Protocol of the Session on September 29, 2010

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Schriftliche Anfragen zu stellen, ist ein wichtiges Recht der Parlamentarier. Man ermittelt so Grundlagen für die weitere parlamentarische Arbeit. Man bekommt Antworten auf seine Fragen und hat somit eine Basis, auf der man weiteragieren kann.

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

In dieselbe Richtung sollten eigentlich auch Berichtsanträge führen. Man lässt sich über Tatsachen und Vorgänge berichten. Und aufgrund des Berichtes zieht man seine Schlüsse, schafft weitere Anträge und Ähnliches. Nun, Herr Rinderspacher, ich frage Sie, warum Sie Schriftliche Anfragen stellen, wenn Sie das Ergebnis überhaupt nicht interessiert. Wir haben ein Sammelsurium an Halbwahrheiten, an Vermutungen und kruden Schlüssen gehört.

(Zurufe von der SPD)

Ich frage Sie, ob Sie nicht auch der Meinung sind, dass es ein Akt der Entbürokratisierung wäre, einfach darauf zu verzichten, wenn man ohnehin nur Halbwahrheiten verbreiten und keine Ergebnisse der Anfragen abwarten möchte, weil die vielleicht die eigenen Vorurteile stören.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Reden Sie von dem Dringlichkeitsantrag? - Hubert Aiwanger (FW): Das Thema sind die Resonanzstudien! - Zurufe von der SPD und den Freien Wählern)

Das wäre doch zu überlegen, Herr Rinderspacher. Ich habe von Ihnen nichts gehört, außer Vorverurteilungen. Ich habe nichts außer Vorwürfen gehört. Trotzdem liegt ein Dringlichkeitsantrag vor. Dieser ist insofern interessant, weil er eigentlich das Ergebnis von drei Schriftlichen Anfragen vorwegnimmt. Bisher dachte ich, wir bekämen die Schriftlichen Anfragen und das Ergebnis, und auf deren Grundlage laden wir einen Minister in einen der Ausschüsse ein, zum Beispiel in den Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz.

(Markus Rinderspacher (SPD): Stimmen Sie also unserem Antrag zu!)

Wenn noch nicht alles geklärt ist, werden wir auf dieser Basis weitere Fragen stellen.

(Zurufe von der SPD)

Uns liegen drei Anfragen vor, die noch nicht beantwortet sind. Mir wurde gesagt, dass das Verfahren derzeit noch laufe. Es wurde um Fristverlängerung gebeten, weil, wie Herr Rinderspacher gerade gesagt hat, man sich viel Mühe mache, die Fragen zu beantworten.

Nicht das Ergebnis des Schrittes eins wird abgewartet, sondern Schritt zwei durchgeführt und ein Berichtsantrag gestellt.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

Es wird also Schritt zwei vor Schritt eins gemacht. Ich halte das für unbehelflich. Ich bin der Ansicht, zuerst sollte das Ergebnis der Anfrage abgewartet werden. Danach treffen wir weitere Entscheidungen. Wenn es aber sein muss und die SPD damit glücklich ist, werden wir den zweiten Schritt vor dem ersten Schritt gehen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Dem werden wir uns nicht verschließen. Im Verfassungsausschuss hören wir uns gerne einen Bericht an. Anhand fundierter Ergebnisse können wir weiterdiskutieren. Dies ist dem Ganzen am ehesten zuträglich.

(Markus Rinderspacher (SPD): Bravo! - Beifall bei der CSU und der FDP)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Aiwanger für die Freien Wähler. Bitte schön, Herr Kollege Aiwanger. Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit im Auditorium.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Resonanzstudie hat die Koalition und den Freistaat Bayern massiv beschäftigt. In der Öffentlichkeit ist die Frage diskutiert worden, ob Steuergelder zugunsten der CSU missbraucht worden seien. Es liegt auf der Hand, dass die Ereignisse nicht im Sinne des Steuerzahlers verlaufen sind. Dies hat ebenfalls den Koalitionspartner - wie ich finde, zu Recht - auf den Plan gerufen. Der Koalitionspartner hat gesagt: Das geht so nicht. Das lassen wir uns nicht gefallen. Hier muss Aufklärung her. Wenn die Ereignisse nicht vernünftig aufgeklärt werden oder Beweise vorliegen, dass zugunsten der Partei Gelder geflossen sind, müssen personelle Konsequenzen gezogen werden.

