Protocol of the Session on June 23, 2010

Wir brauchen gegen jede Form von Linksextremismus und von Gewalttätigkeit einen breiten Konsens der Demokraten. Es wäre wichtig, diesen auch hier zu erreichen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Staatsminister, bitte bleiben Sie noch am Mikrofon. Herr Kollege Schindler hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Herr Staatsminister, meine Damen und Herren! Ich war heute angenehm von den Ausführungen des Herrn Kollegen Meißner über

rascht. Ich habe auf die Ausführungen des Herrn Bosbach im Deutschen Bundestag Bezug genommen und festgestellt, dass dort versucht worden ist, in abgewogener Art und Weise ein Phänomen zu beschreiben und für dieses Problem eine Lösung zu finden. Ich stelle fest, dass das offensichtlich nicht Ihre Absicht ist. Sie behandeln das Thema wie in einem Bierzelt, um dann hinterher die Gemeinsamkeit einzufordern.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wenn es Ihnen wirklich um den Konsens ginge, würden Sie nicht versuchen, anderen das Wort im Munde herumzudrehen, sondern akzeptieren, was hier gesagt worden ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Aus Ihrer Rede muss man den Eindruck gewinnen, dass es Ihnen gerade nicht um den Konsens geht. Das bedauere ich ausdrücklich.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Minister, Sie haben das Wort.

(Harald Güller (SPD): Jetzt muss er seine Worte wohl wägen!)

- Ich wäge meine Worte gut. Es wäre gut gewesen, wenn Herr Kollege Schindler seine Worte auch gewogen hätte.

Herr Kollege Schindler, es ist eine offenkundige und fadenscheinige politische Ausflucht, wenn Sie hier erklären, dass jemand, der gegenüber einem Polizisten gewalttätig wird oder einen Sprengkörper wirft, kein Linksextremist, sondern ein Krimineller sei. Natürlich ist eine solche Person kriminell. Aber natürlich ist so jemand nicht irgendein Gewalttäter, der dabei ist, eine Bank auszurauben. Hinter einer solchen Tat steht eine politische Gesinnung. Diese Gewalttaten wurden offensichtlich aus dieser politischen Gesinnung heraus verübt. Es werden schließlich nicht irgendwelche Fahrzeuge angezündet, sondern Polizeifahrzeuge, Bundeswehrfahrzeuge und Regierungsfahrzeuge. Dahinter steht eine politische Gesinnung.

Wir müssen bereit sein, uns mit dieser linksextremistischen Gesinnung offensiv auseinanderzusetzen. Ich kann es deshalb keinem durchgehen lassen, wenn er verharmlosend von irgendwelchen idealistischen Gesinnungen erzählt, die hinter solchen Taten steckten. Wir brauchen einen eindeutigen Konsens.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Warum schreien Sie denn so?)

Gewalt ist völlig indiskutabel. Wer eine extremistische Haltung hat und aus dieser Haltung heraus derartige Straftaten verübt, trifft auf den geschlossenen Widerstand der Demokraten in diesem Land. Dafür werbe ich. Dafür müssen wir kämpfen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Minister, mir liegt ein weiterer Wunsch nach einer Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Tausendfreund vor.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Sie müssen uns nicht so anschreien!)

Herr Minister, Sie sind bereits sehr lange an diesem Thema dran und kennen dessen Brisanz. Welche Präventionsmaßnahmen hat die Regierung denn in der Vergangenheit gegen den Linksextremismus ergriffen? Was hat die Regierung eigentlich dagegen getan? Hier handelt es sich um einen Antrag der die Regierung stützenden Fraktionen. Warum haben Sie nicht längst die notwendigen Mittel bereitgestellt? Dann wäre dieser Antrag vielleicht überhaupt nicht erforderlich geworden.

Etwas wollte ich noch sagen: Meines Wissens ist der Vorfall, der in Berlin stattgefunden hat, noch nicht aufgeklärt. Man weiß heute noch nicht, wer die Täter sind. Wir gehen zwar davon aus, dass sie aus dem linksextremistischen Umfeld stammen, aber der Fall ist noch nicht aufgeklärt. Das wollte ich ergänzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Minister.

Frau Kollegin Tausendfreund, dass dieser Fall noch nicht restlos aufgeklärt ist, hängt ganz wesentlich damit zusammen, dass sich inmitten dieser ansonsten völlig zulässigen Demonstration ein Block von vermummten Demonstranten aufgehalten hat. In den letzten Tagen habe ich deutlich gesagt, dass es leider im Rahmen der Deeskalationsstrategie in Berlin immer wieder zugelassen wird, dass sich Vermummte in einer solchen Demonstration aufhalten. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns in Bayern um einen konsequenten Polizeieinsatz bemühen. Wenn sich ein Vermummter entgegen den klaren Auflagen und Vorschriften in einer solchen Demonstration aufhält, wird er aus dem Verkehr gezogen oder die ganze Demonstration wird gestoppt.

