Protocol of the Session on March 29, 2011

Das ist die Aufgabe des Landtags. Wir werden das kontrollieren, wir werden es begleiten, und wir werden die entsprechenden Anfragen und Anträge stellen. Das Thema der Haftung, der strafrechtlichen Verfolgung von Vorständen, die Frage, ob es ein Geschäftsmodell gibt, die Frage, wie der Haftungsmaßstab aus

sieht, werden wir immer wieder auf die Tagesordnung dieses Hauses bringen.

Für uns war der Untersuchungsausschuss erfolgreich. Dass er von Ihnen als CSU nicht als erfolgreich betrachtet wird, weil Sie zugeben mussten, dass Ihre Verwaltungsräte falsch gehandelt haben, und weil Ihre wirtschaftspolitische Kompetenz durch den Kauf der HGAA massiv zerstört wurde, ist Ihr Problem. Sie werden Verständnis dafür haben, dass mir das relativ egal ist. Uns geht es um das Geld der Bürgerinnen und Bürger des Freistaats, uns geht es darum, möglichst einige Euro des immensen Schadens zurückzuholen. Uns geht es darum, dass es in Zukunft in diesem Haus, in der Landesbank, unter den Augen der Staatsregierung nicht noch einmal zu einem solchen Desaster kommt. Dafür sind wir gewählte Parlamentarier, und dafür nehmen wir in dieser Wahlperiode auch unsere Position als Opposition wahr. Das nächste Mal werden wir sowieso das Landesbankgesetz grundlegend ändern. - Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Für die Fraktion der Freien Wähler erteile ich Herrn Kollegen Pohl das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der politischen Bewertung sind sich alle Fraktionen im Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags einig. Das Desaster der BayernLB ist nicht wie ein Komet vom Himmel gefallen; es hat einen Namen: CSU.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Die CSU stellt in ihrem Abschlussbericht fest, es bestehe überhaupt kein Zweifel, dass der komplette Vorstand und alle Verwaltungsräte beim Kauf der Hypo Group Alpe Adria schuldhaft ihre Pflichten verletzt hätten. Das ist, sehr geehrter Herr Kollege Dr. Herrmann, kein Kesseltreiben gegen ehemalige Minister. Ich sage Ihnen ganz offen: Ich kann unterscheiden zwischen dem Respekt, den ich dem früheren Ministerpräsidenten Günther Beckstein für seine politische Lebensleistung entgegenbringe, und der Kritik, die ich an seiner Arbeit im Verwaltungsrat der BayernLB üben muss. Im Übrigen üben Sie diese Kritik auch. Sie werfen ihm ebenfalls schuldhaftes Fehlverhalten vor, und ich denke nicht, dass Sie es an Respekt mangeln lassen.

Herr Kollege Dr. Herrmann, wenn Sie meinen, Sie könnten fehlende Argumente ersetzen, indem Sie mit Schmutz werfen, kann ich Ihnen sagen: Ich werde

mich nicht auf dieses Niveau begeben, Sie nicht an Ihren Vater erinnern oder Ähnliches.

(Unruhe bei der CSU)

Ich denke, man kann das auch sachlich abhandeln, ohne persönlich werden zu müssen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Erste Feststellung des Untersuchungsausschusses: Der Vorstand der BayernLB hat versagt. Mitunter war aus den Mehrheitsfraktionen zu vernehmen, der CSUdominierte Verwaltungsrat würde entlastet. Ich sage Ihnen: mitnichten. Sie haben doch den Vorstand bestellt. Sie tragen doch die volle politische Verantwortung für das unfähige Personal, das Sie in die Landesbank geschickt und damit auf den bayerischen Steuerzahler losgelassen haben.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Die Vorstände waren aber nicht nur unfähig, sie waren auch charakterlos. Sie haben kollektiv ihre Aussage vor dem Untersuchungsausschuss verweigert und damit versucht, die Aufklärung dieses Skandals zu behindern. Ich hätte dafür vielleicht noch Verständnis gehabt, wenn es einer strafprozessualen Taktik entsprochen hätte. Aber bei der Staatsanwaltschaft auszusagen und einen Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags arrogant anzuschweigen, das ist eine Respektlosigkeit, die diese Herrschaften hoffentlich noch einmal bereuen werden.

