Protocol of the Session on March 29, 2011

(Beifall bei der CSU und der FDP - Hubert Aiwan- ger (FW): Nicht einmal den Bundesrat haben Sie gefragt, und jetzt ist von Konsens die Rede!)

Vielen Dank, Herr Kollege. Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Zeil um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den schrecklichen Nachrichten über die dramatischen Zustände in dem Kernkraftwerk in Japan ist allen klar: Wir müssen und werden aus den Fällen Konsequenzen ziehen, werden die Energiepolitik weiterentwickeln und in mancher Hinsicht neu denken.

Die Sicherheit der deutschen Kernkraftwerke wird jetzt im Lichte der Ereignisse in Japan grundlegend geprüft und neu bewertet. Die Abschaltung der älteren deutschen Kernkraftwerke ist in diesem Zusammenhang absolut richtig, auch wenn wir damit in Europa und weltweit allein dastehen. Wenn es nach der Staatsregierung geht, werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Isar 1 nach Ablauf des Moratoriums abgeschaltet bleibt.

Meine Damen und Herren, es ist zu begrüßen, dass die EU-Länder eine Sicherheitsüberprüfung aller Kernkraftwerke durchführen wollen.

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

In meinen Augen ist zwingend, dass sich die EU-Länder auf eine einheitliche Sicherheitsüberprüfung aller Meiler nach den hohen deutschen Standards einigen.

Meine Damen und Herren, ich bin den Rednern der Koalitionsfraktionen sehr dankbar dafür, dass sie sehr nachdenklich und umfassend an das Thema herangegangen sind. Wir müssen Entscheidungen zu den Eckpunkten Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit, Nachhaltigkeit und Klimaschutz treffen. Für den neuen Energiekonsens brauchen wir eine breite gesellschaftliche Debatte, in der diese Aspekte gegeneinander abgewogen werden.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FW))

In Bayern werden 57 % der Stromversorgung über Kernkraft abgedeckt, in Deutschland insgesamt 23 %. Herr Kollege Wörner, Sie fordern ein Abschalten. Ich weise darauf hin - das gehört auch zur Wahrheit -, dass nach dem von Ihnen seinerzeit verfolgten Atomkompromiss die vier bayerischen Kernkraftwerke weitergelaufen wären, nämlich Grafenrheinfeld bis 2014, Gundremmingen B bis 2015, Gundremmingen C bis 2016 und Isar 2 bis 2020. Es gehört auch zur Wahrheit, sodass Sie sich jetzt nicht als Moralapostel hinstellen und sagen können, Sie hätten sofort alle abgeschaltet.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Deswegen ist die rot-grüne Bundesregierung seinerzeit offensichtlich davon ausgegangen, dass eine sofortige Abschaltung aller Kernkraftwerke - auch ich unterstreiche das - nicht möglich ist.

(Ludwig Wörner (SPD): Das sagt auch keiner! Margarete Bause (GRÜNE): Das hat doch keiner gefordert!)

Wir brauchen die Kernkraft noch kurz- und mittelfristig als Übergangstechnologie auf dem Weg zu einer weitgehend auf erneuerbare Energien gestützten Stromversorgung. Nur so können wir übrigens auch die von uns gemeinsam getragenen Klimaschutzziele erreichen. Deswegen geht es jetzt in der Debatte darum, dass wir beim Umstieg auf eine Energieversorgung ohne Kernkraft ehrgeiziger werden.

Herr Kollege Glauber, Sie haben von den Arbeitsplätzen gesprochen. Dazu will ich darauf hinweisen, dass unser Wohlstand und unsere Arbeitsplätze in hohem Maße auf unseren leistungsfähigen Industrieunternehmen beruhen. Bayern liegt beim Aufschwung in Europa deshalb vorn, weil unser verarbeitendes Gewerbe und die industrienahen Dienstleistungen so leistungsstark sind. Wir liegen vorn, weil wir unsere energieintensiven Industriebranchen haben, wie beispielsweise die Chemie-, die Papier- und die Zementindustrie. Wir wissen alle auch aus aktuellen Gesprächen sehr genau, dass bei einer Standortentscheidung Standortsicherheit und eine preiswerte Energieversorgung eine große Rolle spielen.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Bei einem Gesamtkonzept muss das alles bedacht werden, meine Damen und Herren, damit wir unsere hart erarbeitete internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht aufs Spiel setzen. Deshalb werden wir in Bayern bereits im Mai ein fortentwickeltes, ein neues Energiekonzept vorlegen, das aufzeigt, wie und in welchem Umfang in den nächsten zehn Jahren der schnellere Umstieg Bayerns auf eine weitgehend auf erneuerbare Energien gegründete Energieversorgung erreicht werden kann. Die Schwerpunkte des neuen Konzepts liegen im Ausbau und in der Integration der erneuerbaren Energien. Darauf muss eine technologische, eine praktische Antwort gegeben werden. Das ist im Übrigen etwas, was seinerzeit unter Rot-Grün nicht geleistet worden ist, nämlich der Ausbau der Energienetze, die Steigerung der Energieeffizienz und der Ausbau der Speicherkapazitäten und Speichertechnologien. Sie tun gerade so, als müsste uns das erst jetzt einfallen. Schauen Sie sich doch an, was wir allein im Programm "Aufbruch Bayern" bei diesen Zukunftstechnologien an zukunftsweisenden Projekten untergebracht haben. Sie werden sehen, dass Bayern auch hier vorne liegt, vor allen anderen Bundesländern.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir werden aufzeigen, wie wir den Umstieg auf erneuerbare Energien erheblich beschleunigen können. Bei

