Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in jeder Legislaturperiode gibt es vonseiten der SPD oder vonseiten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN mindestens einen Gesetzentwurf, der eine dieser genannten Forderungen und darüber hinaus noch andere Petita auf mehr Demokratie und mehr Mitwirkung enthält.
EU-Ausländer sollen als Erste Bürgermeister und Landräte gewählt werden können. Ich habe es gerade gesagt. Andere Länder der Welt sind da schon sehr viel weiter.
In den letzten Monaten wird immer wieder Kanada als positives Beispiel angeführt; dort sind die Mitwirkungsmöglichkeiten weitaus größer. Ich meine, Kanada sollte uns hier ein Vorbild in Sachen Integration sein.
Einen neuen Impuls gab es inzwischen auch innerhalb Deutschlands. Im Kommunalwahlrecht Thüringens hat die CDU bereits zu dem Zeitpunkt, als sie noch alleine die Landesregierung stellte, die Mitsprachemöglichkeit für Nicht-EU-Ausländer geschaffen. Also gibt es auch bei Unionspolitikern in Deutschland durchaus ein Einsehen, dass die stärkeren Mitwirkungsmöglichkeiten im Sinne der Integration positiv sein könnten.
Wir kennen alle die breit angelegte Kampagne der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Bayern, die vor etwa einem Jahr zur Verbesserung des kommunalen Wahlrechts gestartet wurde. Übrigens ist Frau Leutheusser-Schnarrenberger Unterzeichnerin dieser Aktion gewesen.
Was will ich damit sagen? Es gibt einen breiten gesellschaftlichen Konsens und breite gesellschaftliche Anstrengungen in Deutschland und in Bayern, um mehr Demokratie zuzulassen und mehr Demokratie vor Ort zu erreichen.
Deswegen fordere ich Sie heute auf, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Stärken Sie die Demokratie und die Mitwirkungsmöglichkeiten in den Kommunen.
Wir wissen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass ein verändertes Wahlrecht alleine noch keine Integra
In der Diskussion im Innenausschuss hat Kollege Meißner deutlich gemacht, dass das Rederecht in Bürgerversammlungen für Jugendliche und für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger sogar im Koalitionsvertrag zwischen FDP und CSU steht und hat gebeten, wir sollten noch etwas Geduld haben und abwarten, bis sich die Koalition aus CSU und FDP zu einem eigenen Gesetzentwurf durchgerungen hat. Da sage ich ganz klar: Warum stimmen Sie dem politischen Wollen, das Sie dokumentiert haben, jetzt nicht zu? So könnten Sie einen Teil Ihrer Koalitionsvereinbarung erfüllen. Das wäre doch was. Da bräuchte es keinen eigenen Gesetzentwurf, wir haben es in unserem untergebracht. Aber wir kennen das politische Spiel: In der Regel stimmt man Anträgen oder Gesetzentwürfen der Opposition nicht zu. Das ist ein Trauerspiel, das Sie jetzt wieder bieten, ein Mechanismus, der offensichtlich nicht zu durchbrechen ist.
Der Gesetzentwurf 16/2621 des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der noch vorgestellt wird, deckt sich in wesentlichen Punkten mit unserem Gesetzentwurf: Mindestalter für die Wählbarkeit 18 Jahre, passives Wahlrecht für Unionsbürger, Erweiterung der Mitwirkungsmöglichkeiten bei Bürgerversammlungen und die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Darüber haben wir hier schon diskutiert, weil wir als SPD-Fraktion dazu auch schon einen Gesetzentwurf eingebracht haben. Diese Punkte finden unsere Zustimmung.
Darüber hinaus fordern Sie jedoch eine Verpflichtung zur Einrichtung von Integrationsbeiräten in unseren Kommunen. Diese Forderung halten wir für überzogen und werden uns deshalb enthalten.
Wir bitten um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf und sind gespannt, verehrter Herr Kollege Rohde, verehrte Kolleginnen und Kollegen von CSU und FDP, welche Ausflüchte Sie wieder finden, um unserem Gesetzentwurf nicht zustimmen zu müssen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Kollegin Schmitt-Bussinger hat es ausgeführt: Anpassungen unserer Wahlordnung sind dringend erforderlich. Wir haben das Problem, dass Nicht-EU-Bürger zu wenig Mitspracherechte haben und Ausländer und Ausländerinnen eine aktivere Rolle in den Bürgerver
sammlungen einnehmen können sollen. Wir wollen, dass die Wählbarkeit zum 1. Bürgermeister und zu Landräten für EU-Unionsbürger ausgeweitet wird. Derzeit ist es schon möglich, Kommunalmandate so zu vergeben. Ich denke, die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde, die zur Wahl gehen, wissen sehr wohl, wen sie wählen. Sie kennen die Persönlichkeiten vor Ort sehr gut. Die Wählbarkeit wollen wir hier auf 18 Jahre senken. - So weit die Gemeinsamkeiten.