(Beifall bei den Freien Wählern, der SPD und des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Es ist gut, Herr Kollege Dr. Herrmann, dass die Staatsanwaltschaft mit Hochdruck daran arbeitet, diesen Fall auch strafrechtlich aufzuarbeiten und diejenigen, die es betrifft, dann auch ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Das sah am Anfang leider noch anders aus. Wir mussten mehrfach an die einzigartige Dimension dieses Finanzskandals erinnern - auch Kollege Weidenbusch hat dies Übrigens getan - und mit Nachdruck dem Umfang und der Bedeutung der Angelegenheit angemessene strafrechtliche Untersuchungen anmahnen.

Der Vorstand hat agiert wie in einem schlechten Film: Geheimtreffen im Jahre 2006 mit einem dubiosen Tilo Berlin, der sich mit einer Reihe betuchter Anleger plötzlich für eine marode Kärntner Bank interessierte, der Anteile kaufte, um sie kurze Zeit später mit einem Aufschlag von sage und schreibe 20 % weiter zu veräußern, Anteile an einer Bank, deren Ruf so gut war wie der von Teresa Orlowski im Vatikan.

Meine Damen und Herren, es war doch bekannt: Ein leitender Mitarbeiter der BayernLB, ein Herr Haas, Zögling des früheren Finanzministers Kurt Faltlhauser, hat in einer Protokollnotiz die Frage aufgeworfen: Was will die BayernLB mit dieser Bank? Er hat sie mit Attributen belegt wie "Balkanbank" und "Haiderbank". Er hat die richtigen Fragen gestellt, aber keiner hat sie zur Kenntnis nehmen wollen.

Bayern hat eine Bank gekauft, deren Vorstand innerhalb von wenigen Wochen dreistellige Millionenbeträge mit Swap-Geschäften verloren hat. Dann hat er versucht, die Verluste auf Jahre hinaus abzuschreiben. Aber das mit dem Abschreiben geht halt leider Gottes manchmal schief. Deshalb hat man den Vorstandschef wegen Bilanzfälschung verurteilt.

Es hat den Bankvorstand damals seinen Job gekostet. Aber weil die Bank meinte, sie könnte auf derartige Koryphäen nicht verzichten, hat sie ihn umgehend zum Aufsichtsratsvorsitzenden gemacht. Dieses Unternehmen hat die BayernLB gekauft, meine Damen und Herren!

Ich frage mich: Was hat den Verwaltungsrat angetrieben, dem Kauf einer solch fragwürdigen Bank zuzustimmen? Warum haben Faltlhauser, Beckstein, Huber, Schmid, Naser, Schaidinger, Christmann und die anderen zugestimmt? Warum? - Ich sage es Ihnen. Es war das Gen des Größenwahns, das ihnen der damalige Ministerpräsident Dr. Edmund Rüdiger Rudi Stoiber, wie er sich im Untersuchungsausschuss selber vorgestellt hat, eingeflösst hatte. Er verkörperte wie kein anderer die Ideologie des bayerischen Größenwahns, den der leider nicht anwesende Ministerpräsident Horst Seehofer in seiner Landesbankrede am 3. Dezember völlig zu Recht gegeißelt hat. Stoiber blieb im Hintergrund. Er wusste, warum. Er hat die Fäden gezogen, und seine Marionetten müssen die Suppe nun auslöffeln.

Er blieb so geschickt im Hintergrund, dass er sich noch nicht einmal für ein Foto mit dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hergeben wollte. Offizielle Begründung: Mit einem Rechtsradikalen wie dem Haider will ich mich nicht ablichten lassen.

Er hat die Aufgabe dann an seinen Nachfolger Günther Beckstein delegiert. Ist das anständig, meine Damen und Herren? Es ist eine sehr merkwürdige Logik: Wenn es für den amtierenden Ministerpräsidenten unschicklich ist, mit Haider zu posieren, warum ist das dann für seinen Nachfolger unbedenklich? Und überhaupt: Wenn ein Mensch so außerhalb jeder gesellschaftlichen Akzeptanz steht wie eben dieser Haider, warum macht man mit ihm dann solche Milliardengeschäfte?

