Auf die weiteren Punkte möchte ich nur stichwortartig eingehen. Selbstverständlich ist es notwendig und wichtig - da bin ich d’accord mit meinem Kollegen Gantzer -, dass wir zeitnah die zeitlichen Vorstellungen erfahren - da ist in den letzten Wochen vieles falsch berichtet worden -, wann die letzten Soldaten den einen oder anderen Standort verlassen müssen. Das sind Zeitfenster nicht Wochen oder Monate, sondern über Jahre. Das lässt uns Luft, um die Folgen durch verstärkte zivil-militärische Zusammenarbeit zu kompensieren, auch in Verbünden der Forschung und Entwicklung, in der Ausbildung und durch zivile Umsetzung, zum Beispiel durch Förderprogramme. Der zuständige Bundesbauminister Kollege Ramsauer hat gestern schon dargestellt, dass der Bund über eine Fondslösung Förderprogramme auflegen wird.
Viel wichtiger erscheint mir das, was wir in Ziffer 6 unseres Antrags formulieren. Wir wollen schnell Planungssicherheit für die Kommunen, die bald wissen müssen, wie es mit den militärisch nicht mehr notwendigen Flächen ausschaut. Ich denke dabei zum Beispiel an Kempten. Es ist wichtig, eine schnelle Entscheidung zu treffen, damit die Kommunen diese Flächen günstig für die Stadtentwicklung bekommen und Planungssicherheit haben.
Uns ist der Fortbestand einer wettbewerbsfähigen wehrtechnischen Industrie gerade in Bayern ein großes Anliegen. Dafür wollen wir uns weiter einsetzen. Ich bitte das gesamte Hohe Haus, sich dafür einzusetzen und sich anzustrengen, damit diese strategischen Schlüsseltechnologien und die Kompetenz der Wehrtechnik, von der Panzertechnologie über die Drohnenentwicklung bis hin zur persönlichen Ausrüstung unserer Soldaten bei internationalen Einsätzen, nicht verloren gehen, sondern dass sie in Bayern erhalten und planungssicher weiterentwickelt werden.
Kollege Gantzer, ich bin nicht Ihrer Ansicht, dass die Forderung, ein Reservistenkonzept zu entwickeln, eine Idee der Etappe wäre. Der Vorschlag, ein Heimatschutzregiment mit vier Bataillonsstandorten in den verschiedenen Landesteilen Bayerns aufzustellen, kommt nicht aus der Etappe, sondern aus den engagierten Reservistenkameradschaften. Hier gibt es ein großes ehrenamtliches, engagiertes und gut ausgebildetes Potenzial von Soldatinnen und Soldaten, die sich in der zivil-militärischen Zusammenarbeit bei Katastrophen, bei großen Schadens- oder Unglücksfällen einbringen können. Je schneller dies geschehen kann, desto besser. Den Vorschlag, für Standorte, wo jetzt reduziert wird, wo die Infrastruktur durch Hallen, persönliche Ausrüstung und Fahrzeuge
weiter existiert, wo die Reservisten in der Umgebung wohnen und sich dort auskennen, ein Heimatschutzregiment zu bilden, damit die Reservisten bei Katastropheneinsätzen die Polizei, das THW oder die Feuerwehr unterstützen können, als Idee aus der Etappe abzutun, verstehe ich überhaupt nicht. Wir halten das Konzept für ein Heimatschutzregiment aus Verantwortung in unserem Antrag fest, weil wir wissen, dass es der Bundeswehr aufgrund der Reduzierung der Dienstposten und der Truppenstärke nicht mehr in bisheriger Weise möglich sein wird, im Katastrophenfall einzuspringen.
Ich bleibe dabei: Bayern bleibt ein starker Partner für Deutschlands Sicherheit; Bayern bleibt eine verlässliche Heimat für unsere Bundeswehr. Daher bitte ich Sie, unseren Antrag zu unterstützen.
Vielen Dank, Herr Kollege. Bitte bleiben Sie am Redepult. Herr Kollege Dr. Wengert hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet, bitte schön.
Herr Kollege Hintersberger, Ihre Rechenkünste in allen Ehren, aber sie helfen uns keinen Millimeter weiter. Ihr Dank an den Ministerpräsidenten und Innenminister für deren angeblich erfolgreiches Bemühen um den Standorterhalt in Bayern ist eine grobe Verkennung der Wirklichkeit. Wollen Sie denn angesichts des Verlusts von 60 % der Dienstposten in Schwaben und von 66 % der Dienstposten im Allgäu wirklich die Feststellung in Ihrem Antrag aufrechterhalten, dass die Bundeswehr flächendeckend und - ich denke hier insbesondere an Kaufbeuren - im strukturschwachen Raum präsent bleibt? Wie wollen Sie das den betroffenen Soldatinnen und Soldaten und den zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verkaufen?
