Protocol of the Session on February 10, 2011

Der Hauptkritikpunkt ist allerdings, dass bei den Studiengebühren alles beim Alten bleibt. Auch das hat Kollege Sibler kurz angesprochen. Hier sind wir natürlich fundamental anderer Meinung. Es ist für mich überhaupt kein Argument, wenn man sagt, die Studierendenzahl sei in Bayern nicht zurückgegangen.

(Bernd Sibler (CSU): Sogar gestiegen!)

Natürlich ist sie nicht in der Art zurückgegangen, ja, sie ist sogar gestiegen. Man sagt, ich studiere nicht in Bayern, weil ich mir das nicht leisten kann. Gerade diejenigen, die es sich leisten können, kommen nach Bayern und das ist an und für sich bedauerlich, denn es heißt im Umkehrschluss, dass diejenigen, die hier gerne studieren wollen, es nicht können, weil sie Schwierigkeit haben, die Studiengebühren zu zahlen. Solche Studierenden können dann nicht in Bayern bleiben. Dadurch bleibt die Selektion erhalten. Wir lehnen deshalb diese Studienbeiträge oder Studiengebühren generell ab.

(Beifall bei der SPD)

Da hat sich nichts geändert, und deshalb werden wir auch den Gesetzentwurf insgesamt ablehnen.

Ein zweiter Hauptkritikpunkt zielt darauf ab, dass sich bei der Vertretung der Studierenden innerhalb der Universitäten so gut wie nichts ändert. Man hat mit diesem Gesetzentwurf keine Antwort auf die Studierendenproteste gefunden. Man hätte durchaus Gelegenheit gehabt, mehr Offenheit und Transparenz zu schaffen. Im Mainstream solcher offenen Hochschulen hätte man den Studierenden durchaus mehr Mitspracherechte geben können. Sie hätten sich stärker in die Verwaltung und eventuell bei den Studienbeiträgen einbringen sollen. Da haben die Studierenden viel zu wenig Einflussmöglichkeiten. Und weil sich auch hier nichts geändert hat, lehnen wir, wie bereits gesagt, den Gesetzentwurf generell ab.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, denken Sie an Ihre Zeit.

Ich bin zu Ende.

Danke sehr. Nächste Wortmeldung für die Freien Wähler: Herr Dr. Piazolo.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man hat sich bemüht, so könnte man den Gesetzentwurf überschreiben.

(Bernd Sibler (CSU): Na, na!)

Ich will nicht auf Ihre Rede Bezug nehmen, Herr Rabenstein, aber Sie kennen sicherlich das Zitat: Grabinschrift Willy Brandt. Jeder aufrechte Sozialdemokrat sollte das wissen. Das Understatement ist natürlich bei der Selbstzuschreibung positiv. Bei einer Fremdzuschreibung wird es negativ. Im Zeugnis will es niemand lesen.

Wenn es nun von einem Vertreter einer Nichtregierungsfraktion kommt, so ist das nicht ganz so negativ. So bedingt es vielleicht ein Kopfschütteln, aber mit einem Lächeln. So sehen wir das als Freie Wähler.

Ich meine, es steht durchaus manches positiv zu Bewertendes in dem Gesetzentwurf. Das ist auch schon gesagt worden. Vieles aber müssen wir ablehnen. Da steht der gute Wille dann doch nicht für die Tat.

Insgesamt stimmt zumindest teilweise die Richtung. So hat man versucht, den Druck aus dem BolognaKessel ein wenig herauszunehmen. Man hat bei einigen Dingen sicherlich dazugelernt. Das doch sehr verschult angelegte Studium zum Bachelor ist entzerrt worden. Es gibt neue Möglichkeiten für diejenigen, die sagen, ein solches Studium zum Bachelor oder Master sei nicht möglich, weil man zu viel arbeiten müsse. Da hat man Alternativen erarbeitet, insbesondere die berufsbegleitenden Studiengänge, die wir als solche durchaus begrüßen. Auf die Modalitäten komme ich noch zu sprechen.

