Protocol of the Session on February 2, 2011

(Unruhe bei der SPD und den Freien Wählern)

Wie wir schon an den Arbeitslosenzahlen erkennen können, wenn man beispielsweise Hof mit der Landeshauptstadt München vergleicht, sind wir sehr wohl auf dem richtigen Weg. Wir haben inzwischen eine vierstellige Anzahl von Kommunen beim Breitbandausbau gefördert. Ihr schreibt irgendwo hinten in eurer Begründung, dass wir noch von 1 Mbit/s sprechen, während in Baden-Württemberg schon über 15 Mbit/s geredet wird. Wir reden logischerweise auch schon von mehr, und es wird auch mehr passieren. Das ist eine neue Technik, die jetzt im Moment neu eingeführt wird und die im ländlichen Raum noch viele Lücken schließen wird.

Ich frage mich immer, ob das, was ihr tut, nicht dazu führt, dass man den ländlichen Raum schlechtredet. Vielleicht führt dieses Gerede gerade dazu, dass die Leute aus dem ländlichen Raum abwandern.

(Unruhe bei der SPD und den Freien Wählern)

Ich jedenfalls bin gern im ländlichen Raum, ich wohne gern in meinem Dorf, und ich nehme dafür auch gern den einen oder anderen Nachteil im Verhältnis zum Leben in der Stadt in Kauf. Ich habe etwas weiter zum nächsten Geschäft, doch dafür habe ich ein stabiles soziales Umfeld. Ich habe wunderbare Nachbarn, ich habe Ruhe, ich habe -

(Christa Naaß (SPD): Kühe!)

- Ja, ich habe Kühe.

(Lachen bei der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN)

Ich habe Platz, ich habe gute Luft und vieles mehr. Ich habe eine Menge -

(Zuruf)

- Ich gebe jetzt lieber nicht wieder, was der Kollege zugerufen hat, sonst gibt es hier noch tief fliegende Gegenstände im Plenarsaal, und das wollen wir nicht.

Wir haben uns klar von den Inhalten des Berichts des Zukunftsrates distanziert. Wir werden den Empfehlungen nicht folgen, sondern wir werden weiter daran arbeiten, die bayerischen Räume gleichwertig zu entwickeln. Wir wollen, dass sich jeder zu Hause wohlfühlen kann. Vor allem wollen wir, dass jeder bei sich zu Hause Entwicklungschancen hat, über Bildung, Infrastruktur und so weiter. Wir wollen, dass jeder hier in Bayern ein gutes Leben führen kann.

Herr Dechant, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich bin gleich fertig. Dann stehe ich für Zwischenfragen zur Verfügung. Wir werden die Anträge der Freien Wähler und der SPD ablehnen, weil beide auf das Gleiche abzielen und beide nur den Zweck haben, etwas zu behaupten, was nicht der Fall ist. Wir tun nämlich nicht nichts, sondern wir tun etwas. Dem Antrag der GRÜNEN werden wir selbstverständlich zustimmen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir haben zwei Zwischenbemerkungen, zuerst die von Herrn Dr. Rabenstein. Bitte.

Herr Kollege Dechant, ich komme aus Oberfranken, und auch ich fühle mich dort in der Region sehr wohl. Wenn wir irgendetwas kritisieren, dann reden wir nicht die Region schlecht, sondern wir sagen, wie es ist. Das ist der große Unterschied.

(Lachen des Abgeordneten Dr. Thomas Goppel (CSU))

Ich habe zwei Fragen an Sie. Zunächst einmal: Wenn die Entwicklung des ländlichen Raumes so gut ist und so gut war, wie Sie das darstellen, wie erklären Sie sich dann, erstens, dass der Raum Wunsiedel in den letzten Jahren 10 % seiner Bevölkerung verloren hat? Zweitens, wie erklären Sie sich, dass durch den demografischen Wandel, wenn es nach den Plänen der Staatsregierung geht, sowohl der Bezirk Oberfranken als auch der Bezirk Oberpfalz je einen Abgeordneten zugunsten von Oberbayern verlieren? Wie erklären Sie sich das dann?

(Margarete Bause (GRÜNE): Das kommt auf den Abgeordneten an!)

Herzlichen Dank. Gegen die Demografie an sich, dagegen, dass wir dort Bevölkerung verlieren, kann man aus politischer Sicht teilweise herzlich wenig tun.

(Unruhe)

Wenn die Leute aus unterschiedlichsten Gründen keine Kinder mehr bekommen -

(Zuruf von der SPD: Es geht doch um Demogra- fie!)

- Wir haben die Alterung, das ist Demografie. Wenn die jungen Menschen andere Schwerpunkte in ihrem Leben setzen, dann müssen wir das ein Stück weit akzeptieren. Was wir tun können - und das tut die Bayerische Staatsregierung -: Wir schaffen überall eine brauchbare Infrastruktur. Wir schaffen überall eine brauchbare Verkehrsinfrastruktur, auch ÖPNV, und wir schaffen überall eine vernünftige Bildungsinfrastruktur, sodass die Menschen eine reelle Chance haben, dort ein selbstbestimmtes vernünftiges Leben zu führen. Das nehmen auch viele nach wie vor wahr. Herr Kollege, Sie selbst fühlen sich dort wohl, und ich fühle mich dort auch wohl und werde dort bleiben. Ob meine Tochter das auch tun wird, weiß ich nicht. Ich werde auf jeden Fall dafür sorgen, dass sie sich dort wohlfühlen kann. Dass es manche Menschen woanders hinzieht, hatten wir schon immer.

