Protocol of the Session on December 1, 2010

Ich meine, dass wir ein weiteres wichtiges Ziel verfolgen müssen: Bayern muss als umweltfreundlicher Produktionsstandort erhalten bleiben. Wir hätten nichts gewonnen, wenn wir nach der reinen Lehre die niedrigsten CO2-Werte hätten, unsere Industrie aber nicht mehr in der Lage wäre, Photovoltaik-Solarzellen herzustellen oder die Karbonleichtbauteile zu fertigen, sondern die Produktion in die USA abwandert oder

gar nach China, wo mit Kohlestrom produziert wird. Das muss man bei der Debatte im Auge behalten. Deswegen können wir nicht so tun, als gäbe es nur das Ziel, CO2 zu vermeiden. Wir haben mehrere Ziele. Wir haben ein ganzes Zielbündel, und wir müssen einen vernünftigen Weg beschreiten.

Ich mache einen kurzen Ausflug zum EEG, von dem Herr Wörner mehrmals gesprochen hat. Herr Dr. Magerl hat sogar die Urheberschaft für dieses Gesetz reklamiert. Dass die Wirkung und der dramatische Zubau auf das EEG zurückzuführen sind, steht zweifelsfrei fest. Dass die Exzesse und Überförderung auch mit dem EEG zu tun haben, ist ebenfalls allgemeine Ansicht. Allerdings ist der Vorrang der erneuerbaren Energien bei der Stromeinspeisung keine Erfindung von Rot-Grün, sondern wurde 1990 im Deutschen Bundestag von CDU und FDP beschlossen, die damals an der Regierung waren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir haben über Ziele gesprochen. Des Weiteren brauchen wir ein vernünftiges und konsistentes Gesamtkonzept. Wir brauchen kein Wunschkonzert, das anfangs schön klingt, aber nicht durchgängig ist. Ich pflichte Minister Dr. Söder in der Ansicht bei, dass es die rot-grüne Bundesregierung versäumt hat, ein Anschlusskonzept vorzulegen. Richtig, Sie hatten ein Konzept. Dieses Konzept hatte aber nur eine begrenzte Laufzeit. Den Menschen war nicht klar, wie es weitergehen soll, wenn die Kernkraftwerke abgeschaltet sind. Sie machen es sich an vielen Stellen zu einfach. All diejenigen, die hier in der Opposition sind, sind jetzt auf der Seite der Demonstranten.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Sobald Sie wieder an der Regierung sind, sind Sie wieder "Genosse der Bosse". So einfach ist Politik nicht.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Die Vorredner haben schön herausgearbeitet, dass es zwei Welten gibt. Es gibt die eine Welt, die die Kernenergie noch eine gewisse Zeit bejaht, aber den Umstieg so schnell wie möglich will. Es gibt die andere Meinung, die da lautet: Wir machen den Umstieg so schnell wie möglich, am liebsten heute und nicht morgen.

(Christine Kamm (GRÜNE): Sie wollen ihn so spät als möglich! - Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Dann müssen Sie, werte Kollegen, die Sie dazwischenrufen, zu Pumpspeicherkraftwerken Ja sagen.

Wir reden nicht nur über das Pumpspeicherkraftwerk Riedl, sondern es gibt weitere Projekte. Überall dort, wo wir über diese Projekte reden, stehen die GRÜNEN vor Ort auf der Straße oder sitzen auf dem Baum und sagen: Bitte nicht bei uns. Die Begründung dafür lautet: Wir haben doch Wasserkraft in Skandinavien und können den Strom per Überlandleitungen zu uns transportieren. Das ist richtig, meine Damen und Herren, aber Sie sind auch gegen Überlandleitungen. Oder, Frau Gote, wie ich einem Antrag aus der letzten Legislaturperiode entnehmen konnte, sind Ihrer Meinung nach die Überlandleitungen dann gut, wenn sie in der Erde verlegt sind. Ich meine, dass das Kosten in Milliardenhöhe verursacht.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜ- NE))

Außerdem wäre das ein extremer ökologischer Eingriff. Das kann man nicht wegdiskutieren. Die Zeche zahlt schlussendlich wieder der Verbraucher, der ohnehin im höchsten Maße belastet ist.

(Christine Kamm (GRÜNE): Dank Ihrer Politik!)

Wir brauchen wirksame Instrumente und nicht bloße Ziele, wie ich das vorhin schon ausgeführt habe.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FW): Umgekehrt, Ziele und Instrumente!)

