Protocol of the Session on March 29, 2011

Wer aber Kontrolle durch Vertrauen ersetzt, fordert das Schicksal heraus. Deshalb kann das auch nicht als Entschuldigung dienen.

Weitab von juristischen, inhaltlichen und sachlichen Erwägungen möchte ich an dieser Stelle eines festhalten: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer damals,

als die Entscheidung gefallen ist, als Kurfürst mitentschieden hat, kann heute für sich gewiss nicht in Anspruch nehmen, dass er ein Bauernopfer sei.

(Beifall bei der FDP, der SPD, den Freien Wäh- lern und den GRÜNEN)

Neben den inhaltlichen Themen, die ich soeben aufgeführt habe und die sich im Bericht wiederfinden, die auch für das Votum entscheidend sind, ob Fahrlässigkeit oder grobe Fahrlässigkeit, möchte ich noch auf ein paar andere Aspekte hinweisen, die auch im Untersuchungsausschuss behandelt wurden. Der Kauf der Hypo Group Alpe Adria war im Prinzip auch gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Satzung eine Richtungsentscheidung, zu der allein der Verwaltungsrat der Bayerischen Landesbank befähigt war, nicht der Vorstand, übrigens im Gegensatz zur freien Wirtschaft und zu Aktiengesellschaften. Wir mussten aber den Eindruck gewinnen, dass das dort keinem so richtig bewusst war. Viele haben sich auf die Osteuropastrategie zurückgezogen. Die Osteuropastrategie umfasste aber explizit nicht die Länder, in denen die HGAA ihren Schwerpunkt hatte.

(Beifall bei der FDP und den Freien Wählern)

Damit hier kein Missverständnis entsteht: Hier geht es nicht darum, dass in der Osteuropastrategie einige Länder vergessen wurden, sondern die HGAA hatte in Ländern ihren Schwerpunkt, die eine ganz andere Risikoklasse haben als die Länder in der Osteuropastrategie. Deshalb impliziert diese Entscheidung damals auch eine Richtungsentscheidung. Diese Richtungsentscheidung hätte es auch erfordert, dass man sich mehr und tiefer gehende Gedanken über das eigene unternehmerische Potenzial gemacht hätte. Man hätte sich nämlich die Frage stellen müssen, ob die Bayerische Landesbank damals - zu diesem Zeitpunkt ohne Konzernmanagement - in der Lage gewesen wäre, ein Unternehmen wie die Hypo Group Alpe Adria mit mehr als 400 überwiegend im Ausland tätigen Töchtern überhaupt zu führen. Darüber hat man sich zu dem Zeitpunkt aber nur in ganz eingeschränktem Maß Gedanken gemacht. Deshalb fallen Argumente wie die, dass man sich bei der Entscheidung getäuscht gefühlt, dass man eine falsche Entscheidung gefällt habe, ins Leere. Es geht um eine elementare Entscheidung, die der Verwaltungsrat damals gefällt hat. Diese Entscheidung hat er aufgrund von ungenügenden und unzureichenden Informationen und aufgrund einer unzureichenden Diskussion getroffen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den Freien Wählern)

Das alles wäre nicht so dramatisch, wenn es nicht um Steuergelder, wenn es nicht um die Gelder der Bür

gerinnen und Bürger gehen würde. Deshalb bleibt nach wie vor die Frage für das künftige politische Alltagsgeschäft offen, nämlich die Frage, ob der Freistaat Bayern neben einer Förderbank wirklich eine Staatsbank braucht.

Hier komme ich zu einem weiteren Punkt, den wir ebenso im Untersuchungsausschuss behandelt haben, nämlich das Thema öffentlicher Auftrag. Der öffentliche Auftrag, auch das haben unsere Gutachter festgehalten, steht über allen Geschäften, die die Bayerische Landesbank durchführt. Über allen Geschäften steht der öffentliche Auftrag! Alle Geschäfte sind nur im Sinne des öffentlichen Auftrags durchzuführen. Das hätte doch zumindest eine tiefere und aufmerksamere Prüfung erfordert. Alle uns im Untersuchungsausschuss vorgelegten Theorien von einer Zwei-Säulen-Bank finden wir im Landesbankgesetz nicht. Ich glaube, dort sind sie auch nicht niedergeschrieben, zu diesem Ergebnis kommt man vor allem, wenn man die Begründung durchliest.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Viel schwerer, liebe Kolleginnen und Kollegen, wiegt, dass wir nicht den Eindruck gewinnen konnten, dass man sich damals über die Frage, öffentlicher Auftrag ja oder nein, überhaupt Gedanken gemacht hat. Es gibt hierzu keinen einzigen Hinweis in einem der Protokolle, und es gibt auch bei den Befragten keine Aussage, dass sie an solchen Diskussionen teilgenommen hätten. Es gibt allein die Aussage, dass man sich persönlich, privat, für sich selbst, damit beschäftigt habe und zu einem positiven Urteil gekommen sei. Das alles ist dann auch noch im Hinblick auf die Osteuropastrategie zu sehen. Das halte ich persönlich angesichts dieser schwerwiegenden Frage aber für ungenügend.

