Protocol of the Session on October 19, 2010

Es klingt schon eigenartig, wenn man jetzt, ein paar Jahre später, Änderungen vorschlägt. Sie haben gesagt, Herr Klein, dass sich die Zahlen verändert haben. Das mag richtig sein, was Bayern betrifft, aber insgesamt stimmt das nicht, wenn ich die Geberländer betrachte. 2001 musste Bayern 2,3 Milliarden bezahlen. Jetzt geht es nur um den eigentlichen Finanzausgleich unter den Ländern, also nicht um die Vorwegverteilung der Umsatzsteuer. 2001 musste Bayern also 2,3 Milliarden bezahlen, Baden-Württemberg

2,1 Milliarden und Hessen 2,6 Milliarden. Insgesamt haben diese drei Geberländer 2001 7 Milliarden zahlen müssen.

2009 entfielen auf Bayern 3,4 Milliarden, auf BadenWürttemberg 1,5 und auf Hessen 1,9 Milliarden, insgesamt waren es also 6,8 Milliarden. Die drei Länder, in denen Sie an der Regierung beteiligt sind, haben 2001 insgesamt weniger an Finanzausgleich bezahlt als 2009. Warum das jetzt so ein drängendes Problem ist, verstehe ich nicht ganz; das könnte eigentlich nur für Bayern zutreffen.

(Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP): Die Schlüsselsumme ist ab 2005 halbiert worden!)

- Die Schlüsselsumme ist halbiert worden? - Ich nenne jetzt die absoluten Zahlen, und die sind nicht widerlegbar.

Neu ist offenbar dieses Gutachten, und Ihrer Pressemitteilung zufolge verbleiben jetzt zwei Möglichkeiten: Zum einen wäre es möglich, zu verhandeln - da haben wir schon einen Auftrag erteilt. Ich gehe davon aus, dass die Verhandlungen wenig erfolgreich sein werden; denn wer lässt sich gerne etwas wegnehmen, was vertraglich vereinbart ist und im Gesetz steht, wenn er es bis 2019 erhalten könnte. Die andere Möglichkeit wäre eine Klage. Das läge eigentlich nahe, weil Verhandlungen wahrscheinlich nicht von Erfolg gekrönt sein werden.

Ich weiß nicht, was in dem Gutachten steht, aber im Jahr 1999 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Ich gehe davon aus, dass die Experten im Jahr 2001 dieses Urteil noch angeschaut haben. Dieses Urteil war auch der Grund, warum neu verhandelt wurde; es ist in diese Finanzausgleichsregelungen eingebracht worden. Was jetzt neu ist, würde mich schon interessieren.

Von uns aus betrachtet, stelle ich fest: Wir haben nichts dagegen, wenn es echte Gründe für eine Änderung gibt. Wenn die jetzige Praxis rechtswidrig ist, bitte, dann soll man auch eine Klage ins Auge fassen und soll eine solche Klage versuchen, unabhängig von der Solidarität mit den anderen Ländern; denn wenn die jetzige Praxis rechtswidrig ist, spricht ja nichts dagegen, eine Klage zu erheben. Was muss dann das Ziel sein? - Es wird wohl nicht so sein, dass der Finanzausgleich ausgabenbezogen gestaltet werden kann, dass man den Ländern also vorschreibt, was sie ausgeben dürfen. Wir Bayern würden auch nicht wollen, dass andere Länder bei uns mitreden, wenn wir irgendwo eine Straße, eine Brücke oder eine dritte Startbahn bauen wollen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Natürlich wollen das auch die anderen Länder nicht; denn natürlich würde in die Hoheit der anderen Länder eingegriffen. Der Ausgleich kann also nur einnahmenbezogen sein. Wir treten durchaus dafür ein, dass eine größere Spreizung erfolgt. Wenn man den Finanzausgleich genau anschaut, stellt man fest, dass doch eine hohe Nivellierung da ist. Da könnte man an dem einen oder anderen Rad etwas drehen.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist leider überschritten.

- Ich sehe es gerade. Ich mache es ganz kurz. - Wie gesagt, eine größere Spreizung wäre angebracht. Ihre Vorschläge, Herr Kollege Schmid, können wir mal anschauen. Aber wir müssen etwas Konkretes auf dem Tisch haben. Den vertikalen Finanzausgleich, den die GRÜNEN das letzte Mal schon vorgeschlagen haben, haben wir damals schon abgelehnt; wir werden ihn auch heute ablehnen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Danke schön, Herr Kollege Pointner. Nächster Redner ist Herr Kollege Mütze. Ihm folgt dann der Herr Kollege Winter. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Lieber Kollege Schmid, Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg waren schon immer Geberländer. Wenn sich jemand über den Länderfinanzausgleich beschweren könnte, könnten das diese Länder tun. Wir als Bayern zahlen erst die letzten zwanzig Jahre.