Wir sind uns darin weitgehend einig. Ich will deshalb nicht ins Detail gehen.

Wir müssen bei der Energieeffizienz für Gebäude ansetzen. Kollege Dr. Hünnerkopf hat davon gesprochen. Hier liegen die großen Potenziale. Der Vorteil liegt darin, dass sich diese Maßnahmen im Wesentlichen selbst finanzieren, weil man Energie spart. Die Investitionen amortisieren sich schnell. Bei den Gebäuden sind 90 % der Vermeidungsmaßnahmen wirtschaftlich. Das ist ein positiver Hebel.

Sie haben beklagt - ich glaube, das kam aus Ihrer Richtung, Herr Dr. Magerl -, dass Umweltminister Dr. Söder zu wenig auf das Transportwesen eingegangen sei. In der Tat hat das Transportwesen gewisse Relevanz. Sie müssen aber nicht verwundert tun, dass der Transportsektor in Bayern eine große Rolle spielt. Bayern ist nun einmal ein Flächenland und nicht so kompakt wie mancher Stadtstaat.

Die Staatsregierung hat insbesondere für die Elektromobilität ein Konzept. Wir werden aber mehr brauchen, um den intermodalen Gedanken, die Verschränkung von verschiedenen Verkehrsträgern, voranzubringen. Als Vertreter der "Jungen Gruppe"

könnte ich mir das Konzept für die Fläche etwas ambitionierter vorstellen.

Außerdem geht es darum, unsere natürlichen Lebensgrundlagen wie Moore und Wälder zu schonen. Ich bin dem Minister dankbar, dass er darauf eingegangen ist. Spannend fand ich den Beitrag des Kollegen Thalhammer, der vom Grünlandumbruch gesprochen hat. Ich bitte ihn, deswegen mit seinem Parteikollegen im Kabinett Rücksprache zu halten und abzuklären, ob das eine kongruente Position ist. Das würde mich überraschen.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Wir sollten handeln statt reden. Wir hören von vielen Seiten viele tolle Worte. Am Ende zählt aber das Ergebnis. Minister Dr. Söder hat die Zahlen präsentiert und eine Bilanz vorgelegt. Ich bitte die Opposition, in der Argumentation auf die Zahlen einzugehen. Herr Dr. Magerl, dort, wo die GRÜNEN Verantwortung tragen, liegt der CO2-Ausstoß - Herr Dr. Magerl, ich habe eine Information für Sie - nicht wie in Bayern unter sechs Tonnen pro Kopf, sondern er liegt dort zwischen 16,1, 19,1 und 22,5 Tonnen. Das ist tatsächlich eine andere Liga. Ich finde es bemerkenswert, dass die GRÜNEN ausgerechnet in diesen Ländern Verantwortung tragen.

(Beifall bei der CSU - Zuruf des Abgeordneten Thomas Mütze (GRÜNE))

Es ist mehrmals die ominöse Studie des DIW angesprochen worden, die angeblich nachweist, dass Bayern bei den erneuerbaren Energien gewaltig abgerutscht sei.

(Zuruf von den GRÜNEN: Stimmt doch!)

Dazu ist zu sagen, dass wir hier auf einem Niveau antreten, das andere Länder erst in Jahren erreichen werden. Es ist natürlich nicht richtig zu sagen, bei der Photovoltaik hätte Bayern nachgelassen. Die Wahrheit ist, dass auch in diesem Jahr 50 % des weltweiten Zubaus in Bayern stattgefunden haben.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

So zu tun, als ob wir hier auf einem ermäßigten Niveau weitermachen würden, ist falsch.

(Ludwig Wörner (SPD): Bei der Windenergie!)

- Herr Wörner, Sie sprechen die Windenergie an. Vorhin hat jemand aus der Studie die Zahlen zur Winderzeugung im Verhältnis zur Fläche zitiert.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Zum Potenzial!)

- Zum Potenzial. Es ist mir schon klar, dass Bayern da ein bisschen blöd ausschaut. Bayern ist ein relativ großes Land, und der Wind weht hier halt nicht so stark. Wenn wir das ins Verhältnis zur Küstenlinie setzen würden, Herr Kollege Magerl, dann sähe es ganz anders aus. Dann wären wir nämlich unendlich gut. Insofern kann man mit Statistik auch viel spielen.

(Ludwig Wörner (SPD): Was?)