Wir wollen aber auch das Mindestalter für das aktive Wahlrecht im Kommunalrecht für Jugendliche absenken. Wir denken, es ist erforderlich, dass Jugendliche früher aktiv wählen können. So begreifen sie, dass sie mit dem, was in ihrer Gemeinde passiert, etwas zu tun haben, und wir ermöglichen, dass sie sich dann auch wesentlich mehr mit dem Geschehen in ihrer Gemeinde identifizieren. - So weit die ähnlichen Positionen.
Ich möchte weiterhin erläutern, welchen Sinn Integrationsbeiräte haben. Viele große Städte haben schon Integrationsbeiräte eingerichtet. Sie sind etwas ganz anderes als Ausländerbeiräte. Ausländerbeiräte beschäftigen sich vor allem mit den Belangen der Ausländer.
Die Integrationsbeiräte haben die Aufgabe, sich darum zu kümmern wie Integration in einer Gemeinde funktioniert und was notwendig ist, um Integration voranzutreiben.
Mitglieder der Integrationsbeiräte sind Kommunalpolitiker und Kommunalpolitikerinnen und gewählte Vertreter der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Sie sind deswegen besonders nötig, weil es, wie Sie wissen, kein kommunales Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer bei uns gibt. Obwohl schon viele Unterschriften, zum Beispiel von der Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns, AGABY, vorgelegt wurden, ist hier keine Verbesserung erreicht worden. In einzelnen Gemeinden und Stadtteilen ist aufgrund der geltenden Gesetze oft ein Drittel der Bevölkerung oder mehr nicht wahlberechtigt für ein Kommunalparlament, obwohl da gerade die aktive Mitwirkung aller Menschen, auch aller Eltern, dringend erforderlich ist, wenn Integration gelingen soll.
Integrationsbeiräte bestehen wie gesagt aus aktiven Kommunalpolitikern, aus Mitgliedern des Gemeinderats oder des Stadtrats, und eben aus Vertretern der ausländischen Bevölkerung. Sie kümmern sich hauptsächlich um Fragen der Integration, um Fragen wie folgende: Wie sieht die Situation für Kinder in den Schulen aus? Wie sieht die Situation in den Sportver
Integrationsbeiräte hatten sich in den großen Städten, wo es sie bisher gibt, sehr positiv bewährt. Sie sind eine wichtige Hilfestellung und kümmern sich um viele wichtige Fragen des Gemeinwesens, zum Beispiel darum, dass Bildungsarbeit gemacht wird, also um Informationsarbeit über unser Bildungssystem. Sie kümmern sich darum, dass das Zusammenleben vor Ort gelingt. In Augsburg zum Beispiel kümmern sie sich auch darum, wie die Unterkünfte für Flüchtlinge ausschauen, und stehen den Flüchtlingen auch als aktive Ansprechpartner zur Verfügung.
Integrationskompetenz ist wichtig. Nachdem ich mir die Debatte zur Asylpolitik heute früh angehört habe, muss ich sagen: Es wäre sogar außerordentlich sinnvoll, einen Integrationsbeirat auf Landesebene zu haben. Dadurch könnte die Diskussion darüber wie Integration besser gelingt, noch einiges an Fachkompetenz dazugewinnen.
Wir bitten Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag. Wir werden auch den Antrag der SPD unterstützen, auch wenn er in zwei Punkten, nämlich der Absenkung des aktiven Wahlalters und der Integrationsbeiräte, nicht so weit geht wie unserer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Schmitt-Bussinger, wir werden Ihrem Gesetzesvorschlag nicht zustimmen, weil eine Vielzahl der Forderungen nicht unseren Vorstellungen entspricht. Beim GRÜNEN-Entwurf entspricht sogar der weit überwiegende Teil der Vorschläge nicht unseren Vorstellungen.