Johannes Hintersberger (CSU) : Herr Kollege Dr. Wengert, ich habe eindeutig gesagt, dass es nichts schönzureden gibt. Ich habe aber auch gesagt - das betone ich -, dass bei der notwendigen Reform auch Bayern nicht verschont bleiben wird. Ich habe das zu allen Anträgen und in allen Diskussionen im Hohen Haus deutlich gemacht. Für den Standort Kaufbeuren, dessen Schließung schmerzt, gilt es, sich für alle Instrumentarien einzusetzen, die heute mehrmals erwähnt wurden, von der Zusammenarbeit, Kooperation, Verbundmöglichkeit im zivilen Bereich
mit der Wirtschaft bis hin zu Konversionsprogrammen und zu neuen Funktionsmöglichkeiten, die es möglicherweise geben wird. Dennoch, Kollege Dr. Wengert, bleibe ich dabei, dass "flächendeckend" in Bayern ein Kriterium von den sechs Kriterien des Bundesverteidigungsministers war: Reduzieren vor Schließen. Insgesamt wird es in Bayern die Bundeswehr weiter noch flächendeckend geben. Das ist so, auch wenn es in manchen Teilen - dazu gehört Südschwaben - sehr schmerzliche Einschnitte bis hin zu gänzlichen Auflösungen geben wird.
Erstens. Herr Kollege Hintersberger, meinen Sie tatsächlich, dass der Ministerpräsident gut für Bayern verhandelt hat? - Ich frage Sie das als schwäbischer Kollege. Wir sind besonders betroffen.
Zweitens. Mich hat geschmerzt, dass in Ihrem Redebeitrag Kaufbeuren nicht vorkam, sondern erst auf Nachfrage des Kollegen Dr. Wengert. Sei’s drum. Kann ich davon ausgehen, dass uns Ihre Fraktion in Kaufbeuren bei unseren Bemühungen um eine zivilmilitärische Kooperation unterstützen wird, die in greifbare Nähe gerückt ist? - Der Ministerpräsident hat dies bereits getan.
Drittens. Sie haben zu unserem Antrag nichts gesagt. Ich frage Sie deswegen: Sind Sie mit uns dabei, wenn es darum geht, einen transparenten Prozess der Konversion an den betroffenen Standorten aktiv zu begleiten und diesen Standorten mit Maßnahmen der Strukturförderung eine Zukunft zu geben? - Transparent ist anders, als dies bei der Bundeswehrreform gelaufen ist, die völlig hinter verschlossenen Türen stattfand und uns am 26. Oktober 2011 großenteils sehr überrascht und geschockt hat.
Herr Kollege Pohl, ich habe in meinem Beitrag zum Dringlichkeitsantrag bereits deutlich gemacht, dass wir selbstverständlich für die Standorte, die von Schließungen bzw. massiven Reduzierungen betroffen sind, im Rahmen der Förderprogramme des Punktes 6 unseres Antrags Planungssicherheit für die Liegenschaften vorschlagen, aber auch für eine mögliche zivil-militärische oder militärische Nachnutzung der Teilimmobilien, massiv einbringen werden. Ich denke, die Staatsregierung hat bereits mit dem Oberbürgermeister in Kaufbeuren Gespräche geführt. Die CSU wird Aspekte der Teilnutzung in Betracht ziehen, zum Beispiel
die neue Reservistenkonzeption, um Standorte weiter flächendeckend für die Soldaten in Bayern zu sichern. Das ist wichtig. Entscheidend ist, dass die Bundeswehr den Auftrag, unser Vaterland zu schützen, auch noch morgen und übermorgen optimal erfüllen kann.
Ein weiterer Punkt ist: Wir gehen davon aus, dass Bayern weiterhin Heimat und wichtiger Standort für die Bundeswehr bleiben wird. Dafür steht unser Dringlichkeitsantrag. Alle Punkte, die Sie in Ihren Anträgen in diese Richtung eingebracht haben, gehen in unseren Antrag ein. Von daher bitte ich noch einmal, unseren Antrag einhellig zu unterstützen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich muss Kollegen Hintersberger von der CSU-Fraktion Feuerschutz gewähren.
Dass er als schwäbischer Abgeordneter weiß, dass Schwaben besonders betroffen ist, hat er klar und deutlich zum Ausdruck gebracht. Man kann lobend hervorheben, dass er viel bezüglich der Reform gearbeitet hat und dabei nicht geleitet war von persönlichen Interessen und persönlicher Stimmenmaximierung im Stimmbezirk.
