Die Lehrerstellen reichen nicht aus, um den Herausforderungen an der Schule zu begegnen. Vor Ort kommen diese Stellen vielfach nicht an als tatsächlicher Gewinn. Wir haben nicht genug Lehrerinnen und Lehrer, um den Unterricht abzudecken. Wir haben nicht genug Lehrerinnen und Lehrer, um Unterrichtsausfall, bedingt etwa durch Krankheit, Schwangerschaft und Fortbildung, auszugleichen. Wir haben nicht genug Lehrerinnen und Lehrer, um individuell zu fördern, und wir haben nicht genug Lehrerinnen und Lehrer, um die Ganztagsschulangebote ausreichend und in guter Qualität auszubauen.
Sie reden immer von der verbesserten Lehrer-Schüler-Relation. Aber das ist eine Relation, die nichts aussagt. Entscheidend ist: Reichen die Lehrerinnen und Lehrer aus, um den Aufwand an Unterrichtsstunden abzudecken? Da sehen wir einfach: Es wird an den Realschulen immer noch Pflichtunterricht gestrichen, und das seit Jahren. Da wird also Unterricht, der eigentlich notwendig ist, wegen Lehrermangels nicht gehalten.
Wenn wir uns das Thema Ganztagsschulen ansehen, dann müssen wir akzeptieren: Wenn Schülerinnen und Schüler länger am Tag, mehr Stunden an der Schule sind, dann brauchen sie auch mehr Lehrerinnen und Lehrer, die diesen Unterricht abdecken. Deswegen reichen diese Stellen nicht aus.
Wir haben deshalb in einem Antrag vorgeschlagen, zusätzliche Lehrerstellen als Pools an die Schulen zu geben, damit die Lehrerversorgung dort vor Ort verbessert werden kann - je nach Schulart, je nach Schulort. Wir haben diesen Antrag gestellt, Sie haben ihm nicht zugestimmt, liebe Frau Will.
Jetzt haben wir gehört, dass der Kultusminister eine Mobile Lehrerreserve an den Gymnasien einführen will. Schauen wir einmal, was da herauskommt! Es ist ein Vorschlag. Ich sehe keine Haushaltsverankerung des Antrags, ich sehe nicht, woher die Stellen für diese Mobile Reserve kommen sollen. Mein augenblicklicher Eindruck ist: Es ist keine Mobile Lehrerre
Wir haben einen Antrag gestellt, um die Situation an FOS/BOS zu verbessern. Es ist der alternative Weg zum Abitur neben dem Gymnasium. Diese Schulen leiden mittlerweile an ihrem Erfolg: Sie haben immer mehr Schülerinnen und Schüler; die Lehrerversorgung wird dem nicht gerecht. Es gilt als der zweite Weg zum Abitur, aber es ist ein holpriger Weg, es ist ein Weg mit vielen Schlaglöchern. Deswegen haben wir den Antrag gestellt, diesen Weg zu verbessern. Sie haben ihn abgelehnt.
Lehrerinnen und Lehrer fehlen auch, um der demografischen Entwicklung gerecht werden zu können. Wir haben immer mehr kleinere Grundschulen, und dafür brauchen wir immer mehr Lehrer. Das liegt so in der Systematik. Wir haben die Situation - das liegt an der Art und Weise der Lehrerzuweisung -, dass uns die Lehrer für die kleinen Grundschulen ausgehen. Pro Kind werden 1,23 Lehrerstunden zugewiesen. Einer kleinen Grundschule mit zum Beispiel 75 Kindern werden vielleicht 90 Stunden zugewiesen. Wenn es etwa 85 Kinder sind, werden 98 Stunden zugewiesen. Der Pflichtunterricht an den Grundschulen beträgt aber 106 Stunden. Das heißt, diesen kleinen Grundschulen fehlen von vornherein zehn, zwölf oder noch mehr Stunden, um den Unterricht abzudecken. Das wiederum heißt für die Schulräte: Sie müssen diese Stunden anderen, den großen Schulen wegnehmen und den kleinen Schulen geben. Dort haben wir dann die großen Klassen mit den schwierigen Kindern, die nicht ausreichend beschult werden können.
Insgesamt reicht die Masse nicht aus. Wir werden mit diesem Versorgungsinstrument die kleinen Grundschulen nicht mehr bedienen können. Aber es gilt eigentlich der Grundsatz: Kurze Beine - kurze Wege. Wenn wir die kleinen Grundschulen im ländlichen Raum nicht mit Lehrerstellen versorgen können, dann werden diese Grundschulen irgendwann fusionieren müssen, sie werden geschlossen werden, und wir stehen vor einem Sterben der Grundschulen im ländlichen Raum.
