Herr Präsident, ich sage knapp zusammengefasst: Die Rolle, die die FDP in Bayern spielt, spielt die CSU in Berlin: Schön reden, nichts bewirken. Liebe Anwesende, wir fordern daher Konversion statt Konversation. Nur dann können wir helfen.
Weitere Wortmeldungen im Rahmen der Aussprache liegen nicht vor. Diese ist damit geschlossen. Eine zusammenfassende Stellungnahme zum Abschluss dieser Regierungserklärung gibt der Herr Ministerpräsident ab. Bitte schön, Herr Seehofer.
Lieber Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dieser Debatte will ich ausnahmsweise am Schluss noch zu fünf Punkten Stellung nehmen, weil dies die Bundeswehr verdient hat.
Hier ist der Eindruck erweckt worden, als könnte man mit der Wehrpflicht wie im Zirkus jonglieren, gerade so, wie es Politikern einfällt. Man will sie abschaffen oder nicht abschaffen oder vielleicht abschaffen. Deshalb liegt mir sehr daran, auf die Grundlage dieser Bundeswehrreform zurückzukommen; denn sie ist die Ausgangslage unserer Diskussion.
Die Bundesregierung hat im August vor einem Jahr eine Sicherheitsanalyse angestellt. Sie wurde Anfang August veröffentlicht. Diese Sicherheitsanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass die internationale und nationale Sicherheitslage einen Eingriff in die Grundfreiheiten junger Menschen im Sinne der Grundwehrpflicht nicht mehr rechtfertigt. Das war das eindeutige Ergebnis der sicherheitspolitischen Analyse. Angesichts dieser sicherheitspolitischen Analyse bleibt der Politik überhaupt keine andere Wahl, als die Grundwehrpflicht abzuschaffen. Das ist eine zwingende verfassungsrechtliche Konsequenz aus der sicherheitspolitischen Analyse der Bundesregierung. Das muss man wissen.
Das ist übrigens der wichtigere Punkt als der so oft diskutierte Gesichtspunkt der Wehrgerechtigkeit. Vor dem Gesichtspunkt der Wehrgerechtigkeit steht die Frage: Darf ich überhaupt in die Grundfreiheiten junger Menschen eingreifen? Dies muss sicherheitspolitisch und sicherheitsanalytisch begründet werden. Diese Begründung war eindeutig. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass sie alle gelesen haben. Seit über einem Jahr weise ich darauf hin. Das wird kaum veröffentlicht. Dass dies so ist, dass die Sicherheitslage in Deutschland und international die Grundwehrpflicht nicht mehr erfordert, verdanken wir in der Nachkriegsgeschichte auch ganz entscheidend der Existenz der Bundeswehr und ihrem Tun. Deshalb möchte ich dieser Bundeswehr auch danken.
Der zweite Punkt betrifft die Folgen der Bundeswehrreform. Herr Gantzer, ich meine jetzt nicht Sie - etwas erstaunt ist man aber schon, wenn man die letzten Jahrzehnte in der Politik erleben durfte: öffentliche Auftritte der Bundeswehr, Gelöbnisse und Kritik an diesen öffentlichen Auftritten. Jedenfalls Teile aus dem linken Lager vergießen jetzt Krokodilstränen über die Zukunft der Bundeswehr.
- Ich habe ausdrücklich gesagt: Sie nicht. Herr Gantzer, ich bitte zuzuhören. Bevor ich diese Passage gebracht habe, habe ich ausdrücklich gesagt: Ich meine Sie nicht. Hier gibt es eine unheimliche Doppelzüngigkeit. Manche machen sich zum Anwalt der Bundeswehr. Ich habe erlebt, was das in der Praxis bedeutet hat, als ich früher als Bundesminister und später als Ministerpräsident an solchen Gelöbnissen teilgenommen und gesehen habe, wer eigentlich da war.
