leute zur Brust, damit in Berlin wirklich Interessen Bayerns vertreten werden.

Das Zukunftsprojekt Bayern sollten Sie nicht als das Projekt einer Partei ansehen. Es ist das Projekt der gesamten Politik, das Projekt der gesamten Bürgerschaft. Wir müssen die Bürger wieder mehr einbinden, statt sie wie bei der Polizeistrukturreform vor vollendete Tatsachen zu stellen. Es darf nicht Planungsunsicherheit an allen Orten bestehen. Nehmen Sie die Leute mit! Die Leute wollen arbeiten. Sie können auch arbeiten. Lassen wir sie arbeiten!

(Lang anhaltender Beifall bei den FREIEN WÄH- LERN)

Als Nächste hat Frau Kollegin Margarete Bause das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, als große Rede wurde Ihre Regierungserklärung für heute angekündigt.

(Alfred Sauter (CSU): Das war eine ganz große Rede!)

- Herr Sauter, vielleicht haben Sie an der Rede mitgearbeitet, wenn Sie sie so bewerten. Für mich war diese Regierungserklärung aber nichts anderes als viel Wortgeklingel, viel Prosa, jede Menge Altbekanntes, leider nur sehr wenig Konkretes, wenig Verbindliches und schon gar keine Antwort auf die Zukunftsherausforderungen, vor denen wir stehen: Wie gehen wir mit dem Klimawandel um, wie kommen wir mit der demografischen Entwicklung erfolgreich zurecht oder wie können wir mit unseren natürlichen Ressourcen sparsam umgehen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei Zukunftsperspektiven Fehlanzeige!

Herr Ministerpräsident, Sie sind gerade so schön in ein Gespräch vertieft. Vielleicht haben Sie die Freundlichkeit, mir ein Ohr zu leihen; eines reicht schon. Herr Ministerpräsident, Sie haben wohlklingende Überschriften für Ihre Regierungserklärung gewählt:

Lebensqualität sichern; Zukunft gewinnen. Aufbruch wollen Sie schaffen. Schön wär’s!

(Beifall bei den GRÜNEN)

So wie Sie und Ihr Vize und Ihre ganze Regierung agieren, sind Sie meilenweit davon entfernt, diesen Ansprüchen gerecht zu werden, diese Ziele tatsächlich zu erreichen.

Ich verrate Ihnen etwas, Kolleginnen und Kollegen. Herr Seehofer, wirkliche Politik für Lebensqualität gelingt nur, wenn man grüne Politik macht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da reicht es nicht, sich eine grüne Krawatte umzubinden. Es müssen schon grüne Kompetenz und grüne Substanz vorhanden sein.

Politik zur Lebensqualität gelingt auch nur, wenn man weiß, dass Lebensqualität nicht gleichbedeutend mit grenzenlosem Wirtschaftswachstum ist. Politik für Zukunftsfähigkeit können wir GRÜNE besser. Das haben wir nicht zuletzt mit unserem jahrelangen Einsatz für den Atomausstieg und die Energiewende bewiesen, Kolleginnen und Kollegen von den Schwarzen und den Gelben.

Unter "Aufbruch Bayern" stelle ich mir, ehrlich gesagt, auch etwas anderes vor als einen Ministerpräsidenten, der Dauerkapriolen schlägt, und als einen Vizeministerpräsidenten, der betulich durchs Land zieht.

(Beifall bei den GRÜNEN - Georg Schmid (CSU): Schwacher Beifall!)

