Protocol of the Session on December 1, 2010

Die SPD hat noch Redezeit; ich sehe aber keine Wortmeldungen mehr. Deswegen erteile ich Herrn Staatsminister Fahrenschon das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ausweislich des Verlaufs der Aktuellen Stunde hat man auch außerhalb dieses Raums wahrgenommen, dass es sich dabei um eine aufgesetzte Aktion gehandelt hat, um die Landesbank mal wieder auf die Tagesordnung zu heben.

Frau Kollegin Aures, Sie haben den 1. Dezember dazu genutzt, Redezeit zu verschenken. Deutlich war zu spüren, dass der Antrag der Freien Wähler schlicht und einfach veraltet ist. Lieber Herr Pohl, Sie müssen nur in diesen Antrag schauen. Sie haben am Dienstag einen Antrag auf eine Aktuelle Stunde mit dem Thema eingebracht, wie der Ablauf der Verjährungsfrist gestoppt werden kann. Sie haben dann selbst gemerkt, dass dieses Thema durch die Abstimmung des Bundestags am vergangenen Freitag bereits erledigt ist. Deshalb haben Sie die Überschrift der Aktuellen Stunde korrigiert. Sie werden doch wissen, welche Anträge Sie eingebracht haben.

(Hubert Aiwanger (FW): Hoffentlich kommen wir zu einem Ergebnis!)

Lieber Herr Pohl, ich empfehle Ihnen, bei Plutarch nachzuschlagen. Dort findet sich ein allen bekanntes Zitat: "Etwas bleibt immer hängen." Wenn man sich diesen Satz ganz anschaut, erkennt man Ihre Strategie: "Verleumde nur dreist, etwas bleibt immer hängen." Das ist Ihre Art und Weise, Politik zu machen.

(Beifall bei der CSU)

In der Debatte der letzten Woche, die auf Antrag der SPD-Fraktion stattgefunden hat, ging es tatsächlich um etwas. Die SPD-Fraktion hat, aus ihrer Sicht begründet, gesagt: Vor der Abstimmung im Bundesrat wollen wir eine Erklärung der Staatsregierung, wie sie sich in der Frage des Restrukturierungsgesetzes verhalten wird. Lieber Herr Pohl, Sie sind eine Woche später gekommen. Das qualifiziert Sie nicht. Das möchte ich Ihnen an dieser Stelle sagen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Präsident, ich nutze gerne die Gelegenheit, zum wiederholten Male deutlich zu machen, wie sich die Organe der Bank, der Verwaltungsrat einerseits und der Vorstand andererseits, in der aktuellen Situation verhalten, um dem berechtigten Interesse der Bürger Rechnung zu tragen, dass diejenigen, die gegebenenfalls falsche und mit Schadenersatz behaftete Entscheidungen getroffen haben, sich ihrer Verantwortung stellen müssen.

Damit es nicht zu komplex wird, erlaube ich mir, zwischen ABS und HGAA zu unterscheiden. Ich fange mit ABS an: Sie wissen, dass sich der Verwaltungsrat in mehreren Sitzungen intensiv mit den vorliegenden Gutachten von Hengeler Mueller und Flick Gocke Schaumburg befasst hat. Sie wissen auch, dass der Verwaltungsrat inzwischen eine weitere Kanzlei mandatiert hat, die beide Gutachten zum Thema ABS-Geschäfte noch einmal prüfen und dem Verwaltungsrat kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen vorschlagen soll. Diese Kanzlei wurde von mir als Verwaltungsratsvorsitzendem mandatiert und arbeitet mit Hochdruck daran, dem Verwaltungsrat Vorschläge für das weitere Vorgehen vorzulegen. Diese Vorschläge sollen nach aktueller Planung noch in einer weiteren Verwaltungsratssitzung im Dezember behandelt werden.

Außerdem wurden vorsorglich alle damaligen Vorstandsmitglieder aufgefordert, bis Anfang Dezember schriftlich auf die Einrede zur Verjährung zu verzichten. Eine abschließende Bewertung und Meinungsbildung zu den beiden Gutachten und den daraus zu ziehenden Konsequenzen war dem Verwaltungsrat bislang noch nicht möglich.

