Protocol of the Session on May 17, 2011

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden diesen Antrag ablehnen, weil dessen Grundannahme schon vollkommen falsch ist. In dem Antrag wird davon ausgegangen, dass die Unterrichtsversorgung nicht gewährleistet sei. Das trifft nicht zu. Die Unterrichtsversorgung an bayerischen Schulen ist sehr wohl gewährleistet. Nachdem dieser Antrag im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes federführend und im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen mitberatend diskutiert worden ist, ist der Antrag nur von zwei Fraktionen unterstützt worden. Drei Fraktionen werden diesem Antrag nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen anhand einiger Zahlen belegen, dass die Unterrichtsversorgung in Bayern bestens gewährleistet ist. Von 2007 bis 2012 wird mit einem Zuwachs von 5.880 Lehrerstellen gerechnet. Mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 werden jährlich 1.000 neue Lehrerstellen geschaffen. Durch die Arbeitszeitverkürzung haben wir 1.320 neue Stellen geschaffen. Ich kann mit Recht behaupten, dass der Doppelhaushalt 2011/2012 ein absoluter Bildungshaushalt ist. Auf die Bildung wurde ein großer

Schwerpunkt gelegt. Alle Bildungspolitiker und unsere finanzpolitischen Sprecher haben sich ganz massiv für diesen Bildungshaushalt eingesetzt. Die zusätzlichen Stellen werden zum Ausbau der Ganztagsangebote, zur Senkung der Klassengrößen, für die individuelle Förderung und zur Umsetzung der UNBehindertenkonvention genutzt. In einer Sternstunde dieses Parlamentes haben wir diesen wichtigen Antrag auf den Weg gebracht.

Meine Damen und Herren, die Zahl der Lehrer in Bayern ist so hoch wie noch nie. Die Zahl der Lehrkräfte liegt derzeit bei 86.528. Für das Schuljahr 2011/2012 werden 50.000 Schüler weniger prognostiziert. Die sinkende Schülerzahl ist auch durch die Einführung des G 8 bedingt. Im Schuljahr 2012/2013 werden laut Schülerprognose noch einmal 31.000 Schüler weniger erwartet. Vor zehn Jahren hat die Schüler-Lehrer-Relation 18,2 betragen. Heute beträgt die Schüler-Lehrer-Relation 16,8. Das zeigt, dass wir gute Arbeit geleistet haben.

Hinsichtlich der Klassengrößen müssen wir noch viele Aufgaben bewältigen. An den Grund- und Mittelschulen haben die Klassen 20 bis 22 Schüler. Das ist eine hervorragende Zahl. Darüber hinaus werden die gebundenen Ganztagsschulen ausgebaut. Die Zahl der offenen Ganztagsgruppen steigt. Außerdem gibt es mehr Angebote an den Grundschulen zur Mittagsbetreuung. Das ist eine sehr gute Entwicklung.

Herr Pfaffmann, Sie haben immer gefordert, dass wir eine Bildungsmilliarde in die Hand nehmen. Mir ist klar, dass Sie uns nicht loben. Sie hätten jedoch anerkennen können, dass diese Bildungsmilliarde bereits in die Hand genommen worden ist. Im Jahre 2008 haben die Bildungsausgaben 8,63 Milliarden Euro betragen. Bis zum Jahre 2012 werden wir 9,78 Milliarden Euro für die Bildung ausgeben. Das ist mehr als eine Milliarde Euro. Herr Pfaffmann, Sie sollten stolz auf diese Staatsregierung und auf die CSU- und die FDP-Fraktion sein. Sie haben genau das umgesetzt, was Sie immer wollten. Das sollten Sie wohlwollend zur Kenntnis nehmen.

Meine Damen und Herren, wir möchten, dass unsere Kinder gefördert und gefordert werden. Wir bauen die Frühförderung aus. Es gibt die flexible Grundschule. Wir richten uns sehr stark nach den Bedürfnissen der Kinder und der Familien. Wir sind auf einem sehr guten Weg.

Ich habe den Bildungshaushalt erwähnt. Der Bildungshaushalt ist der beste Beweis dafür, dass die Bildung einen hohen Stellenwert in unserer Politik genießt. Das wird auch an unserem offenen Schulsystem deutlich. Über 42 % der Studenten an den Hoch

schulen sind nicht über den klassischen Weg des Abiturs an die Hochschulen gekommen. Das ist ein gutes Zeichen für unser Bildungssystem.

