Protocol of the Session on November 9, 2011

Herr Staatssekretär Bernd Sibler.

Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.

Ich stelle fest, dass Herr Staatsminister Kreuzer und Herr Staatssekretär Sibler den von der Verfassung vorgeschriebenen Eid ordnungsgemäß geleistet haben. Ich darf nun Ihnen, Herr Staatsminister Kreuzer, und Ihnen, Herr Staatssekretär Sibler, den Glückwunsch des Hohen Hauses aussprechen. Ich gratuliere Ihnen auch persönlich. Ich wünsche Ihnen für die vor Ihnen liegende Zeit und für die Arbeit im neuen Amt alles Gute, viel Erfolg und Gottes reichen Segen. Wir wünschen uns wie bisher eine gute Zusammenarbeit mit dem Parlament. Herzlichen Glückwunsch, auch für Ihre Familien!

(Lebhafter Beifall bei der CSU, der FDP, den FREIEN WÄHLERN und Abgeordneten der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich unterbreche die Sitzung für 10 Minuten, damit die Gratulationen ausgesprochen werden können. Ich bitte, wieder pünktlich hier im Plenarsaal zu sein.

(Unterbrechung der Sitzung von 14.04 bis 14.14 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, damit wir mit der Sitzung fortfahren können. Das gilt ebenfalls für die Regierungsbank. Bitte beenden Sie Ihre Gespräche.

Bevor ich in der Tagesordnung fortfahre, darf ich Frau Kollegin Jutta Widmann zu ihrem heutigen runden Geburtstag gratulieren. Ich bitte Sie, ihr diese Glückwünsche zu übermitteln. Im Namen des gesamten Hauses alles Gute.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die

Tagesordnungspunkte 2 a und 2 b auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Helga Schmitt-Bussinger, Dr. Thomas Beyer u. a. und Fraktion (SPD) eines Bayerischen Spielhallengesetzes (BaySpielhG) (Drs. 16/9611)

- Erste Lesung

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) eines Bayerischen Spielhallengesetzes (BaySpielhG) (Drs. 16/9728) - Erste Lesung

Im Ältestenrat wurde die Begründung der Gesetzentwürfe beschlossen. Zunächst darf ich Frau Kollegin Schmitt-Bussinger an das Redepult bitten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen zurück zur harten Alltagsarbeit im Plenum, nämlich zur Gesetzgebung. Vonseiten der SPD-Fraktion stellen wir Ihnen heute einen Entwurf für ein Bayerisches Spielhallengesetz vor. Es ist unbestritten, dass bei der Eindämmung von Spielhallen dringender Handlungsbedarf besteht. Die vorliegenden Zahlen sind eindeutig und sprechen eine klare Sprache. Ich möchte kurz das Beispiel München aufgreifen. In München gab es in den letzten zehn Jahren eine Verdreifachung der Zahl der Spielhallenkonzessionen und eine Verfünffachung der Anzahl von Spielgeräten. Das ist nicht nur in München, sondern bayernweit festzustellen.

(Alexander König (CSU): Das ist eine erschreckende Entwicklung! Das stimmt!)

- Herr Kollege König und Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, trotzdem haben Sie bisher nichts getan.

Bayerische Kommunen sehen diese Entwicklung als höchst bedenklich an. Von den kommunalen Spitzenverbänden werden wir dringend aufgefordert, gesetzgeberisch tätig zu werden.

Kolleginnen und Kollegen, im Übrigen stellt diese Spielhallenflut eine nicht zu vernachlässigende Konkurrenz zu den staatlichen Spielbanken dar. Für die staatlichen Spielbanken gelten bereits seit Langem Regelungen, die wir in das Spielhallengesetz integrieren wollen. Was für die staatlichen Spielbanken gilt, muss ebenfalls für die privaten Spielhallen gelten.

(Beifall bei der SPD)

Auf Bundes- und Landesebene muss es endlich Regelungen geben. Wir als Landesgesetzgeber können zunächst nur die Landesregelungen direkt beeinflussen. Die negativen Folgen, die ich gleich aufführen werde, zeigen, was nicht nur in München, sondern auch in Nürnberg, Regensburg, Straubing, Augsburg und Wasserburg und anderen Städten stattfindet.

Ganze Stadtteile gehen kaputt. Menschen ziehen weg. Attraktive Geschäfte suchen eine andere Lage. In und um Spielhallen nimmt die Kriminalität zu. Nicht zuletzt steigt die Anzahl der Spielsüchtigen und der von Spielsucht bedrohten Menschen besorgniserregend. In Bayern sind davon 100.000 Menschen betroffen.

Dieses Thema haben wir im Plenum des Bayerischen Landtags bereits mehrfach aufgegriffen - bisher leider immer ohne entsprechende Resonanz seitens der Regierungsfraktionen. Heute stellen wir Ihnen, wie bereits gesagt, ein Bayerisches Spielhallengesetz vor, mit dem im Wesentlichen präventive Ziele verfolgt werden. Die wichtigsten Regelungen sind Folgende:

Erstens: Die Erlaubnis, eine Spielhalle zu betreiben, soll dem Antragsteller versagt werden, wenn er keinen Sachkundenachweis vorlegen kann.

