Protocol of the Session on July 14, 2011

Wir sind ganz klar der Meinung, dass der SPD-Antrag abzulehnen ist. Kollege Unterländer hat schon angesprochen, dass die Instrumentenreform für die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen endlich einmal angegangen werden müsste. Diese kleinen Schritte können wir gerne noch einmal im Detail ausführlich diskutieren. Sicherlich würde die aktuelle Debatte heute zu weit führen.

Aus dem Antrag der CSU und der FDP möchte ich die Punkte acht und elf besonders hervorheben. Heute Morgen haben wir eine entsprechende Debatte geführt. Gerade in der Alten- und Krankenpflege haben Jobsuchende sehr gute Zukunftsperspektiven. Dort sind die Fördergelder sehr gut angelegt. In Punkt elf des Antrags der CSU und der FDP wird darauf hingewiesen, dass auch die Jobvermittler Sicherheit bräuchten. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Debatte. Die Möglichkeit zu einer unbefristeten Vermittlungsarbeit sollte flächendeckend in den Jobcentern und ARGEn bestehen. Selbstverständlich werden zwischen dem Jobvermittler und dem Jobsuchenden im Laufe der Zeit Beziehungen aufgebaut. Der Jobvermittler weiß, wo er den Jobsuchenden hinschicken kann. Wir brauchen Sicherheit. Der Antrag geht in die richtige Richtung. Deswegen bitte ich Sie, dem Antrag der CSU und der FDP zuzustimmen und den SPDAntrag abzulehnen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Es folgt eine Zwischenbemerkung des Kollegen Dr. Beyer.

Lieber Herr Kollege Rohde, wenn der Theaterdonner verhallt ist, haben

Sie in vielen Punkten das bestätigt, was ich gesagt habe. Hätten Sie die Zahlen zum Umfang der Kürzungen auch zur Kenntnis genommen, hätten Sie gewusst, dass auch die schönste Instrumentenreform Gefahr läuft, ins Leere zu gehen, wenn hinterher keine Gelder für die Instrumente zur Verfügung gestellt werden können.

Ich freue mich, dass Sie zum Schluss den Punkt der Altenpflege und die Förderung des dritten Ausbildungsjahres angesprochen haben. Ja, es war ein Fehler, die Förderung zu kürzen. Gut, dass Sie jetzt dafür sind, die Förderung wieder auszuweiten.

Sie sprechen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern an. Diese liegen uns auch am Herzen. Im ersten Punkt unseres Antrags fordern wir die ausreichende personelle Ausstattung der Jobcenter. Das hätten Sie lesen sollen.

Ich möchte an dieser Stelle noch etwas nachtragen und hoffe, dass wir uns da einig sind. Die zunächst harmlos daherkommende Formulierung "Übergang von Pflicht- zu Ermessensleistungen" birgt zwei Gefahren: Zum einen wird der Anspruch zu einer Wohltat gemacht und zum anderen setzen Sie damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern unter Druck. Die sind es, die mit den Leistungsvorgaben von oben den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, der Langzeitarbeitslosen und Grundsicherungssuchenden Rechnung tragen müssen. Sie müssen selber entscheiden, ohne eine klare Grundlage zu haben.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie uns einig darüber sein, dass wir Ihnen auch da Sicherheit geben wollen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie uns die Einigkeit etwas herausarbeiten. Wir wollen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von einer guten personellen Ausstattung profitieren und einen richtigen Arbeitsvertrag haben. Die Arbeitsmarktzahlen beweisen, dass wir weniger Arbeitslose haben. Deswegen brauchen wir insgesamt weniger Jobvermittler. Ihre Forderung nach einer ausreichenden personellen Ausstattung könnte zu Fehlinterpretationen führen. Der Schlüssel muss sich verbessern. Wir brauchen viele Jobvermittler. Sie kennen die Fachterminologie und den Schlüssel von 1 : 200. Weil wir jedoch weniger Arbeitssuchende haben, brauchen wir entsprechend weniger Vermittler. Die Vermittler, die wir haben, brauchen Sicherheit und die richtigen Instrumente. Wir brauchen auch mehr Flexibilität. In der Optionskommune Erlangen gibt es Leute, die lokal auf die Gegebenheiten und Anforderungen hin ausgerichtet sind, dann aber