Darüber hinaus gibt es noch andere Indikatoren für unser gutes Bildungssystem. In allen nationalen und internationalen Vergleichtests liegen unsere Kinder in der Regel vorne. Sie befinden sich meistens auf den ersten Plätzen. Entscheidend ist jedoch ebenfalls, dass die Kinder später einen Beruf erlernen. Unsere Jugendarbeitslosigkeit beträgt lediglich 2,3 %. Das ist sehr niedrig, jedoch aus meiner Sicht immer noch zu viel. Wir wollen keine Bildungspolitik wie in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg oder Berlin. Dort haben bis zu 14 % aller Schulabgänger keinen Abschluss. In Berlin werden die Plätze für die Gymnasien verlost. Eine derartige Politik wollen wir nicht. Insofern bitte ich um Ihr Verständnis, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen können.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Rüth, bitte bleiben Sie für eine Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Pfaffmann am Mikrofon.

Lieber Herr Kollege Rüth, Sie haben gesagt, Sie hätten die Bildungsmilliarde, die von der Opposition und insbesondere von der SPD-Fraktion immer wieder gefordert worden sei, zur Verfügung gestellt. Ist Ihnen bekannt, dass wir eine Bildungsmilliarde für kleinere Klassen, mehr Lehrer und mehr Ganztagsschulen gefordert haben? Das haben wir vor ungefähr acht Jahren gefordert. Das wären mittlerweile acht Milliarden Euro. Können Sie mir sagen, wie viel Prozent von Ihrer Bildungsmilliarde, die Sie angeblich zur Verfügung gestellt haben, in Versorgungsleistungen gegangen sind? Wie viel Prozent der Bildungsmilliarde sind in kleinere Klassen investiert worden? Können Sie mir das beantworten?

Herr Pfaffmann, wenn Sie nicht wollen, dass unsere verdienten Lehrkräfte eine Pension erhalten, müssen Sie das mit den Lehrerverbänden aushandeln.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie müssen CSU wählen, dann gibt es eine Nullrunde! - Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist armselig!)

Ich bin gespannt, was die Ihnen sagen. Auch wenn wir eine Milliarde oder gar zwei Milliarden Euro mehr einstellen, würden doch immer mehr Milliarden Euro gefordert. Wir hatten vor einigen Wochen eine spannende Diskussion mit einem bayerischen Lehrerverband. Dort wurden sogar 20 Milliarden Euro gefordert.

Die Forderungen werden in die Höhe geschraubt. Deshalb, Herr Kollege Pfaffmann, war Ihre Frage nicht seriös. Sie sind nie zufrieden, Sie fordern immer mehr. Das ist das Recht der Opposition. Wir können aber nur das versprechen und halten, was wir umsetzen können.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin Gottstein, bitte schön.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Rüth, ich schätze Sie zwar, aber zu der Antwort, die Sie gerade auf die Frage des Herrn Pfaffmann gegeben haben, muss ich kommentieren: Themaverfehlung. Das war nicht gefragt. Setzen, sechs.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD - Zuruf von der CSU: Wir sind nicht in der Schu- le!)

- Wir sind nicht in der Schule. Ich weiß es.

Zu Ihrer Aussage, dass wir noch nie so viele Lehrkräfte hatten, und die Zahl die höchste seit 1946 sei, meine ich, dass wir seit 1946 auch mehr Autos und mehr Waschmaschinen als damals haben. Ich kann diesen Vergleich nicht nachvollziehen.

Sie sagten, die Unterrichtsversorgung sei gewährleistet. Das ist richtig, aber auf welchem Niveau passiert das? - Das ist nicht das hohe Niveau, das das Land braucht, um sagen zu können, dass die Bildung an vorderster Stelle steht.

Da Sie in den gesamten Haushaltsberatungen argumentierten, dass es noch nie so viele Lehrkräfte gab und noch nie so viel für Bildung ausgegeben wurde, ist es gut, das Thema noch einmal zu benennen. Ich habe schon früher an dieser Stelle gesagt, dass Sie Äpfel mit Birnen vergleichen. 1972 unterrichtete ich 42 Schüler als einzelne Lehrkraft. Um die gleiche Schülerzahl heute zu unterrichten, müsste ich mich als Person verdoppelt haben. Man kann das also nicht so darstellen. Wir alle wissen und beklagen es, dass wir andere Schüler, Eltern und Familien haben. Darauf müssen wir reagieren. Wir haben unter dem Strich keine Lehrkraft mehr im System als in der Vergangenheit. Wir bräuchten sie aber. Wir haben unter dem Strich gerechnet weniger Lehrkräfte. Das wissen Sie. Sie können das von der Bevölkerung hören. Eltern und Schüler spüren es.