Edmund Stoiber, der am liebsten noch dem Bürgermeister von Wolfratshausen Tagesordnung und Beschlussvorschläge für die Stadtratssitzungen diktiert hätte, der soll macht- und hilflos dagestanden haben, als der ganze Stolz der CSU, die Bayerische Landesbank, eine Bank vom rechtsradikalen Haider kauft? Nein, meine Damen und Herren, das glaube, wer will. Stoiber wollte bloß die Finger hier nicht reinstecken; er wollte sich absichern und nicht mehr.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Der Kauf selbst ist eine Aneinanderreihung schwerer Unzulänglichkeiten. Die Due Diligence, die für den Kauf eine tragfähige Entscheidungsgrundlage liefern sollte, verlief überhastet, ohne ausreichende und belastbare Informationen, und nach Ansicht der beauftragten Berater ohne ausreichenden Erkenntnisgewinn. Dies hat sie dann auch in einem Disclaimer klar festgehalten. Der Kaufpreis von nominell 1,625 Milliarden Euro, tatsächlich aber 1,65 Milliarden Euro, übersteigt die vom Berater genannte Kaufobergrenze von 1,5 Milliarden Euro um sage und schreibe 150 Millionen Euro.

So hat der Berater Oliver Bender bezeichnenderweise vor dem Untersuchungsausschuss gesagt - er war Übrigens bei den Vertragsverhandlungen nicht dabei -, er habe den Abschluss mit den Worten kommentiert: So ein Blödsinn! Das darf man doch einfach nicht machen.

Der leitende Mitarbeiter der BayernLB, den ich vorhin zitiert habe, der Faltlhauser-Zögling Haas, soll ebenso gedacht haben. Aber, meine Damen und Herren, damit noch nicht genug: Den absoluten Vogel hat der Vorstand abgeschossen, als er bei so einem Kauf, wo er so wenig Informationen hatte, nicht etwa Geschäftsgrundlagenregelungen vereinbart hat, sich hat Garantien geben ließ, nein, er hat sogar auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte weitgehend verzichtet.

Wenn man nun schon meinte, die Katze im Sack kaufen zu müssen, keine ausführlichen Due Diligence durchführte, hätte man sich wenigstens im Vertrag weitgehend absichern müssen. Der juristische Berater der BayernLB, Rechtsanwalt Brodey, war völlig zu Recht über die Ignoranz des Vorstandes entsetzt. Er bezeichnete ein ordentliches Regelwerk über die Gewährleistung als das Wichtigste in einem solchen Vertrag. Und bei uns fehlt dies fast komplett.

Mit dem Kauf der Bankanteile für effektiv eine Milliarde sechshundertfünfzig Millionen Euro hat der Vorstand übrigens auch die Ermächtigung überschritten, die ihm der Verwaltungsrat damals gegeben hatte. Die Ermächtigung lautete auf 1,7 Milliarden Euro ab

züglich 100 Millionen Euro bezifferte Risiken, insgesamt also 1,6 Milliarden Euro. Das durfte der Vorstand auch nur, weil er seine eigene Beschlussvorlage, die ein Maximum von 1,6 Milliarden abzüglich 100 Millionen Euro vorsah, noch um 100 Millionen Euro aufstocken ließ, um die Bankanteile ja zu bekommen.

Zusammenfassend: Der Kauf war eine Aneinanderreihung von Pleiten, Pech und Pannen. Und der Verwaltungsrat? Er ist dem Beispiel der berühmten drei Affen gefolgt: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.

(Beifall bei den Freien Wählern - Zuruf von der CSU: Das haben wir doch schon öfter gehört! - Harald Güller (SPD): Deswegen bleibt es trotzdem richtig, auch wenn Sie es schon gehört haben!)

Kollege Huber ist nicht da, aber der Kollege Schmid ist da. Können Sie mir sagen, wozu wir beim Kauf der Hypo Group Alpe Adria einen Verwaltungsrat gebraucht haben? Zumindest Erwin Huber hätte eigentlich wissen müssen, dass diese Bank eine Menge Sprengstoff birgt. Sein eigener Staatssekretär Spitzner hat ihn vor dieser Bank gewarnt. Er hat gesagt: Pass auf, das ist eine ganz heiße Kiste. Interessiert hat das Erwin Huber wenig. Er kommentierte das mit den Worten: Beim Spitzner gab es viele heiße Kisten.

(Lachen bei den Freien Wählern - Johanna Wer- ner-Muggendorfer (SPD): Das täte sogar stimmen!)

Soviel zur Sorgfalt eines Verwaltungsrats, meine Damen und Herren!

Man hat dem Verwaltungsrat die Zustimmung zu einem Kauf erteilt, als habe man über die Beschaffung eines neuen Teppichreinigers abgestimmt.