Die Möglichkeit von Modulstudien, die vom Kollegen Sibler positiv angesprochen wurden, sehe ich auch positiv. Nun kommt allerdings das Aber. Es gibt durchaus Dinge, die uns im Magen liegen. Das heißt, vieles ist sehr kompliziert; denn es gibt nicht nur die Modulstudiengänge, sondern auch postgraduale Studiengänge, es gibt grundständige Studiengänge, weiterbildende, berufsbegleitende und duale Studiengänge. Vor dem Hintergrund dessen, was der Zukunftsrat vorgeschlagen hat, frage ich mich, wer sich da noch auskennt, wenn wir uns international aufstellen und ausländische Studierende ins Land bekommen wollen.

Nun könnte man sagen, wer Würste und Gesetze liebt, sollte bei ihrer Herstellung nicht zuschauen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Das stammt von Bismarck. Vielleicht sollte man nicht so genau reinschauen, aber wenn wir schon dabei sind, etwas verändern zu wollen, hätte man die ganze Sache leichter machen müssen. Man hat es zwar teilweise getan, indem man die ergänzenden Studiengänge, die Zusatzstudiengänge und die Kontaktstudiengänge sowie die Aufbaustudiengänge herausgenommen hat. Aber dafür hat man dann anderes wieder hineingepackt. Da stimmt dann wieder der Vergleich mit den Würsten.

Bei den Studienbeiträgen stimmen wir dem Vorredner voll zu: Wir sind dagegen. Man kann zwar ein bestimmtes Verständnis entwickeln, dass berufsbegleitende Studiengänge leichter zu verwirklichen sind, wenn es Studienbeiträge oder in diesem Fall Studiengebühren gibt. Es sind ja wirklich Studiengebühren. Trotzdem lehnen wir diese gerade auch vor dem Hintergrund ab, dass die Studierenden schon anderweitig sehr stark belastet sind und dass man sich hier auch in einer Konkurrenzsituation zu vielen anderen Anbietern findet.

Zu den Forschungsprofessuren will ich nur wenig sagen. Auch da stimmt, was Herr Rabenstein gesagt hat. Auch wir lehnen sie ab. Trotzdem darf ich an die gute Diskussion erinnern, die wir dazu im Ausschuss hatten und mich bei allen Kollegen und den Experten aus dem Ministerium für den regen Austausch bedanken, der im Ausschuss stattgefunden hat.

Mehr Sorge als das, was wir im Gesetz finden und ablehnen, macht uns das, was nicht im Gesetzentwurf steht. Wir hätten in dieser Legislaturperiode die Chance gehabt, Fundamentales zu ändern und die großen Herausforderungen, die in den Hochschulen, auf der Straße und auch von allen Fraktionen hier im Hohen Hause aufgegriffen worden sind, in diesem Gesetzentwurf zu berücksichtigen. Man ist sie allerdings nicht angegangen. Da kann man wieder mit einem Zitat antworten: Wer Bewährtes bewahren will, muss das Notwendige ändern.

(Dr. Christoph Rabenstein (SPD): Auch das ist Willy Brandt! - Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Respekt!)

Das Zitat kennt man vielleicht nicht so allgemein. Vielleicht wissen einige der Sozialdemokraten, die ich hier häufiger zitiere, Bescheid. Im Grunde haben wir zum Beispiel nicht die Teilzeitstudiengänge geregelt; das war ein SPD-Vorschlag. Wir haben auch die Beteiligung der Studierenden nicht geregelt. Auch dazu gibt es Vorschläge von der SPD, von den Freien Wählern und auch von den GRÜNEN. Und das ist ein Thema, das besonders den Studierenden am Herzen liegt. Wir haben den Mittelbau nicht verbessert. Dazu ma

chen wir als Freie Wähler gerade einen weiteren Vorschlag für eine Gesetzesänderung. Aber auch im Bereich der Lehre ist von der Regierung zu wenig getan worden, und das ist besonders bedauerlich. Sie haben zu wenig Verbesserungen eingebracht. Gerade das Stichwort Forschungsprofessur weist da in die falsche Richtung.

Alles in allem könnte man diesen Gesetzentwurf eher als lau bezeichnen. Ich möchte nicht sagen, der Herr badet lau; sonst wäre ich diesmal bei Herbert Wehner. Aber wir wollen es nicht übertreiben mit der SPD.

(Dr. Andreas Fischer (FDP): Du musst jetzt mal etwas anderes bringen!)

