Protocol of the Session on May 17, 2011

Ich will auf die sehr schwerwiegenden juristischen Bedenken hinweisen. Das Grundgesetz wie auch die Bayerische Verfassung sind in den Grundforderungen festgeschrieben. Verfassungsrechtler sehen die Verfassung nicht als Manövriermasse, die immer mehr verwässert, weil ausgedehnt oder überdehnt wird. Großenteils und auch in diesem Fall reichen die normalen Gesetze mit ihren konkreten Vorgaben aus. Das Grundgesetz und die Bayerische Verfassung sind mir persönlich - ich gebe damit eine ganz persönliche Erklärung ab - viel zu wertvoll und zu wichtig, als dass sie immer mehr aufgebläht werden sollen. Grundgesetz und Verfassung sind Dinge, die man nicht nach dem jeweiligen Zeitgeist verändern sollte.

Ich bitte auch, Artikel 75 der Bayerischen Verfassung zu beachten. Damit komme ich zum Prozedere für diese Situation. Zunächst brauchen wir im Landtag die Zweidrittelmehrheit. Dann brauchen wir die Absegnung durch einen Volksentscheid, und jeder Bürger hat das Recht, die Prüfung durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof zu wünschen. Das alles soll in einem Zeitablauf - Kollege von Lerchenfeld hat es erwähnt - zum Jahr 2020 folgende stattfinden. Meine Damen und Herren, sind wir damit nicht ein bisschen sehr weit von den Gegebenheiten und Tatsachen, die wir im Moment zu lösen haben, entfernt? Ich bitte um Verständnis, dass ich gewisse Zweifel an der Durchsetzbarkeit äußere. Ich denke dabei an das Bürgerbegehren. Ich zweifle aber auch an der Notwendigkeit eines solchen Vorgehens zur jetzigen Zeit.

(Beifall bei der CSU)

Herr Finanzminister, Sie sind der nächste Redner, wenn Ihnen Frau Kollegin Stewens den Weg freimacht. Frau Kollegin Stewens, das ist etwas ungünstig, weil der Staatsminister der Finanzen spricht. Sie sind dienstverpflichtet, zuzuhören.

(Christa Stewens (CSU): Ich kann beides!)

Respekt. Frauen müssen beides können. Herr Finanzminister.

Frau Kollegin Stewens hat uns allen schon oft gezeigt, dass sie absolut multitask ist.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich zunächst von dieser Stelle aus sehr herzlich für die Glückwünsche bezüglich der Zugehörigkeit zum Parlament seit heute Vormittag be

danken. Ich bin wahrscheinlich der Einzige, der in diesem Hohen Hause zweimal eine Art Jungfernrede halten darf. Ich bitte also, mir entgegenzukommen.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

- Frau Noichl, keine Zwischenfragen bei Jungfernreden. Sie müssen dem Redner die Chance geben, sich einigermaßen mit dem Klima in dem Hohen Hause anzufreunden.

(Beifall bei der CSU)

Ich bedanke mich sehr herzlich bei der FDP-Fraktion für die Gelegenheit der heutigen Aktuellen Stunde, gibt sie mir doch die Möglichkeit, am gleichen Tag, an dem ich in der Staatsregierung und dem Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags über die Entwicklung der Steuerschätzung berichtet habe, ein paar Gedanken in die Debatte einzubringen. Im Lichte der Steuerschätzung - hier hat Abgeordneter Halbleib mit seinem Hinweis recht - hat die Politik in den vergangenen 30 Monaten an vielen Stellen wichtige Eckpunkte beeinflusst, die mitgeholfen haben, den stärksten wirtschaftlichen Einbruch, den wir in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hinnehmen mussten, gut und am Ende schneller, als wir selbst erwartet haben, hinter uns zu bringen. Herr Halbleib, dazu gehören aber beide Seiten.

Dazu gehört einerseits, dass wir entgegen dem Widerstand des damaligen Finanzministers, den die SPD gestellt hat, in Berlin als Antwort auf die wirtschaftliche Krise durchgesetzt haben, Steuern und Abgaben zu senken, weil nur dann, wenn wir den privaten Haushalten Geld belassen, Impulse für die Wirtschaftsstärkung umgesetzt werden können. Das dürfen Sie bei Ihrer Argumentation nicht vergessen, lieber Herr Halbleib. Zweitens gehört das Wachstumsbeschleunigungsgesetz dazu. Die neue Bundesregierung hat Wert darauf gelegt, die Behinderungen und bürokratischen Auflagen nicht nur im Erbschaftssteuerrecht, sondern auch in anderen Bereichen wegzuräumen, und sie hat Anfang dieser Legislaturperiode in Berlin mit noch einmal 4 Milliarden Euro Steuerentlastung vor allen Dingen für die Familien mit Kindern einen weiteren Baustein geliefert, sodass wir in Deutschland die Arbeitnehmerhaushalte von Steuern und Abgaben befreien konnten, um über den privaten Konsum einen guten wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Frau Stamm, man darf die Debatte nicht in das falsche Licht rücken. Beide Seiten sind zu beachten. Wir müssen die Haushalte in Ordnung bringen. Dabei gilt es, auf die Schuldenbremse, die wir mit der Mehrheit des Deutschen Bundestags und der Bundesländer über

Fraktionen hinweg beschlossen haben, und auf die Konsolidierung der Haushalte zu setzen. Nur die Fraktion "DIE LINKE", also die ehemaligen Kommunisten, hat sich widersetzt.