(Georg Schmid (CSU): Aber doppelt so viel!)

Herr Kollege Halbleib hat schon darauf hingewiesen: Wir zahlen eigentlich erst seit der Wiedervereinigung so richtig in den Länderfinanzausgleich ein.

(Georg Schmid (CSU): 34 Milliarden schon!)

Wenn ich Ihre Aussagen höre, die Länder im Osten bemühten sich nicht -

(Georg Schmid (CSU): Das habe ich nicht gesagt, stopp! Bitte im Protokoll nachschauen!)

Wir können das Protokoll gerne nachlesen; Sie haben Berlin nicht genannt; bei Berlin hätte ich Ihnen vielleicht noch zugestimmt. Aber Sie haben die Länder im Osten genannt.

(Georg Schmid (CSU): Nein, nein!)

Wenn Sie sich Länder wie Sachsen anschauen, die sich wirklich Mühe geben

(Georg Schmid (CSU): Das habe ich nicht gesagt! Sorry!)

und die massiv Gas geben, um zum Beispiel in diesem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können, überziehen Sie, glaube ich, die falschen Länder mit Kritik.

(Georg Schmid (CSU): Ich habe großen Respekt vor Sachsen! Da gibt es keine Kritik!)

Worüber reden wir eigentlich? - Die Kollegen von der Opposition, die vorhin gesprochen haben, haben darauf hingewiesen: Es gibt ja keinen Vorschlag. Es gibt ein Gutachten, das die FDP in Auftrag gegeben hat, und aus dem Gutachten soll deutlich werden, dass nicht verfassungsgemäß ist, was im Länderfinanzausgleich passiert. Aber wir fragen uns schon, welcher Regelung man dann 2001 im Solidarpakt II zugestimmt hat. Es waren ja alle da; Sie hätten alle im Solidarpakt noch etwas verändern können. Aber das war anscheinend politisch nicht opportun oder nicht verhandelbar. Von daher ist das, was heute auf dem Tisch liegt, eigentlich null und nichtig. Es sind keine Vorschläge gekommen, auch von Ihnen nicht, Herr Schmid. Vielmehr ist gesagt worden, was man sich wünscht.

(Georg Schmid (CSU): 50 %!)

Man wünscht sich natürlich, dass die zusätzlichen Steuereinnahmen bei den Ländern verbleiben können. Das wünschen wir uns auch. Aber die Frage ist doch: Wie kommen wir da hin?

Wir sehen folgende Lage: Das Bundesverfassungsgericht hat 1999 Veränderungen im Länderfinanzausgleich getroffen. Was soll eine erneute Klage bringen, die Sie heute nicht klar und deutlich, aber doch so unter der Hand vorgeschlagen haben? Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass es eine weitere Änderung durch das Bundesverfassungsgericht geben wird. Auf welcher Grundlage denn? Seit 2001 hat sich ja nichts verändert, außer dass Sie meinen, Sie müssten zu viel bezahlen. Sie reden von Solidarität, Herr Schmid. Sie haben die 5 Milliarden hergenommen, aber Sie haben die Frage nicht beantwortet, wie viel Sie zahlen wollen. Wo ist denn das Ende der Fahnenstange erreicht? Das würde mich dann schon interessieren. Es geht doch darum, dass Sie sagen: Wir wollen nichts mehr zahlen.

(Georg Schmid (CSU): Das habe ich nicht gesagt und auch nicht gedacht!)

- So kam es jedenfalls herüber. Sie haben es nicht gesagt, aber Sie sagen: 5 Milliarden zahlen wir ein. Sagen Sie doch, wie viel Sie zahlen wollen.

(Georg Schmid (CSU): Solidarität ist wichtig!)

Es geht doch darum, dass wir die gleichen Lebensverhältnisse in Deutschland über den Länderfinanzausgleich herstellen.

(Georg Schmid (CSU): Aber es muss gerecht zugehen!)