Zweitens: Es wird ein Verbot von Mehrfachkonzessionen eingeführt. Damit ist die Erlaubnis für eine Spielhalle ausgeschlossen, die im räumlichen Verbund mit weiteren Spielhallen, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude - das ist heute bereits häufig der Fall -, steht. Damit wird der derzeitige Bestand von Spielhallen selbstverständlich massiv eingeschränkt. Das ist aber so gewollt. Im Glücksspielstaatsvertrag ist Ähnliches vorgesehen.

Drittens: Der Mindestabstand zweier Spielhallen muss künftig 500 Meter betragen.

Viertens: Es gibt ein Verbot für die Einrichtung und den Betrieb einer Spielhalle in der Nähe von Kinderund Jugendeinrichtungen.

Fünftens: Spielhallen müssen von außen uneinsehbar sein.

Sechstens: Es gibt ein Werbeverbot für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele. Durch die äußere Gestaltung der Spielhalle dürfen keine zusätzlichen Anreize für den Spielbetrieb vorhanden sein.

Siebtens: Der Spielhallenbetreiber hat die Pflicht - das ist ein wesentlicher Punkt unseres Gesetzentwurfs -, ein Sozialkonzept zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht zu erstellen. Dabei hat er darzulegen, mit welchen Maßnahmen den sozial schädlichen Auswirkungen vorgebeugt werden soll und wie diese behoben werden können.

Den Spielhallenbetreiber und das Spielhallenpersonal treffen darüber hinaus Aufklärungspflichten. Beide müssen Spielerinnen und Spieler, die in ihrer Spielhalle spielen, über die Gewinn- und Verlustwahr

scheinlichkeiten informieren. Sie müssen sie über Suchtrisiken und über die Möglichkeiten von Beratung und Therapie bei Sucht informieren. Spielerinnen und Spieler sind zu einem verantwortungsbewussten Spiel anzuhalten. Personen, die ein auffälliges Spielverhalten an den Tag legen, sind vom Spiel an Automaten auszuschließen. Darüber hinaus ist sicherzustellen das gilt zwar schon jetzt, wird aber zu wenig kontrolliert -, dass Minderjährige keinen Zutritt zu Spielhallen haben.

Die Möglichkeit, dass sich Spielerinnen und Spieler auf eigenen Antrag sperren lassen oder von fremden Personen gesperrt werden, wird für Spielhallen eingeführt. Diese Regelung gilt bisher nur für die Spielcasinos, nicht aber für die Spielhallen. Es soll auch eine zentrale Sperrdatei geben. Die beiden zuletzt genannten Maßnahmen sind nichts Neues. Sie stellen eine Harmonisierung mit dem derzeit geltenden Spielbankenrecht dar.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in Bayern gilt derzeit für Spielhallen die gleiche Sperrzeit wie für Gaststätten.

(Jörg Rohde (FDP): Das ist gut so!)

Die Putzstunde zwischen fünf und sechs Uhr ist uns aber zu wenig. Wir wollen die Sperrzeiten ausdehnen, wie es übrigens in vielen anderen Ländern derzeit schon der Fall ist. Nach unserem Gesetzentwurf sind Spielhallen in der Zeit zwischen drei Uhr nachts und elf Uhr vormittags geschlossen zu halten. Daneben soll es ausdrücklich Spielverbotstage wie zum Beispiel den Karfreitag oder die Weihnachtsfeiertage geben.

Kolleginnen und Kollegen, diese Gebote und Verbote sollen auch bußgeldbewehrt sein. Verstöße gegen diese Vorschriften können mit einem Bußgeld bis zu 50.000 Euro und in besonders schweren Fällen mit einer Geldbuße bis zu 100.000 Euro geahndet werden. Diese Regelung hat im Übrigen eine CDU-/FDPRegierung in Hessen vorgeschlagen.

Diese Regelungen gelten zunächst für neue Spielhallen. Ein Problem bilden aber nicht nur die neuen Spielhallen, deren Ansiedlung wir verhindern wollen, sondern auch die bestehenden, die ein Ausmaß angenommen haben, das nicht mehr hinzunehmen ist. Deswegen gilt nach unserem Gesetzentwurf für bestehende Spielhallen eine Übergangsregelung bis zum Jahr 2016. Regelungen wie die Forderung eines Sachkundenachweises oder eines Sozialkonzepts oder die Sperrzeitregelung gelten aber schon vorher. Auch wenn sie nicht schon morgen oder übermorgen gelten, so sind dafür bis zum Jahr 2013 Übergangsregelungen vorgesehen.