- Wir stehen davor. Schauen Sie sich in allen Schulamtsbezirken an, wie sich das entwickelt. Es wird diese kleinen Schulen geben, die Sie zumachen werden.
Allenfalls, wenn Sie das machen, was wir beantragt und Ihnen immer wieder vorgeschlagen haben, könnte es gehen: Sie führen einen zusätzlichen Faktor in der Stundenzuweisung ein, dass zusätzliche Lehrerstunden an die kleinen Grundschulen kommen.
Sie haben die Schullandschaft im ländlichen Raum offensichtlich aufgegeben, weil wir bei den Mittelschulen den gleichen Prozess erleben. Auch das wird das Ende der Hauptschulen im ländlichen Raum verzögern.
- Wir haben doch immer weniger Schülerinnen und Schüler im ländlichen Raum und immer weniger an den Hauptschulen. Es weiß doch jeder, dass über kurz oder lang die Schullandschaft zurückgeht.
Wir haben mit unserer Überzeugungskraft einen großen Einfluss. Die Eltern in Bayern entscheiden aber nicht nach unseren Empfehlungen, wohin sie ihre Kinder schicken. Immer weniger Kinder gehen auf die Hauptschulen und die Mittelschulen. Wir müssen deshalb eine Schulstruktur schaffen, die mehr Möglichkeiten eröffnet. Wir brauchen die Möglichkeit, dass mehr Kinder in ihrem Dorf in die Schule gehen können. Das ist nur mit einer anderen Schulstruktur möglich.
Wir sagen immer, dass wir vor Ort andere Schulmodelle zulassen müssten. Gestern hat jedoch Ihr Fraktionsvorsitzender Schmid gesagt: Über das gegliederte Schulwesen wird nicht geredet. Er hat dafür keinen Grund genannt. Das ist eine ideologische Argumentation, die die Augen vor der Situation im ländlichen Raum verschließt.
Ideologisch hat Herr Kollege Schmid auch bezüglich der Ganztagsschulen argumentiert. Er hat davor gewarnt, dass es eine Ganztagsschulpflicht geben könnte. Dagegen würde sich die CSU verwahren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei einem Versorgungsgrad mit Ganztagsschulen für 6 % der Schülerinnen und Schüler ist es absurd, von einer 100-prozentigen Versorgung oder einer Pflicht zu reden, geschweige denn, davor zu warnen.
Politisch Verantwortliche, die sagen, sie wollten keine 100 %, die aber gerade 6 % erreicht haben, verschlie
ßen ihre Augen vor der Verantwortung. Sie bräuchten exorbitante Steigerungsraten beim Ausbau von Ganztagsschulen, um überhaupt die von Ihnen so vielbeschworene Wahlfreiheit der Eltern zu erreichen; damit die Eltern überhaupt ein Angebot haben, um darüber entscheiden zu können, ob sie ihr Kind in eine Ganztagsschule schicken oder nicht. Ich glaube, beim Thema Ganztagsschulen ist die Ideologie in der CSUFraktion stärker, als ich das bis gestern gedacht habe.
Wir brauchen außerdem mehr Qualität bei den Ganztagsschulen. Für die gebundenen Ganztagsgrundschulen gibt es 12 zusätzliche Stunden. Diese zusätzlichen Stunden reichen gerade aus, um die Vormittage mit qualitativem Unterricht zu füllen. Für die Nachmittagsstunden reicht dies nicht. Deswegen gibt es so wenig Nachfrage nach diesen Angeboten, obwohl vor Ort ein Bedarf vorhanden ist. Hier muss etwas getan werden.
Ich komme damit zu den zusätzlichen Lehrerstellen, die vorhin genannt worden sind. Hier geht es um die Klarheit. Klar war bei dem, was in den letzten Wochen zu hören war und diskutiert worden ist, überhaupt nichts. Sie sprechen davon, dass Sie mit diesem Doppelhaushalt 3.873 neue Stellen schaffen. Hier gibt es unterschiedliche Zahlen. Dem gegenüber stehen 3.848 Stellen mit einem kw-Vermerk. Ein Großteil dieser kw-Stellen ist zeitlich terminiert, nämlich auf August 2011 bzw. August 2012. 1.300 Stellen sind für die Rücknahme der Arbeitszeitverlängerung erforderlich. Diese Stellen haben einen kw-Vermerk. Auch die Zuwächse durch Sonderausgaben sind mit kw-Vermerken versehen. Insgesamt muss ich feststellen: Sie erwirtschaften die Stellen aus dem Kultushaushalt heraus. Das kann man so machen; dann sollte man das aber auch sagen. Sie verschieben in diesem Haushalt Stellen, schaffen aber keine neuen Stellen.
