Protocol of the Session on December 15, 2010

Besten Dank, Kollege Dr. Rabenstein. Für die CSU äußert sich jetzt Herr Kollege Jörg.

Sehr geehrtes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Rabenstein, ich bin dankbar für diese Debatte. Denn auch wenn wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen werden, geht doch ein wichtiges Signal an unsere bayerischen Hochschulen: Über alle Fraktionen hinweg wollen wir die Teilzeitstudienangebote ausgedehnt wissen. Denn an unseren Hochschulen hat sich in der Tat etwas verändert. Wir haben durch die Bachelor- und Master-Studiengänge nunmehr ein etwas verschulteres System.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Etwas?)

- Herr Kollege, es gibt jetzt auch Hochschulzugänger, die eine ganz andere Lebensbiografie mitbringen: Meister, Facharbeiter. Für diese müssen wir eine Antwort finden, und in der Tat sind Teilzeitstudiengänge eine mögliche Antwort.

Aber Ihr Vorschlag ist ein untauglicher Versuch. Lieber Herr Kollege Dr. Rabenstein, vielleicht haben Sie meine Ausführungen nicht ganz verstanden. Ich habe nicht die Sorge, dass Sie die Autonomie der Hochschulen einschränken. Ich sage vielmehr: Indem Sie die Autonomie der Hochschulen respektieren, konstruieren Sie Folgendes: Sie sagen: Die Bayerische Staatsregierung wird ermächtigt, über eine Verordnung Teilzeitstudiengänge für alle Studienangebote einzuführen. Weil Sie wissen, dass Sie dies nicht über die Verordnung reglementieren können, sagen Sie: An unseren bayerischen Hochschulen gibt es doch die Möglichkeit über eine Satzung zu machen, was sie selbst für nötig halten. Das ist auch so. Folglich läuft das, was an den Hochschulen jetzt läuft und was die Hochschulen jetzt beabsichtigen zu tun: Sie bauen die Teilzeitstudiengänge aus, aber nicht so weit, wie wir uns alle dies vorstellen.

Deswegen sage ich: Ihr Vorschlag bleibt ein untauglicher Versuch. Wir wollten die Instrumentarien nutzen, mit denen unsere Arbeit, wie ich vermute, auch von Erfolg gekrönt sein kann.

Lieber Herr Staatsminister, ich hätte die dringende Bitte, dass wir bei den Verhandlungen mit unseren bayerischen Hochschulen und bei den Zielvereinbarungen künftig verstärkt darauf achten, unsere bayerischen Hochschulen zu motivieren, den Maßstab noch ein bisschen höher anzulegen.

(Isabell Zacharias (SPD): Danke! Sehr gut!)

Darüber hinaus müssen wir aber auch sagen, dass wir mit dem Entwurf der Bayerischen Staatsregierung zur Novelle des Bayerischen Hochschulgesetzes jener Klientel, die ich vorhin angesprochen habe, helfen. Wir werden berufsbegleitende Studiengänge einführen, wir werden Modul-Studiengänge einführen. Das sind alles Elemente, um mehr Flexibilität für unsere Studierenden anbieten zu können. Wenn es uns dann noch zusätzlich gelingt, die Teilzeitstudiengänge über die Zielvereinbarung stärker auszubauen, dann bin ich ganz zuversichtlich, Herr Staatsminister.

Ich denke, dass uns die Instrumentarien bereits heute an die Hand gegeben sind. Wir brauchen Ihren Gesetzentwurf nicht. Gleichwohl bin ich dankbar, dass dieses Hohe Haus noch einmal gemeinsam darauf hingewiesen hat, dass uns dies ein wichtiges Anliegen ist, und ich bin dankbar für die Diskussion in den Ausschüssen, die meinen Vortrag bestätigt haben.

Wir werden Ihrem Vorschlag nicht nähertreten können. - Herzlichen Dank für die Debatte um dieses interessante Thema.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Jörg. Für die Freien Wähler äußert sich Herr Professor Piazolo. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wo wir schon beim Danken sind: Herr Rabenstein, noch einmal vielen Dank für den Vorstoß. Sie haben schon in der Debatte bemerkt, dass das Thema der Teilzeitstudien und der Teilzeitstudierenden eines ist, um das wir uns alle kümmern, das uns allen auch wichtig ist. Wenn man schon einmal so weit ist und wenn das auch bei der Regierung und bei allen anderen durchgedrungen ist, so ist das zumindest ein erster Erfolg.

In der Debatte haben wir auch bemerkt, dass nicht alle dem Gesetzentwurf in dieser Form Folge leisten werden. Auch ich hatte - Sie haben es schon erwähnt - einige Kritikpunkte. Ich brauche sie nicht alle aufzuzählen, weil ich mich in einigen meinem Vorredner Herrn Jörg anschließen kann. Ich will nur noch einmal auf die praktische Umsetzbarkeit des Gesetzes eingehen.