(Zurufe von der SPD)

- Logisch, das ist halt so. Aber es kommen auch Menschen zurück. Darum werden wir nach wie vor alles tun, damit dieser Raum attraktiv bleibt.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Herr Kollege. - Ich möchte bekannt geben, dass auch die SPD namentliche Abstimmung zur Drucksache 16/7129 beantragt hat.

Zur nächsten Zwischenbemerkung, Herr Meyer, bitte.

Herr Kollege Dechant, als Sie angekündigt haben, dass Sie etwas in Rage versetzt, bin ich richtig erschrocken. Aber jetzt frage ich Sie: Wenn die Staatsregierung so eine erfolgreiche Politik gemacht hat, dann erklären Sie mir bitte, warum gerade in Ostoberfranken immer mehr Gemeinden ihre Haushalte nicht ausgleichen können, warum immer mehr Schulen geschlossen werden, warum die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse

zurückgegangen ist, warum die Hochschulabsolventen reihenweise abwandern. Sie haben nämlich keine Möglichkeit, dort weiterbeschäftigt zu werden. Das war nur ein kurzer Abriss. Wo ist da die erfolgreiche Politik?

Lieber Herr Kollege, wir betreiben eine erfolgreiche Politik mit Rahmenbedingungen, die dort auch ein Stück weit wirken. Man sieht es an der Angleichung der Arbeitslosenzahlen über die Regionen hinweg. Wir sind seit etwas mehr als zwei Jahren mit in der Regierungsverantwortung. In diesen zwei Jahren ist wahnsinnig viel passiert.

(Florian Streibl (FW): Was denn? - Tanja Schweiger (FW): Was denn?)

Es ist wahnsinnig viel passiert, was den Breitbandausbau, was die Schaffung von Hochschulplätzen im ländlichen Raum betrifft. Das ist genau die Grundvoraussetzung. Es dauert einfach seine Zeit, bis das wirkt. Kein Mensch kann zaubern, auch Sie können nicht zaubern. Der Kollege hat es schon gesagt, Sie tun nichts anderes, als zu behaupten, dass wir nichts tun. Das entspricht nicht der Wahrheit. Zaubern könnt auch ihr nicht.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Kollege. - Bitte schön, Frau Karl für die SPD.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt ein geflügeltes Wort in der Politik: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründ’ ich einen Arbeitskreis. Nach meiner Auffassung ist das genau die Handlungsmaxime der Staatsregierung bei den Themen Demografie, ländlicher Raum und Abwanderung.

(Beifall bei der SPD)

Zuerst haben wir einen Staatssekretärsausschuss. Da geht nichts voran. Dann wird die Bildung einer Stabsstelle in der Staatskanzlei angekündigt. Davon hat man gleich gar nichts mehr gehört. Jetzt haben wir einen Kabinettsausschuss, der sich genau ein Jahr Zeit nimmt, um dann zu verkünden, was er in den nächsten Jahren zu tun gedenkt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, und schon wieder geht ein Jahr für den ländlichen Raum verloren;

(Beifall bei der SPD)

denn der ganze Gremienaktionismus ersetzt keine politische Arbeit. Die Herausforderungen sind bekannt. Die regionalen Disparitäten nehmen zu. Ich brauche das nicht zu wiederholen. Die Politik der Staatsregie

rung, in die viele Steuergelder geflossen sind, nämlich die Starken zu stärken, ist gescheitert, was man erkennt, wenn man sich die Disparitäten anschaut.

(Beifall bei der SPD)

Wir in den ländlichen Regionen sind nämlich keine Anhängsel irgendwelcher Leistungszentren, wie dies der Zukunftsrat suggeriert. Wir sind Regionen mit eigenem Profil, eigenem Potenzial, eigenen Chancen und eigenen Herausforderungen. Für die Bewältigung dieser Herausforderungen hilft es nicht, nur die städtische Brille aufzusetzen. Es hilft genauso wenig, sich ständig in Selbstlob zu ergehen.

(Beifall bei der SPD)

Es geht darum, die endogenen Entwicklungen in den Regionen zu verstärken. Deshalb fordern wir Regionalbudgets; denn die Kompetenzträger vor Ort wissen am besten, wie man die Gelder verwenden kann.

(Beifall bei der SPD)

Beim CSU-Antrag stellt sich mir die Frage, warum überhaupt ein Gremium nach dem anderen gegründet wird, wenn alles so perfekt ist, wie Sie schreiben. Dabei ist es ja - das hat das Kabinett gestern festgestellt - eine der größten Herausforderungen der Politik in diesen Jahren, die es anzupacken gilt.

Wir begrüßen im CSU-Antrag das klare Bekenntnis zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse, auch von der FDP. Dieses Lippenbekenntnis muss aber einen Niederschlag in Taten finden. Die Staatsregierung ist wirklich ein Ankündigungsweltmeister. Wenn sie in der Umsetzung auch noch Kreismeister wäre, wäre das ein wahnsinniger Erfolg für die ländlichen Regionen. Wir hoffen, dass hier endlich etwas passiert.

(Beifall bei der SPD)