Bei dieser Verschieberei verstehe ich eines nicht: Nachvollziehbar ist, wenn Stellen für das G 9 künftig auf die Hochschulen verlagert werden. Ich verstehe aber nicht, warum Sie 1.000 Stellen von den Grundund Hauptschulen an die Hochschulen geben. Damit opfern Sie die demografische Rendite und etwa 1.500 Stellen, die am neunjährigen Gymnasium frei werden, und geben diese Stellen dem Finanzminister. Das ist ein schlechter Deal für die Grund- und Hauptschulen.
Eine weitere Zahl fehlt in diesem Haushalt, sie wird sich aber auf die Schulen auswirken. Ich spreche von einer Summe in Höhe von 50 Millionen Euro Plus. Dieses Geld bringen die Kommunen nicht etwa für den Schulhausbau oder die Schulbusförderung auf,
sondern für die Ganztagsschule. Die Kommunen zahlen 5.000 Euro pro Ganztagsgruppe bzw. -klasse an das Land. Von diesem Geld haben die Kommunen nichts. Außerdem müssen die Kommunen zusätzliche Mittel für die Ganztagsangebote aufwenden, weil die Mittel des Landes hierfür nicht reichen.
Herr Kollege Kreuzer, als Stadtrat wissen Sie, in welcher Höhe die Stadt Kempten zusätzliche Mittel für Ganztagsangebote aufwenden muss. Dieses Geld müsste eigentlich zusätzlich in diesem Landeshaushalt verankert werden.
Das Gleiche gilt für die Schulsozialarbeit. Die Kommunen geben etwa 25 Millionen Euro für die Schulsozialarbeit aus. Sie nennen das dann Jugendsozialarbeit an Schulen. Letztlich geht es jedoch darum, die pädagogische Arbeit an den Schulen und das pädagogische Klima an den Schulen zu verbessern. Diese Summe müsste in diesem Kultushaushalt verankert werden.
Zum Schluss möchte ich noch etwas zum Thema Inklusion sagen. Ich möchte darum bitten, dass wir kurz das Spiel "Opposition hier, Regierung da" unterbrechen, bei dem die Opposition etwas fordert und die Regierung sagt: Das geht nicht. Wir haben zum Thema Inklusion mit großer Ernsthaftigkeit einen gemeinsamen Gesetzentwurf erarbeitet. Jetzt geht es darum, mit der gleichen Ernsthaftigkeit für die Ressourcen zu sorgen. Das Kultusministerium muss jetzt Rahmenrichtlinien schaffen, um eine möglichst gute Förderung zu ermöglichen. Die Mittel dafür dürfen nicht zu knapp bemessen und müssen flexibel sein. Wir alle müssen beobachten, ob diese Mittel ausreichen oder ob wir nachsteuern müssen. In diesem Fall müssten wir noch einmal zusätzliches Geld in die Hand nehmen und zusätzliche Lehrerstellen schaffen, um die Inklusion auf den Weg zu bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ärgerlich bei diesem Kultushaushalt ist der Umstand, dass in den Randbereichen des Haushalts in Dimensionen gespart worden ist, die sich zwar auf den Gesamthaushalt nicht auswirken, die aber vor Ort großen Schaden verursachen. Ich nenne als Beispiel die Schulen in freier Trä
gerschaft. Die Mittel, die Sie hier draufgelegt haben, reichen einfach nicht aus. Durch die Pauschalierung werden vor allem Schulen in freier Trägerschaft im ländlichen Raum leiden und in ihrem Fortbestand gefährdet. Bei den Altenpflegeschulen haben Sie sich ein starkes Stück geleistet. Wir brauchen Menschen, die in diesen Beruf gehen. Sie führen Werbekampagnen für diesen Beruf durch. Sie sind aber nicht in der Lage, für die Altenpflegeschulen die nötigen 2 oder 3 Millionen Euro zusätzlich in den Haushalt einzustellen. Das ist ein Armutszeugnis.
Ich komme zu meinem zusammenfassenden Satz: Insgesamt wird dieser Haushalt den Anforderungen und den Ansprüchen an eine Bildung der Zukunft nicht gerecht.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt von der Schwarzmalerei wegkommen und muss Ihnen sagen: Seit dem Eintritt der FDP in die Regierung wird kräftig in die Bildung investiert.