Kolleginnen und Kollegen, das waren in aller Kürze die wesentlichen Bausteine unseres Gesetzentwurfs. Unser Entwurf eines Bayerischen Spielhallengesetzes, welches es nach dem Glücksspielstaatsvertrag auf jeden Fall geben muss, enthält erfüllbare Vorschriften, mit welchen zum einen eine weitere Ausweitung von Spielhallen verhindert und zum anderen der Bestand dezimiert werden kann. Natürlich brauchen wir auch den Bundesgesetzgeber, der bei der Spieleverordnung und bei Regelungen des Baurechts tätig werden muss. Wir haben unsere Hausaufgaben zu machen. Die können wir erledigen, indem wir ein Bayerisches Spielhallengesetz auf den Weg bringen. Ich hoffe natürlich auch auf Ihre Einsicht und Ihre Zustimmung. Das wird sich in den Beratungen noch zeigen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin SchmittBussinger, ich wollte Sie wegen der Bedeutung des Themas nicht unterbrechen. Ich gehe aber davon aus, dass Sie die überzogene Redezeit für die Begründung bei der Redezeit für die Aussprache berücksichtigen. Frau Kollegin Kamm verbindet gleich Begründung und Aussprache.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In keinem Bundesland ist in den letzten Jahren die Zahl der Spielhallen so schnell angestiegen wie in Bayern. Vom Jahr 2006 bis zum Jahr 2010 stieg die Zahl der Konzessionen um 36 % auf 1.500. Die Zahl der Geräte stieg sogar um 62 % auf 15.500 an. Auch die Zahl der Spielsüchtigen und Abhängigen ist gestiegen. Bemerkenswert ist auch, dass sich Spielhallen vermehrt an stark frequentierten Plätzen ansiedeln, an Bahnhöfen, an Umsteigeplätzen, vor allem an Umsteigeplätzen, an denen viele Schüler umsteigen müssen, in Einkaufszentren und so weiter. Zu beobachten ist auch, dass nicht nur die spielen, die ein bisschen Geld übrig haben. Ganz häufig spielen auch Menschen, die eigentlich jeden Euro zweimal umdrehen müssten. Es spielen viele Empfänger von Hartz-IVLeistungen und viele Migranten. In der Beratung hatten wir einen Empfänger von Hartz-IV-Leistungen, der es geschafft hat, in drei Stunden 1.600 Euro zu verspielen. Damit hat er innerhalb von drei Stunden das gesamte Geld für seine Familie in den Spielautomaten versenkt.

Besonders beängstigend ist, dass viele Glücksspielsüchtige schon als Jugendliche den ersten Kontakt mit Glückspielautomaten haben. 39 % der Spielsüchtigen hatten bereits als Jugendliche Kontakt mit Spielautomaten, und zwar im Wesentlichen an Orten wie Imbissbuden, Gaststätten oder Jahrmärkten. Wichtig ist es, darüber nachzudenken, wo Glückspiel unbeo

bachtet stattfindet, wo Zehn-, Elf- oder Zwölfjährige mit dem Spiel beginnen.

Die Kommunen vor Ort sehen die steigende Zahl der Spielhallen und die steigenden sozialen Probleme. Deswegen schreiben Sie uns an und verlangen, dass wir etwas tun. Sie sagen: Gesetzgeber, handle bitte! Beispielsweise fordert die Stadt Augsburg in einem Schreiben an den Bayerischen Landtag und an den Ministerpräsidenten, dass endlich gehandelt wird und dass der Landtag seine Handlungsmöglichkeiten ausnützt.

Was ist in der Zwischenzeit geschehen? Außer Oppositionsanträgen gar nichts! Was ist auf Bundesebene geschehen? Es gibt einen Entwurf des Glückspielstaatsvertrags, der die Länder auffordert, in bestimmten Punkten von ihren Rechten und Kompetenzen in Bezug auf Spielhallen Gebrauch zu machen. Die dort geforderten Punkte sind in den Anträgen der Opposition aufgegriffen worden. Das sind: Mindestabstand der Spielhallen, Verhinderung von Mehrfachkonzessionen, Begrenzung der Zahl der Glücksspielhallen in den Gemeinden, Sperrzeiten und einiges mehr.

Leider wird auf Bundesebene nicht gehandelt. Das Bundeswirtschaftsministerium ist gefordert, endlich eine Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeiten zu erlassen, damit die Gewinne und die Verluste, die in kurzer Zeit möglich sind, begrenzt werden. Ich nenne noch einmal den Fall, bei dem ein Mann in drei Stunden 1.600 Euro verloren hat. Die Verlust- und Gewinnmöglichkeiten müssen begrenzt werden, um das Suchtpotenzial zu reduzieren. Hier handeln Sie leider nicht. Seit über einem Jahr sagen wir Ihnen das in nahezu jeder dritten Plenarsitzung, aber es tut sich einfach nichts.

(Jörg Rohde (FDP): Richtig, weil Sie zu ungeduldig sind! Wir warten auf Berlin!)

- Nein, weil Sie zu langsam sind. Wir kommen nicht weiter, weil Sie immer auf Berlin warten. Das ist wirklich ärgerlich.