Lieber Herr Güller, wir haben nur an einer Stelle eine Differenz. Sie argumentieren, wenn zwei Gutachten vorlägen, müsste man diese nur zu Gericht tragen, dann solle das Gericht entscheiden. Ich halte dagegen: Als Organ einer Bank muss man schon überlegen, welche Position man einnimmt. Das würde ich mir auch von dem einen oder anderen Bürger wünschen. Machen Sie sich ein Gutachten zu eigen, beziehen Sie Position und erheben Sie Klage. Wenn wir unseren Rechtsstaat so verstehen, dass alle offenen Fragen den Juristen und den Gerichten vorgelegt werden, würden wir einen Fehler machen. Wir haben die Pflicht zur Abwägung; wir müssen Risiken einbeziehen und die Erfolgsaussichten einer Klage abwägen. Deshalb können wir nicht einfach zwei Gutachten bei Gericht abgeben. Wir müssen uns selber mit den Gutachten beschäftigen und eine eigene Position erarbeiten. Dieses Recht nimmt sich der Verwaltungsrat auch heraus.

(Beifall bei der CSU)

Ihnen ist bekannt, dass wir nach dem LandesbankGesetz eine geteilte Verantwortung haben. In der Frage, wie Schadenersatzansprüche gegen den Vorstand verfolgt werden, hat der Verwaltungsrat zu agieren, und in der Frage, inwieweit Schadenersatzansprüche gegen die Verwaltungsräte verfolgt werden, hat der Vorstand zu agieren.

Deswegen komme ich im Hinblick auf ABS nun zu den Maßnahmen des Vorstandes: Der Vorstand hat sich nach meiner Kenntnis mehrfach mit beiden Gutachten befasst und eine weitere Kanzlei mandatiert. Um Ihren Nachfragen gleich vorzubeugen: Wir sind wie bei einem anderen Fall in München vorgegangen. Es ist nicht dieselbe Kanzlei, die der Verwaltungsrat und der Vorstand mandatiert haben, es sind zwei unterschiedliche Kanzleien. Aufseiten des Vorstands soll die Kanzlei die Frage prüfen, ob Schadenersatzansprüche gegen die damaligen Verwaltungsräte auf der Basis der unterschiedlichen Gutachten verfolgt werden. Rein vorsorglich wurden bereits Verjährungsverzichtserklärungen von den betroffenen Verwaltungsratsmitgliedern eingefordert.

Damit würde ich jetzt den Bereich ABS schließen und komme noch einmal zu dem Bericht und den Maßnahmen in Bezug auf den Erwerb der HGAA. Auch hier ist zu unterscheiden. Es geht um die Maßnahmen des Verwaltungsrats. Der Verwaltungsrat hat in seiner Sitzung am 25. Oktober 2010 - das ist Ihnen bekannt in Bezug auf den Themenkomplex Erwerb der HGAA folgende drei Maßnahmen beschlossen:

Erstens. Gegenüber allen damaligen Vorstandsmitgliedern wird Schadenersatz geltend gemacht.

Zweitens. Noch laufende Dienstverträge mit einzelnen Vorstandsmitgliedern werden aufgrund begangener Pflichtverletzungen aus wichtigem Grund gekündigt.

Drittens. Soweit laufende finanzielle Leistungen in Form von Gehaltszahlungen oder Vorsorgeleistungen durch die Bank zu erbringen sind, werden diese zurückbehalten.

Ich stelle also fest, dass wir an dieser Stelle schon aktiv geworden sind, weil die Ergebnisse klar waren und die Abwägung zu diesem Ergebnis geführt hat.

Ende Oktober wurden den einzelnen Vorständen Anspruchsschreiben zugestellt und wurde die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen erklärt. Die Vorstände wurden kurzfristig aufgefordert, einen Verjährungsverzicht zu unterzeichnen. Ich kann hier noch einmal hervorheben: Wird der Verjährungsverzicht nicht rechtzeitig erklärt und droht deshalb Verjährung,

wird nach der schon heute bestehenden Beschlusslage im Verwaltungsrat noch in diesem Jahr Klage auf Zahlung von Schadenersatz gegen die Betroffenen erhoben.

