Protocol of the Session on March 29, 2011

Herr Kollege Schmid, Sie hätten Ihre Befragung von Minister Herrmann auch um 16 Uhr beginnen lassen können. Die GRÜNEN hatten angeboten -

(Georg Schmid (CSU): Wenn die GRÜNEN verzichtet hätten, hätten wir auch verzichtet!)

- Lautes Zwischenquaken bringt nichts. - Die GRÜNEN hatten angeboten, beide Themen nach hinten zu verlegen.

Ihre Haltung zur Einordnung dieses Punktes in die Tagesordnung ist die Fortsetzung dessen, was Sie wollen: das Thema auf eine für Sie möglichst angenehme Zeit legen. Aber das wird Ihnen nicht gelingen!

(Beifall bei der SPD - Georg Schmid (CSU): Mit der Wahrheit haben Sie es nicht so!)

Ob heute oder morgen ein paar Zeilen mehr in der Zeitung stehen oder nicht - das Thema Landesbank wird der CSU wie ein Mühlstein am Hals hängen. Die Menschen in unserem Land haben begriffen - aufgrund der Ermittlungen des Untersuchungsausschusses, aber auch aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im letzten Jahr -, dass Sie mit Ihrer Wirtschaftskompetenz in diesem Verwaltungsrat schlichtweg versagt haben.

(Beifall bei der SPD)

In die Köpfe der Menschen hat sich das eingebrannt.

Die Vertreter der Medien, die den Untersuchungsausschuss intensiv begleitet haben, konnten sich aus ers

ter Hand einen Eindruck davon verschaffen, wie die Zeugen ausgesagt haben, wie sie auf Fragen geantwortet haben und wie glaubhaft die Behauptung ist, dass sie tatsächlich ein ganzes Wochenenden lang seitenweise Berichte gelesen hätten, um aber am Montag doch darauf zu kommen, lieber keine Nachfragen zu stellen, sondern lieber den Umlaufbeschluss vom 23. April 2007 zu unterzeichnen.

Ab heute ist das alles schwarz auf weiß nachlesbar. Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses liegt - für alle Mitglieder des Landtages, aber auch für alle Bürgerinnen und Bürger einsehbar - vor. Er ist eine insgesamt 298 Seiten lange präzise Dokumentation des Versagens der Verwaltungsräte, die in ihrem Job die Maxime hatten: "Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen und schon gar nicht" - wenn sie denn schon mal anwesend waren - "in der Sitzung nachfragen!".

(Beifall bei der SPD und den Freien Wählern)

Der Abschlussbericht ist aber auch eine präzise Dokumentation des Fehlverhaltens der Vorstände der BayernLB, das bis hin zu strafrechtlich relevanten Vorgängen reicht. Er ist vor allem eine Dokumentation des Größenwahns der CSU und insbesondere von Herrn Stoiber, die die Bank und damit den Freistaat in ein finanzielles Desaster bisher nicht gekannten Ausmaßes gestürzt haben. Das Motto hieß: "Immer größer, immer weiter!" Es wurde überhaupt nicht mehr darauf geachtet, was im Landesbankgesetz als Aufgabe der Bayerischen Landesbank statuiert ist: Mittelstandsförderung, Hausbank des Freistaats, Unterstützung des Sparkassenwesens. Von der Entwicklung hin zu einem global Player - mit einem Unterwegssein in Südosteuropa sowie Dependancen in Shanghai und New York - steht in diesem Gesetz nichts.

(Beifall bei der SPD)

Von den Vorgaben des Gesetzes haben Sie sich aufgrund dieses Größenwahns - "Wir können alles besser, wir sind die Schönsten" - weit entfernt. Das ist eine Ursache dafür, dass es zu diesem Desaster gekommen ist.

Keine Frage: Es gibt Unterschiede in der Bewertung einzelner Fragen; da stimme ich Ihnen zu, Herr Herrmann. Bei der Frage "grobe oder einfache Fahrlässigkeit?" geht es um den Kern des Untersuchungsausschusses - aus Ihrer Sicht. Letztlich geht es Ihnen mit Ihrer abweichenden Bewertung aber doch nur um eines: den Schutz der letzten Heiligtümer in Ihrer Fraktion, der amtierenden Abgeordneten Beckstein, Huber und Schmid, und um die Bewahrung des Andenkens des ehemaligen Ministerpräsidenten Stoiber.

Zu allem anderen haben wir im Untersuchungsausschuss breite Übereinstimmung erzielt.

(Beifall bei der SPD und den Freien Wählern)

Offensichtlich haben Sie - abgesehen von dem Hinweis darauf, dass es in einer Fußnote "ÖVP" statt "ÖVB" heißen muss - unsere Anmerkungen nicht gelesen. Die Beantwortung der Fragen umfasst bei Ihnen 69 Seiten; wir haben sie auf 103 Seiten ergänzt, bei weitgehender Übernahme aller Ihrer Feststellungen und Bewertungen. Wir haben einige Ausführungen dazugetan. Ich zitiere dann schon einmal aus dem nichtöffentlichen Teil der letzten Sitzung, in der Sie gesagt haben:

Wir könnten dort in weiten Teilen doch mitstimmen; aber aufgrund der Zeit und des Duktus der Beantwortung der Fragen wollen wir doch davon Abstand nehmen.