den erneuerbaren Energien haben wir in Bayern bereits sehr viel erreicht. Mit 25 % liegen wir weit über dem deutschen Durchschnitt. Wenn ganz Deutschland auf den bayerischen Wert käme, wäre schon viel für die klimafreundliche Energieerzeugung gewonnen. Ich bin den Kollegen der Koalitionsfraktionen sehr dankbar, dass sie auch Themen wie beispielweise die Potenziale bei der Wasserkraft angesprochen haben. Wenn wir die Potenziale bei diesen Energien massiv anheben, dann müssen wir nämlich auch gemeinsam mit den Bedenken vor Ort umgehen. Wir dürfen uns nicht an die Spitzen derselben stellen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir brauchen zum Beispiel Speichermöglichkeiten und hocheffiziente Gaskraftwerke, damit wir die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien dynamisch weiter ausbauen können. Ohne schnell hochfahrbare Gaskraftwerke werden wir die Grundlast nicht sicher vorhalten können. Es geht also darum, gewaltige Investitionen für unsere Energiezukunft zu mobilisieren. Das kostet Geld, Geld des Verbrauchers ebenso wie des Steuerzahlers.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Wir müssen unsere energieintensive Industrie auch künftig mit kostengünstigem Strom versorgen. Das gilt beispielsweise für die Karbonfaserherstellung. Wir müssen deshalb auch bereit sein, die Lasten für diesen Konsens zu tragen. Das heißt, die Strommasten, die Windräder, die Wasser- oder auch Gaskraftwerke in unserer Nachbarschaft müssen akzeptiert werden. Das gilt beispielsweise auch für Pumpspeicherkraftwerke. Herr Kollege Wörner oder Herr Kollege Hartmann, ich glaube, einer von Ihnen hat die Windenergie angesprochen. Auch sie ist regional betrachtet immer ein sehr spannendes Thema. Wir müssen aber immer sehen: 0,6 % kann ich nicht hinaufschrauben und sagen: Damit kann ich die Lücke schließen. Das kann nur ein Energiemix aus allem.

Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, wir sind das Innovationsland Nummer eins in Deutschland.

(Hubert Aiwanger (FW): Traurig genug!)

Wer, wenn nicht wir, könnte durch eine gemeinsame Anstrengung, mit Hochtechnologie und mit innovativen Ansätzen die Energiewende schaffen, den schnelleren Umstieg in ein Zeitalter ohne Kernkraft?

(Alexander König (CSU): Sehr gut! - Beifall bei der FDP und der CSU - Ludwig Wörner (SPD): Guten Morgen, Staatsregierung! Auch schon aufgewacht?)

Damit, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Schlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Prüfung etwaigen Fehlverhaltens und möglicher Versäumnisse von Ministerpräsident Horst Seehofer, Staatsminister Georg Fahrenschon, Staatsminister Joachim Herrmann, Staatsministerin Emilia Müller, Staatsminister Martin Zeil, Ministerpräsident a. D. Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident a. D. Dr. Günther Beckstein, Staatsminister a. D. Prof. Dr. Kurt Faltlhauser, Staatsminister a. D. Erwin Huber, Staatssekretär a. D. Georg Schmid, Staatssekretär a. D. Jürgen W. Heike in Zusammenhang mit dem Erwerb und dem Verkauf der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) durch die Bayerische Landesbank (BayernLB) (Drs. 16/7500) - Einsetzungsbeschluss (Drs. 16/3855)

Ich eröffne die Aussprache. Hierzu wurde im Ältestenrat eine Redezeit von 30 Minuten pro Fraktion vereinbart. Der Vorsitzende erhält zusätzlich 10 Minuten Redezeit für allgemeine Ausführungen zum Untersuchungsausschuss. Als erstem Redner darf ich dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, Herrn Kollegen Dr. Florian Herrmann, das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Untersuchungsausschuss BayernLB/HGAA berichtet diesem Hohen Haus heute über die Ergebnisse seiner einjährigen Aufklärungsarbeit bezüglich der Vorgänge um den Kauf der Hypo Group Alpe Adria durch die Bayerische Landesbank. Der Untersuchungsausschuss wurde durch Beschluss des Plenums am 24.02.2010 eingesetzt. In 27 Sitzungen wurden insgesamt 80 Zeugen vernommen oder schriftlich gehört. Rund 300 Aktenbände wurden gesichtet und zwei schriftliche Sachverständigengutachten zu Rechtsfragen eingeholt. Der Untersuchungsausschuss ließ sich diese Gutachten außerdem von den Sachverständigen mündlich erläutern und konnte bei dieser Gelegenheit Fragen stellen. Um der Sache genau auf den Grund zu gehen, haben wir uns zum Zwecke der Aufklärung sämtlicher zur Verfügung stehender Mittel bedient. Wir haben sogar einem Zeugen Ordnungsgeld auferlegt und Ordnungshaft angedroht, weil er zunächst die Auskunft verweigert hatte.