Wir dürfen dieses Thema aber nicht eindimensional bearbeiten, sondern müssen weiter überlegen, mit welchen Maßnahmen es uns möglich ist, weitere Wachstumsimpulse ins Land zu senden. Man muss deshalb Rahmenbedingungen zur Konsolidierung schaffen und die Menschen von der Steuer- und Abgabenlast entlasten. Nur Menschen, die investieren können, konsumieren und können neue Unternehmen unterstützen und neue Produkte entwickeln.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Nur so wird ein Schuh daraus. Sehen Sie es nicht eindimensional. Konsolidierung und eine kluge, auf die Zukunft und auf die privaten Haushalte ausgerichtete Steuerpolitik gehören dazu. Nur so beschreiten wir einen guten Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP - Volkmar Halbleib (SPD): Sie haben die Sozialausgabenlast zum 01.01. erhöht!)

Bei den Rahmenbedingungen spielt eine im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eine wesentliche Rolle. Bayern hat in dieser Debatte wesentliche Beiträge geleistet. Der bayerische Ministerrat hat sich schon im Jahr 1998 zu einem konsequenten Konsolidierungskurs durchgerungen. Die Bayerische Staatsregierung musste von dem Zusammenhang zwischen Demografie, Nachhaltigkeit und sparsamen, aber auch handlungsfähigen Haushalten nicht erst überzeugt werden. Wir haben frühzeitig erkannt: Die Demografie und generationengerechte und nachhaltige Haushalte spielen eine wesentliche Rolle. Wir müssen uns unserer Vorreiter- und Beispielfunktion bewusst sein. Die Bayerische Staatsregierung hat dies schon 1998 erkannt. Mit dieser Zielsetzung wurde im Jahr 2000 die entsprechende Regelung in der Haushaltsordnung des Freistaates Bayern hinterlegt. Artikel 18 der Bayerischen Haushaltsordnung verbietet schon seit dem Jahr 2006, also schon seit fünf Jahren, im Regelfall die Aufnahme neuer Schulden.

Der Artikel 18 der Bayerischen Haushaltsordnung ist kein bloßer Programmsatz. Seit dem Jahr 2006 - und das ist ein Alleinstellungsmerkmal Bayerns - erreichen wir das Ziel eines Staatshaushalts ohne Neuverschuldung. Andere reden nur von Haushalten ohne neue Schulden, wir stellen sie auf, und zwar nicht nur als Eintagsfliege, sondern konsequent.

(Beifall bei der CSU - Zuruf der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

Sie kommen nicht an der Tatsache vorbei, dass mit dem aktuellen Doppelhaushalt zum sechsten und zum siebten Mal ein allgemeiner Haushalt ohne neue Schulden erreicht wird.

Angesichts dessen ist es keine Überraschung, dass die bayerische Vorgehensweise die Blaupause für die Schuldenbremse im Grundgesetz war. Die Verankerung der Schuldenbremse im Grundgesetz wurde maßgeblich von der Bayerischen Staatsregierung, der CSU-Landtagsfraktion und auch von der CSU-Bundestagsfraktion der Landesgruppe vorangetrieben. Bayern hat von Anfang an auf diesen Paradigmenwechsel gedrängt. Schuldenmachen darf nicht mehr grundsätzlich erlaubt sein. Anders herum wird ein Schuh daraus. Nur anders herum sind wir generationengerecht. Schuldenmachen muss die Ausnahme sein. Das ist mittlerweile im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland hinterlegt.

(Beifall bei der CSU)

Ab dem Jahr 2016 gilt die Schuldenbremse für den Bund. Ab dem Jahr 2020 müssen auch die Haushalte anderer Länder ohne neue Schulden aufgestellt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hohes Haus, ich stelle fest: Andere Bundesländer, selbst die Bundesrepublik Deutschland mit ihrem nationalen Haushalt, müssen dorthin kommen, wo Bayern schon steht. Wir haben die Bresche geschlagen und sind zutiefst davon überzeugt, dass dies der einzig richtige Weg ist, um sich Handlungsmöglichkeiten für die Zukunft zu erarbeiten. Kein Mensch kann die Zukunft vorhersehen. Aber wir können uns auf die Zukunft vorbereiten. Deshalb muss nach dem Grundsatz gehandelt werden, in der Zeit zu sparen, um in der Not Geld zu haben. Das haben wir in den letzten 30 Monaten vorexerziert.

Wir haben Investitionen vorgezogen. Wir haben staatliche Projekte ohne neue Schulden aus der Rücklage finanzieren können. Deshalb haben wir den Weg durch die Krise besser hinter uns gebracht als andere Wettbewerber.