Dem gegenüber stehen die Arbeiten des Vorstands. Herr Hallitzky, auch Sie wissen, dass in dieser Situation nur der Vorstand beauftragt ist, sich mit den Maßnahmen gegen den Verwaltungsrat auseinanderzusetzen. Deshalb verhallen Ihre Appelle ungehört, weil sie an der Stelle nicht sachgerecht sind. Der Vorstand muss sich dem Verwaltungsrat gegenüber einlassen und nicht der Verwaltungsrat. Es ist an der Stelle eine Fehlinformation der Öffentlichkeit, wenn Sie hier im Plenum des Bayerischen Landtags anderes behaupten.

Der Vorstand der BayernLB prüft deshalb ergebnisoffen die Verantwortlichkeit der ehemaligen Verwaltungsratsmitglieder. Dazu holt er eine zweite Meinung einer Rechtsanwaltskanzlei zur Frage des grob fahrlässigen Handelns der Verwaltungsratsmitglieder im Zusammenhang mit dem HGAA-Erwerb ein. Vorsorglich hat der Vorstand von den damaligen Verwaltungsratsmitgliedern Verjährungsverzicht eingefordert.

Zusammenfassend kann ich feststellen: Das vorliegende Haftungsgutachten für die Bayerische Landesbank und ihre Gremien stellt eine große Herausforderung dar. Hinzu kommt - diesbezüglich will ich dem Abgeordneten Weidenbusch und dem Abgeordneten Dr. Kirschner noch einmal ausdrücklich danken -, dass die laufende öffentliche Diskussion um etwaige Konsequenzen nicht nur für die Gremien der Bank, sondern auch für die Bank in ihrer Marktpositionierung und für die Mitarbeiter der Bank im Versuch, mit dieser Bank, der nach wie vor zweitgrößten Landesbank, schwarze Zahlen zu schreiben, eine erhebliche Belastung darstellt.

Wir sollten nicht erst Anträge schreiben, um uns danach mit dem zuständigen Vorsitzenden darauf zu verständigen, dass wir vertagen, und dann eine Woche später in der Aktuellen Stunde des Plenums eine öffentliche Debatte loszutreten. Wer so mit seinem eigenen Gut umgeht, der beschädigt es und wirkt nicht darauf hin, dass man mit diesem Ergebnis gut zurande kommt.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich stelle deshalb fest: In den Gremien der Bank wird mit größtmöglicher Sorgfalt und Verantwortung mit dieser Frage umgegangen. Ich erlaube mir an dieser Stelle auch festzustellen, dass wir nicht alles, was in den Gutachten geschrieben steht, 1 : 1 übernehmen können. Ich will Ihnen am Ende nur ein Argument mit auf den Weg geben: Mir liegt eine schriftliche Stel

lungnahme des Sparkassenverbands Bayern zum Gutachten von Flick Gocke Schaumburg vor. In dem Schreiben wird die Sorge geäußert, dass im Gutachten abstrakt rechtliche Anforderungen aufgestellt werden, die von den Verwaltungsräten der Sparkassen wohl kaum mehr erfüllt werden können. Ich glaube, dass man sich deshalb sehr intensiv mit den Fragen, die die Gutachter aufgeworfen haben, auseinanderzusetzen hat, um am Ende Schaden von Bayern, Schaden von der Bayerischen Landesbank und am Ende auch von den bayerischen Sparkassen abzuwenden. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. - Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Regierungserklärung des Staatsministers für Umwelt und Gesundheit "Herausforderung Klimawandel - Bayerns Klimapolitik der Zukunft"

Herr Staatsminister Dr. Söder, Sie haben um das Wort gebeten. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Erde ist ein einzigartiges Raumschiff, das mit 6,7 Milliarden Menschen an Bord durch das Weltall rast.

Wir sollten zur Erhaltung des Lebens sorgsam mit der Erde und ihren Ökosystemen umgehen, wir haben nur diesen einen Planeten, und kein Mensch kann ihn einfach verlassen,

sagte der Astronaut Ulf Merbold.

Unser blauer Planet - das ist wenige Tage vor den entscheidenden Diskussionen vor dem Weltklimagipfel in Cancún klar - steuert immer schneller auf den Hitzekollaps zu. Deshalb ringt die Weltgemeinschaft erneut darum, ein neues internationales Klimaabkommen auf den Weg zu bringen.

Ehrgeizige internationale Klimaziele sind unabdingbar. Auch wenn die Hoffnungen bisher lediglich verhalten positiv sind und viele Beobachter nicht mit einem großen Durchbruch rechnen, erfordert der Klimaschutz einen langen Atem und den Beitrag vieler Regionen, auch den von Bayern.