Wenn ich es richtig verstanden habe, planen Sie Teilzeitstudiengänge in jedem Studiengang. So ist es im Gesetz vorgesehen. Da werden schon die Schwierigkeiten beginnen. Wird man jeden einzelnen Studiengang immer als Teilzeitstudiengang anbieten können? Ja oder Nein? Und muss man es? Das ist im Gesetz

praktisch vorgesehen. So wie ich das lese, besteht eine Verpflichtung in dieser Richtung. Das bindet die Universitäten und die Hochschulen insgesamt; denn jeder Student hätte in dem Moment, in dem er sagt, ein wichtiger Grund hindere ihn, sein Studium als Vollzeitstudium zu betreiben, einen Anspruch und könnte sagen: Ich habe laut Gesetz ein Recht darauf, ein Teilzeitstudium genau in diesem Fach zu machen. Das müsste man wirklich in letzter Konsequenz durchdenken. Nach meiner Einschätzung würde der Gesetzentwurf, wenn ich ihn richtig verstanden habe, zu weit gehen.

Ich denke, darin, was Sie wollen - Teilzeitstudiengänge weiterzuentwickeln und mehrere anzubieten -, sind wir uns absolut einig. Diesbezüglich ist schon einiges getan worden, aber zu wenig. Sie hatten das mit Ihren Zahlen angesprochen. Das jetzige Hochschulgesetz weist insoweit in eine bestimmte Richtung, auch wenn dort ein Fokus auf den Berufstätigen und nicht auf den Teilzeitstudenten liegt. In Artikel 56 werden zwar Modul-Studiengänge und manches mehr genannt. Aber ich glaube, das, was Sie wollen, ist im jetzigen Gesetz noch nicht verankert. Insofern können wir dem Gesetzentwurf wegen seiner Schärfe zwar nicht zustimmen, der Beschreibung des Problems aber doch. Und deshalb regen wir an, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, wie Ihr Anliegen in bestmöglicher Weise in Gesetzesform umgesetzt werden kann. Damit könnte dann das, was wir als richtig erachten, entweder im Gesetz oder, veranlasst durch das Ministerium, entsprechend umgesetzt werden. Möglicherweise wird der Minister auch noch einen Weg dafür aufzeigen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Vielen Dank. Nächste Rednerin ist Frau Dr. Bulfon für die FDP.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich sagte bereits - Herr Kollege Rabenstein, Sie haben es wiederholt -, dieser Gesetzentwurf ist weder Fisch noch Fleisch. Was meinte ich damit? Herr Piazolo hat die Auffassung vertreten, dass jeder Studiengang, den wir derzeit in Bayern anbieten, auch in Teilzeit studierbar sein müsse. Das kann nicht im Interesse einer autonomen Hochschule liegen. Wir würden damit der Hochschule ein Studienmodell überstülpen. Das wollen wir nicht. Das würde der Autonomie der Hochschule zuwiderlaufen.

Die Alternative ist: Wir regeln das Ganze per Verordnung. Dann ist der Verordnungsgeber die Hochschule, und das würde bedeuten, dass alles beim Alten

bliebe. Dann hätten wir keine Veränderung zum bisherigen Gesetz.

Was mir an diesem Gesetzentwurf besonders missfällt, ist, dass Tatbestandsmerkmale eingeführt werden sollen. Das bedeutet, dass diejenige Person, die in Teilzeit studieren möchte, einen Nachweis erbringen müsste, sei es, dass die Person berufstätig ist, oder ein anderer wichtiger Grund vorliegt, wie beispielsweise die Pflege eines Angehörigen. Das scheint uns nicht zielführend. Das ist eine überbordende Bürokratie in diesem Gesetzentwurf. Das wollen wir nicht. Wir wollen eine voraussetzungslose Immatrikulation, die einzig und allein von der Qualifikation des Bewerbers abhängt und nicht von anderen Tatbeständen. Jeder, der die Qualifikation nachweist, kann oder sollte in Bayern auch in Teilzeit studieren können. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. Und da knüpft unsere Kritik an, wir haben die Sorge, dass Sie mit Ihrem Gesetzentwurf die Bürokratie ausweiten.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Ich möchte ein für allemal mit dem Mythos aufräumen, dass Bachelor- und Masterstudiengänge im Endeffekt nicht in Teilzeit studierbar seien. Im Gegenteil. Durch die Modularisierung, durch diese kompakte Studienstruktur ist es in Zukunft vielleicht sogar sehr viel leichter als bisher, in Teilzeit zu studieren. Und damit schließt sich der Kreis. Dann hätten wir diesen Artikel 57, der die Regelstudienzeit verlängert und dann könnten wir über diese verlängerte Regelstudienzeit die Studienbeiträge verringern. Also, man studiert länger und zahlt in dieser Zeit entsprechend weniger Studienbeiträge.