Der Beschlussvorschlag stand nicht auf der Tagesordnung. Huber, Beckstein und Schmid waren wie so oft nicht bei der Sitzung dabei. Deshalb hat man beschlossen, im Umlaufverfahren zu entscheiden - im Umlaufverfahren, wie wenn man ein Lokal für eine Weihnachtsfeier festlegt! Im Umlaufbeschluss hat man den größten Deal in der Geschichte der BayernLB gemacht! Nein, es war nicht möglich, noch eine weitere Verwaltungsratssitzung durchzuführen. Obwohl überhaupt keine vernünftigen und verlässlichen Grundlagen für einen sachgerechten Beschluss bestanden, weil die erste Phase der Due Diligence absolut chaotisch verlief, hat der Verwaltungsrat dem Vorstand einen Blankoscheck gegeben. Natürlich haben uns die Verwaltungsräte alle gesagt: Nein, nein, der Blankoscheck, der schriftlich vor euch liegt,

war gar nicht so gemeint; der hat geheime Vorbehalte enthalten. Nur wenn die bestehenden Probleme beseitigt und eventuelle Risiken vom Kaufpreis abgezogen werden, nur dann solle die Ermächtigung gelten.

Nur, die Risiken wurden nicht im vollen Umfang abgezogen, und von einem Gewährleistungsausschluss war in der Beschlussvorlage auch nicht die Rede. Der Vorstand hat beim Kauf eindeutig seine Ermächtigung überschritten. Aber der Verwaltungsrat hat es nicht einmal gemerkt. Kein Wunder. Erinnern Sie sich: Der Verwaltungsrat Schaidinger konnte in seiner Vernehmung noch nicht einmal zum Vernehmungszeitpunkt sicher sagen, was die Bank gekostet hat. Schaidinger, der sich einen Arroganzwettbewerb mit seinen Kollegen Faltlhauser und Naser geliefert hat, hat gesagt: Shit happens! Das war der Kommentar für sein Fehlverhalten. Ist das nun Ignoranz, Dummheit oder Desinteresse? - Suchen Sie es sich aus.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordne- ten der SPD)

Meine Damen und Herren, selbst wenn man den geheimen Vorbehalt, den sie behaupten, akzeptiert, ändert das noch immer nichts am Totalversagen der Herren Faltlhauser; Huber und Co. Wer hat denn die Einhaltung dieser Ermächtigung überwacht? - Kein Mensch hat sich um diese Vorbehalte gekümmert. Man hat es den Vorständen überlassen, sich bei Problemen zu melden. Die Kontrolleure haben den zu Kontrollierenden die Kontrollpflichten übertragen. Das ist eine Perversion sondergleichen.

Der Ausschuss hat völlig zu Recht das Totalversagen aller Verwaltungsräte und damit der tragenden Säulen der Regierung Stoiber festgestellt. Finanzminister, Wirtschaftsminister, Innenminister, Innenstaatssekretär, ihnen haben wir den Verlust von 3,725 Milliarden Euro zu "verdanken".

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Wir meinen, und da unterscheiden wir uns von Ihnen in der CSU und der FDP, dass alle Verwaltungsräte persönlich in die Haftung genommen werden müssen. Wir sind es den Steuerzahlern schuldig, darauf zu drängen, dass Haftungsprozesse geführt werden. Wohlgemerkt, wir müssen darauf achten, dass sich die Verwaltungsräte nicht billig herauskaufen, sondern dass bestehende Ansprüche gerichtlich verfolgt werden.

Es ist ein Erfolg des Untersuchungsausschusses, hier allerdings ein Erfolg der Freien Wähler, der SPD, der GRÜNEN und der FDP, dass die Landesbank immerhin gegen Faltlhauser und Naser vorgeht,

(Beifall bei den Freien Wählern)

aufgrund der Bemerkung im Mehrheitsbericht, dass grobe Fahrlässigkeit und damit Haftbarkeit bei Faltlhauser und Naser nicht ausgeschlossen werden kann. Wenn Kollege Dr. Herrmann heute wieder behauptet, diese Prozesse seien aussichtslos, dokumentiert das, dass dieses Ergebnis niemals zustande gekommen wäre, wenn Freie Wähler und FDP nicht dem Bayerischen Landtag angehören würden und die CSU noch mit absoluter Mehrheit regieren würde.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD - Zurufe von der CSU)