Eine Forderung, nämlich die Senkung des passiven Wahlalters für den Ersten Bürgermeister und den Landrat auf 18 Jahre, ist auch in unserem Antrag zur Änderung des Kommunalwahlrechts enthalten. In Kürze wird auch der Gesetzesvorschlag hierzu erfolgen. Diese Forderung tragen wir also mit, wenngleich es bei uns Vorbehalte gegeben hat. Kollege Weiß hat zum Beispiel einmal sinngemäß gesagt: Mit 18 wird man Bürgermeister, und wenn etwas passiert, wird man nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. Ich hoffe einfach einmal, dass es so einen Fall nicht geben wird. Ich habe auch Vertrauen in die Bürger, dass sie bei der Wählbarkeit und der Wahl von Landräten solche Aspekte berücksichtigen.
Zur Stützung Ihres Vorschlags, das aktive Wahlalter bei der Kommunalwahl auf 16 Jahre zu senken, zitieren Sie von den GRÜNEN wissenschaftliche Studien, die es nahelegen. Ich kenne auch ganz andere wissenschaftliche Studien. Die Studie der Uni Hohenheim ist überschrieben: "Interessiert, aber überfordert". Das ist also nicht meine Aussage, sondern die Aussage des auswertenden Professors. Da wird ganz klar festgestellt, dass zwischen dem politischen Wissen von 16- und 17-Jährigen und dem von 18- bis 21Jährigen signifikante Unterschiede bestehen, was den Wissenstand und die politische Bildung angeht, und dass von daher mit Sicherheit ein Unterschied zwischen einem 16- und einem 18-Jährigen besteht.
Wir halten das Anknüpfen an die Volljährigkeit aus grundsätzlichen Erwägungen für äußerst sinnvoll. Wir haben mit 18 Jahren die Volljährigkeit und die volle Geschäftsfähigkeit. Das Wahlrecht ist eines der wichtigsten Rechte der Bürger. Um dieses Recht zu bekommen, haben Bürger jahrhundertelang gekämpft. Das ist also kein minderes Recht. Daher sollte man an das Wahlrecht keine minderen Anforderungen stellen.
Auch eine gewisse Identität und Parallelität von Rechten und Pflichten ist sehr sinnvoll. Man hat also mit 18 Jahren viele Rechte und Pflichten. Deshalb ist aus unserer Sicht das Wahlrecht richtig angeordnet. Ich schließe natürlich nicht aus, dass einzelne Jugendliche politisch interessiert und engagiert sind. Das könnten sie aber auch mit 13, 14, 15 oder 16 Jahren sein. Leider hat der Gesetzgeber immer zu pauschalisieren.
Die weitestgehende Forderung der GRÜNEN und der SPD ist die Einführung eines kommunalen Wahlrechts für Ausländer. Das wollen wir nicht, denn das entspricht nicht unserem Staatsverständnis. Im Grundgesetz heißt es: Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus. Das Volk sind die Deutschen. Innerhalb der Europäischen Union gibt es gewisse Sonderregelungen, die den Unionsbürgern gegenseitig gewisse Rechte einräumen. Das heißt, der Deutsche, der dauerhaft auf Mallorca wohnt, hat das Kommunalwahlrecht, ebenso der Spanier, der bei uns wohnt. Aber der Deutsche, der in der Schweiz oder in Antalya wohnt, hat es nicht. Das sind gewisse Sonderregelungen, die in der Europäischen Union gelten. Das ist aber nicht allgemeines Ausländerwahlrecht.
In den Verträgen der Europäischen Union wurde bewusst nur ein allgemeines Kommunalwahlrecht vorgeschrieben. Es ist weder verpflichtend vorgesehen noch notwendig, dass Nicht-EU-Bürger Amtsvorsteher und Behördenleiter sein können. Darüber, warum das so ist, haben sich die Gesetzgeber Gedanken ge
macht. Es ist durchaus sinnvoll, dass Bürgermeister und Landräte, die das Ausländerrecht und andere Regelungen zu vollziehen haben, sowie Behördenleiter deutsche Staatsbürger sind. Daher wollen wir weiterhin an dieser Rechtslage festhalten.
Eine weitere Forderung der beiden Fraktionen war ein generelles Antrags- und Rederecht für Jugendliche und Ausländer in Bürgerversammlungen. Die Regelung für die Ausländer steht, wie Sie bereits erwähnt haben, bereits im Koalitionsvertrag. Ein generelles Antrags- und Rederecht wird also mit Sicherheit in Kürze umgesetzt werden. Was die Jugendlichen angeht, kennen wir bislang keinen einzigen Fall, in dem einem Jugendlichen das Rederecht verweigert wurde. Darüber haben wir schon diskutiert. Kein Bürgermeister wäre gut beraten, einem Jugendlichen, der ein Anliegen hat, das Rederecht zu verweigern. Insofern hat das Begehren kaum eine praktische Relevanz. Abstimmen können dann natürlich nur die Stimmberechtigten einer Bürgerversammlung.