Das Ergebnis des Untersuchungsausschusses liegt Ihnen vor. Der Untersuchungsausschuss hat aber auch eine ganze Reihe von Themen genannt, die in die Zukunft weisen. An dieser Stelle, wenn ich über das Thema Zukunft und die gegenwärtige Regierung spreche, muss festgehalten werden, dass diese Koalitionsregierung aus FDP und CSU die Landesbank und die Problematik in der Landesbank als Bürde von der alten Regierung übernommen hat. Diese Koalitionsregierung hat aber gehandelt. Wir haben gemeinsam ein neues Landesbankgesetz auf den Weg gebracht. Wir haben auch dafür gesorgt, dass in den Verwaltungsrat zunehmend Sachverstand eingezogen ist. Wir haben die Aktionsmöglichkeiten der Bayerischen Landesbank räumlich und inhaltlich eingegrenzt, und wir haben die Tür für die Privatisierung in dieses Landesbankgesetz eingebaut. Daran können

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Diese Koalition hat verstanden. Wir haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und das Gelernte auch umgesetzt.

(Beifall bei der FDP)

Ein weiteres Thema war die Rechtsaufsicht. Bei unseren Befragungen hat sie sich als äußerst zahnloser Tiger erwiesen. Die Rechtsaufsicht im Finanz- und im Innenministerium hat nämlich noch nicht einmal darüber nachgedacht, zu prüfen, ob der Kaufvertrag in Übereinstimmung mit dem Gesetz steht. Wir denken, auch hier muss künftig nachgebessert werden.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Und ein Drittes: Das betrifft dieses Hohe Haus im besonderem Maß, und zwar geht es um die Beteiligung des Landtags und um das Haushaltsbudget. Man muss sich nämlich durchaus fragen, ob der Kauf einer Bank in dieser Dimension angesichts der Größe des Geschäftes nicht das Haushaltsrecht und die Budgethoheit des Bayerischen Landtags berührt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Es ist durchaus zu fragen, ob es damals ausreichend war, den Haushaltsausschuss kurz zu informieren und mit Hinweis auf den Nachtragshaushalt die Behandlung möglicher Kapitalerhöhungen in den nächsten Nachtragshaushalt zu verschieben. Das alles wiegt umso mehr, weil es nicht nur um die damals, in der aktuellen Situation, notwendigen Mittel ging, sondern vielmehr um das übernommene Risiko, das auf den Staatshaushalt zukommen könnte. Ich glaube, hier haben wir ein Thema, über das wir reden müssen. Wir haben in dieser Frage auch gemeinsam nachgebessert, damit solche Themen künftig im Haushaltsausschuss mit Zustimmung verabschiedet werden müssen. Ich glaube, auch das war eine richtige Entscheidung in dieser Legislaturperiode.

(Beifall bei der FDP)

Es ist aber auch wichtig, dass das Ergebnis dieses Untersuchungsausschusses auch Folgendes nach außen signalisiert: Die Bürgerinnen und Bürger sollen wissen, dass wir keine Freischeine geben und dass wir auch einen Beitrag dazu leisten, dass Ähnliches nicht mehr passiert. Wir wollen vorbeugen und ich glaube, in dieser Frage muss ich Herrn Kollegen Dr. Dürr recht geben: Viele Verwaltungsräte, nicht nur in der Bayerischen Landesbank, sondern auch in der Bundesrepublik Deutschland, werden sich künftig zweimal überlegen, wie sie nach diesen Ereignissen

ihre Aufgaben in einem Verwaltungsrat oder in einem Aufsichtsrat erfüllen müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dem Bericht des Vorsitzenden hat die FDP nur zugestimmt, weil dort fahrlässiges Verhalten aller Verwaltungsräte festgestellt wurde. Wir haben nur zugestimmt, weil im Bericht in der Person des Vorsitzenden und seines Stellvertreters grobe Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen werden konnte. Nur mit der Zustimmung der FDP ist der Bericht zu einem Mehrheitsbericht geworden. Ich denke, unser Beitrag in der Aufklärungsarbeit kann sich nicht besser widerspiegeln.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Bern- hard Pohl (FW))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, letztendlich muss nach diesen Vorfällen auch über das staatliche Engagement neu nachgedacht werden. Bei waghalsigen Investitionen und beim Engagement in Regionen, die nicht zum Freistaat Bayern gehören, geht es um das Geld der Steuerzahler. Hier steht das Geld der Bürgerinnen und Bürger auf dem Spiel. Wir haben hier die politischen Verantwortlichkeiten geklärt und die zivilrechtlichen Folgen klar zugeordnet; das ist ein Gewinn an politischer Hygiene. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass uns allen gemeinsam in Zukunft der Auftrag anheimfällt, dafür Sorge zu tragen, dass den Bürgerinnen und Bürgern solche Probleme und ein derart hoher Schaden nicht mehr zugemutet werden. So etwas muss abgewendet werden.