Reden Sie doch bitte nicht, nur um einigen in der ersten und der zweiten Reihe Ihrer Fraktion zu gefallen, den Kompromiss und die Einigkeit, die wir im Ausschuss erzielt haben, klein, sondern bleiben Sie bei der Wahrheit. Es gibt große Übereinstimmung. Nur in der Frage "grobe oder einfache Fahrlässigkeit?" gibt es einen großen Dissens, und der ist mehr der CSUinternen Situation und dem Schutz ihrer Heiligtümer geschuldet als anderen Dingen.

(Beifall bei der SPD und den Freien Wählern)

Wir sind uns doch einig, dass der Verwaltungsrat am 20. April 2007 eine 69-seitige Präsentation bekam, in der 24 Warnhinweise standen, warum man die Bank zu diesem Zeitpunkt und zu diesem Preis nicht kaufen könne. 24 Warnhinweise - das haben uns mehrere Zeugen bestätigt.

Bei dieser Sitzung waren zum Beispiel Herr Huber, Herr Beckstein und Herr Schmid nicht anwesend. Nichtsdestotrotz hat man am 23. April dem Beschluss im Umlaufverfahren zugestimmt. In der Präsentation stand, dass die erste Prüfung in Kroatien noch nicht stattgefunden habe. Darin stand, dass die Prüfung in Kärnten noch nicht abgeschlossen sei. Darin stand, dass 300 Aktenordner nicht ordnungsgemäß seien. Darin stand, dass Akten ausgetauscht worden seien. Darin stand, dass die Kreditengagements noch nicht ausreichend geprüft worden seien. Und darin stand, dass eine weitere Prüfung, eine "Due Diligence II", notwendig sei.

Sie haben am Montag zugestimmt, ohne eine Rückfrage. Auch danach - das hat der Ausschuss wiederum einstimmig festgestellt - haben Sie das ganze Jahr über kein einziges Mal nachgefragt, ob es eine

zweite Prüfung gegeben hat, wenn ja, was sie ergeben hat, ob der Kaufpreis angemessen und die Kaufpreisberechnung richtig waren. Sie haben auch nicht ein Mal nachgefragt, was denn in diesem Kaufvertrag alles steht.

Der Kaufvertrag hat 23 Seiten - ein riesiges Werk für den Kauf einer Bank für 1,625 Milliarden Euro. Veröffentlicht wurden die 23 Seiten von "Profil" im Januar 2010. Der Vertrag wurde zum Beispiel von Georg Schmid bis zum 28. Oktober 2010, seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss, nicht einmal angeschaut, nicht einmal gelesen. Es war die SPD, die ihm den Vertrag danach, schön verpackt, gegeben hat, verbunden mit der Ansage: "Es wäre zumindest nach der Aussage im Untersuchungsausschuss doch ganz nett, den Vertrag zu lesen, auf dem das ganze Desaster beruht."

Niemand von den Verwaltungsräten hat nachgefragt, wie der Vertrag ausgestaltet ist, und das das ganze Jahr 2007 über, einige, wie gesagt, nicht einmal bis 2010.

Wie ernst die Kolleginnen und Kollegen der CSU ihren Job genommen haben, zeigt die Schwänzerliste: 2006 und 2007 - das war der entscheidende Zeitraum - fanden 21 Sitzungen des Verwaltungsrates statt. Beckstein war 15 Mal, nein, nicht "anwesend", sondern "nicht anwesend". Bei sechs von 21 Sitzungen war er anwesend. Dennoch hat er fleißig einen Beschluss gefällt, ihn aber nicht einmal richtig angeschaut.

Herr Huber hat bei zehn von 21 Sitzungen gefehlt, Herr Schmid elfmal, unter anderem bei den entscheidenden Sitzungen, weil man Staatsgeschäfte - zwei Straßeneinweihungen! - wahrnehmen musste. Zwei Straßeneinweihungen sind demnach wichtiger als das größte Geschäft, das die Bayerische Landesbank jemals gemacht hat.

(Georg Schmid (CSU): Das stand doch gar nicht auf der Tagesordnung!)

- Kollege Schmid, der Einwand, das habe nicht auf der Tagesordnung gestanden, ist richtig.

(Georg Schmid (CSU): Na also!)

Dann dürfen Sie aber, wenn Sie am Freitag fleißig Bändle durchschneiden und Straßen eröffnen, nicht am Montag dennoch den Beschluss fassen, sondern dann müssen Sie sagen: "Ich fasse ihn eben nicht! Wir machen noch eine Sitzung. Ich höre mir das noch einmal an und stelle Fragen."

