Liebe Frau Kollegin Kamm, das mag alles richtig sein. Die Regierung von Schwaben weiß das sicherlich auch. Für uns ist entscheidend: Solange kein Ersatzobjekt vorhanden ist, solange wir also die in der Calmbergstraße untergebrachten Flüchtlinge nicht sicher in einer Ersatzunterkunft unterbringen können, können wir nicht apodiktisch sagen, dass wir die betreffende Unterkunft im Jahr 2011 schließen. Ein fixes Auslaufdatum, wie Sie es vorsehen, ist bis dahin nicht möglich.
Ich billige der Regierung zu, dass mit Hochdruck an der Lösung dieses Problems gearbeitet wird. Aber solange ein Ergebnis weder vorhanden noch absehbar ist, können wir ein solches fixes Auslaufdatum nicht beschließen. Wir müssen deswegen den ersten Spiegelstrich ablehnen.
Auch der dritte Spiegelstrich, den Sie separat zur Abstimmung stellen wollen, wird von uns aus den von mir genannten Gründen abgelehnt.
(Vom Redner nicht au- torisiert) Ich habe noch eine Frage: Wann und unter welchen Voraussetzungen kann sich die CSU dafür erwärmen, Gutscheine statt der Essenspakete auszugeben? Denn in Bezug auf die Bargeldlösung haben Sie jetzt ein Gegenargument gebracht. Aber die Gutscheinlösung würde manches verbessern. Warum sind Sie dagegen? Dazu haben Sie sich nicht konkret geäußert.
Herr Dr. Fahn, wir haben uns in diesem Hohen Haus schon mehrfach über dieses Thema unterhalten. Der Gedanke, den Sie eingebracht haben, führt von diesem Antrag weg, weil hier von den GRÜNEN statt der Essenspakete Bargeld gefordert wird. Gutscheine sind letztlich auch eine handelbare Ware mit der Möglichkeit zu tauschen, ähnlich wie Geld. Hin zur Geldleistung ist es also nur ein kleiner Schritt. Insoweit ist das Begehren kein richtiger Weg, Herr Dr. Fahn. Wir haben das Sachleistungsprinzip. Sachleistung ist allein das Nahrungsmittel selber. Daran führt im Moment kein Weg vorbei. Zum Trost kann ich Ihnen sagen - das habe ich hier schon einmal ausgeführt -: Im auf Bundesebene geschlossenen Koalitionsvertrag steht, dass § 3 Absatz 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes, sprich das Sachleistungsprinzip, evaluiert wird. Wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass das Sachleistungsprinzip abgeschafft werden kann, können wir neu diskutieren. Aber bis jetzt sind mit diesem Sachleistungsprinzip weder Gutscheine noch Bargeldleistungen vereinbar. Das würde gegen Bundesrecht verstoßen. Darüber kann sich der Freistaat Bayern nicht hinwegsetzen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Kamm, Ihre Zustandsbeschreibung können wir voll und ganz unterstützen. Wir haben auch im sozialpolitischen Ausschuss die von Ihnen und Ihren dort anwesenden Kolleginnen gegebene Zustandsbeschreibung voll umfänglich unterstützt.
Wir unterstützen ferner eine weitere Ihrer Forderungen, nämlich dass alle Gemeinschaftsunterkünfte da
raufhin zu überprüfen sind, ob sich deren Sanierung und Modernisierung lohnt, bevor Geld in sie investiert wird. Es gilt, eine Kosten-Nutzen-Rechnung zu erstellen und die Fragen einzubeziehen, wie lange die Mietverträge laufen und wann die Objekte abgemietet werden können. Diese Maßnahmen haben wir bereits vor Monaten beantragt, haben aber leider von der Mehrheit dieses Hauses keine Zustimmung bekommen. Die Frage ist auch, ob die Vermieter zu Sanierungsmaßnahmen herangezogen werden können. Alle diese Aspekte sind unter Kostengesichtspunkten zu beurteilen.
Ein Problem haben wir mit Punkt 1 Ihres Antrags, der fordert, die Gemeinschaftsunterkunft Calmbergstraße spätestens 2011 zu schließen. Darauf haben wir bereits im sozialpolitischen Ausschuss hingewiesen.
Frau Kamm, erstens ist diese Formulierung nicht konkret. Das Jahr 2011 beginnt in 14 Tagen und endet in einem Jahr plus 14 Tage. Diese problematische Formulierung haben wir bereits angesprochen. Unser Prinzip war es immer, von der Staatsregierung für all diese einzelnen Unterkünfte Gesamtkonzepte und Alternativkonzepte zu fordern. Wir können nicht sagen: Wir schließen heute ein Haus, haben aber keine alternativen Unterbringungsmöglichkeiten für die betreffenden Menschen. Das ist für uns ein Problem, und da ist ein gewisser realistischer Blick auf die Zustände geboten.