Eines aus dieser DIW-Studie möchte ich Ihnen schon noch nahebringen. Bei der Zielsetzung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien ist Bayern auf Platz vier. Ich muss es leider sagen, Herr Dr. Magerl: Die Länder, in denen Sie Verantwortung tragen, finden sich auf den letzten sechs Plätzen. Sie sind nicht einmal bei der Zielsetzung da, wo Sie Verantwortung tragen, besonders ambitioniert. Deswegen würde ich wirklich dafür plädieren, hier nicht nur schöne Reden zu schwingen, sondern dort, wo Sie in Verantwortung sind, die Dinge entsprechend auf den Weg zu bringen.

Es ist ganz wichtig, dass wir den Menschen bei der Energiewende, die wir alle wollen, Orientierung geben, statt sie zu verunsichern. Da müssen wir verschiedene Fragen beantworten, erstens: Was kostet es? Wir können nicht unterm Jahr plötzlich eine wie auch immer ermittelte Rechnung präsentieren, in der der Ökostromaufschlag neu ermittelt wird. Wir liegen jetzt in einem Bereich, wo der durchschnittliche Haushalt mit 60 Euro mehr pro Jahr belastet wird. Das ist eine Größenordnung, die man den Menschen erklären muss. Man kann ja dafür sein, aber man muss sagen: Darüber reden wir, das ist die Alternative.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Zweitens muss man die Frage beantworten, bis wann und wie wir die Energiewende schaffen wollen. Auch darum kann man ringen.

Noch entscheidender ist am Ende die Frage: Welchen Beitrag kann jeder Einzelne leisten? Wir können noch so viele Reden schwingen, am Ende ist wirklich entscheidend, welchen Beitrag der Einzelne leistet. Es ist viel passiert in Bayern, das gestehe ich gerne zu. Aber es könnte noch sehr viel mehr passieren, wenn man den Menschen tatsächlich sagt, was auch viel bringt, nämlich dass eine Gebäudedämmung im Zweifelsfall deutlich mehr CO2 einspart als eine Photovoltaikanlage zum selben Preis auf dem Dach.

Meine Damen und Herren, am Ende - da möchte ich gerne versöhnlich werden - sitzen wir tatsächlich in einem Boot. Das war das Bild, das der Herr Minister bemüht hat. Wir sind auf einer Erde. Wir müssen jetzt handeln; denn es geht um die Zukunft unserer Kinder.

Glauben Sie bitte nicht, dass wir uns die Beantwortung der Fragestellungen leichter machen würden. Wir haben selbst Kinder und sehen selber, dass es um diese Zukunft geht, dass wir nicht leichtfertig der Kernenergie das Wort reden dürfen. Nur, wir haben eben verschiedene Ziele abzuwägen. Dazu muss man den richtigen Weg finden. Brücke hin oder her, wie lange die Brücke ist, all das haben wir hier häufig diskutiert. Ich glaube, es wird nicht viele Wege geben, die innerhalb dieses Zielkorridors zum Ziel führen.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜ- NE))

Es gibt wahrscheinlich nur einen Weg, und an diesem Weg, nämlich der Energiewende, die am Ende auch aufgeht, sollten wir gemeinsam arbeiten und unserem Minister für Cancún den nötigen Rückenwind mitgeben. Wir sollten nicht alles madig machen, sondern zeigen, dass wir in Bayern gute Voraussetzungen haben, dass wir wissen, wie der Weg ist, und dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Blume, würden Sie bitte noch mal ans Redepult kommen, weil sich Kollege Hartmann zu einer Zwischenintervention gemeldet hat. Herr Kollege Hartmann, bitte.

Ich war schon ganz voller Sorge, dass er heute gar nicht sprechen dürfe.

Herr Kollege, ich habe eine kurze Frage. Sie haben das Ziel von 40 % erneuerbarer Energien im Stromsektor bis 2030 als ehrgeizig dargestellt. Wenn man das überschlagen würde, würde das bedeuten, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dass wir in den nächsten Jahren einen durchschnittlichen Zuwachs von 0,75 % im Bereich der erneuerbaren Energien im Stromsektor hätten. Das ist weniger als in den letzten Jahren. Würden Sie mir darin zustimmen, wenn ich sage, dass es alles andere als ehrgeizig ist, wenn der Zuwachs zurückgehen muss bis zu diesem Zeitfenster, um das Ziel zu erreichen? Müsste man nicht das Ziel verschärfen, kann man es denn nicht früher erreichen?

(Beifall bei den GRÜNEN)