Er hat im Interesse von ganz Bayern gekämpft. Das verdient Lob und Anerkennung und nicht nur Kritik vonseiten der Opposition.
Machen wir uns nichts vor, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Bundeswehrreform war auch in diesem Ausmaß politisch gewollt.
Wir wollten nicht wie die vielen Male zuvor wieder eines der unzähligen Bundeswehrreförmchen haben. Wir sahen eine große Bundeswehrreform als erforderlich und angebracht an. Ich danke Herrn Verteidigungsminister de Maizière sehr herzlich, der vor einem großen Berg an Aufgaben stand. Ich meine, ein so gut bestelltes Haus, wie es Finanzminister Dr. Söder hier in Bayern bekommt, hatte de Maizière in Berlin wahrlich nicht.
Die sachliche und ruhige Art, mit der er diese Aufgabe, bei der man leichter Kritik als Lob einfahren kann, in die Tat umgesetzt hat, verdient auch Lob und Anerkennung.
Zu den Standorten: Wie bei jeder großen Reform gibt es auch hier Licht und Schatten. Wir haben aber auch Positives zu vermelden. Ich erachte es als erwähnenswert und hervorhebenswert, dass Veitshöchheim als Standort für das Divisionskommando in Bayern gehalten werden konnte und zugleich das Kommando der Süddivision des Heeres nun nach Bayern umgesiedelt wurde. Das hat militärisch keine großen Auswirkungen. Als bayerischer Politiker darf man das aber lobend erwähnen. Wir haben auch, wie es die FDP-Fraktion bereits im Januar in einem Positionspapier gefordert hat, erreicht, dass die strukturell schwächeren Regionen vor allem entlang der bayerischtschechischen Grenze verschont blieben, so weit es geht. Wir haben sogar Aufstockungen zu verzeichnen, wie in Weiden oder in Cham.
Die andere Seite der Medaille ist, dass wir auch schmerzliche Verluste haben. Deswegen ist es für die Politik umso wichtiger, dass vor allem für die Orte und Regionen, die von den Verlusten betroffen sind, schnelle, sichere und vor allem individuelle und passgenaue Kompensations- und Förderprogramme schnellstmöglich umgesetzt werden.
- Was das heißt? - Es fällt mir nicht schwer, das darzulegen, weil der Wirtschaftsminister meiner Partei angehört. Ich nenne beispielsweise die Bemühungen des bayerischen Wirtschaftsministeriums, mit dem Programm "Invest in Bavaria" internationale Investoren an freigewordene Flächen in Bayern zu ziehen.
- Nach Bayern in seiner Gänze, aber auch nach Oberbayern, beispielsweise in die Stadt München, wo interessante Flächen frei werden. Die können gewerblich genutzt werden, sie werden aber auch für den Wohnungsbau benötigt. Auch das verdient einmal ein Lob. Das kann vonseiten der Opposition nicht immer nur schlechtgeredet werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt für die Wirtschaft: Ich weiß, es ist nicht so attraktiv, über die wehrtechnische
Industrie zu sprechen, wie über den einen oder anderen zivilen Industriezweig. Aber auch in der wehrtechnischen Industrie, gerade in Bayern, geht es um Tausende von Arbeitsplätzen.
- Das sind doch Tausende, oder ist die bayerische Schulbildung so schlecht, dass ich nicht mehr eins und eins zusammenzählen kann?
Auch hier geht es um Tausende von Arbeitsplätzen. Es ist Aufgabe der Politik - und das fordere ich in Richtung Berlin und Bonn -, dass für die bayerische wehrtechnische Industrie Planungssicherheit gegeben wird. Meine Damen und Herren, es muss aufhören, dass beispielsweise militärisches deutsches Gerät im Ausland gewartet wird. Das hat selbstverständlich bei uns in Deutschland oder in Bayern zu erfolgen.
Meine Damen und Herren, es ist wichtig, und das wird bei der Reform auch berücksichtigt, dass die zivil-militärische Zusammenarbeit weiterhin gestärkt wird, und zwar auf wirtschaftlicher Seite ebenso wie bei der Forschung. Diese Woche war ich in der zentralen Dienststelle für das Sanitätswesen. Ich habe mich davon überzeugen lassen, welche wertvollen Aufgaben in der Medizin- und Medikamentenforschung erfüllt werden. Das Wissen, das diese militärischen Einrichtungen generieren und erforschen, wird auch an die zivile Nutzung weitergegeben. Es ist deshalb wichtig, dass wir die Zusammenarbeit von Zivil und Militär weiterhin forcieren und unterstützten.