aus Berlin einen Strich durch die Rechnung gemacht bekommen, indem es heißt: Nein, das eine oder andere geht nicht. Man benötigt mehr Flexibilität, aber auch die Finanzmittel. Zumindest geht es in die richtige Richtung.

Im Detail sind wir im einen oder anderen Punkt in der richtigen Debatte unterwegs. Wir haben herausgefunden, dass die Sozialpolitiker an der Debatte beteiligt sind. Da wir uns meist über Berliner Themen den Kopf zerbrechen, müssen wir es auch nicht selbst zahlen. Wir sind mit Schwarz-Gelb auf dem richtigen Weg und werden die Abstimmung so durchführen, wie wir es angedeutet haben.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Ich darf noch bekannt geben, dass auch die SPD-Fraktion zu ihrem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Somit wissen wir, wie es weitergeht. Jetzt darf ich für die Fraktion der FREIEN WÄHLER Herrn Professor Dr. Bauer das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der öffentlichen Diskussion über das Thema Arbeitsmarktpolitik ist zum Glück eine gewisse Entspannung zu verzeichnen. Die Arbeitslosenzahlen sind erfreulicherweise gerade auch in Bayern gesunken. Das ist gut so. Doch die Brisanz dieses Themas ist noch nicht erledigt; denn die Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben sich verlagert. Es gibt einen Wandel. Es geht nicht mehr vor allem darum, eine große Anzahl von Arbeitslosen zu vermitteln, wie es in den vergangenen Jahren der Fall war. Die Schwerpunkte haben sich verlagert. Es geht darum, dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, und es geht um diejenigen, die schwer zu vermitteln sind. Diese Gruppen finden nach wie vor wenig Arbeit bzw. gar keine Arbeit, auch in der jetzt wirtschaftlich positiven Lage.

Ich möchte auch junge Menschen ohne Schulabschluss anführen und solche, denen der Berufseinstieg nicht gelingt. Darüber haben wir im Hohen Hause auch schon öfter gesprochen. Darüber hinaus stellt es sich immer wieder kritisch und schwierig dar, auch ältere Arbeitslose wieder in den Erwerbsprozess einzugliedern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist es völlig verfehlt, ein Gesetz zu erlassen, das Kosteneinsparungen gerade in diesem Problembereich vorsieht. Das ist genau der Kern dieses Gesetzentwurfs zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt, wie der Titel heißt. Der konjunkturelle Aufschwung muss gefördert wer

den, und das Problem des Fachkräftemangels muss angegangen werden. Dazu lässt der Gesetzentwurf leider Maßnahmen vermissen.