Zum Unterrichtsausfall: Kollege Pfaffmann ist für die genauen Zahlen zuständig. Man muss immer wiederholen, dass wir uns einen Unterrichtsausfall leisten,

der nicht tragbar ist. Die Statistik weist nur die tatsächlich nicht stattfindenden Unterrichtsstunden aus. Sobald der Hausmeister, eine Verwaltungskraft oder irgendeine gerade zur Verfügung stehende Person, die - so das Kultusministerium - die Schüler pädagogisch wertvoll selbstständig arbeiten lässt, weil sie mit vorbereiteten Arbeitsblättern arbeiten können, ist das kein Unterrichtsausfall. In manchen Schulen findet zur Zeit der Prüfungen in manchen Klassen kein regelmäßiger Unterricht statt. Von der ersten bis zur sechsten Stunde fällt eigentlich der Unterricht aus, auch wenn die Schülerinnen und Schüler in der Schule aufbewahrt werden. Das ist Vergeudung der Kompetenz von Lehrkräften und von Schülern. Wir müssen in dieser Zeit mit den Schülern etwas machen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Wir brauchen mehr pädagogisches Personal. Wir brauchen mehr Investitionen. Zwar ist von Frau Ministerin Haderthauer die lobenswerte Ankündigung zur Schulsozialarbeit und zur Jugendsozialarbeit zu lesen. Hier hakt es aber. Sie brüsten sich stets mit dem ausgeglichenen Haushalt, den Sie auf Kosten der Kommunen machen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Die Reparaturleistungen, die fünf oder sechs Programme für Schulabbrecher, für schwer vermittelbare Jugendliche und Kinder, die die Schule verlassen, ohne das Schulziel zu erreichen, gehen auf Kosten der Kommunen und der Arbeitsagenturen. Bayern leistet sich ein solches System und brüstet sich, wie toll es ist.

Bei der letzten Verbandstagung der deutschen oder bayerischen Ingenieure - darauf kann ich mich nicht festlegen - ging es nicht um dieses Thema. Dort wurde aber eine Folie aufgelegt, auf der die direkte Korrelation zwischen den Bildungsausgaben eines Landes und den Erfindungen und Innovationen eines Landes grafisch dargestellt waren. Bayern war Durchschnitt. Das können wir uns eigentlich nicht leisten. Darum brauchen wir mehr Investitionen in die Bildung. Deswegen werden wir dem Antrag zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Herr Kollege Gehring für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutie

ren dieses Thema nach den Haushaltsberatungen. Wer den Worten von CSU und FDP glauben mag, findet alles wunderbar, weil es in Bayern zusätzliche Stellen für Lehrkräfte gibt. Wenn wir uns aber im Land umschauen, und wir alle reisen viel durch das Land, hören wir nur Klagen über die schlechte Unterrichtsversorgung, Klagen über Unterrichtsausfall wegen Krankheit oder Fortbildung von Lehrkräften. Wir haben festgestellt, dass die mobilen Reserven nicht ausreichen. Eine aktuelle Situation gab es in den letzten Monaten in München. Wir stellen fest, dass es eine mobile Reserve für Gymnasien geben soll. Aber das Kultusministerium kann nicht sagen, welche Leute und wie viele Mittel es geben wird. Es gibt vor allem an den Realschulen und Gymnasien große Klassen. Die Förderung der Ganztagsklassen ist unzureichend. Aktuell wurde über die schlechte Ausstattung von BOS und FOS geklagt. Es gibt das Problem der kleinen Grundschulen im ländlichen Raum, weil die Lehrerstellen nicht ausreichen, um die Schüler genügend zu fördern. Um die Unterrichtsversorgung zu verbessern, haben wir Anträge gestellt, um gezielt die Pools für die unterschiedlichen Bedarfe zu finanzieren. Dies unterscheidet unseren Antrag von dem vorliegenden Antrag der SPD.