Ein weiteres Anliegen der GRÜNEN war die verpflichtende Einrichtung von Integrationsbeiräten. Wie Sie bereits erwähnt haben, gibt es in vielen Städten bereits Ausländerbeiräte. Die Städte sind in ihrer Entscheidung völlig frei und können anstelle von Ausländerbeiräten auch Integrationsbeiräte einrichten. Das ist den Städten völlig unbenommen, wenn sie es besser finden. Das ist Teil der kommunalen Selbstverwaltung, wie Sie heraushören. Wenn es die Gemeinden für notwendig halten, sollen sie es machen. Gemeinden, die weder das eine noch das andere für notwendig erachten - etwa kleine Gemeinden, in denen es keinen einzigen Ausländer gibt -, brauchen solche Einrichtungen nicht zu schaffen. Deswegen sollte hier der Gesetzgeber nicht etwas vorschreiben, das in der Zuständigkeit der Gemeinden liegt.
Großen Teilen des Antragspakets beider Fraktionen können wir nicht zustimmen. Die Gründe hierfür habe ich genannt. Deswegen werden wir beide Gesetzentwürfe ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir finden in beiden Anträgen positive Aspekte, werden ihnen aber nicht zustimmen können.
Zum Rederecht von Nicht-EU-Bürgern und Jugendlichen bei Bürgerversammlungen: Ich habe jede Menge Bürgerversammlungen geleitet, bei denen Schulklassen und Jugendliche unter 14 Jahren anwe
send waren, die zu Wort gekommen sind. Hier halten wir eine gesetzliche Regelung nicht für erforderlich, weil die Praxis draußen anders aussieht.
Dass alle Unionsbürger Landräte oder Bürgermeister werden können, geht uns zu weit. Wir sind der Auffassung: Wer Bürgermeister oder Landrat werden will, muss sich so weit mit Deutschland identifizieren, dass er die deutsche Staatsangehörigkeit annimmt. Wir brauchen ein klares Bekenntnis zu Deutschland und zum Grundgesetz. Das ist für uns eine zwingende Voraussetzung.
Die Forderung, das Mindestalter für die Wählbarkeit zum Bürgermeister und zum Landrat auf 18 Jahre zu senken, geht uns zu weit. Wir sind der Auffassung: Jemand, der Bürgermeister werden will, braucht eine gewisse Lebenserfahrung, um in führenden Ämtern Verantwortung zu übernehmen. Es gibt in Bayern eine verschwindend geringe Anzahl von Mitgliedern von Gemeinde- und Stadträten, die zwischen 18 und 21 Jahre alt sind. Da sind 18 Jahre in Ordnung. Aber dazu, daraus das Erfordernis abzuleiten, dass jemand mit 18 Jahren Bürgermeister oder Landrat werden können soll, sagen wir klar Nein. Hierfür ist das richtige Alter 21 Jahre.
Zum Antrag der GRÜNEN: Mit den Ziffern 1 und 4 könnten wir einigermaßen leben. Aber die Ziffern 2 und 3 lehnen wir konsequent ab. Ziffer 1 - aktives kommunales Wahlrecht ab 18 - entspricht einer unserer Forderungen. Damit gehen wir konform. Aber insgesamt passt der Antrag nicht. Die Forderung nach einem passiven Wahlrecht für Landräte und Bürgermeister ab 18 ist dieselbe wie im Antrag der SPD. Dazu habe ich schon etwas gesagt.
Der vierte Punkt fordert, dass alle Gemeindeeinwohnerinnen und Gemeindeeinwohner bei Bürgerversammlungen mitwirkungsberechtigt sind. Wie man das Kind letztlich nennt, ist nicht das Entscheidende. Wichtig ist vielmehr, dass der Bürger zu Wort kommt. Die Praxis zeigt, dass das in der Regel der Fall ist. Deshalb ist kein Regelungsbedarf vorhanden. Die Forderung nach Integrationsbeauftragten ist mit Sicherheit für große Orte sinnvoll. Bei kleinen Orten halte ich das Begehren nicht für sinnvoll. Das zu regeln, sollte der kommunalen Selbstverwaltung überlassen werden. Da sehen wir kein Erfordernis. Deshalb werden wir beide Anträge ablehnen.