Auch der Bundesrat äußert sich in seiner Stellungnahme sehr kritisch zu dem vorgelegten Gesetzentwurf und hat erhebliche Bedenken. Der Bundesrat hat diese Bedenken ganz klar artikuliert. Diesen schließen wir uns auch an. Der Existenzgründungszuschuss ist ein weiteres erfolgreiches Instrument der Arbeitsförderung, das Menschen direkt in die Erwerbstätigkeit führt und sogar zukünftig weitere sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen schaffen kann. Nach dem neuen Gesetz kommt es für diese Gruppe zu Beschneidungen. Das ist ausgesprochen kurzsichtig und kontraproduktiv. Finanzierungseinschnitte bei der Berufseinstiegsbegleitung sind sachwidrig. Gerade für junge Menschen ist es ausgesprochen wichtig, dass sie nach Abschluss der Berufsausbildung eine Anstellung finden, und zwar eine sichere Anstellung. Es hat sich gezeigt, dass sich ein Leistungsbezug in jungen Jahren häufig in späteren Lebensjahren festsetzt. Man spricht sogar - ich setze das in Anführungszeichen - von Hartz-IV-Karrieren. Das darf nicht sein. Man muss sich bemühen, gerade diesen jungen Menschen eine sichere und langfristige Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Dass diese nicht mehr durch die Bundesagentur finanziert werden soll, sondern nur dann, wenn sich Dritte mit mindestens 50 % an der Förderung beteiligen, ist falsch. Das, meine Damen und Herren, ist Sparen an einem völlig falschen Ort. Das ist nicht richtig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die berufliche Zukunft ist unser Pfund. Sie ist uns sehr wichtig. Deshalb dürfen wir diesen Bereich nicht vernachlässigen, sondern müssen ihn stärken. Wir FREIEN WÄHLER begrüßen deshalb den Antrag der SPD und werden ihn unterstützen, wobei wir die erforderliche Neuorientierung bei der Arbeitsvermittlung in Anbetracht des Fachkräftemangels vermissen. Das ist für uns ein kleiner Wermutstropfen - dennoch werden wir dem Antrag zustimmen. Der Antrag der Koalitionsregierung hat viele gute Ansätze; er ist aber leider sehr prosaisch und lyrisch formuliert. Wir werden uns enthalten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Jörg Rohde (FDP): Es sind doch konkrete Sachen drin!)

Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Kollegin Scharfenberg das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, meine Damen und

Herren! Genau zur bisher geplanten Instrumentenreform und der zukünftigen Ausgestaltung der Arbeitsförderung haben wir als GRÜNE schon vor zwei Wochen einen Antrag gestellt, nämlich einen Berichtsantrag. Wir werden ihn nach der Sommerpause im Sozialausschuss behandeln. Das ist hier für uns der Aufschlag im bayerischen Parlament.

Meine Damen und Herren, die geplante Instrumentenreform ist eindeutig von der Vorgabe der Einsparung von Haushaltsmitteln des Bundes bzw. der Agentur für Arbeit geprägt und nicht an inhaltlichen Erfordernissen orientiert. Das ist etwas, was uns umtreibt. Im Bundeshaushalt soll bis 2015 um 25 Milliarden Euro gekürzt werden. Meine Damen und Herren, das ist ein katastrophaler Kahlschlag in der Arbeitsförderung. Das werden alle Arbeitslosen stark spüren, und die jetzige Spaltung des Arbeitsmarktes wird noch größer werden. Wir gehen das Risiko nicht ein - Sie gehen es ein. Wir wollen keine Spaltung der Gesellschaft hervorrufen. Daran können wir zurzeit auch gar nicht interessiert sein.

Das Argument, wir haben doch weniger Arbeitslose, wir brauchen mehr Fachkräfte, das von Ihnen immer genannt wird, hat ein Problem. Das Problem besteht darin, dass auf Bundesebene von der Regierung nicht gesehen wird, dass die Arbeitslosen aufgrund dieser Kürzungen nicht mehr adäquat gefördert werden können, meine Damen und Herren. Das ist der Knackpunkt. Bei sinkender Arbeitslosigkeit geht die Langzeitarbeitslosigkeit nicht von selbst zurück. Sie unterliegen diesem Trugschluss. Das tragen wir nicht mit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn in den ersten vier Monaten des Jahres 2011 im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Weiterbildungen um mehr als ein Drittel zurückgegangen ist, die Selbstständigenförderung um fast die Hälfte und die Jobperspektiven der Arbeitslosen um zwei Drittel zurückgegangen sind, dann rührt das noch von den Kürzungen des Jahres 2010 her. Die Kürzungen in Zukunft werden noch viel drastischer sein. Auf dem Arbeitsmarkt gibt es schon Auswirkungen auf die Langzeitarbeitslosen. Das müssen Sie sich vergegenwärtigen. Was jetzt noch bis 2015 kommen wird, hat eine ganz große Überschrift, die uns alle betreffen wird, nämlich: Reduzierung statt Qualifizierung. Das dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das korrespondiert in keiner Weise mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit, insbesondere nicht im Bereich des ALG II, in dem mittlerweile über 70 % aller Arbeitslosen betreut werden. Geben wir es denn auf,

diese Menschen in den ersten Arbeitsmarkt hineinzubringen?