Was ist denn nun mit Ihren groß angekündigten Plänen zur Schuldentilgung? Es hieß, Sie würden uns bei der Regierungserklärung sagen, wie Sie dieses hehre Ziel erreichen und wie Sie es anpacken wollen, das heißt, mit welchen Maßnahmen und mit welchen konkreten Schritten. Welche Einschnitte soll es denn wo geben? Dazu haben Sie nichts gesagt. Sie wollen angeblich drastisch sparen, aber das soll niemandem weh tun. Wie soll das denn gehen? Der einzige Vorschlag, der heute von Ihnen zu hören war, war Ihre Klage gegen den Länderfinanzausgleich. Das hören wir seit Jahren von Ihnen, aber Sie wissen ganz genau, dass Sie selbst zugestimmt haben, wie Ihnen das Herr Rinderspacher so schön unter die Nase gerieben hat. Sie wissen auch, dass Sie aus dieser Regelung vor 2019 nicht herauskommen werden und dass Sie die Strukturprobleme des Länderfinanzausgleichs mit der Androhung von Verfassungsklagen nicht lösen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In Ihrer Regierungserklärung haben Sie den schönen Satz "Anpacken statt wehklagen" aufgeführt. Dann sage ich: Packen Sie es doch endlich an und jammern Sie nicht dauernd über den Länderfinanzausgleich.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Setzen Sie sich endlich hin und machen Sie Ihre Hausaufgaben, anstatt sich in ein populistisches Empörungstremolo hineinzusteigern.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Auch wir GRÜNE sind der Auffassung, dass der Länderfinanzausgleich reformiert werden muss. Wenn Sie ein guter Abgeordneter wären, Herr Sauter, und wenn Sie mitbekommen würden, worüber in diesem Hause diskutiert wird, dann wüssten Sie, dass wir GRÜNE diejenigen waren, die vor eineinhalb Jahren einen Antrag zur Reform des Länderfinanzausgleichs gestellt haben. Wir haben gesagt, dass der Länderfinanzausgleich eine Fehlkonstruktion ist, weil er sowohl für die Geberländer als auch für die Nehmerländer keinen Anreiz bietet, effektiver und besser mit den Steuereinnahmen umzugehen, da es sich nicht lohnt, Maßnahmen der Steuereintreibung zu verbessern und die Steuerfahndung auszubauen, da dies den Geberländern abgezogen wird, und die Nehmerländer nichts Zusätzliches erhalten, weil ihnen das, was ihnen auf der einen Seite gegeben wird, auf der anderen Seite wieder abgezogen wird. Dieses System ist also eine Fehlkonstruktion und wir haben das auch mehrfach deutlich gemacht. Wir haben Sie aufgefordert, sich hinzusetzen und Ihre Hausaufgaben zu machen. Kommen Sie endlich zu Potte. 2019 muss das Ding sowieso reformiert werden. Bis heute haben wir von Ihnen keinen Vorschlag gehört und unseren Antrag haben Sie abgelehnt. So geht das nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Auch hier zeigt sich wieder einmal, wer wirklich zukunftsfähige Politik für Bayern macht und wer nur populistische Parolen zu bieten hat. Wenn Herr Dobrindt sich heute dazu versteigt, anderen Bundesländern Misswirtschaft vorzuwerfen, dann frage ich: Wie wäre es denn mit etwas weniger Großmäuligkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie wäre es mit etwas weniger Großmäuligkeit angesichts des 10-Milliarden-Debakels bei der Bayerischen Landesbank? Wie wäre es mit etwas weniger Großmäuligkeit und etwas mehr Einsicht angesichts der millionenschweren Misswirtschaft und Verschleuderung von Steuergeldern beim Flughafen Hof?

(Beifall bei den GRÜNEN - Alexander König (CSU): Das war jetzt aber nicht nett! Sie können ja U- und S-Bahn in München fahren!)

Sie sollten erst einmal vor Ihrer eigenen Haustür kehren und schauen, wo Sie selbst jahrelang Misswirtschaft betrieben haben, nach wie vor betreiben und dies in der Folge des Kabinettsbeschlusses von gestern sogar noch fortsetzen, bevor Sie hier große Töne spucken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es waren übrigens - daran möchte ich erinnern - ausschließlich wir GRÜNE, die diese schwachsinnige Subventionierung des Flughafens Hof seit Jahren angeprangert haben. Wir haben gesagt: Das ist ökonomischer Unsinn und das ist ökologischer Unsinn. Namentlich Kollegin Ulrike Gote hat sich hier von Ihnen schwach anreden lassen müssen, und zwar von Kollegen der CSU und der SPD. Wie sieht es heute aus? Die GRÜNEN verhindern angeblich Infrastrukturprojekte. Was könnten wir denn in der Region Hof an Infrastrukturprojekten wie Bahnverbindungen, wie Kinderbetreuungsmöglichkeiten oder Schulen haben, wenn wir das Geld nicht in diesen Flughafen versenkt, sondern in eine zukunftsfähige Infrastruktur investiert hätten?

(Beifall bei den GRÜNEN - Alexander König (CSU): Da spricht jemand aus Schwabing, der keine Ahnung hat!)

Auch hier zeigt sich, wer etwas von zukunftsfähiger Politik versteht. Es zeigt sich, wer nur auf die alten Rezepte zurückgreift, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. Ich sage: Schuldenabbau ist richtig und wichtig, aber bevor Sie sich, Herr Seehofer, hier als brutalstmöglicher Entschulder aufführen, sollten Sie vielleicht erst einmal schauen, was Sie an verdeckten und versteckten Schulden haben. Wie ist das denn mit dem Pensionsfonds, den Sie nicht mehr bedienen und den Sie jetzt sogar noch abschaffen wollen? Was Ihre Ankündigungen angeht: Ich traue Ihnen keinen Millimeter über den Weg.