(Zuruf: Wer war das? - Harald Güller (SPD): Siegfried Naser!)

Die Arbeit des Untersuchungsausschusses war eine Energieleistung aller Beteiligten. Mein Dank geht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtagsamtes. Dies gilt insbesondere für die Mitarbeiter des Justiziariats und ebenso für diejenigen im Archiv des Landtags. Sie haben Berge von Material bewältigt. Besonderer Dank gebührt dem Stenografischen Dienst, der ebenfalls Großes geleistet hat.

(Allgemeiner Beifall)

Allein das Protokoll der Zeugenaussage von Professor Faltlhauser hat einen Umfang von mehr als 200 Seiten.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das hat aber auch nicht gereicht! - Heiterkeit bei den GRÜNEN)

In den Dank einzuschließen sind auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen. Sie haben die Sitzungen des Ausschusses für uns Abgeordnete vorund nachbereitet. Dank gilt auch den Vertretern der beteiligten Ministerien, die in den Sitzungen des Ausschusses anwesend waren und uns stets als Ansprechpartner zur Verfügung standen.

Ich bedanke mich auch bei den Vertretern der Medien. Sie haben die Arbeit des Untersuchungsausschusses geduldig begleitet und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ganz ausdrücklich darf ich mich an dieser Stelle auch bei den Vertretern der Opposition im Ausschuss bedanken. Ich denke, das Klima im Ausschuss war im Großen und Ganzen gut. Das wird vor allem dadurch deutlich, dass sämtliche Beschlüsse im Ausschuss einstimmig gefasst wurden, mit Ausnahme der Zeugenreihenfolge und des Schlussberichts. Der größte Dank gilt Herrn Staatssekretär Kreuzer. Er hat diesen Untersuchungsausschuss angenehm, kompetent und jederzeit souverän geleitet.

(Beifall bei der CSU, der FDP und Abgeordneten der SPD und der Freien Wähler)

Durch seinen Einsatz und durch sein Engagement konnte der von mir beschriebene Kraftakt erst geleistet werden. Sie, Herr Staatssekretär Kreuzer, haben dem Untersuchungsausschuss ein Gesicht nach außen gegeben. Sie haben dafür gesorgt, dass dieses Hohe Haus durch Ihre engagierte Aufklärung im Ansehen der Bevölkerung gestiegen ist. Ich glaube, ich spreche im Namen aller Fraktionen, wenn ich Ihnen für Ihren verdienstvollen Einsatz meinen herzlichsten Dank ausspreche.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Der Text des Berichts ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Lassen Sie mich daher die Ergebnisse kurz zusammenfassen:

Erstens. Der Verkauf der Bank an die Republik Österreich im Jahr 2009 und die beiden vorangegangenen Kapitalerhöhungen waren die einzig sinnvollen Maßnahmen.

Zweitens. Die Mitglieder der amtierenden Staatsregierung haben dabei umsichtig und verantwortungsvoll gehandelt.

Drittens. Beim Kauf der HGAA wurden Fehler gemacht. Die gravierendsten Vorwürfe treffen dabei ganz eindeutig den damals amtierenden Vorstand der Bayerischen Landesbank. Auch der Verwaltungsrat hat nicht fehlerfrei gehandelt; das wird durch unseren Bericht deutlich. Die Mitglieder der Staatsregierung, die nicht dem Verwaltungsrat angehörten, trifft natürlich keinerlei Schuld. Das gilt selbstverständlich auch für Ministerpräsident a. D. Dr. Stoiber.

Viertens. Anhaltspunkte verdichten sich dafür, dass die Verkäufer nicht mit offenen Karten gespielt haben.

Fünftens. Den Vorstand der BayernLB trifft der Vorwurf, den Verwaltungsrat nicht korrekt informiert und beim Kauf der HGAA wissentlich schwere Fehler begangen zu haben.

Sechstens. Den Verwaltungsräten kann man lediglich den Vorwurf machen, dass Sie das Verhalten des Vorstands nicht erkannt und daher auch nicht verhindert haben. Der Verwaltungsrat hat zu keiner Zeit aktiv in den Verkaufsprozess eingegriffen. Nach einhelliger Meinung musste auch nicht eingegriffen werden, denn die Vertragsverhandlungen, die Due Diligence und die Rückschlüsse daraus lagen ausschließlich in der Zuständigkeit des Vorstands der Bayerischen Landesbank.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wer hat das kontrolliert?)