Ich komme jetzt zu den Folgen, die für jeden Ort bedeutsam sind, manchmal sogar bitter, und zwar nicht nur dann bitter, wenn ein Standort geschlossen wird, sondern auch dann, wenn seine Stärke deutlich reduziert wird. Dazu sage ich noch etwas. Wir müssen auch die Proportionen wieder anhand der Realität abwägen. Ich zitiere aus einem Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs des Bundesministers der Verteidigung vom 5. November - auch taufrisch -, der uns darauf hinweist, dass in Bayern circa 50.000 zivile und militärische Posten vorhanden sind. Jetzt beginnt die Schwierigkeit, die Sie gelegentlich mit Brutto und Netto haben, mit Soll und Ist.
Von diesen 50.000 Dienstposten sind aufgrund der wegfallenden Wehrpflicht und anderer Gründe nur 44.000 besetzt. Von dem Soll 50.000 sind nur 44.000 besetzt. Von den 44.000 Posten sollen - das ist der entscheidende Zeitraum - bis zum Jahre 2017 in Bayern 10.000 Dienstposten abgebaut werden. Der Abbau von 2.500 Posten von diesen 10.000 Posten ist bereits von Bundesverteidigungsminister Struck ich nenne Penzing - entschieden worden. Ich sage das nur, damit man wieder die richtigen Größenordnungen vor Augen hat. Hier wird ja mit Zahlen debattiert. In Berlin wird auch viel debattiert, aber in einer Debatte des Deutschen Bundestages werden wenigstens die Fakten noch richtig wiedergegeben. Es ist so, dass 10.000 Posten bis zum Jahre 2017 abgebaut werden; über ein Viertel von diesen 10.000 Posten hat SPD-Verteidigungsminister Struck entschieden. Ich sage das nur, damit wir hinsichtlich der Folgen die richtigen Fakten kennen.
Das relativiert nicht die Betroffenheit vor Ort in den Kommunen, aber das relativiert insgesamt die Betroffenheit Bayerns. Herr Gantzer und andere Redner Herr Pohl hat auch darauf hingewiesen -, ich darf Ihnen sagen: Das, was ich einen Tag vorher den Journalisten gesagt habe, stimmt alles. Wir haben uns massiv, auch ich persönlich, in mehreren Gesprächen mit Thomas de Maizière für die bayerischen Belange eingesetzt.
Abgesehen von diesen netto 7.500 Posten schauen wir uns jetzt einmal an, was aus unseren Grundsätzen geworden ist. Wir haben den ersten Grundsatz "Reduzierung statt Schließung" aufgestellt. Ich kann Ihnen jetzt sagen, wo ich war. Eine der Eigenheiten dieser Debatte ist, dass dem Kollegen Thomas Kreuzer vorgehalten wird, dass diese Regierungserklärung zu früh kommt, weil die Ausplanung noch nicht vorliegt. Gleichzeitig sagt der gleiche Redner der SPD aber, dass sie noch viel früher bei den Standorten waren und mit den Standorten diskutiert haben. Sie waren also schon erleuchtet, wer betroffen sein sollte.
Das ist ein Widerspruch in sich. Wir haben den Grundsatz "Reduzierung statt Schließung". Jetzt messe ich das Ergebnis jenseits der absoluten Zahl, die ich gerade genannt habe, für die Regionen, die in Bayern in den letzten Jahren hinsichtlich der wirtschaftlichen Struktur durchaus aufgeholt haben. Die Schere bei den Arbeitslosenzahlen ist ja immer kleiner geworden. Ich messe das an etwas anderem, nämlich an den Herausforderungen, die diese Regionen im Hinblick auf die Bevölkerungsentwicklung aufgrund der Demografie haben. Das ist der richtige Maßstab, da die Reform ja erst in den nächsten Jahren umgesetzt wird. Ich sage Ihnen: In den Regionen, in denen wir besonders mit der demografischen Entwicklung zu kämpfen haben, wofür die Regionen nichts können, die wir hinsichtlich der Zukunft der ländlichen Räume im Blick haben, waren wir bei der Bundesreform besonders erfolgreich. Ich nenne die Oberpfalz, ich nenne Unterfranken, ich nenne Oberfranken, ich nenne Mittelfranken, ich nenne Niederbayern. Wir haben Wort gehalten, dass an diesen Standorten besonders auf die Struktur der Räume Rücksicht genommen wird. Wir haben Wort gehalten.