Wir haben den Doppelhaushalt mit Recht abgelehnt, weil er die Anforderungen an eine bessere Bildung in Bayern nicht erfüllt. Der Haushalt ist verabschiedet. Jetzt geht es um den Vollzug. Dazu habe ich an die Staatsregierung ein paar Fragen. Zu den "kw-Stellen" hat Staatsminister Dr. Spaenle im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport ausgesagt, das hieße nicht "künftig wegfallend", wie wir das alle vermutet hatten, sondern "kann wegfallen". Der Minister könnte also noch einmal verhandeln. Vielleicht kann er noch ein paar Stellen bekommen. Mich würde interessieren, ob wirklich noch etwas passieren wird.

Ich würde auch gerne eine Erklärung hören, warum ausgerechnet 1.082 Stellen von Grund- und Hauptschulen weggenommen und an die Universitäten gegeben werden, um dort den doppelten Abiturjahrgang auszugleichen. Abitur macht man am Gymnasium und nicht an den Grund- und Hauptschulen. Warum nimmt man also von dort die demografische Rendite und gibt sie an die Hochschulen? - Dazu habe ich nichts gehört. Wegen des Wechsels von G 9 auf G 8 werden 1.800 Stellen frei, die vom Finanzminister offensichtlich einkassiert werden. Auch dazu haben wir nichts gehört.

(Claudia Stamm (GRÜNE): Auch nicht im Haushaltsausschuss!)

- Auch nicht im Haushaltsausschuss, wo es eigentlich hingehört.

Die GRÜNEN haben den Haushalt zu Recht abgelehnt. Schauen wir uns aber den Haushaltsvollzug an. Reden wir also nicht mehr um Stellen, sondern um Personen. Wie viele Personen sitzen auf den Stellen? - Kollege Adi Sprinkart und ich haben uns mit mehreren Anträgen die Zahlen der Staatsregierung zum vergangenen Schuljahr angesehen. Wir haben festgestellt, dass zu Beginn des letzten Schuljahres im Vergleich zum Vorjahr 4.490 Lehrkräfte wegen Pension, Freistellung, Altersteilzeit usw. aus dem Dienst ausgeschieden sind. 3.996 Lehrkräfte wurden neu eingestellt im Beamtenverhältnis, mit Supervertrag, im unbefristeten und im befristeten Angestelltenverhältnis. Das ergibt ein Minus von 494 Personen. Hinzu kommt der Ausgleich des Arbeitszeitkontos. Das Kultusministerium spricht in einer Antwort von "Kapazitätsverlusten". Das sind in der Summe noch einmal 610 Personen. Insgesamt fehlten im Schulsystem im vergangenen Jahr 1.104 Stellen, die im Jahr zuvor noch vorhanden waren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können noch so viel über Stellen reden; wenn wir die Stellen nicht besetzen, wird die Unterrichtsversorgung an den Schulen noch schlechter. Deswegen mein Fazit zu dieser Staatsregierung: Im Haushalt verschieben Sie Stellen, und im Haushaltsvollzug besetzen Sie diese Stellen nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön. Nächste Wortmeldung für die FDP-Fraktion: Frau Kollegin Will. - Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist natürlich immer schwierig, wenn man als Letzte spricht und diese ganze Schwarzmalerei vor sich hat. Herr Pfaffmann, Sie nehmen immer noch auf den Wahlkampf Bezug, anstatt auf das, was in der Realität möglich ist.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Aha!)

Es ist ein Unterschied - das werden auch Sie wissen -, ob man außerparlamentarisch im Wahlkampf ein Wahlprogramm aufstellt, Ziele vorgibt und die Wege dahin beschreibt, oder aber in der Realität mit den vorhandenen Mitteln auskommen muss. Ich glaube, wir haben schon einiges erreicht.

Der vorliegende Antrag wurde im Bildungsausschuss - die Kollegen haben es schon gesagt - eingehend und sachlich erörtert und diskutiert. Der zuständige Minister, Herr Dr. Spaenle, hat sich all den Fragen, die auch heute wieder aufgeworfen wurden, gestellt

und hat sie ausführlich beantwortet. Eigentlich ist dem nichts hinzuzufügen.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Mütze (GRÜ- NE))

Den Vorwurf, wir seien ein "CSU-Unterstützungsverein", Herr Pfaffmann, muss ich mir nicht gefallen lassen. Ich habe meine eigenen Vorstellungen. Dazu ist zu sagen, dass die FDP, und das steht fest, von Anfang an gesagt hat: An der Bildung wird nicht gespart, wir werden in Bildung investieren.