Es fehlt allerdings ein bisschen die Verve für den Entwurf. Herr Heubisch, es ist immerhin der erste größere Gesetzentwurf von Ihnen.

(Zuruf des Staatsministers Dr. Wolfgang Heu- bisch)

- Nicht? Sie sagen selbst, es sei kein großer Entwurf?

(Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch: Es ist nicht der erste, den ich eingebracht habe. )

- Ja, ja, es gab eine kleinere Novellierung, aber dies ist der erste größere Entwurf.

(Zuruf der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Wir streiten uns jetzt nicht, welcher von beiden der größere war oder ob beide klein waren. Es geht mir um etwas anderes: In dem Gesetzentwurf wird zu wenig deutlich, wie Sie die Hochschullandschaft verändern oder ob Sie alles beim Alten belassen wollen. Vielleicht ist der Entwurf in Ansätzen positiv. Ich sehe ihn weder als konservativ noch als liberal an. Am ehesten könnte man sagen, er ist in einigen Teilen funktional. Es ist schon mal nicht schlecht, wenn man funktional arbeitet und einiges auf den Weg bringt. Aber dort, wo ihre Handschrift durchsickert und durchscheint, sehe ich eher Probleme, nämlich bei den Forschungsprofessuren, beim Klinikpersonal und vielleicht auch ein bisschen bei den berufsbegleitenden Studiengängen. Überspitzt formuliert könnte man sagen: Es besteht die Sorge, die sich in dem Satz ausdrückt: Wir wollen Hochschulen nicht als Zulieferbetriebe der Wirtschaft. Das will ich Ihnen auch nicht unterstellen. Nur, ein klein wenig geht es in diese Richtung - auch wenn die MINT-Fächer immer wieder sehr stark betont werden -, dass wir den Blick dafür etwas verlieren, wie Hochschule sein sollte. Das heißt, ich sehe die Gefahr, dass wir an den Hochschulen die Starken stärken und die Schwachen

schwächen. Da gibt es im Papier des Zukunftsrats ein paar Ansätze, die ich nicht unterstreichen würde.

Insofern ist meine Bitte an Sie zu sagen - Sie haben nachher Gelegenheit, Stellung zu nehmen -, wo Sie Ihre Positionen sehen, wo Sie mit Ihrer Hochschulpolitik hin wollen und wie man das aus dem Gesetzentwurf ableiten kann; denn im Gesetz selbst ist dies nicht enthalten.

Wir begrüßen, dass dies in einigen wichtigen funktionalen Teilen enthalten ist. Aber den Begehren, die insbesondere die Studienbeiträge, die Forschungsprofessuren und die Grundausrichtung betreffen, können wir nicht zustimmen. Wir kennen aber durchaus den guten Willen an.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bitte ich Frau Gote an das Redepult.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, wir diskutieren ein Hochschulgesetzchen. Mehr ist es nicht. Herr Kollege Sibler hat sich redlich bemüht, alles breit auszuwalken und auszuwälzen, was drinnen ist, und hat auch nur sieben Minuten gebraucht. Viel kann es also nicht sein.

Was ist der Inhalt dieses Gesetzes? Das Vorblatt zum Gesetzentwurf ist sehr vielsagend: Es sind notwendige Anpassungen an das neue Dienstrecht, an die EUDienstleistungsrichtlinie, an die Folgen der ZVS-Abschaffung, an die Folgen des Bologna-Prozesses, an die Modulstudien und kleine Verbesserungen beim Promotionsrecht. Dazu haben wir schon Anträge gestellt, die weit über das hinausgingen, was Sie uns hier bieten. Das ist alles ganz nett, und vieles ist richtig. Es ist aber so wenig, dass es sich nicht einmal lohnt, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Wir werden uns bei dem Gesetzentwurf enthalten; denn er enthält eben nicht genug. Von "Aufbruch Bayern" ist an den Hochschulen gar nichts zu spüren. Auch das, was Sie als Kernstück des Gesetzentwurfs bezeichnen, gibt nicht viel her. Das ganze Feld der berufsbegleitenden Studiengänge und der Teilzeitstudiengänge - die Herren Piazolo und Rabenstein haben schon zu Recht darauf hingewiesen -, wo wir wirklich mehr Bewegung brauchen, hat Ihnen der Hochschulausschuss schon mehrfach als Hausaufgabe mitgegeben. Sie bieten uns jetzt wieder nur berufsbegleitende Studiengänge und in allen anderen Bereichen Stückwerk an.