(Beifall bei der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN)

Kollege Schmid, Sie waren es doch, der vor dem Untersuchungsausschuss behauptet hat: Ich war zwar nicht da am Freitag, aber ich habe es über das Wochenende gelesen. Da war keine Frage mehr offen. Darum habe ich am Montag unterschrieben. - Das waren doch Sie im Untersuchungsausschuss! Und jetzt erzählen Sie mir: Weil es nicht auf der Tagesordnung gestanden ist, konnte man am Montag zustimmen. Das ist doch in höchstem Maße erbärmlich, lieber Kollege.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Nein, Sie hätten eine eigene Sitzung einberufen müssen, und wenn die anderen das nicht tun wollten, dann hätten Sie schlicht und ergreifend nicht zustimmen dürfen. Da hat es nämlich auch die Möglichkeit gegeben: "Nein, ich stimme dem Beschluss nicht zu." Ich weiß nicht, ob Sie es gesehen haben.

Wir haben festgestellt, dass die Verwaltungsräte blindes Vertrauen hatten. Auch das steht im CSU-Bericht. - Blindes Vertrauen, nicht Kontrolle. Aufgabe der Verwaltungsräte ist es, den Vorstand zu kontrollieren, Aufgabe der Verwaltungsräte ist es, die Geschäftspolitik, die Leitlinien zu bestimmen. Aufgabe wäre es gewesen, die Südosteuropa-Strategie zu diskutieren, nicht aber blindes Vertrauen zu üben. Blindes Vertrauen ist fehl am Platze und führt dazu, dass man fahrlässig bzw. grob fahrlässig handelt. Das ist die Erkenntnis des Untersuchungsausschusses. Wer einfach nicht kontrolliert und blind vertraut, ist dann eben auch zivilrechtlich haftbar und sieht sich einem Schadenersatzanspruch gegenüber.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ihr Punkt, bei dem Sie sagen: Da kommen wir heraus, lautet: Wir haben nur fahrlässig gehandelt. Dazu die erste Feststellung: Haben Sie sich diesen Beschluss schon einmal angeschaut? Das ist keine gesetzliche Norm. Normalerweise haften Verwaltungsräte bei Fahrlässigkeit. Aber die Herrschaften in der Bayerischen Landesbank haben Anfang der 2000-er Jahre selber in ihre Satzung hineingeschrieben: Nein, wir wollen nicht mehr bei einfacher Fahrlässigkeit haften. Das ist ja vielleicht mühsam und man muss öfter in Sitzungen gehen. Nein, wir haften nur noch für grobe Fahrlässigkeit. Sie selbst berufen sich jetzt auf etwas, was Sie nur für sich selbst als Sonderrecht in die Satzung der BLB hineingeschrieben haben. Ob das rechtmäßig ist, wird sich in den nächsten Jahren erweisen. Es gibt schon erste ernst zu nehmende Artikel, die wir in unserem Schlussbericht auch zitieren und die besagen, dass man das Thema der Haftung

angehen muss. Aber man muss das Thema der Haftung nicht erst nach einem langwierigen Rechtsstreit angehen, sondern man muss dieses Thema auch politisch heute schon angehen. Deshalb muss der Haftungsmaßstab zumindest in der Satzung der Bayerischen Landesbank ab sofort wieder auf einfache Fahrlässigkeit gesenkt werden.

(Beifall bei der SPD)

Dies können wir, und dies werden wir als Folge des Untersuchungsausschusses auch in diesem Haus beantragen.

Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich für den Ablauf des Untersuchungsausschusses. Bis auf einen Endbericht mündlicher Art, der mit dem schriftlichen Bericht der CSU offensichtlich nichts mehr zu tun hatte, war das Zusammenarbeiten zumindest mit Herrn Kreuzer in Ordnung.

(Beifall bei der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN)

Ich danke dem Landtagsamt, ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Fraktionen. Ich danke meinen Kollegen insbesondere auf Oppositionsseite. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass man bei einem solchen Bericht so eng und so gut zusammenarbeitet. Vielen Dank, liebe Inge Aures, vielen Dank Herr Pohl, lieben Dank, Sepp Dürr, dafür, das wir so gut zusammengearbeitet haben. Ich glaube schon, dass wir dem Bayerischen Landtag am Ende, am heutigen Tag, etwas Gutes vorlegen können.

(Beifall bei der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Untersuchungsausschuss zur Landesbankaffäre war ein notwendiger und - ich sage: - vor allem ein erfolgreicher Untersuchungsausschuss. Ich würde fast meinen, es war bisher der erfolgreichste Untersuchungsausschuss dieses Hauses. Zudem hat er Maßstäbe gesetzt. Das, was wir in diesem Bericht vorlegen, muss im Landtag, muss in der Staatsregierung und muss in der BayernLB Konsequenzen haben.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und den Frei- en Wählern)

Das ist die Aufgabe des Landtags. Wir werden das kontrollieren, wir werden es begleiten, und wir werden die entsprechenden Anfragen und Anträge stellen. Das Thema der Haftung, der strafrechtlichen Verfolgung von Vorständen, die Frage, ob es ein Geschäftsmodell gibt, die Frage, wie der Haftungsmaßstab aus