Meine Damen und Herren, was ist daraus geworden? Dies hat einen Koalitionsstreit ausgelöst, der sich sehr schnell abgeflacht hat. Herr Zeil hat gesagt, dies dürfe nicht noch einmal vorkommen. So etwas dürfe es nicht mehr geben. Zwei Herren haben sich geeinigt, sich gegenseitig nicht mehr böse zu sein. Herr Zeil hat dies aber am Ende nicht zu entscheiden.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Herr Zeil sagte, ein zweites Mal dürfe dies nicht passieren. Die CSU hat sich nicht nur an der FDP vergriffen, sondern auch an den Steuergeldern.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Man sollte sich nicht darüber aufregen, dass jemand ein Hühnerdieb ist, und nachher das Huhn oder die Hühnersuppe mitessen und sagen: Ein zweites Mal darf dies nicht passieren.

(Heiterkeit bei den Freien Wählern und der SPD)

Die FDP hat sich zulasten Dritter und zulasten des Freistaates mitbereichert. Sie hat nachgerüstet und gesagt: Was du kannst, das kann ich auch. Ich bau mir im Wirtschaftsministerium eine Gruppe von strategischen Beratern auf, die wiederum der Steuerzahler bezahlt. Meine Damen und Herren, das ist die falsche Konsequenz. Angeblich ist man sich ansonsten nicht mehr böse. Nach meiner Analyse der Situation ist die FDP mittlerweile dazu übergegangen, jetzt die Hand zu küssen, die sie vorher geschlagen hat.

(Heiterkeit bei den Freien Wählern und der SPD)

Wenn ich noch eines draufsetzen würde, dann würde ich sagen: Die schwarz-gelbe Koalition ist mittlerweile zu einer Sado-Maso-Koalition geworden.

(Heiterkeit bei den Freien Wählern, der SPD und den GRÜNEN)

Der eine schlägt, und der andere küsst ihn dafür. Leider geht dieses Spiel auf die Kosten des Steuerzahlers und ist somit für uns nicht akzeptabel. Ansonsten könnte es uns egal sein, was sie tun. In diesem Fall geht dieses Spiel jedoch zulasten der Steuerzahler. Wir stellen eindeutig fest: Die CSU hat sich in alter, bewährter und traditioneller Manier nach dem Motto, der Staat, das sind wir, an Steuergeldern für Parteizwecke bereichert. Das ist nichts Neues. Eigentlich ist es frappierend, dass Sie kein Unrechtsbewusstsein haben und meinen, zur Tagesordnung übergehen zu können. Das ist dieselbe Denkweise, die zur Landesbankpleite geführt hat. Wir bestimmen, ein anderer braucht nicht mitzureden. Der Staat, das sind wir. Dieses Denken lässt sich hierbei eins zu eins ablesen.

Unsere politische Botschaft an dieser Stelle lautet: Die Demokratisierung Bayerns ist noch nicht abgeschlossen, auch nicht mit dieser schwarz-gelben Koalition. Schwarz und Gelb müssen weiterhin Stimmen verlieren, damit solche Dinge in Bayern nicht noch einmal passieren können.

(Beifall bei den Freien Wählern, der SPD und der GRÜNEN)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Bause für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ihr folgt Herr Kollege Hacker. Bitte schön, Frau Bause.

Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Guttenberger, Sie haben den Antrag als unbehelflich bezeichnet. Ich fand Ihre Rede unbehelflich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielleicht sollten Sie Geld für bessere Beratung ausgeben. Zur Sache hat Ihre Rede nicht beigetragen.

(Hubert Aiwanger (FW): Das machen sie ständig, und es hilft nicht!)

Die Verquickung von Staats- und Parteiinteressen vonseiten der CSU hat sich zu einem Dauerthema im Bayerischen Landtag entwickelt. Bereits im Jahr 2003 haben wir GRÜNEN die Staatsregierung aufgefordert, die sogenannten Resonanzstudien offenzulegen. Der Opposition sollte dargelegt werden, was untersucht worden ist. Um welche Fragen handelt es sich? Wie lauten die Antworten? Wem dient es? Was ist der Zweck des Ganzen? Uns wurde gesagt, wir hätten kein Recht auf Einsicht in die Resonanzstudien. Diese würden den Kernbereich der Exekutive tangieren. Damals, als Herr Beckstein Ministerpräsident war - Herr Beckstein, vielleicht erinnern Sie sich -, hat es ein Gespräch zwischen Ihnen, meinem Kollegen Dr. Dürr und mir gegeben. Wir haben Sie aufgefordert, die Informationen aus den Untersuchungen offenzulegen. Daraufhin sagten Sie, Sie wüssten nicht genau Bescheid, würden dies jedoch prüfen lassen. Nach der Durchführung der Überprüfung waren die Ergebnisse jedoch offenbar so brisant, dass Sie uns diese nicht offengelegt haben.