Ich glaube, wir sind uns doch alle einig, dass wir der veränderten Lebenswelt Rechnung tragen müssen. Immer mehr Studiengruppen drängen an die Universitäten, immer mehr Menschen müssen Angehörige pflegen. Der demografische Faktor schlägt voll durch. Wir brauchen darüber hinaus eine familienfreundlichere Universität. All dem müssen wir Rechnung tragen und, wie gesagt, es besteht Einigkeit, dass wir dem demografischen Wandel und der Notwendigkeit des lebenslangen Lernens Rechnung tragen müssen.

Deswegen werden wir auch hier im Hohen Hause einen neuen Gesetzentwurf einbringen. Dabei geht es vorwiegend auch um die berufsbegleitenden Studiengänge. Wir haben bereits in unserer ersten Hochschulnovelle deutlich gemacht, dass wir die beruflich Qualifizierten an unseren Hochschulen haben wollen. Mit unserer zweiten Novelle wollen wir das Ganze mit Leben erfüllen und es muss uns gelingen, die Ange

bote auch an den Wochenenden und an den Abenden vorzuhalten.

Wir haben darüber hinaus die Modulstudien. Da geht es um die Einführung von Teilqualifikationen. Auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Während der Beurlaubung - das ist auch ein wichtiger Punkt - sollen Prüfungen gemacht werden können. Auch das ist ein weiterer Weg hin zum Teilzeitstudium.

Alles in allem glaube ich, dass wir ein sehr differenziertes Regelungsset vorzuweisen haben und passgenaue Möglichkeiten aufzeigen. Das ist der richtige Weg. Den Hochschulen wollen wir kein Studienmodell einfach nur überstülpen.

Frau Zacharias, ich sehe Sie schon in Wartestellung.

Ja, aber das Wort wird immer von hier oben erteilt, Frau Kollegin. Ich habe jetzt nur etwas gewartet, weil Ihre Redezeit sowieso erschöpft ist. Deshalb habe ich darauf verzichtet, Sie zu fragen, ob Sie mit einer Zwischenfrage einverstanden sind.

Ja, bin ich.

Sind Sie jetzt mit Ihren Ausführungen fertig, Frau Dr. Bulfon?

Gut, dann kommen wir zu einer Zwischenbemerkung von Frau Zacharias.

Frau Kollegin Bulfon, darf ich zunächst festhalten, dass Sie den Gesetzentwurf wohl nicht gründlich gelesen und somit die Idee nicht verstanden haben.

Doch, ich habe ihn gelesen!

Da danke ich dem Kollegen Jörg außerordentlich; denn er hat verstanden, wohin die Intention geht. Sie haben es deutlich nicht verstanden.

Nun meine Frage: Darf ich davon ausgehen, dass Sie verstanden haben, wo der Unterschied zwischen berufsbegleitenden Studiengängen und Teilzeitstudiengängen liegt? Wenn ja, bitte ich Sie, ihn mir noch einmal kurz zu erklären.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frau Zacharias, der Oberbegriff ist das Teilzeitstudium. Berufsbegleitende Studiengänge sind in diesem Zusammenhang der Unterbegriff. Hochschule dual ist auch ein Unterbegriff unter dem Teilzeitstudium. Aber es ist in der Tat eine Frage, die noch einmal gesondert diskutiert werden muss.

Ich bin auf diese Problematik schon früher mit großem Interesse eingegangen und habe in dem Bereich viele Diskussionen geführt. Der Oberbegriff ist, wie gesagt, das Teilzeitstudium und der Unterbegriff ist das berufsbegleitende Studium. Darüber können wir gerne noch einmal reden.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Bulfon. Für die Staatsregierung äußert sich Herr Staatsminister Dr. Heubisch.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier wurde hoch verantwortlich diskutiert. Ich brauche die Argumente, die für meine Seite sprechen, nicht alle zu wiederholen.

(Christa Naaß (SPD): Schade, das wäre interessant!)

- Nein, das brauchen wir uns jetzt wirklich nicht anzutun.

Ich sage ganz klar noch einmal: Wir stehen für die freie Entscheidung der Hochschulen, die Aktivierung der Hochschulen, dafür, dem Teilzeitgedanken größere Bedeutung zuzumessen. Wenn es nicht ginge, wäre ein sanfter Druck über Zielvereinbarungen das Mittel der Wahl. Aber bitte keinen Zwang durch eine gesetzliche Vorgabe! Das würde dem Gedanken der autonomen Hochschule widersprechen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie deshalb bitten, den Gesetzentwurf der SPD abzulehnen.