Die Welt trifft sich - wir sind dabei! Als Mitglied der offiziellen Delegation nächste Woche in Cancún sage

ich für unseren Freistaat: Dies ist eine Chance für das Klima. Diese wollen wir zusammen mit unseren internationalen Partnern in der Climate Group nutzen. Wir wollen als Regionen ein Zeichen für einen engagierten Klimaschutz setzen.

Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, für unser Weltklima läuft die Zeit unerbittlich. Schon heute verändert sich die Umwelt immer schneller. Die globalen Durchschnittstemperaturen steigen seit ungefähr 50 Jahren doppelt so schnell wie früher. Das Jahr 2010 könnte nach den neuesten Daten das Jahr 1998 ablösen und weltweit das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden.

Die Folgen dieser ungebremsten Klimaerwärmung werden kommen, und sie werden dramatisch sein: steigende Meeresspiegel, Dürren, Hungersnöte, Kriege um Lebensräume und Ressourcen. Die Internationale Organisation für Migration schätzt sogar, dass bis zum Jahr 2050 weltweit rund 200 Millionen Menschen durch die Klimaveränderung ihre Heimat verlieren können. Das ist Handlungsauftrag genug.

Doch, meine Damen und Herren, diese Herausforderungen sind nicht nur global. Es geht nicht nur um die Frage, ob wir über Situationen und Länder sprechen, die weit weg sind: Auch in Bayern wird es wärmer, auch unser Klima verändert sich.

In den Alpen ist die Temperatur in den letzten 100 Jahren mit 1,5 Grad Celsius doppelt so stark angestiegen wie im globalen Durchschnitt. Damit steht ausgerechnet unser empfindlichstes Ökosystem, nämlich die Alpen, am stärksten unter Klimastress. Die Alpen sind der Regenwald Europas mit einer einzigartigen Artenvielfalt. Diese ist dadurch besonders bedroht. Schon ein Grad Erwärmung, was an solchen Tagen wie heute von jedem relativ schnell gewünscht wird, bedeutet eine Verschiebung der Vegetationszonen in Bayern von 200 bis 300 Kilometer von Süd nach Nord und von 200 bis 300 Meter in die Höhe. Das bedeutet: Viele unserer heimischen Tier- und Pflanzenarten werden ihre Lebensräume verlieren, werden wandern, manche werden möglicherweise nicht überleben, wie Edelweiß oder Alpenschneehuhn.

Bayerns wichtigster Bodenschatz, das Wasser, wird betroffen sein. Der Wasserhaushalt unserer Heimat, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird sich deutlich verändern. Vor allem im Süden Bayerns werden wir Probleme mit zu viel Wasser in Form von Hochwasser und Überschwemmungen durch Unwetter bekommen. Im bereits heute wasserarmen Nordbayern dagegen wer

den wir besonders in den heißen Sommermonaten eher zu wenig Wasser haben.

Dies bedeutet für Land- und Forstwirtschaft erhebliche Probleme durch Trockenheit, Unwetterschäden und Schädlingsbefall. Vor allem die Fichte, der Brotbaum unserer Forstwirtschaft, wird aller Voraussicht nach in unseren Breiten weniger zu finden sein oder vielleicht ganz verschwinden. Wer weiß, ob das Fichtelgebirge in 20 Jahren seinen Namen überhaupt noch verdient.

Alle Zahlen stehen definitiv fest und machen deutlich, dass wir uns auf diese Entwicklungen einstellen müssen. Umweltschutz und Klimaschutz sind weder Luxus- noch Nischen- noch Wohlstandsthemen. Es geht um ein Klima für alle Menschen und alle Generationen. Wir müssen den Lebensraum auf der Erde für unsere Kinder und Enkel bewahren. Was wir heute für den Klimaschutz tun, werden unsere Kinder und Enkel ernten.

Bayern hat die Weichen frühzeitig und richtig gestellt. Wir haben vor 40 Jahren das erste Umweltministerium in Deutschland und Europa gegründet, zehn Jahre bevor sich die Partei gegründet hat, die sich "Die GRÜNEN" nennt. Wir sollten darauf hinweisen, dass sich Bayern frühzeitig der Verantwortung gestellt hat.

(Beifall bei der CSU - Ludwig Wörner (SPD): Was haben Sie daraus gemacht?)