Umso erstaunlicher war es, als in diesem Sommer die Studien der Jahre 2006, 2007 und 2008 mit dem Hinweis auf eine Klage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof tatsächlich offengelegt wurden. Da muss ich gestehen: Ich war erstaunt. Ich hätte nicht gedacht, dass mit Steuergeldern zugunsten von Parteiinteressen so schamlos Missbrauch betrieben wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es ging eindeutig um Parteiinteressen. Welche Stellung hat die CSU? Welche Kompetenz wird der CSU zuerkannt? Was kann die CSU tun? Es ging immer nur um das Interesse der CSU. Es ging in gar keiner Weise um die Vorbereitung von Entscheidungen der Staatsregierung und um die Bewertung von Entscheidungen der Staatsregierung. Es ging um die Strategie der CSU. Dies ist die Fortsetzung der jahrzehntelangen Verquickung von Staats- und Parteiapparat.

Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, haben daraus offenbar immer noch nicht gelernt. Deswegen noch einmal: CSU ist nicht gleich Regierung. CSU ist nicht gleich Staat. CSU ist vor allen Dingen nicht gleich Bayern. Wenn Sie das heute noch nicht kapiert haben, werden Sie es spätestens nach den nächsten Wahlen kapieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Finanzierung Ihrer Parteiarbeit mit Steuergeldern ist unzulässig. Ihr Missbrauch öffentlicher Gelder ist rechtswidrig und aus unserer Sicht ebenfalls verfassungswidrig. Deswegen fordern wir die vollständige Aufklärung und die Offenlegung aller Resonanzstudien seit dem Jahr 2000. Was wurde in diesen Studien gefragt? Was war der Auftrag? Bei welchen Instituten wurde angefragt? War es immer das gleiche Institut? Wir fordern die rechtliche Überprüfung, wie das bereits Herr Kollege Rinderspacher getan hat. Wir fordern außerdem ein unverzügliches Ende dieser Praxis. Es ist nicht hinnehmbar, dass dies so weitergeht. Wir haben den Rechnungshof aufgefordert, dieses Thema zu überprüfen. Die rechtliche Überprüfung läuft. Wir hoffen, dass bald Ergebnisse vorgelegt werden.

Ich möchte noch einmal auf einen Punkt hinweisen: Im Jahr 2002 hat der Rechnungshof in seinem Jahresbericht geschrieben, dass seitens der Landtagsfraktionen Repräsentativbefragungen, bei denen das Interesse einer Partei im Vordergrund stehe, grundsätzlich zu unterlassen seien. Wenn das schon für die Landtagsfraktionen gilt, um wie viel mehr muss das für die Staatsregierung gelten? Hier wurde eindeutig klargestellt, dass es nicht Aufgabe der Fraktionen und der Staatsregierung sein kann, parteipolitisch motivierte Studien in Auftrag zu geben.

Herr Kollege Hacker, nichts könnte mehr belegen, dass es sich bei dieser Studie nicht um die Belange der Regierung handelte, als der Hinweis auf den Umgang mit der FDP. Vielleicht ist es in der Staatskanzlei noch nicht angekommen, dass Sie seit der Landtagswahl Teil dieser Regierung sind, auch wenn man davon nicht sehr viel merkt. Sie machen auch nicht

sehr viel Aufhebens darum. Nach den letzten Umfragen wollten Sie offenbar nicht zeigen, dass Sie nicht die Kraft haben, sich besonders aufzumandeln. Es ist vielleicht auch besser, das Schoßhündchen zu spielen. Trotzdem - sei es, wie es sei - sind Sie Teil dieser Regierung. Der Hinweis, wie mit der FDP umzugehen sei, zeigt natürlich, dass es bei dieser Studie nicht um die Interessen der Regierung ging.

Ich möchte mich jetzt nicht zu der Abteilung Sado/ Maso äußern. Dafür gibt es vielleicht Berufenere. Ich muss mich aber schon wundern, wie Sie sich in aller Öffentlichkeit bereitwillig demütigen und lächerlich machen lassen. Sie haben sich im ersten Ärger über diese Studie sehr deutlich geäußert - auf bayerisch würde man "aufgemandelt" sagen - und erklärt, dass durch diese Studie die Zusammenarbeit in der Regierung berührt werde. In Ihrem Brief waren Sie kurz davor, die Koalitionsfrage zu stellen. Danach hat man jedoch nichts mehr gehört. Bei Ihnen ist offensichtlich sehr schnell eine Knochenerweichung eingetreten. Ich muss Sie fragen: Was haben Sie eigentlich an der Stelle, an der andere Wirbeltiere ihr Rückgrat haben?

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir fordern deshalb noch einmal eine unverzügliche und lückenlose Aufklärung. Wir fordern die rechtliche Überprüfung dieses Tatbestandes und die entsprechenden Konsequenzen. Es muss Schluss mit dieser unsäglichen Praxis sein. Hier bestünde ein Einsparpotenzial, das wir in der nächsten Haushaltsrunde gut gebrauchen könnten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)