Ich bin nicht herumgefahren und habe gesagt: Wie geht’s, welche Beschwerden habt ihr? Ich habe zum Beispiel in Roth etwas gesagt, Kollege Weiß - das war vor einem Bürgermeisterwahlkampf mit all dem Risiko, anschließend Recht zu bekommen; denn wenn man nicht Recht bekommt, bedeutet dies Wortbruch. Ich habe dort in einer Wahlveranstaltung gesagt: Ich werde alles, was in meiner Macht steht, tun, damit der Bundeswehrstandort Roth erhalten bleibt. Das ist nur eines der Beispiele, wo ich Wort gehalten habe. Sie sagen: Bayern hat aber Standorte an außerbayerische Standorte verloren. Herr Pohl, Sie müssten dann aber auch die Kehrseite nennen. Ich nenne nur eines
Ich nenne Ihnen jetzt den größten Erfolg: Die Panzerdivision kommt von Sigmaringen nach Veitshöchheim.
Sie fragen jetzt vielleicht: Wo war da die Leistung? Sigmaringen ist bekanntlich der Wohnort des badenwürttembergischen Ministerpräsidenten - nur damit Sie einmal sehen, dass wir hier durchaus etwas bewegt haben.
Sie machen einen ganz großen Fehler. Sie waren da noch nicht in der Verantwortung, aber die linke Seite könnte durchaus solche Bundeswehrreformen gemacht haben, nach denen man fragt: Wer hat welche Macht? Wer hat welche Stellung? Wer hat welchen Abgeordneten?
Ich sage Ihnen: Diese Reform - und das ist ein ganz großes Lob für beide Verteidigungsminister, die für diese Reform Verantwortung tragen - wurde nach militärfachlichen Gesichtspunkten entschieden. Abgesehen davon hat Kollege Hintersberger recht: Ich möchte keine Landeshauptstadt, in der die Bundeswehr, unsere nationale Armee, nicht vertreten ist. Dieses Angebot der Münchner SPD war unanständig.
(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP - Markus Rinderspacher (SPD): Da waren alle Abgeordneten mit dabei!)
- Schön langsam, Herr Rinderspacher. Seien Sie froh, dass Sie noch im Landtag reden dürfen, außerhalb des Landtags dürfen Sie es sowieso nicht mehr.
Abgesehen davon müssen Sie sich einmal anschauen, ob das, was in München vorhanden ist, militärfachlich zum Beispiel für Kaufbeuren, Kempten usw. infrage käme.
Darum geht es, Herr Pohl, und nicht darum, ob wir es uns wünschen, so einen Mühlstein von einem Punkt zum nächsten zu versetzen. Es muss militärfachlich begründet sein. Und gerade zu diesem Fall hat mir der jetzt amtierende Verteidigungsminister gesagt, dass dies militärfachlich nicht darstellbar ist. Dann
muss man die militärfachlichen Gesichtspunkte auch einmal akzeptieren und darf kein politisches Spiel aus diesen Dingen machen.
Zu den Folgen: Ich nehme Ihr Gesprächsangebot an. Ich hoffe, Sie haben die Zustimmung von allen, die Sie dazu brauchen.
Aber ich bitte Sie auch, Herr Pohl, weil ich das sehr genau verfolge, sich auch dann, wenn es einmal um etwas schwierigere Entscheidungen geht, als Parlamentarier vor Ort zu sagen: Das verantworten wir mit, und nicht nur, wenn es darum geht, schöne Brosamen zu verteilen. Das ist kein echtes Angebot.
Jetzt schauen Sie, wie diskutiert wird, eben leider auch von Ihnen, Herr Gantzer. Da wird auf die Kürzung der Städtebauförderungsmittel hingewiesen. Ich nenne noch einmal den Terminplan: Die Ausplanung dieser Bundeswehrreform erfolgt im Frühjahr 2012. Die Realisierung der Bundeswehrreform beginnt 2013/14, dauert bis zum Jahr 2017, in kleineren Teilen noch über 2017 hinaus. Das ist der Zeitplan. Jetzt müssen Sie mir einmal erklären, wenn eine Reform mit der Stilllegung erst 2013/14 beginnt, warum Sie dann im Bayerischen Landtag mit den Städtebauförderungsmitteln des Jahres 2012 argumentieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CSU und der FDP - Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Das habe ich nicht getan!)