Dass wir das über den Länderfinanzausgleich schaffen, denke ich, wird keiner in diesem Hause mehr unterschreiben. Ich denke, der Länderfinanzausgleich wäre damit überfordert, wenn er diese Aufgabe erfüllen sollte. Es gibt keine Übernivellierung im Länderfinanzausgleich. Die Starken bleiben stark, und die Schwachen werden gestärkt - das ist die Aufgabe des Länderfinanzausgleichs. Wenn Sie etwas ändern wollen, schauen Sie auf die Ergänzungszuweisungen des Bundes. Es ist auch völlig unerheblich - Sie haben es heute sehr oft gesagt -, was andere Bundesländer finanzieren, was Bayern sich scheinbar nicht leisten kann. Sie setzen die politischen Schwerpunkte eben anders.

(Georg Schmid (CSU): Das geht doch alles viel leichter, wenn wir es bezahlen!)

- Ja natürlich. Aber der Länderfinanzausgleich wird doch nicht an den Ausgaben orientiert. Er orientiert sich nicht an den Ausgaben, auch wenn Sie das Gegenteil noch so oft behaupten. Er ist vielmehr an der Steuerkraft der Länder orientiert. Wenn sich Rheinland-Pfalz dank seiner Steuerkraft etwas leisten kann, kann es sich das eben leisten. Bayern leistet sich vielleicht einen höheren Betrag im Staatsstraßenbau oder

(Zuruf von den GRÜNEN: Eine Landesbank!)

- eine Landesbank. Das ist jedem selbst überlassen.

Herr Schmid und Herr Klein, wir wissen, dass Änderungen im System nur im Konsens erfolgen können. Diesen Konsens können Sie anscheinend unter den Ländern nicht herstellen. Denn natürlich werden die Nehmerländer dem nicht zustimmen; Sie wollen weiterhin die Einnahmen haben. Also brauchen wir eine grundlegendere Änderung im System. Da machen wir vonseiten der GRÜNEN einen Vorschlag. Das ist ein echter Vorschlag, auch wenn er hier von den Kolleginnen und Kollegen auf der linken Seite abgelehnt wurde. Wir sagen: Die vertikale Finanzierung haben wir bei den Ergänzungszuweisungen doch jetzt schon. Warum machen wir das bei zwei Dritteln des Ausgleichs? Warum nehmen wir das dritte Drittel des

Länderfinanzausgleichs nicht auch und erledigen das über den vertikalen Ausgleich? Warum lassen wir das nicht den Bund finanzieren und geben ihm dafür einen höheren Anteil an der Einkommensteuer? - Man könnte zumindest versuchen, dort eine Einigkeit zu erreichen. Ich bitte, in diesem Haus auch über diesen Vorschlag nachzudenken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Kollege Winter. Dann haben sich noch Frau Kollegin Görlitz und danach Herr Staatsminister Fahrenschon gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Winter.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Länderfinanzausgleich: Warum wird er erneut beraten? Herr Kollege Halbleib, weil schon beim ersten Mal die Opposition, insbesondere die SPD, nicht die Chance zu einem kräftigen, gemeinsamen Bekenntnis für Bayern ergriffen hat.

(Beifall bei der CSU - Zuruf der Abgeordneten Christa Naaß (SPD))

- So ist es. Wenn es so schwierig ist, hier im Hause einen Konsens zu erreichen, dann haben wir, wie wir es alle wissen, wenn wir mit Blick auf 2019 im Rahmen der Verhandlungen mit anderen Ländern etwas erreichen wollen, einen ganz schweren Weg vor uns. Ich finde es immer hochinteressant, wenn die Opposition Edmund Stoiber und das, was er verhandelt hat, verteidigt. Das finde ich einfach großartig, das passt.

(Zuruf von der SPD: Aber nur Blabla!)

Es stellt sich die Frage, warum Sie das plötzlich machen. Sie waren, wenn ich mich recht erinnere, vor einer Stunde noch anderer Auffassung. Auch in der letzten Woche waren Sie anderer Auffassung, als es um die Regierung Stoiber ging, im Gegensatz zum Länderfinanzausgleich. Da sagen Sie, das habe Herr Stoiber gemacht, das müsse stimmen, und dann habe es seine Richtigkeit.

(Christa Naaß (SPD): Das sagen Sie!)

Deswegen fragen wir Sie: Warum verstecken Sie sich hinter dem, was die Regierung 2001 verhandelt hat? Ist das ein bisschen die Bundessolidarität mit den Genossen, die Empfängerländer sind? Wollen Sie da Stress mit den Kollegen in anderen Ländern bekommen?