Wir haben uns angewöhnt, Anträge nur dann zu stellen, wenn wir sie selbst, wenn wir morgen auf der Regierungsbank sitzen, auch ausführen können. Das gehört zu unseren Prinzipien.
Der Bericht, der gegeben wurde, zeigt auf, dass die Alternativen, die von Ihnen, Frau Kamm, vorgebracht wurden, in den nächsten Wochen und Monaten, also zumindest kurzfristig nicht zur Verfügung stehen. Das folgt aus dem Bericht, der uns gegeben wurde. Davon müssen wir zunächst ausgehen.
Frau Kamm, wir sind mit Ihnen völlig einer Meinung, was Sie zur landesweiten Verteilung von Flüchtlingen sagen. Als Nürnbergerin könnte ich Ihnen seitenlang Probleme bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme aufzählen. Die Flüchtlinge, die zu uns kommen, sind auf die großen Städte in Bayern konzentriert, vor allen Dingen auf München und Nürnberg, weil sich dort die Erstaufnahmeeinrichtungen befinden. Frau Haderthauer, über eine andere landesweite Verteilung muss dringend nachgedacht werden. Allerdings - auch das wissen Sie, Frau Kamm, und das wissen Ihre Kolleginnen von den GRÜNEN -, ist es nicht so leicht - das
wollen wir auch nicht -, Flüchtlinge in den hintersten Landkreis zu schicken, weil dort zusätzliche Angebote, die wir für Flüchtlinge bereithalten wollen, sowie Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten nicht vorhanden sind.
In der Stadt Augsburg - das muss ich jetzt loswerden geht man mit diesem Problem sehr merkwürdig um, so möchte ich das bezeichnen.
- Das sage ich gleich. Der Stadtrat in Augsburg hat eine Resolution, die von der Partei DIE LINKE und von der Partei DIE GRÜNEN eingebracht wurde, einstimmig beschlossen. Der Oberbürgermeister der Stadt Augsburg, der - Herr Seidenath, jetzt nenne ich Ihren Namen richtig - der CSU angehört, hat diese Resolution als Petition beim Bayerischen Landtag eingereicht. Ich hatte die Ehre und die Aufgabe, diese Petition zu bearbeiten, weil ich Mitglied des Petitionsausschusses bin. In dieser Petition - man höre und staune - übernimmt der CSU-Oberbürgermeister von Augsburg einstimmig eins zu eins die Positionen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zur Zukunft der Asylpolitik. Was mich daran eigentlich ärgert, ist, dass die Stadt Augsburg und voran der Oberbürgermeister die gesamte Verantwortung und die Beantwortung der Frage, wer aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen kann, wo es vielleicht neue Standorte gibt, auf die nächsthöhere Ebene abschiebt, anstatt sich vor Ort um diese Probleme zu kümmern, Frau Kamm. Das kann nur - das ist meine feste Überzeugung - im Zusammenspiel zwischen Stadt, Regierung von Schwaben und Sozialministerium funktionieren. Mit der Abschiebung der Verantwortung auf die nächste Ebene werden wir diesem Problem nicht gerecht. Ich fordere alle Stadträte, die in Augsburg sitzen, auf, ihren Oberbürgermeister daran zu erinnern. - Herr Präsident, Ihr Zeichen habe ich schon gesehen. - Jetzt wollen Sie mich etwas fragen, Frau Kamm.
Frau Kollegin Weikert, ich habe nicht gefragt, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen; denn Ihre Redezeit ist erschöpft.
Frau Kollegin Weikert, wie können Sie einem Oberbürgermeister, der in seiner Stadt mehr als die Hälfte der Asylbewerber Schwabens unterbringt, obwohl nach den Richtlinien nur 16 % untergebracht werden müssen, sagen, er kümmere sich nicht um die Probleme, wohl wissend, dass in den letzten Wochen in Augsburg zwei zusätzliche Immobilien gefunden wurden, und wohl wissend, dass derzeit ganze Landkreise überhaupt keine Asylbewerber unterbringen?