(Beifall bei der CSU)

Als Finanzminister bin ich absolut dafür, dass die grundgesetzliche Schuldenbremse auch in der Bayerischen Verfassung verankert wird. Wir müssen aber auch sehen, was die Verfassung ist; die Verfassung definiert Werte für das Zusammenleben auch der künftigen Generationen. Die Verfassung muss sich

ebenso mit den Themen Integration und Migration auseinandersetzen.

(Franz Schindler (SPD): Genau!)

Die Verfassung muss auch auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Bayern eingehen. Natürlich spielt auch der Anspruch der Nachhaltigkeit und der Generationengerechtigkeit unserer Finanzpolitik eine wesentliche Rolle. Damit müssen wir uns über das Jahr hinaus beschäftigen. Wir wollen dauerhaft Haushalte ohne neue Schulden aufstellen. Ein Verbot der Neuverschuldung hat Verfassungsrang und würde unsere Position erheblich stärken.

Es geht aber immer auch um die Frage, wann der richtige Zeitpunkt für eine Verfassungsänderung ist. Eine Änderung der Bayerischen Verfassung nur wegen der Frage des ausgeglichenen Haushalts würde sich nicht rechnen. Ich glaube, wir sollten nicht über eine isolierte Änderung der Bayerischen Verfassung nachdenken. Das würde im Übrigen einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursachen. Rund 13 Millionen Euro müssten für eine Verfassungsänderung ausgegeben werden. Deshalb sollten wir darüber nachdenken, wie wir die Bayerische Verfassung auf die Zukunft hin ausrichten können. Lassen Sie uns diese Entscheidung gegebenenfalls mit einem Wahlgang verbinden. Wir sollten nicht den Fehler machen und das Ziel eines auf die Zukunft ausgerichteten, nachhaltigen und generationengerechten Haushalts mit einer isolierten Abstimmung zu Kosten von 13 Millionen Euro zu untergraben. Wir sollten uns überlegen, wie wir den Menschen in Bayern eine Leitlinie und dem Land eine Perspektive geben. Hierbei spielt die Frage solider Haushalte eine zentrale Rolle.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. - Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.

Ich darf Tagesordnungspunkt 3 aufrufen:

Gesetzentwurf der Staatsregierung Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (Drs. 16/8514) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird ohne Aussprache an den federführenden Ausschuss für Soziales, Familie und Arbeit überwiesen, wenn Sie damit einverstanden sind. Das ist erkennbar der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf an den Sozialausschuss überwiesen.

Ich darf zur gemeinsamen Beratung die

Tagesordnungspunkte 4 und 5 aufrufen:

Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Fünfzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Fünfzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) (Drs. 16/7001) - Zweite Lesung

und

Antrag der Abgeordneten Georg Schmid, Eberhard Sinner, Bernd Sibler u. a. (CSU) , Tobias Thalhammer, Julika Sandt, Renate Will u. a. (FDP) Entschließung zum Fünfzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Fünfzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) (Drs. 16/7782)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion vereinbart.

Erster Redner ist Herr Kollege Richter. Ihm folgt Kollege Dr. Rabenstein. Er ist ebenfalls schon da. - Herr Kollege Richter beginnt.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wie der Herr Präsident beim Aufruf schon gesagt hat, geht es beim Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages in erster Linie um eine Änderung des Finanzierungssystems. Wir wollen die Beitragserhebung so gestalten, dass sie zukunftsfähig ist und den Anforderungen unserer Gesellschaft entspricht. Die gerätebezogene Rundfunkgebühr bereitet große Probleme, insbesondere beim Umgang mit Multimediaangeboten, dem Internet und PCs. Das soll sich in Zukunft ändern. Das Finanzierungssystem soll auf einen haushaltsbezogenen Beitrag umgestellt werden. Der haushaltsbezogene Beitrag soll aufkommensneutral sein. In der Summe soll es keine Erhöhung des Gesamtbeitrags pro Monat geben. Wir wollen den Verwaltungsaufwand senken und die Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks zukunftssicher und sozial gerecht gestalten. Soziale Gerechtigkeit bedeutet, dass es für Menschen mit Behinderungen Ermäßigungen geben wird.

In den Beratungen des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags war ein wesentlicher Aspekt, wie mit den Unternehmen und insbesondere dem Mittelstand umgegangen wird, um diese nicht zusätzlich zu belasten. Auch hierzu wurden entsprechende Lösungen gefunden. Es wurden beispielsweise sozial abgefederte Lösungen dahin gefunden, dass Auszubildende nicht in diese Berechnungen aufgenommen werden.

Wir versprechen uns - damit komme ich zum Schluss; nachdem es die Zweite Lesung ist, kann man sich etwas kürzer fassen - einen Mehrwert für den Fernsehzuschauer und den Zuhörer und wir wollen vor allen Dingen mit dieser Lösung die Beiträge stabil halten. Ich bitte um Zustimmung zum Staatsvertrag.

(Beifall bei der CSU)