(Jörg Rohde (FDP): Eben nicht!)

Wollen wir das aufgeben? Ich dachte, wir haben immer noch ein Ziel.

(Jörg Rohde (FDP): Ich hatte gehofft, Sie haben meine Rede gehört!)

Wir brauchen nach wie vor die Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Wenn wir Geld kürzen, gelingt das nicht mehr, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dabei brauchen wir zum Beispiel die lokale bzw. regionale Ebene. Dazu hätte ich mir auch neue Impulse erwartet, zum Beispiel die Umwandlung passiver Leistungen, nämlich ALG II, Unterkunft, Sozialversicherungsbeiträge und Maßnahmekosten in ein Arbeitsentgelt umzuwandeln bzw. an den Arbeitgeber auszuzahlen, damit er dann die Menschen bezahlen kann. Das ist Passiv-Aktiv-Transfer. Das fehlt mir in dem Vorschlag völlig.

Aufgrund unseres Berichtsantrages werden wir nach der Sommerpause Auskunft darüber erhalten, wie es um die Arbeitslosen bestellt sein wird. Der Antrag der SPD sieht die Spaltung des Arbeitsmarktes sehr deutlich und zeigt Wege auf, dieser Spaltung entgegenzutreten. Deswegen unterstützen wir ihn. Beim Antrag der CSU enthalten wir uns, weil eine große Kleinigkeit fehlt, nämlich die Finanzierung der aufgezählten guten Punkte, die Sie wohlweislich anführen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vergessen Sie nicht, dass Sie die von Ihnen aufgeführten tollen und wichtigen Verbesserungen niemals erreichen werden, wenn sie diesen Betrag bis 2015 um Milliarden Euro kürzen. Dieses Gesetz der Instrumentenreform ist auf Bundesebene auch von der CSU und der FDP auf den Weg gebracht worden.

Sie können hier wunderschöne Ziele formulieren. Wenn Sie aber in diesem Maße einsparen, dann haben Sie keine Prioritäten gesetzt. Deswegen werden wir uns zu Ihrem Antrag der Stimme enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für eine Intervention erteile ich Herrn Kollegen Rohde das Wort.

Frau Kollegin, wir haben gemeinsam einen Blick auf die Arbeitsmarktzahlen geworfen. Ich habe in meiner Rede einiges erwähnt, was Sie

vermutlich nicht gehört haben. Ich möchte auf Folgendes hinweisen: Bei einer erhöhten Beschäftigung und somit mehr Einzahlern in die Sozialversicherungssysteme, auch in die Arbeitslosenversicherung, werden wir mehr Mittel zur Verfügung haben. Deswegen haben wir keinen eigenen Passus eingebaut, woher das Geld kommen soll. Wir haben vielmehr zielgerichtet formuliert, wie wir die vorhandenen Gelder besser verwenden würden. Deshalb werbe ich noch einmal um Ihre Unterstützung, auch wenn wir keinen eigenen Satz spendiert haben. Wir alle wissen doch, dass mehr Geld zur Verfügung stehen wird.

(Beifall bei der FDP)

Herr Rohde, Sie können zwar werben, aber sie kriegen die Unterstützung nicht. Denken Sie einfach nur an den Begriff der Inklusion. Sie wollen - darauf haben wir uns auf europäischer Ebene geeinigt - Behinderte in den ersten und zweiten Arbeitsmarkt bringen. Was glauben Sie, was das kostet?