Ich frage zurück, Frau Kamm: Wo hat sich der Oberbürgermeister der Stadt Augsburg darum gekümmert, dass Fehlbelegungen ich bin mir sicher, dass es solche in den Gemeinschaftsunterkünften in Augsburg gibt, weil es sie überall im ganzen Land gibt - in den letzten Jahren abgebaut und die betreffenden Personen ausziehen konnten? Wo hat sich der Oberbürgermeister darum gekümmert, dass für diese Menschen in der Stadt Augsburg entsprechender Wohnraum zur Verfügung gestellt wird?
Ich will nicht - damit ich nicht falsch verstanden werde - die gesamte Kritik auf die Stadt Augsburg abladen. Ich will aber deutlich machen, dass dieses Thema nur im Zusammenspiel bearbeitet werden kann und dass mit dem Beschluss einer Resolution und mit dem Einreichen einer Petition zwar ein Stück Papier bewegt wurde, aber kein einziger Mensch aus der Gemeinschaftsunterkunft ausziehen konnte.
Frau Kamm, eine weitere Zwischenbemerkung ist nach der Geschäftsordnung nicht möglich. - Der nächste Redner ist Herr Kollege Professor Dr. Bauer für die Freien Wähler. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Staatsministerin Haderthauer, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Standpunkte der einzelnen Fraktionen zum Thema Flüchtlinge und Asylpolitik sind heute Morgen schon ausführlich diskutiert worden. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass wir als Freie Wähler es nicht für zielführend halten, die Problematik einer jeden Gemeinschaftsunterkunft zu besprechen. Ein
Grundsätzlich unterstützen wir natürlich die Forderung des Stadtrats von Augsburg. Sie sind nahe am Ort. Sie haben das besichtigt. Sie haben das gut im Griff. Wir sind ebenfalls der Meinung, dass die Gemeinschaftsunterkunft geschlossen werden muss, da mittlerweile Zustände herrschen, die nicht mehr zu akzeptieren sind. So wohnen zum Beispiel acht Personen in einem Zimmer. Für 80 Personen stehen lediglich fünf Toiletten zur Verfügung. 25 Personen müssen sich einen einzigen Kochherd teilen. Das ist nicht zu akzeptieren, das ist zu kritisieren, und das ist schnellstmöglich zu ändern.
In diesem Zusammenhang müssen wir aber auch darauf achten, eine ausreichende Anzahl von Unterkünften für Notfälle bereitzustellen, und zwar gerade deshalb, weil in letzter Zeit die Anzahl der Asylbewerber deutlich angestiegen ist - im Vergleich zum letzten Jahr um knapp 40 %. Wenn wir die Einrichtung schließen, müssen wir auch Alternativen der Unterbringung zur Verfügung stellen.
Den dritten Punkt des Antrages, die Bargeldauszahlung, können wir Freie Wähler nicht unterstützen. Wir schlagen deshalb noch einmal eine Änderung vor. Wir schlagen vor, Lebensmittelgutscheine auszuteilen.
Auch in Zukunft müssen wir Gemeinschaftsunterkünfte anbieten, vor allem auch, um Flüchtlingen, die in aller Regel schwer traumatisiert sind, eine erste sichere Anlaufstelle zu gewähren. Diese muss jedoch Standards genügen. Daher möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir die Richtlinien, die im Mai letzten Jahres veröffentlicht worden sind, Schritt für Schritt einführen und auch konsequent umsetzen müssen.
Meine Damen und Herren, ein schlüssiges, stimmiges Konzept ist unter Berücksichtigung der schon mehrfach erwähnten Richtlinien zu entwickeln. Die Freien Wähler werden deshalb den Punkten 1 und 2 des Antrages zustimmen; Punkt 3 werden wir nicht zustimmen.
- Ich hatte Einzelabstimmung beantragt, Frau Kollegin Meyer. Übrigens steht in der Begründung zu Punkt 3 etwas anderes. Darin steht nämlich nicht Bargeld, sondern Umstellung. Umstellung ist etwas anderes, als das, was Sie in Punkt 3 konkret fordern, nämlich die Auszahlung von Bargeld.
Ich darf darauf hinweisen, dass in der Tat getrennt abgestimmt wird. Über die Ziffern 1 und 2 wird gemeinsam in der namentlichen Abstimmung abgestimmt, während über Ziffer 3 vor der namentlichen Abstimmung getrennt in einfacher Abstimmung abgestimmt wird.
Bevor ich Frau Kollegin Meyer das Wort erteile, weise ich darauf hin, dass der nächste Tagesordnungspunkt 26 im Einvernehmen aller Fraktionen ohne Aussprache behandelt wird. Es wird also gleich abgestimmt. Ich bitte Sie, nach der namentlichen Abstimmung nicht gleich wieder in alle Himmelsrichtungen zu verschwinden.