(Lebhafter Beifall bei der FDP, Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und des Abgeordneten Bern- hard Pohl (FW))

Das Wort hat jetzt Herr Professor Dr. Bausback. Ihm folgt Frau Kollegin Aures. Bitte schön, Herr Kollege Professor Dr. Bausback.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Leider habe ich nicht mehr die volle Redezeit. Deshalb will ich mich auf einige Punkte beschränken, die sich auch auf die vorangegangenen Beiträge beziehen. Ich will nicht alles wiederholen, was Herr Kollege Herrmann zu Recht als das wesentliche Ergebnis des Untersuchungsausschusses dargestellt hat.

Vorweg noch zu Herrn Kollegen Klein. Das Ergebnis des Mehrheitsberichts ist ein gemeinsames Ergebnis von CSU und FDP, daran sollten wir festhalten. Wenn Sie hier die Frage des öffentlichen Auftrags ansprechen, so ist hervorzuheben, dass Herr Professor Schmidt, der Gutachter, klar ausgesagt hat, dass der Kauf der HGAA durch das Landesbankgesetz gedeckt

war. Wenn es nicht so wäre, und in dieser Frage stehen Sie genauso in der Verantwortung wie wir, dann müsste man sofort über die MKB-Bank nachdenken. Insoweit sollten wir doch an diesem gemeinsamen Ergebnis festhalten.

Die Opposition hat behauptet, die Bayerische Landesbank habe bis heute kein tragfähiges Geschäftsmodell. Dies ist ein von Ihnen erhobener Vorwurf.

(Harald Güller (SPD): Das ist nachzulesen in zig Aussagen und steht im Protokoll!)

Die Bank schreibt inzwischen schon wieder schwarze Zahlen.

(Zuruf der Abgeordneten Inge Aures (SPD))

Kolleginnen und Kollegen, im Übrigen bestätigen Sie hier nur, was Kurt Tucholsky schon vor Jahrzehnten festgestellt hat: Neben dem Fortpflanzungstrieb und dem Trieb zu essen hat der Mensch zwei Leidenschaften, zum einen die Leidenschaft, Lärm zu machen, und zum anderen, nicht zuzuhören.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Deshalb stehen Sie ja auch am Mikrofon!)

Meine Damen und Herren, die Bayerische Landesbank hat ein tragfähiges Geschäftsmodell. Wenn Sie sich die Entwicklung nach der Wirtschaftskrise anschauen, dann müssten Sie auch wissen, wie wichtig die Bayerische Landesbank inzwischen für die Finanzierung des größeren Mittelstandes ist.

Meine Damen und Herren, 29 Sitzungen, 74 Zeugen, mehr als 300 Aktenbände und nun das: Ihre Auftritte, Herr Güller, Herr Pohl, Herr Dürr, waren "dürr" im wahrsten Sinne des Wortes

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN: Oh!)

"Ein Tag der Wahrheit", sagten Sie, Herr Güller. Schon in dieser Sitzung sollten Sie sich an dieser Aussage messen lassen. Wir hätten auf die Ministerbefragung heute verzichtet, wenn die GRÜNEN auf die Aktuelle Stunde verzichtet hätten. Dann wäre die Beratung des Schlussberichts der erste Tagesordnungspunkt gewesen. Uns vorzuwerfen, dass wir nicht auf unsere Rechte verzichten, wenn die anderen Fraktionen ebenso wenig kompromissbereit sind, ist scheinheilig.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Dass Sie, Herr Güller, es mit der Wahrheit auch im Untersuchungsausschuss nicht immer so genau ge

nommen haben, durften wir während der Beweisaufnahme erleben, als Sie nach einer Sitzung vor die Presse getreten sind und wider besseres Wissen behauptet haben, dass die Verwaltungsräte aus der Staatsregierung ihre Aufwandsentschädigungen für ihre Verwaltungsratstätigkeit eingesteckt hätten, obwohl drei-, viermal zuvor im Untersuchungsausschuss Thema war, dass diese Gelder unmittelbar zugunsten von Stiftungen des Landes abgeführt wurden.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, die Behauptung, der Untersuchungsausschuss sei Ihr Erfolg,

(Inge Aures (SPD): Eurer nicht!)

ist der Gipfel der Unverfrorenheit.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wenn es keine Verfehlungen gegeben hätte, hätten wir den Ausschuss nicht gebraucht! Das haben wir euch zu verdanken!)

Der Gipfel der Unverfrorenheit ist auch, dass Ihr Fraktionsmitglied Dr. Rabenstein in seinem Buch auf Seite 152 feststellt, dass der Untersuchungsausschuss