Wehret den Anfängen. Hier darf es keine falsche Toleranz geben. Genau deswegen können wir solche Straftäter ermitteln. Deshalb müssen wir in Bayern unseren konsequenten Kurs weiterverfolgen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Frau Kollegin Rupp hat noch eine persönliche Erklärung nach der Geschäftsordnung abzugeben.

(Eberhard Sinner (CSU): Wollen Sie Ihren Tipp für das Fußballspiel abgeben?)

(Von der Rednerin nicht auto- risiert) - Nein, ich gebe keinen Tipp für das Fußballspiel ab.

Ich war selten in diesem Landtag so verärgert wie jetzt über die gerade laufende Debatte. Kolleginnen und Kollegen, Herr Innenminister, ich fand die Debatte bis zu dem Zeitpunkt, als Herr Pohl ans Mikrofon trat, einigermaßen erträglich. Es gab sinnvolle und gute Wortbeiträge. Herrn Pohls Sicht der Dinge hätte mich nicht motiviert, ans Rednerpult zu treten. Zu Ihnen möchte ich aber etwas brutal sagen: Eine solche Sichtweise, wie Sie hier vorgetragen haben, ist meines Erachtens eines Demokraten nicht würdig.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Frau Kollegin Rupp, ich möchte Sie ausdrücklich darauf hinweisen, dass Sie im Rahmen von persönlichen Erklärungen nur Angriffe gegen sich selbst zurückweisen dürfen.

(Von der Rednerin nicht auto- risiert) Das werde ich jetzt tun.

Ich bin Mitglied einer linksextremistischen Organisation, nämlich von a.i.d.a. Ich bin nicht das einzige Mitglied dieses Landtags, das Mitglied bei a.i.d.a. ist. Das hat gute Gründe. a.i.d.a. ist eine Organisation, die unglaublich viel Aufklärungsarbeit in Sachen Neonazis und Neonazismus leistet. Sie steht völlig unberechtigt im Verfassungsschutzbericht. Das wissen wir alle. Sie befürworten nach wie vor, dass a.i.d.a. als linksextremistisch abqualifiziert wird. Diese Organisation leistet für Jugendliche und in anderen Bereichen eine äußerst wertvolle Arbeit.

Sie haben heute alle, die Sie als Linksextremisten bezeichnen, auch als potenzielle Gewalttäter bezeichnet. Dagegen wehre ich mich vehement. Ich muss es mir von keinem Innenminister bieten lassen, mich als potenzielle Gewalttäterin darstellen zu lassen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Innenminister, ich bin ehrlich gesagt fassungslos angesichts Ihrer absoluten Undifferenziertheit und Plattheit, mit der Sie dieses Thema behandeln. Hier geht es um Demokratie.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das sind Ausführungen zur Sache! Das ist unerhört, Herr Präsident!)

Herr Minister, Sie sind heute extrem hetzend aufgetreten.

(Unruhe bei der CSU, der FDP und den Freien Wählern)

- Herr Präsident, sorgen Sie bitte für Ruhe.

Herr Innenminister, ich fühle mich persönlich zutiefst von Ihren Aussagen betroffen. Sie sollten einmal darüber nachdenken, was Sie damit anrichten. Indem Sie Menschen in dieser Art abqualifizieren, verhindern Sie, dass sie sich gegen Nazis engagieren. Sie stellen Menschen, die sich für die Demokratie engagieren, in eine Ecke, in die sie nicht gehören. Sie stellen auch uns, die wir Mitglied bei a.i.d.a. sind, in diese Ecke. Ich sage Ihnen eines: Das ist eines Innenministers definitiv nicht würdig. Für solche Ausführungen sollten Sie sich meiner Meinung nach schämen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das war eine persönliche Erklärung. Das Hohe Haus nimmt sie zur Kenntnis.

Die Abstimmung erfolgt - wie vorhin beschlossen - in namentlicher Form im Rahmen der Sitzungsfolge vom 13. bis zum 15. Juli 2010.

Meine Damen und Herren, der Tagesordnungspunkt 5 wird aus Zeitmangel in die nächste Sitzung überwiesen.

Frau Präsidentin Stamm hat noch Karten für heute Abend in der Hand. Ich rege an, heute an dem gemeinsamen Abend teilzunehmen. Er dient einem guten Zweck. Ein Hinweis für die Raucher: Die Arkade hinter dem Lesezimmer wird aufgemacht, damit der Weg zum Rauchen nicht so weit ist.

Die verbliebenen Dringlichkeitsanträge 16/5213 mit 16/5217 werden in die Ausschüsse überwiesen. Solange noch einige Leute da sind, darf ich die Sitzung schließen.