Außerdem vermischen Sie in diesem Gesetz alles. Es wird nicht klar, was nun auf dem Gebiet Teilzeitstudium angedacht ist. Das Schlimmste ist - auch das ist schon angesprochen worden -: Das berufsbegleitende Studium, das ich als einen Teil und eine Version auch eines Teilzeitstudiums richtig finde, droht durch die Gebühren zum Abzockstudium zu werden, weil Sie hier unser Prinzip wieder einmal durchbrechen, dass das Erststudium gebührenfrei sein muss. Das möchte ich hier nochmals betonen. Dafür werden wir weiterhin kämpfen.

Deshalb haben wir zu diesem Punkt einen Änderungsantrag gestellt, der wenigstens klar macht, dass dann, wenn es sich um ein berufsbegleitendes Studium handelt, selbst wenn es dann nicht mehr das Erststudium ist und sich die Firmen an den Kosten beteiligen, bei diesen Gebühren der öffentliche Bildungsauftrag trotzdem deutlicher erkennbar sein muss, als Sie es in diesem Gesetzentwurf formulieren.

Herr Minister, nach all diesem Klein-Klein bleibt eine große Frage offen: Wo ist die Hochschulpolitik des Herrn Ministers Heubisch? Wo sollen unsere Hochschulen denn hin? Wie wollen Sie die Hochschullandschaft weiterentwickeln? Welche Visionen haben Sie denn bei den Hochschulen? - Ich sehe keine. Wir hören nichts. Ich erkenne keine Linie, kein Ziel und keinen Anspruch. Bisher sind Sie ein Verwalter der bayerischen Hochschulpolitik; vielleicht kein schlechter. Herr Minister, Sie sind kein schlechter Verwalter, aber ein sehr zaghafter und mutloser Verwalter. Sie sind kein Gestalter. Soll das in der zweiten Hälfte dieser Legislaturperiode so weitergehen? Ist das die Politik der ruhigen Hand oder was soll das sein?

Außerhalb des Parlaments, zum Beispiel auf FDPParteitagen, glimmt manchmal etwas auf, etwa zum Thema "TU Nordbayern", das durchaus ein neuer Gedanke sein könnte. Das ist aber schon in den folgenden Tagen wieder kassiert worden. Was ist daraus geworden? Eine verstärkte Zusammenarbeit, irgendetwas. Man weiß es nicht genau. Ein anderes Beispiel: Sie schwadronieren über die Internationalisierung der Hochschulen, und zwar richtig gut. Was Sie da gesagt haben, war richtig gut. Aber wo haben Sie das gesagt? In einer Pressemitteilung. Ich frage mich: Warum sagen Sie das in einer Pressemitteilung? Legen Sie doch ein Konzept vor und bringen Sie es in das Parlament! Machen Sie das. Sie sind doch der Herr Minister!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Machen Sie das doch! Oder lässt Sie die CSU nicht? Bremsen die bei der Internationalisierung? Denn auch

da war ein großes Stück Ausländerpolitik drinnen. Diese guten Ansätze haben uns gefreut.

Herr Minister, machen Sie doch mal etwas. Die Hochschulentwicklung und die Hochschulausbauplanung, insbesondere die Frage, ob und wo wir eventuell neue Hochschulstandorte brauchen, diskutieren derweil andere. Der Finanzminister reist zur Ausstellungseröffnung von Porzellanikon nach Selb und kündigt eine Hochschule Selb an. Am nächsten Tag schreibt er Ihnen dazu einen Brief, und Sie sind dann der Ausführende. Oder wie soll das gehen? So ist es gelaufen. So war es doch. Der Brief ist am selben Tag eingegangen. Wer hat denn in der Hochschulpolitik die Richtlinienkompetenz? Der Herr Finanzminister oder der Herr Seehofer auf seinen Wahlkampftouren, wenn er mal in Straubing, mal in Augsburg - wo auch immer - neue Hochschulstandorte verspricht? Passau ist das aktuellste Beispiel.